TE Vfgh Beschluss 1995/6/13 V74/94

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Veröffentlicht am 13.06.1995
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
VfGG §15 Abs2
VfGG §57 Abs1
VfGG §57 Abs2

Leitsatz

Zurückweisung von Anträgen eines Unabhängigen Verwaltungssenates auf Grund des gehäuften Ausmaßes an Unklarheiten und Undeutlichkeiten; keine sachliche Erledigung möglich

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit dem auf "Art129 a Abs3 in Verbindung mit Art89 Abs2 und Art140 Abs1 B-VG (gemeint wohl: Art139 B-VG)" gestützten Antrag begehrt der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark die Aufhebung des "in §4 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 14.4.1993, GZ.: 2.1 - V 3 - 93," enthaltenen Wortlaut "Die Nichtbeachtung dieses Verbotes wird gemäß ArtVII EGVG 1991, BGBl. Nr. 50, von der Bezirkshauptmannschaft 8940 Liezen mit einer Geldstrafe bis zu S 3.000,-- oder mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen bestraft", in eventu die Wendung "... wird gemäß ArtVII EGVG 1991, BGBl. Nr. 50, ..." als "verfassungswidrig bzw. gesetzwidrig".

2. Die Antragslegitimation begründet der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark im Antrag vom 14. April 1994 wie folgt:

"Mit in der Anlage in Kopie erliegenden Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft Liezen wurden in den oben bezeichneten Zahlen über die Berufungswerber jeweils gemäß ArtVII EGVG in Verbindung mit der Verordnung des Bezirkshauptmannes von Liezen vom 14.4.1993, GZ.: 2.1 - V 3 - 93, Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen verhängt." Dagegen sei rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde erhoben worden.

Mit Schriftsatz und Aktenvorlage vom 17. Juni 1994 übermittelte der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark weitere neun, im Antrag vom 14. April 1994 nicht bezeichnete Verwaltungsakten und führte aus: "In Ergänzung zum gestellten Antrag des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 14.4.1994 werden die in der Anlage befindlichen beim Unabhängigen Verwaltungssenat in den Senatsabteilungen 6 und 7 anhängigen auf die gegenständliche Verordnung ... bezughabenden Akten aufforderungsentsprechend vorgelegt ...".

Am 9. Februar 1995 langte beim Verfassungsgerichtshof ein weiterer Schriftsatz des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark (vom 8. Februar 1995) ein, der folgenden Wortlaut hatte:

"In Ergänzung zum gestellten Antrag des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 14.4.1994 werden in der Anlage acht weitere Akten der Bezirkshauptmannschaft Liezen vorgelegt."

3. Die Bezirkshauptmannschaft Liezen hat unter Vorlage der Verordnungsakten eine schriftliche Äußerung erstattet und die Abweisung des Antrages begehrt.

4. Ebenso hat der Bundesminister für Inneres eine Äußerung erstattet und die Abweisung des Antrages begehrt.

II. Die Anträge sind unzulässig.

1. Gemäß Art139 Abs1 iVm. Art129 a und 89 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag eines unabhängigen Verwaltungssenates, wenn dieser gegen die Anwendung einer Verordnung aus dem Grunde der Gesetzwidrigkeit Bedenken hat.

Von einem unabhängigen Verwaltungssenat kann der Antrag nur dann gestellt werden, wenn die Verordnung vom unabhängigen Verwaltungssenat in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden oder wenn die Gesetzmäßigkeit der Verordnung eine Vorfrage für die Entscheidung der bei diesem unabhängigen Verwaltungssenat anhängigen Rechtssache ist (§57 Abs2 VerfGG).

Nach ständiger Rechtsprechung hat der Verfassungsgerichtshof die vom antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenat behauptete Präjudizialität der angefochtenen Normen auf ihre Denkmöglichkeit hin zu prüfen. Wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, daß die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenates im Anlaßfall bildet, so ist der Antrag wegen mangelnder Präjudizialität zurückzuweisen (VfSlg. 11867/1988 mwH). Um diese Prüfung durchführen zu können, bedarf es - seitens des antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenates - einer hinlänglichen Konkretisierung der dem Antrag zugrundeliegenden "anhängigen Rechtssache(n)" iSd. §57 Abs2 VerfGG.

Darüberhinaus hat ein solcher Antrag gemäß §15 Abs2 VerfGG eine "Darstellung des Sachverhaltes, aus dem der Antrag hergeleitet wird", zu enthalten. Das Fehlen solcher notwendiger Antragselemente ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht als bloßes Formgebrechen, sondern als inhaltlicher Mangel des Antrags zu beurteilen, der einer Verbesserung nach §18 VerfGG nicht zugänglich ist (vgl. Beschluß vom 26.9.1988, KI-2/88; Beschlüsse vom 28.11.1988, G188/88 sowie G204/88; VfSlg. 9798/1983, 11243/1987, 11354/1987, 11611/1988, 12925/1991).

Der bloße Hinweis im vorliegenden Antrag auf "in der Anlage in Kopie erliegende Straferkenntnisse ... in den oben bezeichneten Zahlen" entspricht jedenfalls nicht den Erfordernissen des §57 Abs2 iVm. §15 Abs2 VerfGG.

2. Umsomehr fehlt es den mit Schriftsätzen vom 17. Juni 1994 sowie 8. Februar 1995 gemachten Eingaben des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark - sofern sie überhaupt als Anträge iSd. Art139 Abs1 B-VG zu werten sind - an den Formerfordernissen iSd. §57 Abs1 VerfGG. Weder ist ein Aufhebungsbegehren gestellt (s. VfSlg. 11137/1986 mwH) noch ist die bekämpfte Verordnung (bzw. Verordnungsstelle) bezeichnet (s. VfSlg. 13230/1992 mwH), noch sind Bedenken im einzelnen dargelegt worden (s. VfSlg. 13086/1992 mwH), geschweige denn, daß die jeweiligen zusätzlichen Anlaßfälle vom unabhängigen Verwaltungssenat im einzelnen dargelegt wurden. Die bloße Übersendung der beim unabhängigen Verwaltungssenat anhängigen Berufungen samt Akten genügt den Rechtserfordernissen nach §15 Abs2 iVm. §57 Abs1 und 2 VerfGG jedenfalls nicht.

Die Schriftsätze vom 17. Juni 1994 sowie 8. Februar 1995 sind somit auf Grund des gehäuften Ausmaßes an Unklarheiten und Undeutlichkeiten einer sachlichen Erledigung nicht zugänglich (vgl. VfSlg. 13270/1992).

3. Die Anträge waren daher in sinngemäßer Anwendung gemäß §19 Abs3 Z2 litc VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorangegangene Verhandlung zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Präjudizialität, VfGH / Formerfordernisse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:V74.1994

Dokumentnummer

JFT_10049387_94V00074_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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