Gbk 2021/5/14 B-GBK I/262/21

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Veröffentlicht am 14.05.2021
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Norm

§8 B-GlBG

Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Sexuelle Belästigung, mangelnde Abhilfe

Text

Die Gleichbehandlungskommission des Bundes

Senat I

hat in der Sitzung am … über den Antrag von A (= Antragstellerin), in einem Gutachten nach § 23a Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (B-GlBG), BGBl. I Nr. 65/2004 i.d.g.F., festzustellen, dass sie von ihrem damaligen Vorgesetzten im Rechnungshof, Abteilungsleiter B, gemäß § 8 B-GlBG verbal sexuell belästigt wurde, sowie dass die Vertreterin des Dienstgebers keine angemessene Abhilfe gegen diese sexuelle Belästigung schuf, folgendes

Gutachten

beschlossen:

1.) Der Senat kam nach Abwägung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass B durch seine Aussage „Ich hatte soeben ein besonderes Erlebnis, heute früh hatte ich den Finger einer Krankenschwester im Arsch“ A gemäß § 8 B-GlBG sexuell belästigte.

2.) Eine Diskriminierung durch die Dienstgeberseite liegt nicht vor, da die Pflicht zur angemessen Abhilfe im Falle einer sexuellen Belästigung nicht verletzt wurde.

Begründung

Der Antrag von A langte am … bei der Bundes-Gleichbehandlungskommission (B-GBK) ein. Die Antragstellerin führte Folgendes aus:
Sie sei als …leiterin im Rechnungshof (RH) beschäftigt. Am … sei sie um … Uhr in den RH gekommen und habe ihren damaligen Vorgesetzten, B am Gang getroffen, nachdem dieser gerade aus der Toilette gekommen sei. Nach einem Einleitungssatz habe er zu ihr gesagt: „Ich hatte soeben ein besonderes Erlebnis, heute früh hatte ich den Finger einer Krankenschwester im Arsch". Diese Aussage sei „spontan, selbstverständlich und einfach so“ erfolgt. Sie sei komplett überrascht und entsetzt gewesen, an ihrer Dienststelle solch eine Aussage von ihrem Vorgesetzten hören zu müssen und habe sich belästigt gefühlt. Sie habe vermutet, dass B zuvor eine entsprechende Untersuchung gehabt habe. Sie habe ab diesem Vorkommnis jegliches Zusammentreffen mit B gemieden. Sie sei nicht mehr zu Kaffeerunden gegangen und habe auch seine Verabschiedung … nicht besucht.
Bs Bemerkung habe außer ihr niemand gehört. Sie habe B in einem Vieraugengespräch darauf angesprochen, dass die Bemerkung nicht in Ordnung sei. Er habe sich für die Entgleisung nicht entschuldigt, sondern nur die lapidare Korrektur angebracht, dass es nicht die Krankenschwester gewesen sei, sondern die Ärztin.

Die Antragstellerin führte weiters aus, sie kenne B bereits seit … als sie mit ihm in der Abteilung „…“ gearbeitet habe. In dieser Abteilung seien alle per-du gewesen. Als B Leiter der Abteilung „…“ gewesen sei, sei er mit allen KollegInnen außer mit ihr per Sie gewesen. Außerhalb des beruflichen Kontexts hätten B und sie keinen Kontakt gehabt.
Er habe sie mehrere Male „...chen“ genannt und ihr mit diversen Äußerungen unterstellt, dass sie ein über den Dienstbereich hinausgehendes Interesse an ihm hätte. Ihre Kollegen hätten hinter ihrem Rücken gesprochen und ihr Blicke zugeworfen, was zu einem sehr unangenehmen Arbeitsklima und demütigenden Arbeitsbedingungen geführt habe.

„Die Sache“ wäre für sie bereinigt gewesen, wenn B diese ehrlich und respektvoll bedauert hätte. Beim Versuch einer Klärung, habe er jedoch die Situation durch seine inhaltliche Korrektur verstärkt.

Sie ersuche die B-GBK zu prüfen, ob diese Aussage diskriminierend sei und den Tatbestand einer verbalen sexuellen Belästigung erfülle.

