TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/23 W124 1412491-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.04.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

23.04.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch


W124 1412491-2/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. FELSEISEN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird im Hinblick auf die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen war.

II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkte III. des angefochtenen Bescheides wird gemäß §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005, § 9 BFA-VG sowie §§ 46, 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9 FPG als unbegründet abgewiesen.

III. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser wie folgt zu lauten hat:

„Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wird dem Beschwerdeführer keine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Vorverfahren:

1.1 Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF), ein indischer Staatsangehöriger, reiste unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX einen (den ersten) Antrag auf internationalen Schutz. In der am selben Tag erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab dieser zu seinem Fluchtgrund an, im Zuge eines Grundstücksstreits von seinem Nachbarn und dessen Komplizen verfolgt und mit dem Umbringen bedroht worden zu sein. Dieser Nachbar habe auch Einfluss auf die örtlichen indischen Politiker und die Polizei, weshalb der BF keine Unterstützung von der Polizei bekommen habe.

1.2 Am XXXX erfolgte die Einvernahme des BF vor dem Bundesasylamt (in der Folge: BAA). Im Rahmen dieser Einvernahme präzisierte der BF sein Fluchtvorbringen dahingehend, dass sein Vater einen jüngeren und einen älteren Bruder gehabt habe, mit welchen er in einen Streit verwickelt gewesen sei. Beide Onkel hätten von seinem Vater 8 Kila Grundstücke verlangt, welche sein Vater an sie überschreiben hätte sollen. Dies habe der Vater verweigert. Es habe einige Male Handgreiflichkeiten zwischen dem Vater des Beschwerdeführers und dessen Brüdern gegeben und letztendlich sei der Vater auf dem Grundstück von den Onkeln des Beschwerdeführers im Jahr XXXX getötet worden. Die Mutter des Beschwerdeführers habe daraufhin Angst um den Beschwerdeführer bekommen, da er der einzige Sohn sei. Folglich sei der BF in ein anderes Dorf zu seinem Onkel mütterlicherseits gebracht worden. Als seine Cousins jedoch herausgefunden hätten, wo sich der BF versteckt habe, hätten sie ihm auch dort über Verwandte Drohungen zukommen lassen. Die Cousins hätten den BF eliminieren wollen, da er gemeinsam mit seiner Mutter und seiner Schwester die Grundstücke seines Vaters geerbt habe. Ein Jahr vor seiner Ausreise nach Europa habe der BF dann wieder begonnen, seine Mutter zuhause zu besuchen. Seine Cousins hätten ihm dort jedoch gesagt, dass er nichts mehr im Dorf verloren habe. Ferner hätten sie gedroht, ihn umzubringen, falls er nochmals ins Dorf komme. Die beiden Onkel des BF hätten mehrere Grundstücke und daher auch mehr Geld. Sie würden auch die Kongresspartei unterstützen, weshalb sie einen besseren Draht zu den Politikern und zur Polizei hätten. Der Bundesstaat Haryana werde von der Kongresspartei regiert. Im Fall eines Regierungswechsels hätte der BF keine Probleme mehr, da seine Verwandten keinen Einfluss mehr hätten. Der BF sei bei der örtlichen Polizeistation gewesen und habe versucht, die Drohungen seitens seiner Onkel und Cousins anzuzeigen. Der Polizist habe ihn jedoch mit der Begründung weggeschickt, dass er ein Analphabet sei. In der Zeit von XXXX bis XXXX , als er bei seinem Onkel gelebt habe, habe der BF keine Schwierigkeiten gehabt. Die Probleme hätten somit im Jahr XXXX begonnen. Er sei zweimal geschlagen worden. Die Polizei habe seine Anzeige nicht ernst genommen und habe gesagt, es handle sich um einen Streit zwischen zwei kleinen Jungen. Im Fall der Rückkehr nach Indien befürchte er, von seinen Onkeln bzw. seinen Cousins umgebracht zu werden.

1.3 Mit Bescheid des BAA vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat abgewiesen; der Beschwerdeführer wurde aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom XXXX , als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde betreffend die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheids festgehalten, es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat aus asylrelevanten Gründen verfolgt bzw. mit dem Leben bedroht worden wäre. Der Fluchtgrund, nämlich die Probleme des BF mit seinen Onkeln und seinen Cousins, werde der Beurteilung zu Grunde gelegt. Der Asylgerichtshof gehe davon aus, dass das Fluchtvorbringen des BF nicht asylrelevant sei. Weder würden die vorgebrachten Verfolgungshandlungen der Cousins gegenüber dem BF (verbale Drohungen, nicht näher definierte Schläge) asylrelevante Intensität erreichen, noch könne ein Konnex zu einem GFK-Grund genannt werden, sondern basieren diese auf einer rein persönlichen und wirtschaftlichen Motivation. Auch eine Schutzverweigerung der indischen Behörden aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung könne nicht angenommen werden. Dass die indische Polizei bei einer Verfolgung durch Privatpersonen generell schutzunwillig oder schutzunfähig wäre, könne aus den Länderberichten nicht geschlossen werden. Auch das Vorbringen des BF sei nicht geeignet, die Schutzfähigkeit bzw. Schutzwilligkeit der indischen Behörden generell zu verneinen.

Darüber hinaus könne sich der BF an einem anderen Ort in Indien niederlassen und wäre mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht davon auszugehen, dass er an anderen Orten, vor allem in Großstädten, ebenfalls derartigen Schwierigkeiten mit seinen Onkeln bzw. seinen Cousins ausgesetzt sein würde. Dass seine Onkel in ganz Indien Kontakte hätten, habe der BF nicht glaubhaft dargelegt. Anhaltspunkte für eine Unzumutbarkeit im individuellen Fall, sich in anderen Landesteilen niederzulassen, seien im Verfahren nicht hervorgekommen, dies in Hinblick auf die individuelle Situation des BF (junger, gesunder Mann mit Berufserfahrung als Landwirt, familieneigener Landwirtschaft und Familienangehörigen in Indien). Es sei nicht ersichtlich, warum dem BF eine Existenzsicherung in Indien, auch in anderen Landesteilen, beispielsweise in Großstädten wie Delhi, Mumbai oder Kalkutta, zumindest durch Gelegenheitsarbeiten, nicht möglich und zumutbar sein sollte.

Das Erkenntnis wurde dem BF XXXX zugestellt und ist somit am XXXX in Rechtskraft erwachsen.

