TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/14 L512 2238689-1

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Veröffentlicht am 14.04.2021
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Entscheidungsdatum

14.04.2021

Norm

AuslBG §12a
B-VG Art133 Abs4

Spruch


L512 2238689-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Dr. Silvia WEIGL und Mag. Rudolf MOSER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des AMS XXXX , vom XXXX , ABB-Nr.: XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Für den Arbeitnehmer XXXX (im Folgenden Arbeitnehmer), einem Staatsangehöriger der XXXX , geb. XXXX , wurde von XXXX (im Folgenden Beschwerdeführer, kurz BF) am 19.10.2020 beim Magistrat XXXX einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Fachkraft im Mangelberuf ("Rot-Weiß-Rot-Karte") gemäß § 41 Abs. 2 Z 1 NAG für eine Beschäftigung als Herrenfrisör gestellt.

I.2. Am XXXX wurde der gegenständliche Fall nach Anhörung des Regionalbeirates einhellig negativ beurteilt.

I.3. Mit Bescheid des AMS XXXX , vom XXXX , ABB-Nr. XXXX , wurde der Antrag des BF vom 19.10.2020 gemäß § 20d Abs 1 des AuslBG auf Zulassung als Fachkraft gemäß
§ 12aAuslBG des Arbeitnehmers im Unternehmen der BF nach Anhörung des Regionalbeirates gemäß § 12a AuslBG abgewiesen.

I.3.1. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass gemäß § 12a AuslBG Ausländer in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13 AuslBG) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen werden, wenn sie

- eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können;

- die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B des AuslBG angeführten Kriterien erreichen,

- für die beabsichtige Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten

- und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs 1 AuslBG mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind.

Im konkreten Fall habe das Ermittlungsverfahren statt der erforderlichen Mindestpunktanzahl von 55 nur 20 ergeben (für die angeführten Kriterien wurden folgende Punkte vergeben: Qualifikation: 0, Ausbildungsadäquate Berufserfahrung: 0, Sprachkenntnisse 10, Alter 26 Jahre: 10).

Der Arbeitnehmer verfüge über einen Gesellen- und Meisterbrief als Herrenfrisör. Die Ausbildung als ausschließlich geprüfter Herrenfrisör oder ausschließlich geprüfter Damenfrisör sei jedoch nicht mit einer österreichischen Lehrabschlussprüfung als Frisör gleichzusetzten. Selbst wenn die nachgereichte Meisterbestätigung vom 09.09.2020 für die Tätigkeit als Frauenfrisör als Berufsausbildung berücksichtigt werden würde, käme der Arbeitnehmer mangels ausbildungsadäquater Berufserfahrung nicht auf die erforderliche Mindestpunktzahl.

I.4. Im Zuge der Beschwerde wurde angeführt, dass der Arbeitnehmer mehr als zehn Jahre selbstständig als Herrenfrisör tätig gewesen sei und als solcher auch angestellt werden soll. Es sei daher nicht nachvollziehbar, weshalb trotz der vorgelegten Berufsausbildung als Herrenfrisör und der Meisterbestätigung Frauenfrisör keinerlei Punkte für Qualifikation und Berufserfahrung vergeben worden seien. Zur Begründung, dass für die Berufserfahrung selbst bei Anerkennung der Berufsausbildung keine Punkte vergeben werden könnten, zumal die Ausbildung zum Frauenfrisör erst mit 09.09.2020 absolviert worden sei, wurde ausgeführt, dass selbst die Mangelberufsliste zwischen Damen- und Herrenfrisör unterscheide und der Beruf Herrenfrisör ausdrücklich angeführt sei. Wären die Berufsausbildung und Berufserfahrung anerkannt worden, hätte dem Antrag stattgegeben werden müssen.

I.8. Der gegenständliche Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 15.01.2021 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Für den Arbeitnehmer ( XXXX ) wurde am 19.10.2020 von XXXX (Beschwerdeführer, kurz: BF) beim Magistrat XXXX einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Fachkraft im Mangelberuf ("Rot-Weiß-Rot-Karte") gemäß § 41 Abs. 2 Z 1 NAG für eine Beschäftigung als Herrenfrisör gestellt.

Der Arbeitnehmer hat am 24.02.2005 in der XXXX nach einer drei Jahre dauernden Ausbildung die Gesellenprüfung für den Beruf Herrenfrisör abgelegt.

Von 01.04.2007 bis 02.06.2014 war der Arbeitnehmer in der XXXX selbstständig als Herrenfrisör tätig.

Am 04.04.2011 hat der Arbeitnehmer die Meisterprüfung für den Beruf als Herrenfrisör abgeschlossen.

Am 08.01.2013 hat der Arbeitnehmer die Ausbildung zum Meisterausbildner für den Beruf Herrenfrisör erfolgreich absolviert.

Am 09.09.2020 schloss der Arbeitnehmer in der XXXX die Ausbildung zum Frauenfrisör mit der Meisterprüfung ab.

