TE Vwgh Erkenntnis 1997/3/6 94/09/0189

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Veröffentlicht am 06.03.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §4 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Fuchs und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des J und der MK in M, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Oberösterreich (nunmehr Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich) vom 1. Juni 1994, Zl. IIId-6702 B Mag.Wo/Eb, betreffend Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- zu gleichen Teilen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer beantragten die Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die polnische Staatsangehörige B. für die vorgesehene berufliche Tätigkeit als Au-Pair-Mädchen (Kinderbetreuung, Haushalt). Nach den Angaben im Antragsformular sollte die Beschäftigung voraussichtlich vom September 1994 bis August 1995 dauern und als Entlohnung war ein Betrag von S 700,-- pro Woche vorgesehen.

Diesen Antrag lehnte das zuständige Arbeitsamt mit Bescheid vom 6. Mai 1994 gemäß § 11 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 6 AuslBG ab. Laut Begründung dürfe eine Sicherungsbescheinigung u.a. nur dann ausgestellt werden, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG erfüllt seien. Nach Zitierung dieser Gesetzesstelle wird dazu ausgeführt, im gegenständlichen Verfahren habe der Vermittlungsausschuß die Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung nicht einhellig befürwortet. Besonders wichtige Gründe lägen nicht vor.

In der Berufung brachten die Beschwerdeführer vor, das Interesse an der Beschäftigung von B. liege vor allem im Erlernen der jeweiligen Fremdsprache. Dies sei für die Beschwerdeführer besonders wichtig, weil ihre "Firma" intensive Geschäftsbeziehungen zu Polen unterhalte. B. wolle ihre Deutschkenntnisse soweit verbessern, daß sie in Zukunft "die Deutschkorrespondenz in einer Firma übernehmen kann". B. werde 20 Stunden Kinderbetreuung und Haushaltshilfe übernehmen, wie es ein Au-Pair-Vertrag vorsehe. Sie nehme damit "keinen Arbeitsplatz weg, weil wir keine derartige Kraft angestellt haben. Auch wenn dieser Bescheid nicht positiv erledigt werden kann, beabsichtigen wir keine andere Hilfskraft zu beschäftigen".

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 6 und § 11 AuslBG keine Folge. In der Begründung wird festgestellt, daß die für das Jahr 1994 für Oberösterreich mit der Verordnung BGBl. Nr. 794/1993 festgesetzte Landeshöchstzahl (32.000) um 36,7 Prozent überzogen sei. Damit könne die beantragte Sicherungsbescheinigung nur unter den erschwerten Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG erteilt werden. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG seien nur dann erfüllt, wenn an der Beschäftigung eines Ausländers ein qualifiziertes Interesse bestehe, das über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Bedarfsbefriedigung eines dringenden Arbeitskräftemangels hinausgehe. Aus der Aktenlage und dem Berufungsvorbringen seien weder ein solch qualifiziertes Interesse noch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Z. 3 und 4 AuslBG ableitbar.

In der (gemäß § 24 Abs. 2 erster Satz VwGG mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehenen) Beschwerde wird geltend gemacht, der angefochtene Bescheid weise "schwere Verfahrens- und Rechtsmängel" auf.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 11 Abs. 2 AuslBG darf eine Sicherungsbescheinigung nur ausgestellt werden, wenn u.a. die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG erfüllt sind.

§ 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder

b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Unter dem Titel einer Verletzung von Verfahrensvorschriften werfen die Beschwerdeführer der belangten Behörde vor, sie habe bei ihrer Entscheidung das Parteiengehör nicht beachtet und die Beschwerdeführer seien "vom Arbeitsamt nie befragt worden". Die belangte Behörde hätte nämlich auch die Bestimmung des § 3 Abs. 5 AuslBG heranziehen müssen, nach der Ausländer, die ausschließlich zum Zwecke der Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen zum Erwerb von Fähigkeiten für die Praxis ohne Arbeitspflicht und ohne Entgeltanspruch (Volontäre) bis drei Monate beschäftigt werden, keiner Beschäftigungsbewilligung bedürfen.

