TE Vwgh Beschluss 2021/6/2 Ro 2018/16/0002

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Veröffentlicht am 02.06.2021
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
61/01 Familienlastenausgleich

Norm

BAO §92 Abs1
FamLAG 1967 §10 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger und den Hofrat Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der H D in W, vertreten durch Dr. Michael Böhme, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Falkestraße 1, dieser vertreten durch Dr. Wolfgang Langeder, Rechtsanwalt in 1150 Wien, Stutterheimstraße 16-18, Stg. 2, OG 4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 21. November 2017, Zl. RV/7105252/2016, betreffend Familienbeihilfe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: nunmehr Finanzamt Österreich), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis sprach das Bundesfinanzgericht über eine Beschwerde der Revisionswerberin ab, welche sich gegen einen Bescheid des damaligen Finanzamts Wien 2/20/21/22 vom 17. Juli 2013 richtete, mit dem ein Antrag der Revisionswerberin vom 18. Jänner 2013 auf Gewährung der „Ausgleichszahlung“ für deren Tochter VP für die Monate Jänner bis Dezember 2012 abgewiesen worden war. Der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses lautet:

„I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Der angefochtene Sammelbescheid wird hinsichtlich der Monate 06/2012 bis 12/2012 gemäß § 279 BAO dahingehend abgeändert, dass sein Spruch zu lauten hat:

Es wird gemäß § 92 BAO iVm §§ 10, 13 FLAG 1967 und Art. 60 Abs. 1 dritter Satz VO 987/2009 festgestellt, dass

1.   ein Anspruch der Beschwerdeführerin [...] auf Familienleistungen für das Kind [VP] für die Monate 06/2012 bis 12/2012 nicht besteht,

2.der Antrag der Beschwerdeführerin [...] vom 18.01.2013 auf Differenzzahlung für das Kind [VP] hinsichtlich der Monate 06/2012 bis 12/2012 als Antrag zugunsten der Großmutter des Kindes [VP], Frau [...], Slowakei, zu berücksichtigen ist.

III. Revision:

Gegen dieses Erkenntnis ist hinsichtlich Spruchpunkt I und II betreffend die Monate 06/2012 bis 12/2012 eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Hinsichtlich Spruchpunkt I betreffend die Monate 01/2012 bis 05/2012 ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.“

2        Die Revisionswerberin und TP seien die Eltern der 1997 geborenen VP, die Ehe zwischen der Revisionswerberin und TP sei Ende 1999 geschieden worden. Seit 2007 sei die Revisionswerberin mit AD verheiratet, sie habe mit diesem eine im Jahr 2008 geborene Tochter ND. Jedenfalls im Streitzeitraum habe die Revisionswerberin gemeinsam mit ihrem Ehemann AD und mit ihrer Tochter ND ihren Wohnsitz an einer näher angeführten Anschrift in Österreich gehabt. Die Tochter VP habe u.a. im Streitzeitraum im gemeinsamen Haushalt mit der Mutter der Revisionswerberin in der Slowakei gelebt. Die Revisionswerberin sei auch in der Slowakei am Wohnsitz ihrer Mutter und ihrer Tochter VP gemeldet gewesen und habe im Streitzeitraum slowakische Familienleistungen für VP in näher angeführter Höhe bezogen. Der Vater von VP, TP, habe in der Slowakei keinen Antrag auf Familienleistungen gestellt.

3        Im Streitzeitraum sei die Revisionswerberin seit 22. Juni 2012 bei näher angeführten Unternehmen in Österreich beschäftigt gewesen, davor sei sie bei ihrem Ehemann „mitversichert“ gewesen.

4        Das Bundesfinanzgericht gelangte zum Ergebnis, dass die Revisionswerberin aus näher dargestellten Gründen im Streitzeitraum keinen Anspruch auf Familienbeihilfe für VP habe und dass ab Juni 2012 die in der Slowakei lebende Mutter der Revisionswerberin den „vorrangigen Anspruch auf Familienbeihilfe/Differenzzahlung“ für VP habe. Für diesen Zeitraum sei der Antrag der Revisionswerberin als Antrag zugunsten der Großmutter zu berücksichtigen.

5        Die Zulässigkeit der Revision begründete das Bundesfinanzgericht damit, dass keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage ersichtlich sei, ob bei Abweisung eines Antrags eines Familienangehörigen auf Familienleistungen anstelle eines Abweisungsbescheids ein Feststellungsbescheid zu erlassen sei, wenn dieser Antrag nach Art. 60 Abs. 1 dritter Satz der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates als Antrag eines anderen Familienangehörigen, der bisher nicht am Verfahren beteiligt war, zu berücksichtigen sei.

6        Die dagegen erhobene Revision (samt Revisionsergänzung) legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens - eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet - dem Verwaltungsgerichtshof vor.

7        Die Revisionswerberin erachtet sich im Recht auf Gewährung der „Familienbeihilfe/Differenzzahlung“ für ihre Tochter VP verletzt.

8        Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9        Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden.

10       Eine Revision hängt nur dann von der Lösung einer Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG ab, wenn sich die Rechtsfrage innerhalb des vom Revisionswerber durch den Revisionspunkt selbst definierten Prozessthemas stellt. Die Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses, auch der Zulässigkeit einer Revision, hat daher im Rahmen des Revisionspunkts zu erfolgen und sich auf das dort geltend gemachte Recht zu beschränken (vgl. VwGH 28.2.2020, Ra 2019/16/0060).

11       Die Revisionswerberin verweist zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision auf die Begründung des Bundesfinanzgerichts dafür und führt an, dieser (dort) aufgezeigten Rechtsfrage komme „eine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung schon aufgrund der Vielzahl an davon betroffenen Kindern, Eltern und Familien sowie wegen der aktuellen politischen Intentionen zur Reformierung der Regelungen über die Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder zu. In bereits mehreren vergleichbaren Verfahren hat das BFG die Revision zur aufgezeigten Rechtsfrage zugelassen“.

12       Von welcher Rechtsfrage die Revision abhinge, um zum Ergebnis zu gelangen, der Revisionswerberin stünde der im Rahmen des Revisionspunkts geltend gemachte Anspruch auf Familienbeihilfe zu, legen weder das Bundesfinanzgericht noch die Revisionswerberin in den Begründungen zur Zulässigkeit der Revision dar.

13       Die Abweisung eines Antrags auf Gewährung von Familienbeihilfe aus dem Grund, dass der Anspruch einer anderen Person als dem Antragsteller zukomme, und die spruchmäßige Feststellung, dass ein Anspruch des Antragstellers nicht bestehe und dass dessen Antrag als Antrag einer anderen Person zu berücksichtigen sei, führen nämlich zum selben Ergebnis für die Revisionswerberin, deren Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe das Bundesfinanzgericht verneint.

14       Von der Lösung der aufgeworfenen Rechtsfrage hängt die Revision somit nicht ab.

15       Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am 2. Juni 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RO2018160002.J00

Im RIS seit

28.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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