Am 24.06.2019 nahm der Arbeitnehmer in der XXXX seine selbständige Tätigkeit als Herrenfrisör wieder auf.

Am 12.02.2020 hat der Arbeitnehmer die Deutschprüfung auf dem Niveau A2 abgelegt.

Der Arbeitnehmer war zum Zeitpunkt der Antragstellung 38 Jahre alt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des AMS.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“. Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

2.3. Die Ausbildung zum Herrenfrisör in der XXXX mit anschließender Gesellenprüfung ist dem Gesellenzeugnis des Ministeriums für nationale Ausbildung vom 24.02.2005 und den Schülerstandsbestätigungen vom 21.05.2020 und 22.05.2020 zu entnehmen.

Die selbstständige Tätigkeit des Arbeitnehmers als Herrenfrisör in der XXXX geht aus der Bestätigungen des Finanzamtes XXXX vom 15.05.2020 und dem Schreiben des Kammerpräsidiums für Gewerbetreibende und Handwerker XXXX vom 02.03.2020 hervor.

Die Absolvierung der Meisterprüfung sowie die Ausbildung zum Meisterausbildner für den Beruf des Herrenfrisörs entspricht der Schülerstandsbestätigung des Technisches Lyzeum XXXX XXXX vom 21.05.2010, der Meister-Bestätigung des türkischen Unterrichtsministeriums vom 03.10.2011 und der Bestätigung-Meisterausbildner des türkischen Unterrichtsministeriums vom 08.01.2013.

Die Ausbildung des Arbeitnehmers zum Frauenfrisör mit der Meisterprüfung geht aus der Meister-Bestätigung des türkischen Unterrichtsministeriums vom 09.09.2020 hervor.

Die abgelegte Deutschprüfung geht aus dem Zertifikat XXXX vom 25.02.2020 hervor.

Das Alter des Arbeitnehmers zum Zeitpunkt der Antragstellung geht aus der Kopie des türkischen Reisepasses (Nr. XXXX ) hervor.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 20g Abs 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Monate nach deren Einlangen durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.2. Gemäß § 12a AuslBG werden Ausländer in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen, wenn sie

1. eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können,

2. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien erreichen,

3. für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.

Die Anlage B, auf die § 12a AuslBG Bezug nimmt, lautet:

Zulassungskriterien für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12a

Kriterien

Punkte

Qualifikation

maximal anrechenbare Punkte: 30

abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf

20

allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120

25

Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer

30

 

 

ausbildungsadäquate Berufserfahrung

maximal anrechenbare Punkte: 20

Berufserfahrung (pro Jahr)

Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)

2

4

 

 

Sprachkenntnisse Deutsch

maximal anrechenbare Punkte: 15

Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau (A 1)

Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)

Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)

5

10

15

 

 

Sprachkenntnisse Englisch

maximal anrechenbare Punkte: 10

Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)

Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)

5

10

 

 

Alter

maximal anrechenbare Punkte: 15

bis 30 Jahre

bis 40 Jahre

15

10

 

 

Summe der maximal anrechenbaren Punkte

90

erforderliche Mindestpunkteanzahl

55

3.3. Im gegenständlichen Verfahren begehrt der Arbeitnehmer die Feststellung, dass er die Voraussetzungen im Sinne des § 12a AuslBG erfüllt bzw. dass die erforderliche Mindestpunktanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien erreicht werden.

3.3.1. Die Fachkräfteverordnung 2020 nennt in § 1 Abs. 2 den Beruf von "Friseur(e)innen, Maskenbildner/innen“ als Mangelberuf für Oberösterreich.

3.3.2. Den Erläuterungen (RV 1077 BlgNR 24. GP, S 12) zum Erfordernis einer "einschlägigen abgeschlossenen Berufsausbildung" des § 12a Z 1 AuslBG ist zu entnehmen, dass "[...] nur Fachkräfte zugelassen werden [können], die eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem solchen Mangelberuf nachweisen, die einem Lehrabschluss vergleichbar ist. Als abgeschlossene Berufsausbildung gilt auch der erfolgreiche Abschluss einer schulischen Ausbildung, die dem Abschluss einer Berufsbildenden Höheren Schule (BHS) in Österreich entspricht. Dementsprechend hoch ist die Qualifikation auch im Kriterienkatalog der Anlage B bewertet." Wie auch der VwGH in seinem Erkenntnis vom 25.01.2013, 2012/09/0068, festgehalten hat, sieht der Gesetzgeber damit als Mindestanforderung für eine abgeschlossene Berufsausbildung iSd Anlage B einen österreichischen Lehrabschluss oder eine vergleichbare Ausbildung vor.

Gemäß § 5 Abs. 1 lit. c des Berufsausbildungsgesetzes, BGBl. Nr. 142/1969 idF BGBl. I Nr. 5/2006 (BAG), ist ein Lehrberuf eine Tätigkeit, deren sachgemäße Erlernung (neben anderen Erfordernissen) mindestens zwei Jahre erfordert. Die Ausbildung erfolgte im Lehrbetrieb und in der Berufsschule (duales Ausbildungssystem).