A brachte weiters vor, dass sie ab dieser Zeit auch mit diversen beruflichen Benachteiligungen und einem für sie unangenehmen Betriebsklima konfrontiert gewesen sei. Ihr Bestreben sei gewesen, die Abteilung so bald wie möglich zu wechseln, um aus den demütigenden Arbeitsbedingungen durch ihren Vorgesetzten herauszukommen, ohne diese unangenehme und auf ihre persönliche Integrität zielende Begebenheit darlegen und Bs Bemerkung wiederholen zu müssen. Sie habe daher um einen Termin bei …, der Präsidentin des RH, angefragt und es habe am … ein Vieraugengespräch stattgefunden. Sie habe der Präsidentin mitgeteilt, dass sie die Abteilung möglichst rasch wechseln wolle. Als Grund dafür habe sie angeführt, dass ihre persönliche Integrität betroffen sei und sie in Anbetracht der Umstände so nicht arbeiten könne. Die Präsidentin sei mit einem Abteilungswechsel in den folgenden ein bis zwei Wochen einverstanden gewesen. Nachdem es nicht dazu gekommen sei, habe sie (die Antragstellerin) am … mit dem Sektionsleitung X ein Gespräch geführt und ihm dabei ausdrücklich mitgeteilt, dass Grenzen überschritten worden seien und ihre Integrität betroffen sei. Er habe gesagt, dass er einen Wechsel in eine andere Abteilung unterstützen würde.

Am … habe sie ein Gespräch mit der Betriebspsychologin … über die Situation in ihrer Abteilung und das Verhalten und die Aussagen von B gehabt. Die Betriebspsychologin habe ihr bestätigt, dass B mit seiner Aussage Grenzen überschritten habe.

Am … habe ihr Sektionsleitung X mitgeteilt, dass er ihren Wunsch, die Abteilung zu wechseln, in der Personalkonferenz vorgetragen habe, dass jedoch kein/e Abteilungsleiter/in bereit sei, sie in seiner/ihrer Abteilung aufzunehmen.

Ein Personalvertreter habe ihr mitgeteilt, dass der Grund dafür ihre „negativen Aura“ sei. Diese kollektive Ablehnung sämtlicher Führungskräfte sei für sie sehr kränkend und demütigend gewesen.

Sie habe sich weiterhin bemüht, die Abteilung zu wechseln und habe sich um vier ausgeschriebene Planstellen beworben. Bei allen Bewerbungen habe sie eine Absage erhalten.

Am … habe B seinen Ruhestand angetreten.

Am … fast … Jahren nach den Geschehnissen, habe sie die Abteilung gewechselt.

In den Gesprächen mit der Präsidentin und dem Sektionsleitung X habe sie weder den konkreten Vorfall, noch die getätigte Bemerkung, noch Bs Namen erwähnt. Sie habe jedoch u. a. ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ihre persönliche Integrität betroffen sei und Grenzen überschritten worden seien.

Sie stelle daher die Frage an die B-GBG, ob sie diskriminiert worden sei, da der Dienstgeber es unterlassen habe, unmittelbar Abhilfe zu schaffen, um ihr ein angemessenes und respektvolles Arbeitsklima zu ermöglichen.

Auf Ersuchen der B-GBK übermittelte die Präsidentin des RH am … zu As Vorwurf eine Stellungnahme, in der sie Folgendes ausführte:

Richtig sei, dass A sie im … um einen Termin ersucht und bereits am nächsten Tag, am …, ein Gespräch stattgefunden habe. Es sei ein kurzes Vieraugengespräch gewesen, in dem A um eine Verwendungsänderung in einer anderen Abteilung ersucht habe. Als Grund dafür habe sie angegeben, dass sie ihre letzten Jahre im RH in einem anderen Umfeld verbringen wolle. Die Frage, ob sich für sie mit der Pensionierung von B etwas ändern würde, habe A verneint und bemerkt, dass sie auch mit … nicht gerne zusammenarbeite. Von sexueller Belästigung sei in diesem Gespräch nicht die Rede gewesen, und A habe keine Einzelheiten vorgebracht, aus denen ein unmittelbarer Handlungsbedarf abzuleiten gewesen wäre. Allgemein habe sie den Eindruck gehabt, dass A gerne in einer anderen Abteilung arbeiten wolle, weil sie sich in ihrer Abteilung nicht mehr wohl gefühlt habe, offensichtlich habe das Betriebsklima nicht mehr gepasst. Sie habe A zugesagt, ihren Wunsch nach einem Abteilungswechsel zu unterstützen und Sektionsleitung X mit der Angelegenheit zu befassen. A habe sich am darauffolgenden Montag per Mail für das Gespräch bedankt.

Sie habe unverzüglich Sektionsleitung X ersucht, eine geeignete Verwendung für A zu finden. Sektionsleitung X habe geäußert, dass das nicht einfach sein würde. Er habe die zuständige Sektionsleitungin … über den Versetzungswunsch informiert.

