TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/29 W112 2237302-8

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Veröffentlicht am 29.06.2021
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Entscheidungsdatum

29.06.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
FPG §76
FPG §80
VwGVG §29 Abs5

Spruch


W112 2237302-8/32E

GEKÜRZTE AUSFERTIGUNG DES AM 04.06.2021 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA MAROKKO, alias XXXX , geb. XXXX , StA MAROKKO, alias XXXX , geb. XXXX , StA MAROKKO, alias XXXX , geb. XXXX , StA ALGIEREN, alias XXXX , geb. XXXX , StA LIBANON, alias XXXX auch XXXX , geb. XXXX , StA unbekannt, alias XXXX , geb. XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , StA GRIECHENLAND, gegen die fortgesetzte Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A) Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer wurde am XXXX beim unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich betreten und festgenommen. Das Bundesamt verhängte mit Bescheid vom XXXX die Schubhaft zur Sicherung der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme über den Beschwerdeführer.

Mit Bescheid vom XXXX erteilte das Bundesamt dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung gegen ihn, stellte fest, dass seine Abschiebung nach XXXX zulässig ist, räumte ihm keine Frist für die freiwillige Ausreise ein, erkannte der Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung ab und erließ ein zweijähriges Einreiseverbot in den Schengenraum über ihn. Der Bescheid erwuchs mangels Beschwerdeerhebung in Rechtskraft.

Mit Erkenntnissen vom XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und die Anhaltung verhältnismäßig war.

Mit Stellungnahme vom XXXX legte das Bundesamt den Akt des Beschwerdeführers erneut vor und beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge feststellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig war.

Am 04.06.2021 fand die hg. mündliche Verhandlung statt, an der der Beschwerdeführer und ein Dolmetscher für die Sprache ARABISCH teilnahmen.

Keine der Parteien stellte einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung des am 04.06.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer war ALGERISCHER Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger oder Unionsbürger. Er verfügt über kein Aufenthaltsrecht in Österreich oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union. ITALIEN erließ 2016 ein bis 2022 geltendes Einreiseverbot in den Schengenraum gegen den Beschwerdeführer.

Der Beschwerdeführer hielt sich bereits länger im Schengenraum auf, verwendete verschiedene Identitäten und verfügte über kein Aufenthaltsrecht in einem der Mitgliedsstaaten. Es konnte nicht festgestellt werden, wo er sich von wann bis wann aufhielt, dass er einmal nach XXXX zurückkehrte und wieder in den Schengenraum einreiste. Es konnte nicht festgestellt werden, seit wann sich der Beschwerdeführer bereits in Österreich aufhielt. Er verschleierte sein Umfeld, das ihm bisher ein Leben im Verborgenen ermöglichte und im Falle der Haftentlassung wieder ermöglicht hätte.

Er wurde in Österreich am XXXX im Besitz eines totalgefälschten XXXX Personalausweises mit seinem Foto betreten; durch eine Registerauskunft stellte die Polizei die Identität fest, unter der ITALIEN ein Einreiseverbot in den Schengenraum gegen ihn erlassen hatte.

Das Bundesamt verhängte unter dieser Identität mit Bescheid vom XXXX die Schubhaft zur Sicherung der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme über den Beschwerdeführer, der bei dieser Einvernahme noch angegeben hatte, nicht arabisch zu sprechen. Er machte dabei und bis in die hg. mündliche Verhandlung falsche Angaben zu seiner Identität. Er war XXXX , geb. 28.06.1986, StA ALGERIEN.

Mit Bescheid vom XXXX erteilte das Bundesamt dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung gegen ihn, stellte fest, dass seine Abschiebung nach XXXX zulässig war, räumte ihm keine Frist für die freiwillige Ausreise ein, erkannte der Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung ab und erließ ein zweijähriges Einreiseverbot in den Schengenraum über ihn. Der Bescheid erwuchs mangels Beschwerdeerhebung in Rechtskraft.

Das Bundesamt leitete Heimreisezertifikatsverfahren mit dem XXXX , XXXX und XXXX ein, an den Verfahren mit XXXX und XXXX wirkte der Beschwerdeführer nicht mit. Das Bundesamt leitete Verfahren über Interpol und die Prümer Vertragsstaaten zur Identifizierung des Beschwerdeführers ein. Der Beschwerdeführer wurde am XXXX von Interpol XXXX identifiziert. Das Bundesamt leitete diese Daten an die XXXX Vertretungsbehörde in Österreich weiter, diese an die zuständigen Behörden in XXXX . Die Daten des Beschwerdeführers wurden im Entscheidungszeitpunkt in XXXX überprüft. Mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer durch die XXXX Vertretungsbehörden war auf Grund der Identifizierung durch Interpol XXXX zeitnah zu rechnen.

Der Beschwerdeführer trat in der Schubhaft zwei Mal in den Hungerstreik, wurde zwei Mal diszipliniert, verweigerte mehrfach die Rechtsberatung und abgesehen vom XXXX durchgehend die Rückkehrberatung. Er stellte nie einen Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehr. Der Beschwerdeführer wollte nicht nach XXXX zurückkehren und hätte auf freiem Fuß an seiner Abschiebung nicht mitgewirkt. Er hätte sich auf freiem Fuß der Abschiebung durch Weiterreise nach ITALIEN oder Untertauchen im Bundesgebiet entzogen.