Gemäß § 1 der Stylist)/Friseurin (Stylistin) (Friseur (Stylist)/Friseurin (Stylistin)-Ausbildungsordnung BGBl. II Nr. 135/2019 ist der Lehrberuf Friseur (Stylist)/Friseurin (Stylistin) mit einer Lehrzeit von drei Jahren eingerichtet.

Gemäß § 4 Abs 1 leg. cit. gliedert sich die Lehrabschlussprüfung in eine theoretische und in eine praktische Prüfung, wobei die praktische Prüfung gemäß § 9 Abs 1 Z 1 und Z 3 leg cit die Aufgaben Damenbedienen und Herrenbedienen umfasst.

Die österreichische Lehrabschlussprüfung im Beruf Friseur (Stylist)/Friseurin (Stylistin) umfasst sohin sowohl die Tätigkeiten von Herren-, als auch von Damenfrisören.

Der Arbeitnehmer verfügt seit 24.02.2005 über eine dreijährige Ausbildung zum Herrenfrisör sowie seit 09.09.2020 über eine Ausbildung als Damenfrisör, weshalb das Kriterium des § 12a Z 1 AuslBG, wonach eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung als Frisör vorliegen muss, die mit einem österreichischen Lehrabschluss vergleichbar ist, seit 09.09.2020 erfüllt ist.

Die vorgelegten Bescheinigungen hinsichtlich der selbstständigen Tätigkeit des Arbeitnehmers in der XXXX bestätigen lediglich eine Tätigkeit als Herrenfrisör vom 01.04.2007 bis 02.06.2014 und ab 24.06.2019. Der Nachweis einer Tätigkeit als Damen- und Herrenfrisör nach Abschluss der Berufsausbildung zum Damenfrisör am 09.09.2020 wurde nicht erbracht. Eine ausbildungsadäquate Berufserfahrung als Damen- und Herrenfrisör ab 09.09.2020 liegt sohin nicht vor.

Zum Beschwerdevorbringen, wonach der Arbeitnehmer eine "ausbildungsadäquate Berufserfahrung" für den angestrebten Beruf als Herrenfrisör vorweisen könne und die Nichtanrechnung der "vorgelagerten" Berufserfahrung zu Unrecht erfolgt sei, ist darauf zu verweisen, dass der Gesetzgeber in der Anlage B mit dem von ihm bewusst gewählten Begriff "ausbildungsadäquat" einen klaren Bezug zu der von ihm - vorrangig - geforderten und vorausgesetzten Qualifikation herstellt. Findet der Begriff "ausbildungsadäquat" in der Judikatur und Literatur Verwendung, so bisher ausschließlich in Zusammenhang mit einer bereits vorhandenen abgeschlossenen Berufsausbildung oder sonstigen Qualifikation ("ausbildungsadäquater Arbeitsplatz", "ausbildungsadäquate Beschäftigung"; vgl zB OGH 27.05.2014, Ob24/14s; Panhölzl in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 227 Rz 36).

Die Behauptung in der Beschwerde, wonach auch eine der Qualifizierung vorausgehende Berufserfahrung für das Kriterium "ausbildungsadäquate Berufserfahrung" anzurechnen sei, deckt sich somit nicht mit der Intention des Gesetzgebers.

Die Beschäftigungszeiten des Arbeitnehmers vor der Ablegung der Meisterprüfung zum Damenfrisör am 09.09.2020 erfolgten sohin auch aus diesem Grund nicht ausbildungsadäquat.

Die Fachkräfteverordnung 2020 nimmt entgegen den Ausführungen in der Beschwerde auch keine Unterscheidung zwischen dem Mangelberuf des Herren- und Damenfrisörs vor.

3.3.3. Dem Arbeitnehmer sind sohin aufgrund der nachgewiesenen Qualifikation 20 Punkte unter dem Kriterium "Qualifikation" anzurechnen, für die Deutschkenntnisse auf dem Sprachniveau A2 10 Punkte unter dem Kriterium "Sprachkenntnisse Deutsch" und für sein Alter 10 Punkte unter dem Kriterium „Alter“ anzurechnen.

Die Gesamtpunktezahl, die dem Arbeitnehmer anzurechnen ist, beträgt demnach 40 Punkte. Die erforderliche Mindestpunktezahl von 55 Punkten wird somit nicht erreicht.

Die Beschwerde war daher mangels Erreichen der erforderlichen Mindestpunktezahl abzuweisen.

3.4. Absehen von einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. Es wurden für die gegenständliche Entscheidung keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, GZ 2005/05/0080).

Der tatsächlich entscheidungsrelevante Sachverhalt ist unstrittig. In der gegenständlichen Entscheidung war nur über Rechtsfragen abzusprechen. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt näher zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG waren somit nicht gegeben.

Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Berufserfahrung Fachkräfteverordnung Punktevergabe Rot-Weiß-Rot-Karte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L512.2238689.1.00

Im RIS seit

24.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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