B sei am … in den Ruhestand versetzt worden, und ab … habe … die Leitung der Abteilung „…“ übernommen.

Sie (die Präsidentin) habe in allen Personalklausuren des RH mit Nachdruck den Verwendungsänderungswunsch von A unterstützt, jedoch habe sich keine Abteilung gefunden, die mit ihr zusammenarbeiten habe wollen. Nachdem ein zeitnaher, einvernehmlicher Abteilungswechsel von A im …/… nicht realistisch erschienen sei, habe ihr die Sektionsleitung … die Tätigkeit einer … mit KollegInnen aus anderen Abteilungen als zwischenzeitliche Alternative angeboten. A habe dieses Angebot angenommen und sei von … bis … als … in einer anderen Abteilung tätig gewesen. Ergänzend habe die Abteilung „…“ A die Teilnahme an Weiterbildungen im Bereich Konfliktmanagement angeboten. Dieses Angebot sei nicht in Anspruch genommen worden. Die Personalstelle habe der Präsidentin versichert, dass ein Abteilungswechsel nicht so dringend sei, weil A ab … einen Karenzurlaub zur Weiterbildung antreten werde. Nach ihrer Rückkehr aus der Karenz im … habe sie A persönlich den Vorschlag gemacht, in die Abteilung für … zu wechseln. Seit … sei sie … in dieser Abteilung. Aufgrund dessen und des Umstandes, dass A rund … Monate vor ihrem Karenzurlaub nicht in ihrer ursprünglichen Abteilung tätig gewesen sei, sei ihre Beschwerde schwer nachvollziehbar.

B gab eine Stellungnahme zu As Vorwurf der sexuellen Belästigung ab, er führte im Wesentlichen Folgendes aus:

Die Aussage „Ich hatte soeben ein besonderes Erlebnis, heute früh hatte ich den Finger einer Krankenschwester im Arsch“ habe er mit Sicherheit nicht getätigt. Ordinationsbeginn seiner … sei um … Uhr, es sei daher unmöglich, bereits um … Uhr eine … Untersuchung vornehmen zu lassen und A um … Uhr davon zu erzählen. Außerdem betrage die Fahrzeit zwischen der Ordination und dem RH … Minuten. Er könne ferner nicht nachvollziehen, weshalb er gesagt haben soll, dass eine Krankenschwester eine fachärztliche Untersuchung durchgeführt habe. Hätte er ein Mitteilungsbedürfnis gegenüber A verspürt, hätte er wohl eher über den Befund der Untersuchung gesprochen.

A habe von seinem Arzttermin gewusst, weil er die KollegInnen der Abteilung von seiner Abwesenheit in der Dienstzeit in Kenntnis gesetzt habe.

Laut As Ausführungen habe sie am … um einen Termin bei der Präsidentin des RH angesucht, welcher bereits am darauffolgenden Tag stattgefunden habe. In Anbetracht dessen, müsste sie wissen, an welchem Tag er die Bemerkung gemacht habe, zumal sie behaupte, dass sie mit ihm über die angebliche Äußerung gesprochen habe. Ferner erscheine es ihm bemerkenswert, dass ihm A in einem weiteren Gespräch zwar gesagt haben soll, dass seine Äußerung nicht in Ordnung gewesen sei, jedoch nicht, dass sie sich dadurch sexuell belästigt gefühlt habe. Ihm gegenüber habe sie niemals auch nur die Andeutung einer sexuellen Belästigung gemacht, für die er sich entschuldigen hätte können.

Völlig unbegreiflich sei ihm, dass er A ein über den Dienstbetrieb hinausgehendes Interesse an ihm unterstellt haben soll. Er habe während der gemeinsamen Tätigkeit kein über den Dienstbetrieb hinausgehendes Interesse an A gehabt, und es habe nie ein Grund zur Annahme bestanden, dass sie ein solches an ihm habe.

Wenn A behaupte, dass sie ab der gegenständlichen Bemerkung mit diversen beruflichen Nachteilen konfrontiert gewesen sei, lasse sie außer Acht, dass er einen Antrag auf Ordensverleihung an sie gestellt habe. Es sei für ihn nicht nachvollziehbar, mit welchen, von ihm zu verantwortenden, beruflichen Nachteilen sie konfrontiert gewesen sein soll.

Dass er A einmal mit „…chen“ angesprochen habe, schließe er nicht aus. Allerdings habe er dies sicherlich nicht mehrmals, häufig oder gar regelmäßig getan. Sollte er sie mit „…chen“ angesprochen haben, sei dies nicht herabwürdigend gemeint gewesen.

