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VwGGNorm
VwGG §45 Abs1 litdBetreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Simon, Dr. Iro, Dr. Drexler und Dr. Pokorny als Richter, im. Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Gaismayer, über den Antrag des Dr. WV in W, auf Wiederaufnahme des ‚mit Erkenntnis vom 1. März 1977 abgeschlossenen Verfahrens zu Zl. 1469/76-10, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Gemäß § 45 VwGG 1965 wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Mit dem im Spruch genannten Erkenntnis wurde die Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 26. Mai 1976, Zl. GA 5-1614/70/76 betreffend Lohnsteuernachforderung für 1972 abgewiesen. Grund für die Lohnsteuernachforderung war, daß der Antragsteller einen Bausparvertrag vorzeitig aufgelöst und die darauf eingezahlten und als Lohnsteuerabsetzbeträge berücksichtigten Beiträge zurückerhalten hatte. Die dementsprechend erforderliche Nachforderung erfolgte, nachdem der Antragsteller die Durchführung eines Jahresausgleiches beim Arbeitgeber beantragt hatte und dieser auch durchgeführt worden war. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat in seinem Erkenntnis die Rechtsansicht, da in einem solchen Fall durch die Abgabenbehörde ein (neuerlicher) fiktiver Jahresausgleich durchzuführen ist. Erging dabei, was die Beiträge an gesetzlich anerkannte Kirchen oder Religionsgesellschaften anlangt, von der Annahme aus, die Nichtberücksichtigung dieser Beiträge bei der von der Behörde durchgeführten fiktiven Jahresausgleichsberechnung sei deswegen nicht rechtswidrig, weil der Antragsteller diese Beiträge bereits im Antrag an den Arbeitgeber auf Durchführung des Jahresausgleiches hätte geltend machen müssen.
Mit dem vorliegenden, auf § 45 Abs. 1 lit. d VwGG 1965 gestützten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens behauptet der Antragsteller Verletzung des Parteiengehörs. Der an den Arbeitgeber gerichtete Antrag auf Durchführung des Jahresausgleiches sei „einzig und allein“ deshalb gestellt worden, damit die Kirchenbeitragszahlungen des Antragstellers im Jahre 1972 bis zur gesetzlichen Höchstgrenze von S 600,-- berücksichtigt würden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat aus Anlaß dieses Antrages neuerlich die Akten des Verwaltungsverfahrens von der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland eingeholt und der Behörde Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. In den vorgelegten Verwaltungsakten befindet sich der vom Arbeitgeber des Antragstellers ausgefüllte Lohnzettel für 1972. Aus diesem geht hervor, daß für 1972 vom Antragsteller ein Jahresausgleich beantragt und durchgeführt wurde, wobei es zu einem Erstattungsbetrag von S 238,20 unter Berücksichtigung eines Betrages von S 600,-- an entrichteten Beiträgen an gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften kam.
Wie sich aus den Rechteausführungen im hg. Erkenntnis vom 1. März 1977 ergibt, wäre daher bei der Neuberechnung der Lohnsteuer für 1972 der genannte Betrag von S 600,-- entgegen der nunmehrigen Stellungnahme der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland - zu berücksichtigen gewesen.
Dessenungeachtet kann die vom Antragsteller beantragte Wiederaufnahme des Verfahrens nicht stattfinden. In Betracht käme von den in § 45 Abs. 1 VwGG 1965 aufgezählten Wiederaufnahmsgründen nach Ansicht des Antragstellers der der lit. d. Alle anderen in der genannten Gesetzesstelle angeführten Wiederaufnahmsgründe scheiden im vorliegenden Fall von vornherein aus. Nach der zitierten lit. d. ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag zu bewilligen, wenn im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, daß sonst das Erkenntnis anders gelautet hätte. Im vorliegenden Fall bestand kein Anlaß, dem Antragsteller Parteiengehör - auch nicht durch eine Anfrage im Sinne des § 41 Abs. 1 letzter Satz VwGG 1965 in der Fassung. BGBl. Nr. 316/1976 - zu gewähren. Denn der erwähnte Lohnzettel lag dem Gerichtshof schon bei der Beschlußfassung des Erkenntnisses vom 1. März 1977 vor. Die Nichtberücksichtigung der Tatsache, daß der Antragsteller entgegen der hg. Annahme seinerzeit die Berücksichtigung des Kirchenbeitrages bei der Antragstellung auf Durchführung des Jahresausgleiches begehrte, beruhte nicht auf einer Verletzung des Parteiengehörs, sondern erfolgte im Zuge der Rechtsfindung durch den Verwaltungsgerichtshof. Vorwürfe gegen die Rechtsfindung des Verwaltungsgerichtshofes können aber nicht zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens führen (vgl. die hg. Beschlüsse vom 25. Oktober 1968, Zl. 1242/68, und vom 29. September 1969, Zl. 771/68).
Dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens - eine etwaige Nachsicht war nicht Gegenstand des Verfahrens - konnte somit kein Erfolg beschieden sein.
Wien, am 19. November 1979
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1979:1977001216.X00Im RIS seit
04.08.2021Zuletzt aktualisiert am
04.08.2021