2. Gegenständliches Verfahren:

2.1. Am XXXX stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.

Am XXXX erfolgte seine Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, im Rahmen welcher er angab, sein Name sei „ XXXX “ und er sei am XXXX geboren. Aus Angst habe er im Rahmen des ersten Verfahrens einen falschen Namen angeführt und wolle diesen nunmehr richtigstellen. Weiter führte er aus, dass er die in seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz geltend gemachten Fluchtgründe aufrechthalte. Vor etwa drei Monaten habe er freiwillig nach Indien zurückkehren wollen, da sich die dortige Situation beruhigt habe. Anfang Mai 2015 sei er allerdings von einem Freund in Indien darüber informiert worden, dass er wieder von seinen Verfolgern gesucht werde. Aus diesem Grund könne er derzeit nicht nach Indien zurückkehren.

2.2. Am XXXX erfolgte seine Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt), im Rahmen welcher er sein Vorbringen, wonach er XXXX heiße und am XXXX geboren sei, bestätigte. Weiters erklärte der BF, er habe im Erstverfahren aus Angst vor einer Abschiebung einen falschen Namen angegeben. Auf Nachfrage führte er an, dass er seine Geburtsurkunde in Indien habe und es ihm möglich sei, sich diese zusenden zu lassen. In der Folge wurde ihm eine zweimonatige Frist bis zum XXXX eingeräumt, um seine Geburtsurkunde und allfällige sonstige Dokumente nachzureichen.

Zu seinem Gesundheitszustand führte der BF an, es gehe ihm gut, er habe allerdings vor einigen Tagen eine Zahnbehandlung gehabt. Medikamente nehme er nicht.

Zu seiner Person gab er an, er stamme aus einem Dorf in der indischen Provinz Haryana und habe im Herkunftsstaat nie an einem anderen Ort gelebt. Er sei ledig und habe keine Kinder oder sonstige Obsorgepflichten. Der BF bekenne sich zum Hinduismus und gehöre der Volksgruppe der Samdhyan und der Kaste Chandhary an. In Indien habe er acht Jahre die Schule besucht und habe seinen Lebensunterhalt durch seine Tätigkeit als Landwirt bestritten. Er habe lediglich Weizen angebaut.

Seine Mutter und seine Schwester würden nach wie vor in seinem Heimatdorf leben. Ansonsten würden noch eine Tante und ein Onkel mütterlicherseits in Indien leben. Sein Vater sei im Jahr XXXX oder XXXX verstorben. Wie es seiner Familie gehe, wisse er nicht, da er sie schon über längere Zeit nicht mehr angerufen habe. Der letzte Kontakt sei vor eineinhalb Monaten gewesen. In Österreich habe er keine Familienangehörigen. Er arbeite selten als Reklameverteiler, ansonsten mache er nichts.

Der BF führte an, im Jahr XXXX mit dem PKW in Österreich eingereist zu sein. Den Herkunftsstaat habe er am XXXX verlassen. Seine Verwandten hätten die Reise organisiert und finanziert.

Zu seinen Fluchtgründen brachte er vor, sein Leben sei in Indien in Gefahr und sei aus diesen Gründen sein Vater gestorben. Sie hätten einen Grundstücksstreit mit ihren Nachbarn gehabt. Sein Vater sei wegen des ganzen Kummers und der Sorgen gestorben. Auch sein Leben sei in Gefahr. Auf Nachfrage, ob er alle Fluchtgründe genannt habe, führte er an, er habe alles gesagt. Im Laufe der weiteren Befragung erklärte er, der Grundstücksstreit habe aus politischen Gründen stattgefunden. Sein Nachbar, der ihn aufgefordert habe, sein Grundstück herzugeben, habe politische Kontakte gehabt. Er sei wohlhabend und einflussreich gewesen. Der Nachbar habe das Grundstück haben wollen, da der BF ein armer und einfacher Mensch sei. Mehr wisse er nicht. Seine Onkel seien seine Nachbarn gewesen und würden XXXX und XXXX heißen. Sie hätten der Kongresspartei angehört. Welche Funktion sie innegehabt hätten, wisse er nicht, sie seien jedoch politisch aktiv. Weder sein Vater noch er selbst hätten einer Partei angehört. Das Grundstück laufe noch immer auf den Namen seines Vaters.

Auf Nachfrage, was der Grundstücksstreit mit dem BF zu tun habe, wenn das Grundstück seinem Vater gehört habe, antwortete der BF, er wisse es nicht.

Das Grundstück sei vier oder fünf Kila groß und sei 2 km von ihrem Haus entfernt. Was mit dem Grundstück passiert sei, nachdem er Indien verlassen habe, wisse er nicht.

Auf Nachfrage führte er an, ein Freund habe ihn vor circa eineinhalb Jahren angerufen und habe ihm gesagt, dass ihn seine Onkel suchen würden. Warum sie ihn gesucht hätten, obwohl er in Österreich lebe und das Grundstück nunmehr frei sei, konnte er nicht beantworten.

Neuerlich befragt, was der Grundstücksstreit mit ihm zu tun habe, führte er an, sie hätten Angst, dass er einen Anspruch auf das Grundstück geltend machen könne, wenn er erwachsen sei. Außerdem würden sie befürchten, dass er sich der Politik anschließen könne.

Auf Vorhalt, dass er bereits erwachsen gewesen sei, als er im Jahr XXXX ausgereist sei, brachte er vor, er sei nie auf seiner Landwirtschaft gewesen, da es sein Vater nicht erlaubt habe. Sein Vater habe gewollt, dass der BF eine gute Ausbildung absolviere. Auf weiteren Vorhalt, dass nach seinen Angaben der Vater bereits im Jahr 2005 verstorben sei, erklärte er, er sei auch nach dem Tod des Vaters nicht auf ihre Landwirtschaft gegangen, sondern habe sich drei oder vier Jahre bei seinem Onkel mütterlicherseits aufgehalten.

Die Frage, ob er in Indien persönlich bedroht oder verfolgt worden sei, verneinte er. Er sei auch nie festgenommen worden.

2.3. Mit Bescheid vom XXXX zur GZ XXXX , wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat des BF (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen ihn wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III). Als Frist zur freiwilligen Ausreise wurden 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

2.4. Mit Schriftsatz vom XXXX erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch den Verein XXXX gegen den oben genannten Bescheid vollinhaltlich Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Nach Darstellung des Sachverhalts und des wesentlichen Fluchtvorbringens wurde zusammengefasst ausgeführt, der BF könne die Hintergründe des Grundstücksstreites nur schemenhaft erklären. Seine Verwandten hätten jahrelang alles verheimlicht und ihm erklärt, dies sei keine Angelegenheit für Kinder. Ob es sich bei dem Nachbarn um einen Onkel handle, mit dem er tatsächlich verwandt sei, oder ob es nur ein „Sprichonkel“ sei, wisse er nicht. Seinen Namen habe er gewechselt, da ihn der Name „ XXXX “ an einen Extremisten erinnere, welcher seine Eltern ermordet habe. Ein Dokument zu erlangen, in welchem das Eigentum am Grundstück festgehalten werde, sei ferner nicht möglich. Weiter wurde ausgeführt, die Behörde hätte die Rückkehrsituation des BF im Lichte der aktuellen Länderinformationen zu Indien zu prüfen gehabt.

