TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/28 95/19/0891

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Veröffentlicht am 28.02.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §63 Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ZustG §17 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 95/19/0892

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerden 1.) der DM, und 2.) des BM, beide in W und beide vertreten durch die Mutter VM, diese vertreten durch Dr. M, Rechtsanwälte in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 9. August 1995,

1.) Zl. 110.345/2-III/11/94, und 2.) Zl. 110.345/3-III/11/94, betreffend Zurückweisung von Berufungen als verspätet in Angelegenheit Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden des Bundesministers für Inneres je vom 9. August 1995 wurden die Berufungen der Beschwerdeführer gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Wien je vom 25. August 1994 als verspätet zurückgewiesen.

Die Begründungen der belangten Behörde lauten:

"Berufungen sind gemäß § 63 Abs. 5 AVG binnen zwei Wochen nach erfolgter Zustellung einzubringen. Da die Zustellung rechtswirksam am 6.9.1994 erfolgte und Ihre Berufung erst am 26.9.1994 und daher verspätet eingebracht wurde, war spruchgemäß zu entscheiden."

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Verbindung der Beschwerden aufgrund ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen hat:

Laut den in den Akten erliegenden Rückscheinen wurden die erstinstanzlichen Bescheide an die gesetzliche Vertreterin der Beschwerdeführer adressiert. Nach dem Zustellversuch vom 5. September 1995 wurden die Schriftstücke beim Postamt 1024 Wien an diesem Tag mit Beginn der Abholfrist am 6. September 1995 hinterlegt.

In den Berufungen führten die Beschwerdeführer zum Zustellvorgang aus:

"Die Kindesmutter und rechtliche Vertreterin von" (es folgen die Namen der Beschwerdeführer) "hat sich aufgrund eines Begräbnisses in der Familie im Zeitraum vom 28.08.1994 bis zum 12.09.1994 in Jugoslawien aufgehalten.

Sie war daher zum Zeitpunkt der Hinterlegung des Schriftstückes ortsabwesend.

Unmittelbar nach ihrer Rückkunft aus Jugoslawien am 12.09.1994 hat sie am 13.09.1994 die gegenständlichen Bescheide beim Hinterlegungspostamt abgeholt. Die Zustellung erfolgte sohin gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz an diesem Tage.

Der gegenständliche Schriftsatz ist daher fristgerecht eingebracht.

Nachweis: Beiliegende Kopie der Todesurkunde SM

Einvernahme VM"

Ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens erließ die belangte Behörde die angefochtenen Bescheide.

Die Behörde hat amtswegig zu prüfen, ob die Zustellung des angefochtenen Bescheides ordnungsgemäß erfolgt ist. Kommen Hinweise hervor, welche den Zustellvorgang in Frage stellen, gibt dies jedenfalls zu behördlichen Erhebungen über die Rechtzeitigkeit oder Verspätung dieses Rechtsmittels Anlaß (vgl. die in Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, 560 wiedergegebene

hg. Rechtsprechung).

Im gegenständlichen Fall haben die Beschwerdeführer bereits in der Berufung konkrete Ausführungen zur Ortsabwesenheit der Adressatin und zur Rechtzeitigkeit der Berufungen erstattet. Im Sinne obiger Grundsätze wäre daher die belangte Behörde verpflichtet gewesen, ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, wenn sie dem Berufungsvorbringen nicht folgen wollte. Überdies sind auch die Begründungen der angefochtenen Bescheide mangelhaft, da sie auf das Berufungsvorbringen in keinster Weise eingehen.

Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu anderen Bescheiden hätte kommen können, waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit.c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebührenersatz war in Höhe von je S 270,-- (Beschwerde zweifach, angefochtener Bescheid einfach) zuzusprechen. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den diesen Betrag übersteigenden Teil der begehrten Umsatzsteuer, weil neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand kein Ersatz der Umsatzsteuer zusteht (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 686).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995190891.X00

Im RIS seit

07.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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