RS Vwgh 2017/9/13 Ro 2017/13/0015

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 13.09.2017
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Index

E000 EU- Recht allgemein
E3L E09301000
E6C
E6J
32/04 Steuern vom Umsatz

Norm

EURallg
UStG 1994 §6 Abs1 Z19
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art13 TeilA Abs1 litc
62001CC0212 Unterpertinger Schlussantrag
62001CJ0045 Dornier VORAB
62001CJ0212 Unterpertinger VORAB
62001CJ0307 d'Ambrumenil und Dispute Resolution Services VORAB

Rechtssatz

Die Befreiungsbestimmung des nationalen Rechts ist richtlinienkonform auszulegen, solange dies nicht zu einer Auslegung contra legem führt (vgl. im Zusammenhang mit der hier auszulegenden Befreiungsbestimmung des § 6 Abs. 1 Z. 19 UStG 1994 idF vor dem AbgÄG 2012, BGBl I Nr. 112, die Entscheidungen des VwGH vom 19. Juni 2002, 2000/15/0053, VwSlg 7726 F/2002, vom 30. Juli 2002, 98/14/0203, und vom 24. September 2008, 2006/15/0283; zu den Grenzen einer richtlinienkonformen Auslegung das Erkenntnis vom 22. August 2012, 2010/17/0228, VwSlg 8739 F/2012, m.w.N.). In diesem Sinn kann bis zu einem gewissen Grad auch der bis zum AbgÄG 2012 nicht umgesetzten Voraussetzung der Befreiungsbestimmung - Vorliegen einer "Heilbehandlung" - durch ein enges Verständnis der Voraussetzung "Tätigkeit als Arzt" Rechnung getragen werden. Die Ausklammerung etwa von anthropologisch-erbbiologischen Untersuchungen und von Gutachtenserstellungen scheint auf diese Weise möglich, auch wenn der Gesetzgeber des UStG 1994 sie noch nicht beabsichtigt haben sollte. In der Tätigkeit einer plastischen Chirurgin keine "Tätigkeit als Arzt" zu sehen, wenn der Leidensdruck des Patienten im Einzelfall nicht den Grad eines "Problems psychologischer Art" erreicht, würde den Auslegungsspielraum aber überschreiten und im Ergebnis die unmittelbare Anwendung der nicht umgesetzten zusätzlichen Voraussetzung des Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. c der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG bedeuten (vgl. den Hinweis auf die unmittelbare Anwendbarkeit und auf das EuGH-Urteil Dornier in der Entscheidung des UFS vom 8. Jänner 2010, RV/0506-L/07 u.a.). Ein solches Vorgehen kommt nur zugunsten des Abgabepflichtigen in Betracht (vgl. das Erkenntnis vom 5. September 2012, 2009/15/0213, VwSlg 8741 F/2012, m.w.N.). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass eine Unterscheidung danach, ob eine Tätigkeit mehr oder weniger zentral oder typisch für den Arztberuf sei, vom EuGH in den Urteilen Unterpertinger und D'Ambrumenil und Dispute Resolution Services verworfen wurde (vgl. die gemeinsamen Schlussanträge der Generalanwältin, Rn. 35 ff, 47 ff und 63 ff, sowie Rn. 23 ff bzw. 28 ff der beiden Urteile). Dies geschah jeweils in Auslegung der im österreichischen Recht bis zum AbgÄG 2012 fehlenden Voraussetzung "Heilbehandlung", die eine Differenzierung nach dem Ziel der Behandlung nahelegte und nach Ansicht des EuGH erforderte.

Gerichtsentscheidung

EuGH 62001CJ0045 Dornier VORAB
EuGH 62001CJ0212 Unterpertinger VORAB
EuGH 62001CJ0307 d'Ambrumenil und Dispute Resolution Services VORAB

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RO2017130015.J02

Im RIS seit

10.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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