Er habe A als engagierte, fleißige, aber übersensible Kollegin in Erinnerung, die dazu neige, dienstliche Obliegenheiten eines Vorgesetzten wie beispielsweise Korrekturen in ihren Berichtsbeiträgen persönlich zu nehmen und zu dramatisieren.

Die B-GBK hat erwogen:

Gemäß § 8 Abs. 1 B-GlBG liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes vor, wenn die Dienstnehmerin oder der Dienstnehmer im Zusammenhang mit ihrem oder seinem Dienstverhältnis 1. von der Vertreterin oder vom Vertreter des Dienstgebers sexuell belästigt wird, 2. durch die Vertreterin oder den Vertreter des Dienstgebers dadurch diskriminiert wird, indem sie oder er es schuldhaft unterlässt, im Falle einer sexuellen Belästigung angemessene Abhilfe zu schaffen oder 3. durch Dritte sexuell belästigt wird.

Im vorliegenden Fall kam die Belästigung durch den Vertreter des Dienstgebers in Betracht, da B der direkte Vorgesetzte von A war.
Weiters war - bejahendenfalls - zu prüfen, ob die Präsidentin des RH, an die sich die Antragstellerin direkt gewandt hatte, als Vertreterin des RH die Pflicht zur Abhilfe gegen die sexuelle Belästigung wahrnahm.

Gemäß § 8 Abs. 2 Z 1 B-GlBG liegt eine sexuelle Belästigung vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht, entwürdigend, beleidigend oder anstößig ist und das eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt.

Nach den Erläuterungen zum B-GlBG sind unter einem der sexuellen Sphäre zugehörigen Verhalten körperliche, verbale und nicht verbale Verhaltensweisen zu verstehen.

Der Begriff der Würde stellt darauf ab, dass der Umgang von Kolleginnen und Kollegen von gegenseitigem Respekt gekennzeichnet sein sollte. Ob die Würde einer Person beeinträchtigt ist, ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen.

Das wesentlich Merkmal einer sexuellen Belästigung ist, dass das Verhalten von der betroffenen Person unerwünscht oder unangebracht, entwürdigend, beleidigend oder anstößig ist.

Subjektive Elemente auf Seiten des Belästigers/der Belästigerin sind irrelevant, es ist unerheblich, ob er/sie die Absicht hatte, zu belästigten.

Das Verhalten muss weiters eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schaffen oder dies bezwecken. Die Arbeitsumwelt kann durch mehrere Belästigungshandlungen negativ verändert werden, es kann aber auch bereits durch eine einzelne Belästigungshandlung ein für die betroffene Person einschüchterndes, feindseliges oder demütigendes Umfeld geschaffen werden.

Gemäß der Beweislastregel des § 25 Abs. 2 B-GlBG hat eine Antragstellerin/ein Antragsteller in den Fällen einer behaupteten sexuellen Belästigung diesen Umstand lediglich glaubhaft zu machen. Es obliegt dem/der der sexuellen Belästigung Beschuldigten, darzulegen, dass bei Abwägung aller Umstände eine höhere Wahrscheinlichkeit dafürspricht, dass die von ihr/ihm glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Zusammengefasst ist As Variante des Sachverhalts die, dass sie am Morgen des … B am Gang des RH getroffen habe und dieser nach einem Einleitungssatz gesagt habe: „Ich hatte soeben ein besonderes Erlebnis, heute früh hatte ich den Finger einer Krankenschwester im Arsch“. Sie sei überrascht und entsetzt gewesen, solch eine Aussage von ihrem Vorgesetzten hören zu müssen und habe sich belästigt gefühlt.

B bestritt, diesen Satz gesagt zu haben. Zeugen/Zeuginnen für die (behauptete) Belästigung gab es nicht.

As Behauptung den zitierten Satz betreffend ist glaubhaft, da sich aus dem gesamten Vorbringen kein Motiv für das Erfinden einer derartigen Bemerkung ergab, auch B äußerte keine diesbezügliche Vermutung.

Bs Versuch, mit den Ordinationszeiten seiner Ärztin zu beweisen, dass er den inkriminierten Satz gar nicht gesagt haben kann, vermag hingegen nicht zu überzeugen. Die Antragstellerin gab an, um … Uhr im RH gewesen und B am Gang getroffen zu haben, sie behauptete nicht, dass der Satz um … Uhr gefallen sei. Aus ihrer Beschreibung, wie es zur Begegnung mit B an besagtem Tag kam, geht eindeutig hervor, dass sie zum Ausdruck bringen wollte, dass die Begegnung am Morgen, kurze Zeit nach ihrem und Bs Eintreffen im RH stattfand.