2.5. Das Bundesamt legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Verfahrensakten vor, wo diese am XXXX einlangte.

2.6. Mit Schreiben vom XXXX legte der „ XXXX Vollmacht.

2.7. Mit Ladung vom XXXX wurde dem BF das Länderinformationsblatt Indien vom 30.03.2020 mit letzter Information vom 22.07.2020 zur Stellungnahme übermittelt.

2.8. Am XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung einer Dolmetscherin eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, welche im Wesentlichen folgenden Verlauf nahm [Auszug aus dem Verhandlungsprotokoll; Schreibfehler korrigiert]:

[…]

BF: Ich bin gesund und nehme keine Medikamente. Ich bin auch nicht in ärztlicher Behandlung.

[…]

R: Wie ist Ihr Name und wann sind Sie geboren?

BF: Als ich nach Österreich eingereist bin habe ich meinen Namen XXXX angegeben, weil ich sehr eingeschüchtert war. Mein richtiger Name lautet XXXX . Ich bin geboren am XXXX .

R: Wo genau sind Sie geboren?

BF: Im Dorf XXXX , im Kreis XXXX , im Bezirk XXXX in der Provinz Haryana.

R: Mit wem haben Sie an der von Ihnen angegebenen Adresse gewohnt?

BF: Mit meiner Mutter und meiner Schwester habe ich dort gewohnt.

R: Wie viele Geschwister hat Ihr Vater?

BF: Er hat zwei Brüder.

R: Wo wohnen Ihre Onkel vs?

BF: Beide sind bereits verstorben, haben aber im selben Dorf gelebt.

R: Wie viele Kinder haben diese?

BF: Ich weiß nur von einem Bescheid, der hat zwei Söhne und eine Tochter.

R: Wo wohnt dieser Cousin?

BF: Ich habe keinen Kontakt mit denen. Ich weiß nicht wo sie leben.

R: Wo hat er gewohnt, als Sie ausgereist sind?

BF: Ich habe bei meinem Onkel ms gelebt.

R: Geben Sie mir bitte an, wo Sie von Ihrer Geburt an bis zu Ihrer Ausreise aus Indien in welchem Zeitraum Sie wo gelebt haben.

BF: Von XXXX bis XXXX habe ich in meinem Heimatdorf gelebt in XXXX . Vom Jahr XXXX bis XXXX habe ich bei meinem Onkel ms gelebt im Dorf XXXX im Bezirk XXXX oder XXXX in der Provinz Haryana.

R: Wann sind Sie aus Indien ausgereist?

BF: Im Jahr XXXX .

R: Wo haben Sie sich im Zeitraum zwischen XXXX und XXXX aufgehalten?

BF: Ich wurde geschleppt.

R: Wo haben Sie sich aufgehalten?

BF: Ich wurde geschleppt. Ich wurde durch mehrere Länder geschleppt. In manchen Ländern war ich zwei bis drei Monate.

R: Wie sind Sie aus Indien ausgereist?

BF: Wegen Grundstücksstreitigkeiten.

R: Frage wird wiederholt.

BF: Mein Onkel ms hat mir geholfen.

R: Wie sind Sie ausgereist?

BF: Mein Onkel brachte mich zu einem Schlepper. Der Schlepper hat mich aus dem Land gebracht.

R: Frage wird wiederholt.

BF: Mit einem Schiff. Ich weiß nicht genau, mit einem Schiff nach Nigeria oder nach Moskau.

R: Von welchem Hafen sind Sie weggefahren?

BF: Das weiß ich nicht.

R: Hat es bei der Ausreise Probleme gegeben?

BF: Ja.

R: Inwiefern?

BF: Ich hatte Grundstücksstreitigkeiten mit meinem Onkel.

R: Hat es bei der Ausreise Probleme gegeben?

BF: Wegen der Streitereien habe ich das Land verlassen.

R: Frage wird wiederholt.

BF: Wegen meiner Probleme habe ich das Land verlassen. Wegen der Streitereien musste ich das Land verlassen. Ich hatte Angst, dass mein Onkel mich umbringt.

R: Welche Schul- und Berufsausbildung haben Sie?

BF: Ich war nur 2 oder 3 Jahre in der Schule. Ich bin nicht gebildet. Ich habe auch keine Berufsausbildung.

R: Wie viel Geld haben Sie für die Ausreise aus Indien bezahlt?

BF: Das weiß ich nicht, mein Onkel ms hat es bezahlt.

R: Wie viel hat er bezahlt?

BF: Das weiß ich nicht.

R: Haben Sie ein gutes Verhältnis zu Ihrem Onkel ms?

BF: Zuvor schon. Jetzt kann ich es nicht sagen.

R: Wie geht es Ihren Familienangehörigen?

BF: Es geht. Meine Mutter ist ein wenig krank.

R: Wo wohnt Ihre Mutter?

BF: In unserem Dorf XXXX .

R: Wie bestreitet Ihre Mutter Ihren Lebensunterhalt?

BF: Meine Mutter bezieht eine Pension und davon lebt sie.

R: Wie weit ist der Onkel ms bei dem Sie mehrere Jahre gelebt haben von Ihrem Elternhaus entfernt?

BF: Ca. 20 – 25 km entfernt.

R: Was arbeitet Ihr Onkel ms?

BF: Er ist Landwirt.

R: Haben Sie Ihren Onkel bei der landwirtschaftlichen Tätigkeit geholfen, als Sie sich dort mehrere Jahre aufgehalten haben?

BF: Ja, habe ich gemacht.

R: Wie haben Sie sonst Ihren Lebensunterhalt bestritten?

BF: Mein Onkel hat mich versorgt. Ich habe auf seinen Feldern gearbeitet und in seiner Wohnung gelebt.

R: Und zu vor?

BF: Ich habe zu Hause gewohnt. Meine Eltern waren zu Hause. Wir hatten eine eigene Landwirtschaft. Nach dem Tod meines Vaters habe ich das Heimatdorf verlassen.

R: Haben Sie zuvor schon in der Landwirtschaft gearbeitet?

BF: Ja.

R: Wie geht es Ihren Onkel ms?

BF: Es geht ihm gut.

R: Sie wissen nicht wo der zweite Cousin vs wohnt. Wo hat er gewohnt, als Sie aus Indien ausgereist sind?

BF: In unserem Dorf in einer eigenen Wohnung.

R: Wo ist er hingezogen?

