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Gesundheitswesen - ApGNorm
ApG 1907 §15 Abs1Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Borotha, und die Hofräte Penzinger, Dr. Dolp, Dr. Kadecka und Dr. Schmid als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Magistratskommissärs Dr. Klein, über die Beschwerde des Mr. RF in G gegen den Bescheid des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 3. Dezember 1962, Zl. V - 124.356 - 25/4 - 1962, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Apothekenangelegenheit, nach der am 29. Oktober 1963 durchgeführten Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Franz Wiesner, und des Vertreters der mitbeteiligten Partei, Rechtsanwaltes Dr. KV, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen:
Begründung
Hinsichtlich der Vorgeschichte dieses Beschwerdeführers wird zunächst auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom heutigen Tag, Zl. 181/63, verwiesen, mit dem auf Grund einer ebenfalls von Mr. F erhobenen Beschwerde der Bescheid des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 3. Dezember 1962 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben wurde.
Am 15. Mai 1962 teilte die Verlassenschaft nach IB, vertreten durch die erbserklärten Erben, dem Amt der Steiermärkischen Landesregierung mit, daß die erbserklärten Erben zwecks Fortbetrieb der D-Apotheke mit Dr. et MR EM einen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen und eine offene Handelsgesellschaft gegründet hätten. Inhaltlich dieses Vertrages sei der Genannte allein zeichnungsberechtigter und geschäftsführender Gesellschafter. Ferner hätten die Erben die seinerzeit an Mr. AB erteilte Konzession zum Betrieb der D-Apotheke unter der Bedingung, daß eine Konzession zum Betrieb dieser Apotheke dem Dr. et MR M verliehen werde, gemäß § 46 Apothekengesetz zurückgelegt. Beide Rechtsakte seien mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlassenschaftsgerichtes vorgenommen worden. Die Erben stellten den Antrag, die Konzession zum Betrieb der bestehenden D-Apotheke unter Aufrechterhaltung des bisherigen Standortes dem Dr. et MR M zu verleihen. Dem Antrag waren eine Ausfertigung des Gesellschaftsvertrages, die notariell beglaubigte Konzessionsrücklegungserklärung, die seinerzeitige Konzessionsurkunde und eine Ausfertigung des genehmigenden Beschlusses des Verlassenschaftsgerichtes sowie Unterlagen zum Nachweis der persönlichen Voraussetzungen des Dr. et MR M angeschlossen.
Zu diesem Antrag, der dem Beschwerdeführer zwar nicht zugestellt, aber bekanntgeworden war, nahm dieser in einem Schriftsatz vom 26. Juli 1962 ausführlich Stellung. Seiner Meinung nach sei der Antrag der Erben schon deshalb zurückzuweisen, weil die Konzession, die auf Dr. et MR M übertragen werden solle, durch den mit dem Beschwerdeführer abgeschlossenen und noch aufrechten Pachtvertrag gebunden sei. Diese Tatsache habe das Verlassenschaftsgericht selbst dadurch bestätigt, daß es nach der Genehmigung des von den Erben gestellten Antrages die Zustimmung zur Auflösung des Pachtverhältnisses erteilt habe. Durch den zwischen den Erben und Dr. et MR M abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag könne der im § 46 Abs. 2 ApG geforderte Übergang des Apothekenvermögens nicht bewirkt werden, weil dieses den Erben gar nicht gehöre. Außerdem werde dem Dr. et MR M im Gesellschaftsvertrag nur die durch Kontrollrechte der übrigen Gesellschafter überdies noch eingeschränkte Stellung eines angestellten Apothekenleiters ohne materielle Beteiligung (mit Ausnahme an den Verlusten) und ohne Verfügungsmacht eingeräumt, was mit dem persönlichen Charakter oder Apothekenkonzession unvereinbar sei. Der Gesellschaftsvertrag diene in Wahrheit dazu, um den Erben in gesetzwidriger Weise Verfügungsrechte gleich denen über eine Realapotheke zu verschaffen. Die Behörde, der gemäß § 46 ApG die Verpflichtung obliege, die Gültigkeit des der Konzessionsübertragung zugrunde liegenden Rechtsgeschäftes zu prüfen, dürfe die aufgezeigten Mängel nicht tolerieren.
Nachdem der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 27. Oktober 1962 in Stattgebung des von der Verlassenschaft gestellten Wiederaufnahmeantrages den Bescheid vom 9. November 1959, mit dem die Apothekenkonzession an den Beschwerdeführer verliehen worden war, behoben hatte, erteilte er mit Bescheid vom 29. Oktober 1962 dem Dr. et MR M gemäß den §§ 9, 15 Abs. 1 und 51 Abs. 1 ApG die persönliche Konzession zum Fortbetrieb der D-Apotheke bei Aufrechterhaltung ihres bisherigen Standortes. In der Begründung wurde ausgeführt, Dr. et MR M erfülle die persönlichen Voraussetzungen für den selbständigen Betrieb einer Apotheke. Durch den von den Erben mit ihm abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag sei seine alleinige Verfügungsberechtigung sichergestellt, der Verlassenschaft komme die Dispositionsberechtigung hinsichtlich der Konzession und des Apothekenunternehmens zu und die abhandlungsbehördliche Genehmigung sei nachgewiesen. Die Pachtrechte des Beschwerdeführers stellten im Hinblick auf § 1120 ABGB kein Hindernis für die Übertragung der Apotheke dar. Im übrigen komme dem Beschwerdeführer die Parteistellung nicht zu, weil bei der Übertragung einer bereits bestehenden Apothekenkonzession anders als bei der Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke § 48 ApG nicht anwendbar und daher den Nachbarapothekern kein Mitspracherecht eingeräumt ist.
Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer rechtzeitig erhobene Berufung wurde vom Bundesministerium für soziale Verwaltung mit dem angefochtenen Bescheid als unzulässig zurückgewiesen. Die belangte Behörde führt in der Begründung aus, daß es sich bei der Verleihung der Konzession zum Betrieb der D-Apotheke an Dr. et MR M um einen Übergang im Sinne des § 46 Abs. 2 ApG handle. Das Apothekengesetz räume gemäß § 48 Abs. 2 lediglich im Falle der Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke den Inhabern der benachbarten Apotheken, welche die Existenz ihrer Apotheken infolge der Neuerrichtung für gefährdet erachten, eine auf die Geltendmachung der Existenzgefährdung eingeschränkte Parteistellung ein. In einem Verfahren hinsichtlich des Überganges einer bestehenden öffentlichen Apotheke nach § 46 Abs. 2 ApG seien lediglich der Inhaber der bestehenden Apotheke und der Konzessionswerber Parteien. Der Beschwerdeführer habe mangels Parteistellung kein Berufungsrecht.
In der gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerde wird die Auffassung vertreten, daß dem Beschwerdeführer im gegenständlichen Verwaltungsverfahren Parteistellung sowohl nach dem Apothekengesetz als auch nach § 8 AVG zukomme. Die Verleihung der Konzession an Dr. et MR M stelle gegenüber dem Beschwerdeführer einen Vertrags- und Rechtsbruch dar, weil er als Pächter der Konzession deren Rechtsbesitzer sei und die Pachtung von der Behörde mit rechtskräftigem Bescheid genehmigt worden sei. Durch die verlassenschaftsbehördlichen Beschlüsse, mit denen die Zurücklegung der Konzession zugunsten des Dr. et MR M und die Aufhebung des Pachtvertrages mit dem Beschwerdeführer genehmigt wurde, sowie durch den zwischen den Erben und Dr. et MR M abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag sei erwiesen, daß der Beschwerdeführer Inhaber des bestehenden Apothekenbetriebes mit allen damit verbundenen Rechten sei. Die belangte Behörde habe seine Stellung zur D-Apotheke im völligen Widerspruch zu den Tatsachen als die eines „Nachbarapothekers” ausgelegt. Der angefochtene Bescheid und das ihm zugrunde liegende Rechtsgeschäft greife in die Rechtssphäre des Bestellung nicht abgesprochen werden könne. Unter Berufung auf Adamovich und Hellbling vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, daß das Vorliegen eines rechtlichen Interesses, welches gemäß § 8 AVG Parteistellung vermittle, unter Heranziehung der gesamten Rechtsordnung, daher auch der Bestimmungen des Privatrechtes, zu beurteilen sei und daß zur Mitwirkung in einem fremden Verfahren jeder berufen sei, dessen Rechtslage durch dieses Verfahren nachteilig beeinflußt werden könne.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie bereits im hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 1957, Slg. N. F. Nr. 4458(A), in Übereinstimmung mit dem Erkenntnis vom 27. März 1952, Zl. 2025/50, ausgeführt wurde, bedeutet § 51 Abs. 3 ApG, der das Berufungsrecht gegen Bescheide, die über ein Ansuchen um Verleihung einer Apothekenkonzession ergehen, regelt, wohl keine Einschränkung der Parteistellung jener Personen, denen die Parteistellung schon gemäß § 8 AVG zukommt. Der Verwaltungsgerichtshof hat aus der im Apothekengesetz vorgesehenen besonderen Konstruktion, betreffend den Übergang einer bestehenden Apotheke, derzufolge die Verleihung einer Konzession an den Erwerber zugleich auch den Verlust der Konzession auf seiten des Veräußerers bedeutet, gefolgert, daß der bisherige Konzessionsträger im Verfahren über die Verleihung einer neuen persönlichen Konzession an den Erwerber die Parteistellung genießt. Zu dieser Rechtsansicht kennte der Verwaltungsgerichtshof indes nur aus der Beachtung der Tatsache gelangen, daß der bisherige Konzessionsinhaber durch die Verleihung einer Konzession an einen anderen für denselben Standort in seinem auf einem subjektiv-öffentlichen-Recht beruhenden rechtlichen Interesse, auf dienern Standort eine Apotheke zu führen, berührt werden mußte. Dasselbe kann aber nicht auch für den Pächter einer Apotheke gelten. Wie sich aus § 17 Abs. 1 ApG ergibt, unterliegt die Verpachtung einer Apotheke der behördlichen Genehmigung; das heißt, daß der Verpächter