Der Beschwerdeführer verweigerte mehrheitlich die amtsärztlichen Untersuchungen und gänzlich eine Betreuung durch den Verein XXXX . Er war gesund und haftfähig.

Mit Erkenntnissen vom XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig war. Diese wurde seit XXXX im Polizeianhaltezentrum XXXX vollzogen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen gründeten auf den Verwaltungs- und Gerichtsakten der Schubhaftverfahren, dem Bescheid betreffend die Rückkehrentscheidung den beigeschafften Gerichtsurteilen, der Stellungnahme des Bundesamtes, den amtsärztlichen Unterlagen, den weiteren Registerauszügen, sowie der hg. mündlichen Verhandlung.

Es konnte auf Grund seiner unglaubwürdigen Angaben in der hg. mündlichen Verhandlung nicht festgestellt werden, wo er sich von wann bis wann aufhielt, dass er einmal nach XXXX zurückkehrte und wieder in den Schengenraum einreiste.

Es konnte nicht festgestellt werden, seit wann sich der Beschwerdeführer bereits in Österreich aufhielt: Er machte in der hg. mündlichen Verhandlung keine glaubhaften Angaben zu seinen Wohnorten und seinem persönlichen Umfeld.

Auf Grund seines bisherigen Verhaltens und des persönlichen Eindrucks, den er in der hg. mündlichen Verhandlung vermittelte, war nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer nach XXXX zurückkehren wollte oder auf freiem Fuß an seiner Abschiebung mitgewirkt hätte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Der Beschwerdeführer war ein volljähriger Fremder, der über kein Aufenthaltsrecht in Österreich oder in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union verfügte und wurde auf Grund des Erkenntnisses vom XXXX gemäß § 76 Abs. 1, 2 Z 2 FPG zur Sicherung zur Sicherung der Abschiebung auf Grund der mit Bescheid vom XXXX erlassenen Rückkehrentscheidung in Schubhaft angehalten.

Es lag Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG vor: Der Beschwerdeführer vereitelte durch seinen unbekannten Aufenthalt im Verborgenen, Nichtvorlage seiner Dokumente, Besitz eines totalgefälschten Dokuments und die Angabe einer Vielzahl von Aliasidentitäten, die hohe Mobilität im Schengenraum sowie die Nichtmitwirkung an seiner Identifizierung bisher seine Abschiebung und versuchte zwei Mal, durch Hungerstreik seine Enthaftung zu bewirken, um untertauchen zu können.

Es liegt Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG vor: Der Beschwerdeführer verfügt über kein soziales Netz in Österreich, das der Annahme von Fluchtgefahr entgegengestanden wäre. Er war in Österreich nie legal erwerbstätig, hatte hier keine Familie und keine Wohnung. Er lebte im Verborgenen und verfügte über ein soziales Netz, das ihm den Aufenthalt im Verborgenen bisher ermöglichte und im Falle der Haftentlassung wieder ermöglicht hätte.

Es bestand nach der Erlassung der Rückkehrentscheidung und der Identifizierung durch Interpol XXXX erhebliche Fluchtgefahr, die mit der Anwendung gelinderer Mittel insbesondere vor dem Hintergrund des Verhaltens des Beschwerdeführers in Schubhaft und dem Aufenthalt im Verborgenen und der angekündigten Weiterreise nach ITALIEN nicht das Auslangen finden ließ. Der Beschwerdeführer hätte sich auf freiem Fuß dem Verfahren, das zu seiner Aufenthaltsbeendigung geführt hätte, durch Untertauchen oder Weiterreise nach ITALIEN entzogen.

Zudem lag gemäß § 76 Abs. 2a FPG auf Grund der Verurteilung des Beschwerdeführers wegen des Besitzes eines totalgefälschten XXXX Identitätsdokuments ein hohes öffentliches Interesse an der Effektuierung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor.

Die Anhaltung in Schubhaft war auch verhältnismäßig, der Beschwerdeführer war gesund.

Der Beschwerdeführer wurde bereits über sechs Monate in Schubhaft angehalten. Die Dauer der Anhaltung war jedoch verhältnismäßig, da sie ausschließlich auf das Verschleiern seiner Identität durch den Beschwerdeführer und die dadurch bedingte Notwendigkeit, ihn durch internationale Anfragen und diverse Heimreisezertifikats-Verfahren zu identifizieren, zurückzuführen war.

Mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer und der Abschiebung des Beschwerdeführers war mit hinreichender Sicherheit zu rechnen.

Die maximale Schubhaftdauer im Falle des Beschwerdeführers betrug gemäß § 80 Abs. 4 Z 1 FPG 18 Monate, weil der Beschwerdeführer deswegen bisher nicht abgeschoben werden konnte, weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes bisher nicht möglich war.

Die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft lagen daher vor.

Die Revision war gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, die Rechtslage zu § 22a Abs. 4 BFA-VG und § 80 Abs. 4 FPG gemäß VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0111, 11.05.2017, Ra 2016/21/0144, 26.01.2017, Ra 2016/21/0348, geklärt.

4. Begründung der gekürzten Ausfertigung

Gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden, wenn von den Parteien auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt wird. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten.

Diese gekürzte Ausfertigung des nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 04.06.2021 verkündeten Erkenntnisses ergeht gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG, da ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG durch die hiezu Berechtigten innerhalb der zweiwöchigen Frist nicht gestellt wurde.

Schlagworte

Abschiebung Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gekürzte Ausfertigung Identität Schubhaft Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W112.2237302.8.00

Im RIS seit

11.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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