BF: Das weiß ich nicht. Ich habe keinen Kontakt mit denen.

R: Wann sind Ihre beiden Onkel vs verstorben?

BF: Es ist drei oder vier Jahre her. Genau kann ich es nicht sagen.

R: An was ist Ihr Vater gestorben?

BF: Einer meiner Onkel hat meinem Vater auf den Feldern geschlagen. Dadurch ist er gestorben.

R: Ist Ihr Vater ermordet worden?

BF: Ja er wurde ermordet.

R: In der NS vom XXXX [steht], dass nicht Ihr Vater aufgrund eines Mordes gestorben ist, sondern, dass Ihr Vater aus Kummer und Sorge gestorben ist. Was sagen Sie zu diesem Wiederspruch?

BF: Nein, das stimmt nicht.

R: Wann ist Ihr Vater verstoben?

BF: Im Jahr XXXX oder XXXX .

R: Ist es XXXX oder XXXX gewesen und wann genau?

BF: Ich kann mich nicht mehr erinnern. Ich hatte eine sehr schwierige Kindheit. Nach dem Tod meines Vaters war mein Leben sehr schwer.

R: Beim BFA haben Sie am XXXX gesagt, dass Ihr Vater im Jahr XXXX oder XXXX verstoben wäre. Heute sagen Sie, dass er im Jahr XXXX oder XXXX verstorben wäre. Was sagen Sie zu diesem Wiederspruch?

BF: Ich kann mich nicht mehr erinnern.

R: Sie haben heute auch gesagt, dass Sie eine relativ schlechte Schulbildung gemacht haben. In der NS vom XXXX sagen Sie, auf die Frage, welche schulischen Ausbildungen Sie in Indien absolviert haben: Ich habe 8 Jahre lang die Grundschule absolviert. Was sagen Sie zu diesem Wiederspruch?

BF: Das habe ich nicht gesagt, dass ich 8 Jahre die Grundschule gemacht habe.

R: Das Protokoll vom XXXX wurde Ihnen rückübersetzt. Einwände der Richtigkeit und Vollständigkeit wurden keine erhoben.

BF: Keine Antwort.

R: Was würden Sie befürchten, wenn Sie nach Indien zurückkehren müssten?

BF: Ich habe Angst um mein Leben. Es geht um unsere Landwirtschaft. Mein Onkel hat politische Kontakte.

R: Wie heißt Ihr Onkel?

BF: XXXX (phonetisch).

R: Sind das Onkel vs oder ms?

BF: Väterlicherseits.

R: Warum haben Sie vor diesen beiden Onkel Angst?

BF: Sie haben jeden Tag mit meinem Vater wegen der Länder und den Grundstücken gestritten.

R: Warum haben Sie jetzt Angst vor diesen beiden Onkel?

BF: Mein Leben ist in Gefahr von denen. Ich bin alleine im Dorf.

R: Wer ist der Eigentümer von diesen Grundstücken?

BF: Zuerst mein Vater und jetzt meine Mutter.

R: Wann hat der Streit um die Grundstücke Ihres Vaters mit den beiden Onkeln begonnen?

BF: Mein Vater war ein sehr einfacher Mensch. Er war ungebildet. Mein Onkel war in der Politik.

R: Frage wird wiederholt.

BF: Das weiß ich nicht. Diese Streitereien bestehen seit sehr vielen Jahren.

R: Um was für ein Grundstück ist es dabei gegangen? Wie groß war dieses Grundstück?

BF: Ca. 4 bis 5 Kila.

R: Wie weit ist es von Ihrem Elternhaus entfernt dieses Grundstück?

BF: Ca. 2 km.

R: Wird dieses Grundstück derzeit bewirtschaftet?

BF: Meine Mutter hat diese Landwirtschaft verpachtet.

R: An wen?

BF: Das weiß ich nicht.

R: Gibt es deswegen Probleme, weil Ihre Mutter dieses Grundstück verpachtet hat?

BF: Meine Cousins machen schon Schwierigkeiten. Sie sagen zum Verpächter, warum nehmen Sie unser Grundstück. Warum bebaut ihr unser Grundstück.

R: Wurde gegen die beiden Onkel eine Anzeige erstattet?

BF: Meine Mutter und mein Onkel ms waren oft bei der Polizei.

R: Frage wird wiederholt.

BF: Das weiß ich nicht, ob eine Anzeige erstattet worden ist.

R: Haben Sie selbst eine Anzeige erstattet? Waren Sie selbst bei der Polizei?

BF: Nein.

R: Warum haben Sie keine Anzeige erstattet?

BF: Sie haben mich bedroht. Sie haben mir gesagt, wenn ich zur Polizei gehe werden sie mich umbringen. Sie haben mit der Polizei zusammengearbeitet.

R: Der Onkel der zur Polizei gegangen ist. Ist das der Onkel, bei dem Sie gewohnt haben?

BF: Ja.

R: Ab wann haben Sie bei Ihrem Onkel ms gewohnt?

BF: Nach dem Tod meines Vaters bin ich zu ihm gezogen.

R: Wie viel Jahre haben Sie dann bei ihm gewohnt?

BF: Mindestens drei bis vier Jahre.

R: Warum sind Sie nicht im Heimatdorf im Elternhaus verblieben?

BF: Dort war es gefährlich für mich.

R: Warum war es dort gefährlich für Sie und bei Ihrem Onkel ms nicht?

BF: Meine Onkel waren täglich bei uns zu Hause. Ich habe mich versteckt. Ich habe mich bei meinem Onkel ms aufgehalten.

R: Sind Sie jemals bedroht oder geschlagen worden?

BF: Ja, ich wurde bedroht. Es wurde mir gesagt, wenn ich zur Polizei gehe oder Hilfe hole, werden sie mich umbringen. Sie sagten, sie haben sehr gute Kontakte in die Politik.

R: Zu welcher politischen Richtung hätten die Kontakt gehabt?

BF: Als ich ausgereist bin, war es die Kongress Partei.

R: Beim BFA XXXX haben Sie auf die Frage, ob Sie persönlich verfolgt oder bedroht worden seien, haben Sie dies verneint. Und heute sagen Sie, dass Ihnen persönlich bedroht worden wäre.

BF: Damals wollte ich nach Indien zurück. Da habe ich überlegt nach Indien zurückzukehren.

R: Könnten Sie sich vorstellen, wieder bei Ihrem Onkel ms zu leben?

BF: Er ist jetzt ein alter Mann. Im Jahr XXXX habe ich überlegt nach Indien zurückzukehren. Ich habe meinen Nachbarn angerufen und er sagte mir, ich solle es nicht machen. Es gibt noch immer Streitereien dort.

R: Wie heißt Ihr Nachbar?

BF: XXXX .