Auch der Umstand, dass eine fachärztliche Untersuchung nicht von einer Krankenschwester durchgeführt wird sowie Bs Überlegung, dass er wohl im Falle eines Mitteilungsbedürfnisses eher über den Befund der Untersuchung gesprochen hätte, lassen die behauptete Bemerkung nicht unwahrscheinlich erscheinen.

Zweifellos wurde mit der gegenständlichen Bemerkung ein Verhalten gesetzt, das die sexuelle Sphäre betrifft. Nachdem B und A außerhalb des beruflichen Kontexts keinen Kontakt hatten und somit ein rein professioneller Umgang gepflegt wurde, handelt es sich bei der Bemerkung um eine unerwünschte Äußerung sexuellen Inhalts, die selbstverständlich auch unangebracht und anstößig ist. Selbst in Anbetracht des Umstandes, dass sich B und A bereits seit … kannten und per du waren, musste B klar sein, dass eine derartige Äußerung inakzeptabel ist.

A war ferner auch in ihrem Vorbringen glaubwürdig, sie habe B darauf hingewiesen, dass seine Bemerkung nicht in Ordnung gewesen sei, woraufhin er sich aber nicht entschuldigt, sondern sich lediglich korrigiert habe, nämlich dahingehend, dass eine Ärztin und nicht die Krankenschwester die Untersuchung durchgeführt hätte.

Angesichts des beschriebenen Vorfalls … und der unterbliebenen Entschuldigung ist für den Senat plausibel, dass in der Folge für B eine Arbeitsumwelt entstand, die sie als ausgesprochen unangenehm und demütigend empfand.

Der Senat kam nach Abwägung aller Umstände (gemäß der Beweislastregel des § 25 (2) B-GlBG) zu dem Ergebnis, dass As Darstellung des Sachverhalts der Wahrheit entspricht. Die von B getätigte Bemerkung „Ich hatte soeben ein besonderes Erlebnis, heute früh hatte ich den Finger einer Krankenschwester im Arsch“ stellt eine verbale sexuelle Belästigung von A gemäß § 8 (1) Z 1 B-GlBG dar.

Zum Vorbringen von A betreffend die unterlassene Abhilfe gegen die sexuelle Belästigung durch die Dienstgeberseite ist Folgendes festzuhalten:

Weder im Gespräch mit der Präsidentin des RH am …, noch im darauffolgenden Gespräch mit Sektionsleitung X informierte A ihre Vorgesetzten über den konkreten Vorfall. Sie sprach davon, dass „Grenzen überschritten“ worden seien und ihre „Integrität betroffen“ sei, eine sexuelle Belästigung im Rahmen des Dienstes bzw. eine sexuelle Belästigung durch B erwähnte sie mit keinem Wort.

Das Vorbringen, es sei eine Grenzüberschreitung oder eine Integritätsverletzung passiert, lässt nicht zwangsläufig auf eine erfolgte (sexuelle) Belästigung schließen. Wenn – wie im vorliegenden Fall – auch die Person, der das Fehlverhalten vorgeworfen wird, anonym bleibt, hat die Vertreterin/der Vertreter des Dienstgebers so gut wie keine Möglichkeit, einen allfälligen Missstand zu beurteilen und geeignete Maßnahme dagegen zu setzen.

Die Präsidentin nahm jedenfalls das (nicht konkretisierte) Vorbringen der Bediensteten ernst, sie unternahm unverzüglich Schritte, um eine Verwendung in einer anderen Abteilung zu ermöglichen. Dass dies nicht so rasch realisiert wurde, wie von der Antragstellerin gewünscht, stellt - in Anbetracht der Unkenntnis der RH-Präsidentin von der sexuellen Belästigung - keine (schuldhafte) Pflichtverletzung der Präsidentin oder einer anderen Vertreterin/eines anderen Vertreters des Dienstgebers dar.

Der Senat stellt daher fest, dass es die Präsidentin des RH nicht schuldhaft unterlassen hat, die angemessene Abhilfe gegen die sexuelle Belästigung durch B zu schaffen. Es liegt daher keine Diskriminierung von A im Sinne des § 8 (1) Z 2 B-GlBG vor.

Wien, Mai 2021

Zuletzt aktualisiert am

15.06.2021
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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