Dazu ist zu sagen, daß aufgrund der eindeutigen Angaben im Antrag auf Ausstellung der Sicherungsbescheinigung der Abschluß eines "normalen" Au-Pair-Vertrages für die Dauer von zumindest einem Jahr bei einem Entgelt von S 700,-- pro Woche beabsichtigt war. Weder diesen Angaben noch den späteren Berufungsvorbringen war ein Hinweis dahingehend zu entnehmen, daß die Beschäftigung lediglich unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 5 AuslBG (insbesondere ohne Entgeltanspruch und nur bis zu einer dreimonatigen Dauer) erfolgen sollte. Damit hatte aber die Behörde keinen Anlaß, den Beschwerdeführern diesbezüglich weiter Parteiengehör zu gewähren und es liegt insoweit auch kein Verfahrensmangel vor.

Daß es sich bei der Beschäftigung von Au-Pair-Kräften, die für einen gewissen Zeitraum gegen Kost und Quartier und allenfalls ein regelmäßiges Taschengeld im Haushalt beschäftigt werden, um eine Verwendung in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis (§ 2 Abs. 2 lit. b AuslBG) und damit um eine Beschäftigung im Sinne des AuslBG handelt, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrmals ausgesprochen (vgl. etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. März 1989, 88/09/0161, und vom 21. Oktober 1993, 93/09/0144). Es bedarf daher auch für Au-Pair-Verhältnisse auf Seite des Beschäftigenden einer entsprechenden Bewilligung nach dem AuslBG und es ist auf deren Erteilung - gegebenenfalls - auch das Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG anzuwenden.

Bereits die Behörde erster Instanz hat ihrer Entscheidung die Bestimmung des § 4 Abs. 6 AuslBG zugrunde gelegt und damit zu erkennen gegeben, daß deren Anwendungsvoraussetzung - nämlich die Überschreitung der Landeshöchstzahl - erfüllt ist. Diese Voraussetzung haben die Beschwerdeführer in der Berufung mit keinem Wort bestritten, sodaß diesbezüglich in der Beschwerde erstmals erhobene Zweifel, wonach die Überschreitung der Landeshöchstzahl "im übrigen lediglich behauptet und nicht nachgewiesen wurde" im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dem Neuerungsverbot unterliegen (vgl. dazu beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1994, 93/09/0333, und vom 17. November 1994, 94/09/0198, m.w.N.). Eine Behauptung dahin, daß die Landeshöchstzahl nicht überschritten gewesen sei, ist im übrigen der Beschwerde ebensowenig zu entnehmen wie ein dafür relevantes Beweisanbot (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 1995, 95/09/0028).

Daß auf den Einzelhaushalt bezogene bzw. eigenwirtschaftliche Interessen an der Beschäftigung einer ausländischen Arbeitskraft für eine Bewilligungserteilung im erschwerten Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG nicht ausreichend sind (in der Beschwerde wird - im übrigen auch hier unter Verstoß gegen das Neuerungsverbot - eine beabsichtigte Beschäftigung der B. in einer polnischen Firma ins Spiel gebracht, zu der die Beschwerdeführer bereits engere Geschäftsbeziehungen unterhielten), hat die belangte Behörde im Ergebnis ebenfalls - im Einklang mit der ständigen

hg. Rechtsprechung - zutreffend festgestellt (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 1988, Slg. Nr. 12.789/A, vom 21. April 1994, 94/09/0001, und - betreffend eine Haushaltshilfe - vom 4. Juni 1996, 94/09/0071, m.w.N.).

Der angefochtene Bescheid ist somit nicht rechtswidrig. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der zuerkannte Aufwandersatz hat dem Arbeitsmarktservice als Rechtsträger im Sinne des § 47 Abs. 5 VwGG zuzufließen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juni 1996, 95/09/0261).

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1994090189.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

10.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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