R: Beim BFA haben Sie am XXXX gesagt, dass Ihre Nachbarn Ihre Onkel vs seien.

BF: Ich wurde gefragt, wie meine Onkel heißen. Da habe ich ihren Namen angegeben.

R: Wann wurden Sie das gefragt?

BF: Bei der letzten Einvernahme auf der Landstraße.

R: Was hat Ihr Nachbar erzählt, dass es nach wie vor Streitigkeiten geben solle. Können Sie das konkretisieren?

BF: Ich sagte, ich möchte zurück nach Indien. Ich habe mich fest entschlossen gehabt, dass ich zurückkehren werde. Er sagte mir, es gibt noch immer Streitereien dort und wenn ich zurückkehre, ist mein Leben in Gefahr. Es ist besser für mich wenn ich draußen bleibe.

R: Was heißt es, es gibt dort noch immer Streitereien?

BF: Kinder meiner Onkel streiten mit meiner Mutter.

R: Sie haben zuerst gesagt, Sie wissen gar nicht, wo sich einer der Cousins befindet. Wie kann sich dann der Cousin mit der Mutter streiten, wenn Sie nicht wissen, wo sich dieser aufhält?

BF: Meine Cousins leben doch im Dorf.

R: Wer ist der Herr XXXX ?

BF: Er ist mein Nachbar.

R: Sie haben einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und zwar am XXXX . Dieser wurde in Folge vom seinerzeit zuständigen Bundesasylamt XXXX abgewiesen und in der Folge vom mit Erkenntnis vom Asylgerichtshof vom XXXX . Schon damals wurde Ihr Fluchtvorbingen als unglaubwürdig erachtet und Sie eben nach Indien ausgewiesen. Warum sind Sie weiterhin im Bundesgebiet verbleiben?

BF: Damals war mein Anwalt XXXX .

R: Das war der Grund, warum Sie nicht ausgereist sind?

BF: Nein, es ist so, es war nicht möglich, dass ich wo anders hingehe. Wo sollte ich hingehen. Ich kenne niemanden.

R auf Deutsch: Sprechen Sie und verstehen Sie deutsch?

BF (auf Deutsch): Nur ein bissi.

R auf Deutsch: Haben Sie in Ö einen Deutschkurs besucht?

BF auf Deutsch: Nein.

R auf Deutsch. Warum nicht?

BF auf Deutsch: Ich habe keine Arbeit. Ich gehen zum Westbahnhof

BF weiter auf Hindi: Ich war in einer Sprachschule beim Westbahnhof. Es war so teuer. Ich konnte es mir nicht leisten.

R auf Deutsch: Haben Sie eine Prüfung abgelegt?

BF auf Deutsch: Ja.

R auf Deutsch Wann haben Sie diese Deutschprüfung abgelegt?

BF auf Hindi Ich glaube das war im Jahr 2015. Ich bin mir nicht sicher.

R auf Deutsch: Haben Sie diese Prüfung positiv bestanden?

BF auf Deutsch: Ja.

D merkt an, dass diese glaubt, dass der BF das Wort Prüfung nicht versteht.

R: Frage wird wiederholt auf Hindi.

BF: Nein, ich habe bis jetzt keine Prüfung gemacht. Ich war einmal dort, aber eine Prüfung habe ich nicht gemacht.

R auf Deutsch: Gehen Sie in Ö arbeiten?

BF auf Deutsch: Ja.

R auf Deutsch: Was arbeiten Sie in Ö?

BF auf Deutsch: Zeitung Arbeit.

R auf Deutsch: Was machen Sie bei der Zeitung Arbeit?

BF auf Deutsch: Ganze Nacht.

R: Frage wird auf Hindi wiederholt.

BF auf Hindi: Ich verteile die Zeitungen.

R auf Deutsch: Seit wann üben Sie diese Tätigkeit aus?

BF auf Deutsch: Mit dem Fahrrad fahren.

R: Frage wird auf Hindi wiederholt.

BF: Seit XXXX .

R: Wann sind Sie nach Ö gekommen?

BF: Im Jahr XXXX .

R: Haben Sie seit her Ö verlassen?

BF: Nein.

R: Sind Sie verheiratet?

BF: Nein.

R: Leben Sie in einer Lebensgemeinschaft?

BF: Nein.

R: Was verdienen Sie monatlich mit Ihrer Tätigkeit als Zeitungszusteller?

BF: Zwischen 300-400 EUR monatlich.

R: Sind Sie Sozial- Unfall- und Krankenversichert?

BF: Ja.

R: Wo sind Sie da versichert?

BF: Ich habe einen Anwalt im XXXX getroffen und der hat mich versichert. Ich habe ein eCard.

R: Beziehen Sie Leistungen aus der GVS?

BF: Nein.

R: Wie viel zahlen Sie Krankenversicherung?

BF: Alle drei Monate bezahle ich ca. 185 EUR.

R: Haben Sie einen Mietvertrag?

BF: Nein.

R: Wo wohnen Sie oder bei wem wohnen Sie?

BF: In XXXX in XXXX . Es gibt ein indisches Restaurant dort. Es gehört einen weißen Mann. Er hat auch eine Wohnung und dort wohne ich mit diesem gemeinsam.

R: Wie heißt der weiße Mann?

BF: XXXX .

R: Sind Sie an dieser Adresse gemeldet?

BF: Ja.

R: Wie viel zahlen Sie Miete?

BF: 100 EUR.

R: Von was leben Sie (Lebensmittel, Kleidung etc.)?

BF: Ich arbeite auch gelegentlich als Reinigungskraft. Wenn mich jemand braucht, reinige ich die Wohnungen putzen.

R: Haben Sie eine arbeitsrechtliche Bewilligung?

BF: Jetzt nicht mehr, aber früher war ich gemeldet. Ich habe für eine Pizzeria für 10 h gearbeitet und war dort auch gemeldet.

RV legt Lohn- und Gehaltsabrechnungen für Jänner und Februar XXXX vor, welche als Beilage ./A zum Akt genommen werden.

R: Haben Sie einen Freundeskreis in Ö?

BF: Ja.

R: Gehören diesem Freundeskreis auch Österreicher oder Österreicherinnen an?

BF: Ja.

R: Wie heißen Ihre beiden besten österreichischen Freunde mit Vor- und Familiennamen?

BF: Den vollständigen Namen weiß ich nicht, aber XXXX und XXXX sind meine besten Freunde.

R: Haben Sie eine Freundin?

BF: Nein.

R: BF wurde auf sein Entschlagungsrecht hingewiesen. Läuft gegen Sie ein gerichtliches Strafverfahren bzw. ein verwaltungsstrafrechtliches Verfahren?

BF: Nein.

R: Leben Verwandte von Ihnen in Ö?