die Genehmigung zu erwirken hat und nur diesem aus der Genehmigung ein subjektiv-öffentliches Recht, nämlich das Recht, die Konzession durch einen Stellvertreter, in diesem Falle durch den Pächter ausüben zu dürfen, erwächst. Es könnte mithin eine zur Pachtung vorgesehene Person durch den Ausspruch der Nichtgenehmigung in gesetzlich geschützten Interessen nicht berührt werden. Daraus folgt weiters, daß aus dem zwischen Verpächter und Pächter abgeschlossenen privatrechtlichen Vertrag durch die Regelung des Apothekengesetzes eine auch dem Pächter erteilte öffentlich-rechtliche Befugnis nicht abzuleiten ist, wenngleich sich der Gesetzgeber im Apothekenverpachtungsgesetz vorbehalten hat, im öffentlichen Interessen nämlich wegen Gefährdung der ordnungsgemäßen Arzneiversorgung der Bevölkerung, dem Vertrag die Genehmigung zu versagen, ihn ganz oder teilweise außer Kraft zu setzen oder zu ändern (§§ 4 Abs. 1 Z. 2 und 6 Abs. 2). Der Pächter einer Apotheke kann mithin einen Rechtsanspruch aus der Pächterstellung nur gegenüber dem Verpächter auf der Grundlage des mit diesem abgeschlossenen Vertrages ableiten, im übrigen aber die Pächterstellung auf Grund des Apothekengesetzes nur solange ausüben, als die dem Verpächter erteilte Genehmigung Rechtswirkungen äußert. Diese Rechtswirkungen müssen mit demselben Zeitpunkt ihr Ende finden, in dem das Recht des Verpächters endet. Einer dieser Fälle ist der der Behörde gegenüber abgegebene Rechtsverzicht des Konzessionärs.
Die Rechtslage ist in einem solchen Falle nicht anders wie bei der Pachtung einer Konzession nach der Gewerbeordnung. Auch dort kommt der Gewerbebehörde gegenüber ausschließlich der Gewerbeinhaber als Subjekt der Gewerbeberechtigung in Betracht und bindet die Behörde durch die Erklärung, ein Pachtverhältnis nicht mehr aufrechterhalten zu wollen oder die Gewerbeberechtigung ungeachtet eines bestehenden Pachtverhältnisses zurückzulegen, unbedingt. Hiezu sei auf die ausführlichen Darlegungen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. April 1914, Slg. Nr. 10.175(A), verwiesen.
Wenn also im Gegenstand auf Grund der Erklärung der erbserklärten Erben, auf ihr Fortbetriebsrecht zu verzichten, eine Apothekenkonzession an Dr. et Mr. M verliehen wurde, dann mag damit allenfalls ein Eingriff in die vertraglichen Rechte des Beschwerdeführers bewirkt worden sein. Doch ist dies allein privatrechtlich zu beurteilen, vermag aber nicht die Rechtsfolge zu erzeugen, daß sich daraus auch eine Berührung öffentlich-rechtlich gestützter Interessen des Beschwerdeführers ergäbe. Denn das Recht des Pächters zur Führung einer Apotheke ist eben nur ein von der öffentlich-rechtlichen Befugnis des Verpächters als Konzessionär abgeleitetes Recht, das nicht weiter wirken kann, als diese Befugnis reicht und solange sie aufrecht besteht. Die Verleihung einer neuen Apothekenkonzession an Stelle jener, auf deren Grundlage bisher das Pachtverhältnis und dessen Genehmigung beruhte, vermochte daher nicht in das vermeintliche aus dem Apothekengesetz erfließende Recht des Beschwerdeführers einzugreifen, auch weiterhin als Pächter jener Befugnis aufzutreten, die die bisherigen Rechtsinhaber nicht mehr aufrechterhalten wollen. Denn der Schutz einer solchen, allein aus dem Privatrecht abzuleitenden Berechtigung erscheint durch das Apothekengesetz nicht mitumfaßt.
Die Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers aus dem Rechtsgrund der mangelnden Parteistellung erfolgte daher zu Rechte weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen war. Der Verwaltungsgerichtshof verkannte dabei nicht, daß sich im Hinblick auf sein in derselben Angelegenheit ergangenes Erkenntnis vom 5. November 1963, Zl. 181/63, die Rechtsfolge des Nebeneinanderbestehens zweier Apothekenkonzessionen für denselben Standort ergeben könnte. Er war jedoch angesichts der Entwicklung, die der Fall zufolge mehrfacher Verkennung der Rechtslage durch die eingeschrittenen Behörden erfahren hatte, nicht in die Lage versetzt, auf eine derartige Folgewirkung Bedacht zu nehmen.
Wien, am 5. November 1963
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1963:1963000203.X00Im RIS seit
21.06.2021Zuletzt aktualisiert am
21.06.2021