BF: Nein.

R: Wer ist XXXX ?

BF: Hier meinen Sie?

R: Wer ist das?

BF: Weiß ich nicht.

R: Haben Sie einen Bruder?

BF: Nein.

R: Haben Sie Verwandte in der EU?

BF: Nein.

R: Sind Sie Mitglied in einem Verein, einer Organisation oder einem Club?

BF: Nein.

R: Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

BF: Ich besuche meine Freunde. Ich Frage nach einer Arbeit, ob sie eine Arbeit für mich haben.

R: Haben Sie einen Arbeitgeber, der schon für Sie um eine Arbeitsbewilligung beim AMS nachgefragt hat?

BF: Ja es gibt viele Restaurantbesitzer die mich gerne einstellen würden.

R: Frage wird wiederholt.

BF: Das weiß ich nicht, ob meine alter Chef das gemacht hat oder nicht. Gesagt hat er es aber.

R an RV: Haben Sie Fragen?

RV: Nein, danke.

R an RV: Wollen Sie noch eine Stellungnahme abgeben?

RV: Nein, danke.

[…]

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers

Der BF ist indischer Staatsangehöriger, stammt aus dem indischen Bundesstaat Haryana und bekennt sich zum Hinduismus. Seine Erstsprache ist Hindu. Die Identität des BF kann nicht hinreichend festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig und gesund. Er leidet insbesondere an keinen Atemwegserkrankungen oder anderen chronischen Krankheiten, wie Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronischen Atemwegserkrankungen, geschwächtem Immunstatus, Krebs oder Fettleibigkeit. Der BF hat im Herkunftsstaat acht Jahre die Schule besucht und verfügt über Arbeitserfahrung als Landwirt.

Seine Schwester, seine Mutter sowie sein Onkel mütterlicherseits leben in Indien auf. Der BF ist mit seinen Familienangehörigen in Kontakt.

1.2. Zum Aufenthalt des Beschwerdeführers sowie zu seinen Anträgen auf internationalen Schutz

Der BF stellte nach unrechtmäßiger Einreise am XXXX erstmalig einen Antrag auf internationalen Schutz.

Zu seinen Fluchtgründen gab er in diesem Vorverfahren zusammengefasst an, sein Vater habe einen jüngeren und einen älteren Bruder gehabt. Diese Brüder hätten mehrere Grundstücke, hätten mehr Geld und würden die Kongresspartei unterstützen, weshalb sie einen besseren Draht zu den Politikern und zur Polizei hätten. Sie hätten von seinem Vater Grundstücke verlangt, welche sein Vater an sie überschreiben hätte sollen. Der Vater habe dies verweigert, woraufhin es zu Handgreiflichkeiten gekommen sei und sein Vater letztlich von den Onkeln des BF getötet worden sei. Da der BF der einzige Sohn seines Vaters sei, habe er Angst bekommen und sei zu seinem Onkel mütterlicherseits verzogen. Seine Cousins hätten sein Versteck herausgefunden und hätten ihm über Verwandte Drohungen zukommen lassen. Ein Jahr vor seiner Ausreise habe er begonnen, seine Mutter neuerlich in seinem Heimatdorf zu besuchen. Seine Cousins hätten ihm dort jedoch gesagt, dass er nichts mehr im Dorf verloren habe. Sie hätten ihm gedroht, ihn umzubringen, falls er nochmals ins Dorf komme. Der BF sei zweimal geschlagen worden, die Polizei habe seine Anzeige aber nicht ernst genommen.

Mit Bescheid des BAA vom XXXX wurde sein erster Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Indien abgewiesen; gleichzeitig wurde der BF aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom XXXX als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis wurde dem BF am XXXX zugestellt.

Der BF ist seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen, sondern ist unrechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet verblieben.

Am XXXX stellte er den verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten brachte er jedoch keine relevante, zumindest einen glaubhaften Kern aufweisende und nach rechtskräftiger Erledigung seines ersten Antrags auf internationalen Schutz ( XXXX ) eingetretene Sachverhaltsänderung vor, welche denkmöglich zu einem anderen Ergebnis als im ersten mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom XXXX rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren führen kann. Im Herkunftsstaat ist der Beschwerdeführer keiner Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen ausgesetzt. In der Zwischenzeit sind auch keine Umstände eingetreten, wonach dem BF in Indien aktuell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person drohen würde oder ihm im Falle einer Rückkehr nach Indien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

1.3. Zum Privat- und Familienleben des BF

Der BF hält sich seit der Stellung seines ersten Antrags auf internationalen Schutz am XXXX durchgehend im österreichischen Bundesgebiet auf. Es steht nicht fest, dass er diese Zeit zur Integration genutzt hat.

Der BF lebt in Österreich in keiner Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Gemeinschaft. Er verfügt in Österreich oder in einem anderen Staat in Europa über keine verwandtschaftlichen Beziehungen. Er hat sich einen Bekanntenkreis aufgebaut; allerdings pflegt er zu in Österreich aufenthaltsberechtigten Personen keine Freundschaften oder besondere Nahebeziehungen.

Der BF bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung. Es kann jedoch nicht hinreichend festgestellt werden, aus welchen Mitteln er seinen Lebensunterhalt in Österreich bestreitet. Seit seiner Einreise ist er lediglich im Zeitraum von Dezember 2019 bis Februar 2020 einer geringfügigen unselbstständigen Erwerbstätigkeit als ungelernter Pizzakoch nachgekommen und hat hierdurch monatlich ein Einkommen in Höhe von € 385,00 erzielt. Es steht nicht fest, dass der BF als Zeitungsverteiler, Reklameverteiler oder Reinigungskraft arbeitet oder gearbeitet hat. Ebenso wenig steht fest, dass er sich zur Sozialversicherung gemeldet hat und regelmäßig Beiträge leistet. Er war sohin während seines gesamten Aufenthalts in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig.

Der BF verfügt über keine nennenswerten Deutschkenntnisse, engagiert sich nicht ehrenamtlich und nimmt auch nicht auf sonstige Weise am gesellschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich teil.

Es liegen daher keine Hinweise auf eine Integration hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers, insbesondere in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht, in Österreich vor. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Allerdings zeigt er keine Bereitschaft, fremdenbehördliche Anordnungen zu respektieren, da er im Verfahrens über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen ist und gegenüber den Behörden eine falsche Identität anführte, um einer Abschiebung entgegenzuwirken. Zudem hat er im gegenständlichen Verfahren seine Geburtsurkunde zum Nachweis seiner wahren Identität nicht vorgelegt, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre.

1.4. Zur COVID-19-Krankheit:

COVID-19 ist eine durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursachte Infektionskrankheit. Sie wurde erstmals 2019 in Metropole Wuhan (Provinz Hubei) beschrieben, entwickelte sich im Januar 2020 in der Volksrepublik China zur Epidemie und breitete sich schließlich zur weltweiten COVID-19-Pandemie aus. Die genaue Ausbruchsquelle ist derzeit noch unbekannt. Es wird angenommen, dass sich das Virus wie andere Erreger von Atemwegserkrankungen hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion verbreitet.

Personen mit fortgeschrittenen chronischen Lungenkrankheiten, welche eine dauerhafte, tägliche, duale Medikation benötigen, chronischen Herzerkrankungen mit Endorganschaden, die dauerhaft therapiebedürftig sind, wie ischämischen Herzerkrankungen sowie Herzinsuffizienzen, aktiven Krebserkrankungen mit einer jeweils innerhalb der letzten sechs Monate erfolgten onkologischen Pharmakotherapie (Chemotherapie, Biologika) und/oder einer erfolgten Strahlentherapie sowie metastasierenden Krebserkrankungen auch ohne laufende Therapie, Erkrankungen, die mit einer Immunsuppression behandelt werden müssen, fortgeschrittenen chronischen Nierenerkrankungen, chronischen Lebererkrankungen mit Organumbau und dekompensierter Leberzirrhose ab Childs-Stadium B, ausgeprägter Adipositas ab dem Adipositas Grad III mit einem BMI >= 40, Diabetes mellitus oder an arterieller Hypertonie mit bestehenden Endorganschäden, insbesondere einer chronischen Herz- oder Niereninsuffizienz bzw. einer nicht kontrollierbarer Blutdruckeinstellung leiden, werden nach derzeitigem Stand der Wissenschaft zu jener Gruppe („Risikogruppe“) gezählt, welche im Vergleich zu nicht dieser Gruppe angehörenden Personen mit erhöhter Wahrscheinlichkeit von einem schweren bzw. tödlichen Krankheitsverlauf betroffen sind.

1.5. Auszüge aus dem Länderinformationsblatt Indien vom 30.03.2020 mit letzter Kurzinformation vom 22.07.2020:

Sicherheitslage (letzte Änderung: 22.7.2020)

Es gibt in Indien eine Vielzahl von Spannungen und Konflikten, Gewalt ist an der Tagesordnung (GIZ 11.2019a). Terroristische Anschläge in den vergangenen Jahren (Dezember 2010 in Varanasi, Juli 2011 in Mumbai, September 2011 in New Delhi und Agra, April 2013 in Bangalore, Mai 2014 in Chennai und Dezember 2014 in Bangalore) und insbesondere die Anschläge in Mumbai im November 2008 haben die Regierung unter Druck gesetzt. Von den Anschlägen der letzten Jahre wurden nur wenige restlos aufgeklärt und die als Reaktion auf diese Vorfälle angekündigten Reformvorhaben zur Verbesserung der indischen Sicherheitsarchitektur wurden nicht konsequent umgesetzt (AA 24.4.2015). Aber auch im Rest des Landes gab es in den letzten Jahren Terroranschläge mit islamistischem Hintergrund. Im März 2017 platzierte eine Zelle des „Islamischen Staates“ (IS) in der Hauptstadt des Bundesstaates Madhya Pradesh eine Bombe in einem Passagierzug. Die Terrorzelle soll laut Polizeiangaben auch einen Anschlag auf eine Kundgebung von Premierminister Modi geplant haben (BPB 12.12.2017). Das Land unterstützt die US-amerikanischen Maßnahmen gegen den internationalen Terrorismus. Intern wurde eine drakonische neue Anti-Terror-Gesetzgebung verabschiedet, die Prevention of Terrorism Ordinance (POTO), von der Menschenrechtsgruppen fürchten, dass sie auch gegen legitime politische Gegner missbraucht werden könnte (BICC 12.2020).

Die Spannungen im Nordosten des Landes gehen genauso weiter wie die Auseinandersetzung mit den Naxaliten (maoistische Untergrundkämpfer, Anm.) (GIZ 11.2019a), die das staatliche Gewaltmonopol gebietsweise infrage stellen (AA 19.7.2019).

Konfliktregionen sind Jammu und Kashmir, die nordöstlichen Regionen und der maoistische Gürtel. In Jharkhand und Bihar setzten sich die Angriffe von maoistischen Rebellen auf Sicherheitskräfte und Infrastruktur fort. In Punjab kam es bis zuletzt durch gewaltbereite Regierungsgegner immer wieder zu Morden und Bombenanschlägen. Neben den islamistischen Terroristen tragen die Naxaliten zur Destabilisierung des Landes bei. Von Chattisgarh aus kämpfen sie in vielen Unionsstaaten (von Bihar im Norden bis Andrah Pradesh im Süden) mit Waffengewalt gegen staatliche Einrichtungen. Im Nordosten des Landes führen zahlreiche Separatistengruppen (United Liberation Front Assom, National Liberation Front Tripura, National Socialist Council Nagaland, Manipur People’s Liberation Front etc.) einen Kampf gegen die Staatsgewalt und fordern entweder Unabhängigkeit oder mehr Autonomie. Der gegen Minderheiten wie Moslems und Christen gerichtete Hindu-Radikalismus wird selten von offizieller Seite in die Kategorie Terror eingestuft, sondern vielmehr als „communal violence“ bezeichnet (ÖB 8.2019).

Erhebungen maoistischer Gruppierungen in den ostzentralen Bergregionen Indiens dauern an. Angaben zu Folge haben Rebellen illegale Steuern erhoben, Lebensmittel und Unterkünfte beschlagnahmt und sich an Entführungen und Zwangsrekrutierungen von Kindern und Erwachsenen beteiligt. Zehntausende von Zivilisten wurden durch die Gewalt vertrieben und leben in von der Regierung geführten Lagern. Unabhängig davon greifen in den sieben nordöstlichen Bundesstaaten Indiens mehr als 40 aufständische Gruppierungen, welche entweder eine größere Autonomie oder die vollständige Unabhängigkeit ihrer ethnischen oder Stammesgruppen anstreben, weiterhin Sicherheitskräfte an. Auch kommt es weiterhin zu Gewalttaten unter den Gruppierungen, welche sich in Bombenanschlägen, Morden, Entführungen, Vergewaltigungen von Zivilisten und in der Bildung von umfangreichen Erpressungsnetzwerken ausdrücken (FH 4.3.2020).

Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2016 insgesamt 907 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt. Im Jahr 2017 wurden 812 Personen durch terroristische Gewalt getötet und im Jahr 2018 kamen 940 Menschen durch Terrorakte. 2019 belief sich die Opferzahl terrorismus- relevanter Gewalt landesweit auf insgesamt 621 Tote. Bis zum 5.3.2020 wurden 81 Todesopfer durch terroristische Gewaltanwendungen registriert [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 17.3.2020).

Gegen militante Gruppierungen, die meist für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikalen (z. B. Maoistisch-umstürzlerische) Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, sind in der Regel Verhandlungen über ihre Forderungen möglich. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 19.7.2019).

Indien und Pakistan

Pakistan erkennt weder den Beitritt Jammu und Kaschmirs zur indischen Union im Jahre 1947 noch die seit dem ersten Krieg im gleichen Jahr bestehende de-facto-Aufteilung der Region auf beide Staaten an. Indien hingegen vertritt den Standpunkt, dass die Zugehörigkeit Jammu und Kaschmirs in seiner Gesamtheit zu Indien nicht zur Disposition steht (Piazolo 2008). Die äußerst angespannte Lage zwischen Indien und Pakistan hat sich in der Vergangenheit immer wieder in Grenzgefechten entladen, welche oft zu einem größeren Krieg zu eskalieren drohten. Seit 1947 gab es bereits drei Kriege aufgrund des umstrittenen Kaschmir-Gebiets (BICC 12.2019; vgl. BBC 23.1.2018). Bewaffnete Zusammenstöße zwischen indischen und pakistanischen Streitkräften entlang der sogenannten „Line of Control (LoC)“ haben sich in letzter Zeit verschärft und Opfer auf militärischer- wie auch auf ziviler Seite gefordert. Seit Anfang 2020 wurden im von Indien verwalteten Kaschmir 14 Personen durch Artilleriebeschuss durch pakistanische Streitkräfte über die Grenz- und Kontrolllinie hinweg getötet und fünf Personen verletzt (FIDH 23.6.2020; vgl. KO 25.6.2020).

Indien wirft Pakistan dabei unter anderem vor, in Indien aktive terroristische Organisationen zu unterstützen. Pakistan hingegen fordert eine Volksabstimmung über die Zukunft der Region, da der Verlust des größtenteils muslimisch geprägten Gebiets als Bedrohung der islamischen Identität Pakistans wahrgenommen wird (BICC 12.2019). Es kommt immer wieder zu Schusswechseln zwischen Truppenteilen Indiens und Pakistans an der Waffenstillstandslinie in Kaschmir (BICC 12.2019). So drang die indische Luftwaffe am 26.2.2019 als Vergeltung für einen am 14.2.2019 verübten Selbstmordanschlag erstmals seit dem Krieg im Jahr 1971 in den pakistanischen Luftraum ein, um ein Trainingslager der islamistischen Gruppierung Jaish-e-Mohammad in der Region Balakot, Provinz Khyber Pakhtunkhwa, zu bombardieren (SZ 26.2.2019; vgl. FAZ 26.2.2019, WP 26.2.2019).

Indien und China

Der chinesisch-indische Grenzverlauf im Himalaya ist weiterhin umstritten (FAZ 27.2.2020). Zusammenstöße entlang der „Line of Actual Control (LAC)“, der De-facto-Grenze zwischen der von Indien verwalteten Region des Ladakh Union Territory und der von China verwalteten Region Aksai Chin forderten am 15.6.2020 in den ersten Vorfällen seit 45 Jahren, nachdem die Spannungen im Mai zu eskalieren begannen, mindestens 20 Tote auf indischer Seite und eine unbekannte Anzahl von Opfern auf chinesischer Seite (FIDH 23.6.2020; vgl. BBC 3.7.2020, BAMF 8.6.2020). Viele indische Experten sehen in der Entscheidung der Modi-Regierung vom August 2019, den Bundesstaat Jammu und Kaschmir aufzulösen, einen Auslöser für die gegenwärtige Krise. Die chinesischen Gebietsübertretungen können somit als Reaktion auf die indische Politik in Kaschmir in den letzten Monaten gesehen werden (SWP 7.2020). Keine der beiden Seiten hat ein Interesse daran, die Meinungsverschiedenheiten in offenen Streit umschlagen zu lassen (FAZ 27.2.2020, vgl. SWP 7.2020), dennoch verstärken beide Seiten ihre militärische Präsenz in der Region. Weitere Eskalationen drohen auch durch Gebietsverletzungen an anderen Stellen der mehr als 3.400 Kilometer langen Grenze (SWP 7.2020). Sowohl Indien als auch China haben Ambitionen, ihren Einflussbereich in Asien auszuweiten (BICC 12.2019).

Der amerikanisch-chinesische Handelskrieg hat die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Indien und China gestärkt und neue Möglichkeiten für indische Unternehmen auf dem chinesischen Markt geschaffen. Dennoch ist Delhi besorgt, dass chinesische Waren den heimischen Markt überschwemmen und lokale Anbieter verdrängen. Das ist auch der Grund, warum Indien noch einmal nachverhandeln will, wenn es um das „Regional Comprehensive Economic Partnership“ (RCEP) Abkommen geht, das gemeinsam mit den meisten asiatischen Ländern größte Freihandelsabkommen der Welt, zu schaffen. Indien fühlt sich von Peking geopolitisch herausgefordert, da China innerhalb seiner „Neuen Seidenstraße“ Allianzen mit Indiens Nachbarländern Pakistan, Bangladesch, Nepal und Sri Lanka geschmiedet hat. Besonders der Wirtschaftskorridor mit dem Erzfeind Pakistan ist den Indern ein Dorn im Auge (FAZ 27.2.2020). Bestimmender Faktor des indischen Verhältnisses zu China ist das immer wieder auch in Rivalität mündende Neben- und Miteinander zweier alter Kulturen, die heute die beiden bevölkerungsreichsten Staaten der Welt sind. Das bilaterale Verhältnis ist von einem signifikanten Ungleichgewicht zu Gunsten Chinas gekennzeichnet (BICC 12.2019).

Indien und Sri Lanka

Die beiden Staaten pflegen ein eher ambivalentes Verhältnis, das durch den mittlerweile beendeten Bürgerkrieg auf Sri Lanka zwischen der tamilischen Minderheit und singhalesischen Mehrheit stark beeinflusst wurde. Die tamilische Bevölkerungsgruppe in Indien umfasst ca. 65 Millionen Menschen, woraus sich ein gewisser Einfluss auf die indische Außenpolitik ergibt (GIZ 11.2019a). Darüber hinaus bestehen kleinere Konflikte zwischen Indien und Bangladesch (BICC 12.2019).

Sicherheitsbehörden (letzte Änderung: 30.03.2020)

Die indische Polizei (Indian Police Service) ist keine direkte Strafverfolgungs- oder Vollzugsbehörde (BICC 12.2019) und untersteht den Bundesstaaten (AA 19.7.2019). Sie fungiert

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten