TE Lvwg Erkenntnis 2021/4/29 LVwG-153007/2/DM

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Veröffentlicht am 29.04.2021
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Entscheidungsdatum

29.04.2021

Norm

Oö. BauO 1994 §15

Text

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seine Richterin Mag. Manzenreiter über die Beschwerde der A S, H, L, vertreten durch Mag. V A, R, L, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 3.2.2021, GZ: 0055918/2020 BBV SuG/S, BBV/S207048, betreffend einen Antrag auf Entschädigung gemäß § 15 Abs. 6 Oö. BauO 1994

zu Recht:

I.     Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als der Spruch des angefochtenen Bescheides zu lauten hat: „Der Antrag der A S vom 19.10.2020 auf angemessene Entschädigung gemäß § 15 Abs. 6 Oö. BauO 1994 wird als unzulässig zurückgewiesen.“

II.    Gegen diese Entscheidung ist eine Revision unzulässig.

Entscheidungsgründe

I.       Verfahrensgang, relevanter Sachverhalt:

1. Mit rechtskräftigem Bescheid des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 8.10.2020, GZ: 0055918/2020 BBV SuG/S, wurde gemäß § 15 Abs. 3 und 4 Oö. BauO 1994 (über Antrag der Stadt Linz) entschieden, dass die Beschwerdeführerin (kurz: Bf) als Eigentümerin näher bezeichneter Grundstücke die dauerhafte Anbringung jeweils eines Ankerhakens an den baulichen Anlagen H 36 und 46 zur Anbringung der Seilüberspannung für die öffentliche Straßenbeleuchtung an diesen Ankerhaken zu dulden hat.

2. Mit Eingabe vom 19.10.2020 stellte die Bf einen auf § 15 Abs. 6 Oö. BauO 1994 gestützten Antrag auf Zuerkennung einer angemessenen Entschädigung für die zu duldenden Maßnahmen. Durch das Setzen der beiden Anker in den Häusern der Bf werde zum einen die Bausubstanz der beiden Gebäude durch das Anbohren beeinträchtigt. Zum anderen stelle die Anbringung eines Befestigungsankers an einem Gebäude eine Wertminderung dieses Gebäudes im Verhältnis zu einem gleichartigen Gebäude ohne eine solche Verankerung dar. Für einen potentiellen Kaufinteressenten sei eine derartige Verankerung sowie das von dort gespannte Seil ein wesentliches Argument für die Minderung des Kaufpreises und stelle eine nicht unerhebliche Wertminderung der beiden Häuser dar.

3. Mit dem nun angefochtenen Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 3.2.2021 wurde dieser Antrag der Bf abgewiesen. Begründet wurde dies mit dem klaren Wortlaut des § 15 Abs. 6 Oö. BauO 1994, wonach nach Beendigung der Inanspruchnahme der frühere Zustand soweit als möglich wieder herzustellen sei. Ein Entschädigungsanspruch auf Grund dieser Rechtsgrundlage sei daher nicht gegeben. Entgegen der Meinung der Bf, dass heute schon feststehe, dass es auf Grund der Inanspruchnahme zu verbleibenden Vermögensschäden kommen werde, könne tatsächlich erst nach erfolgter Beendigung der Inanspruchnahme sowie Wiederherstellung beurteilt werden, ob überhaupt ein solcher Schaden dem Grunde nach entstanden sei und bejahendenfalls, die tatsächliche Höhe des Schadens festgestellt werden.

Dagegen erhob die Bf Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht.

4. Mit Vorlageschreiben vom 10.3.2021 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt zugehörigem Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

II.      Beweiswürdigung:

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde. Daraus ergibt sich der unter Punkt I. dargestellte Sachverhalt schlüssig und nachvollziehbar.

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags abgesehen werden, da die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Zu klären war eine reine Rechtsfrage, nämlich ob § 15 Abs. 6 Oö. BauO 1994 eine Entschädigung für eine Duldungsverpflichtung gemäß Abs. 3 par.cit. vorsieht bzw. ein Antrag auf Entschädigung schon vor Beendigung der Inanspruchnahme gestellt werden kann.

III.     In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:

1. § 15 Oö. BauO 1994 (Benützung fremder Grundstücke) lautet wie folgt:

„(1) Die Eigentümer und die sonst Berechtigten haben die vorübergehende Benützung von Grundstücken und baulichen Anlagen zur Erstellung der nach diesem Landesgesetz erforderlichen Pläne, zur Ausführung von Bauvorhaben, zu Instandhaltungsarbeiten oder zur Behebung von Baugebrechen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen zu dulden, wenn diese Arbeiten auf andere Weise nicht oder nur unter unzumutbar hohen Kosten durchgeführt werden können und der widmungsgemäße Gebrauch der in Anspruch genommenen Grundstücke oder baulichen Anlagen dadurch keine unverhältnismäßige Behinderung erfährt.

(2) Die Eigentümer eines an das Baugrundstück grenzenden Nachbargebäudes und die sonst an einem solchen Gebäude Berechtigten haben die zur Herstellung ausreichender Zugverhältnisse erforderliche Emporführung und Verankerung von Rauch-, Abgas-, Luft- und Dunstleitungen an der Feuermauer ihres Gebäudes und die Instandhaltung solcher Anlagen zu dulden, wenn der Zweck dieser Anlagen auf andere Weise nicht oder nur unter unverhältnismäßig hohen Kosten erreicht werden kann und keine unverhältnismäßige Behinderung des widmungsgemäßen Gebrauches des Nachbargebäudes mit der Anlage verbunden ist.

(3) Die Eigentümer und die sonst Berechtigten haben die Anbringung von Einrichtungen, die der Straßenbeleuchtung oder der erforderlichen Kennzeichnung der Lage öffentlicher Versorgungseinrichtungen dienen, auf Grundstücken und baulichen Anlagen zu dulden, sofern damit keine unverhältnismäßige Behinderung des widmungsgemäßen Gebrauches der in Anspruch genommenen Grundstücke oder baulichen Anlagen verbunden ist.

(4) Die Eigentümer und die sonst Berechtigten sind von einer gemäß Abs. 1 bis 3 beabsichtigten Inanspruchnahme von Grundstücken oder baulichen Anlagen mindestens vier Wochen vorher unter genauer Angabe der Art und Dauer der beabsichtigten Inanspruchnahme von demjenigen schriftlich zu verständigen, der die Inanspruchnahme beabsichtigt. Wird die Inanspruchnahme verweigert, hat die Baubehörde auf Antrag über die Notwendigkeit, die Art, den Umfang und die Dauer der Inanspruchnahme mit Bescheid zu entscheiden. Dies gilt nicht, wenn die Inanspruchnahme nur für die Behebung von Baugebrechen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen notwendig und Gefahr im Verzug ist. Die bescheidmäßig verfügte Inanspruchnahme des Nachbargebäudes im Sinn des Abs. 2 ist auf Antrag des Berechtigten im Grundbuch ersichtlich zu machen.

(5) Ergibt sich bereits im Zug eines Baubewilligungsverfahrens, daß eine Inanspruchnahme fremder Grundstücke und baulicher Anlagen unumgänglich ist und die beabsichtigte Inanspruchnahme verweigert wird, hat die Baubehörde auf Antrag zugleich mit der Erteilung der Baubewilligung gemäß Abs. 4 zweiter Satz zu entscheiden; Abs. 4 erster Satz gilt auch in diesem Fall.

(6) Die Inanspruchnahme hat unter möglichster Schonung der Grundstücke und baulichen Anlagen sowie der Rechte der Betroffenen zu erfolgen. Nach Beendigung der Inanspruchnahme ist der frühere Zustand soweit als möglich wieder herzustellen. Für verbleibende Vermögensschäden gebührt eine angemessene Entschädigung, die über Antrag des Geschädigten von der Baubehörde unter sinngemäßer Anwendung des § 14 mit Bescheid festzusetzen ist. Der Antrag auf Festsetzung der Entschädigung ist bei sonstigem Verlust des Anspruches innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Beendigung der Inanspruchnahme bei der Baubehörde einzubringen.“

2. Die Bf bringt in ihrer Beschwerde im Wesentlichen vor, die Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach ein Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 6 Oö. BauO 1994 immer erst nach Beendigung der Inanspruchnahme entstehen würde, sei unrichtig. Im gegenständlichen Fall sei das Mauerwerk der Gebäude der Bf zur Befestigung je eines Ankerhakens angebohrt worden. Damit seien die Gebäude definitiv beschädigt worden. Die Beschädigung sei derart, dass eine Wiederherstellung in den ursprünglichen Zustand schon heute ausgeschlossen sei, da diese nur durch komplettes Neu-Aufmauern der Fassade möglich wäre. Eine derartige Sanierungsmaßnahme wäre unverhältnismäßig und werde daher sicherlich bei Beendigung der Inanspruchnahme nicht geschehen. Darüber hinaus beeinträchtige die gesetzte Maßnahme auch die persönliche Lebensqualität der Bf und deren Familie und führe zu einer jetzt schon ermittelten Wertminderung der beiden der Bf gehörenden Liegenschaften. Es stehe daher heute schon fest, dass eine dauernde Beeinträchtigung aufgrund einer Beschädigung der Fassaden der Gebäude der Bf vorliege und sei daher jetzt schon eine angemessene Entschädigung dafür festzusetzen. Jede andere Auslegung der Bestimmung des § 15 Abs. 6 Oö. BauO 1994 wäre sinn- und verfassungswidrig, insbesondere da auch damit zu rechnen ist, dass die gegenständliche Inanspruchnahme „ewig“ dauern werde und somit die Bf „nie“ einen Anspruch auf Entschädigung stellen werde können.

3. Wie die belangte Behörde in ihrem angefochtenen Bescheid richtig ausführt, sieht § 15 Abs. 6 Oö. BauO 1994 lediglich für – nach Beendigung und soweit als möglicher Wiederherstellung des früheren Zustands – verbleibende Vermögensschäden eine angemessene Entschädigung vor. Diese Entschädigung ist über Antrag des Geschädigten mit Bescheid festzusetzen. Im Beschwerdefall liegt dieser Zeitpunkt der Beendigung der Inanspruchnahme jedoch noch in der Zukunft. Es ist der Bf zuzustimmen, dass es sich dabei um einen sehr langen Zeitraum der Inanspruchnahme handeln kann. Dies ist jedoch durch die Regelung des § 15 Abs. 3 leg.cit. gedeckt. § 15 Abs. 6 letzter Satz leg.cit. legt fest, dass der Antrag auf Festsetzung der Entschädigung bei sonstigem Verlust des Anspruches innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Beendigung der Inanspruchnahme bei der Baubehörde einzubringen ist. Da im gegenständlichen Fall die Inanspruchnahme noch andauert, ein Antrag auf Festsetzung der Entschädigung jedoch erst nach Beendigung der Inanspruchnahme eingebracht werden kann, ist der Antrag der Bf vom 19.10.2020 als unzulässig zurückzuweisen. Insofern war der Spruch des angefochtenen Bescheides abzuändern.

Es ist spruchgemäß zu entscheiden.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Aufgrund des klaren und eindeutigen Wortlauts der anzuwendenden Norm liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, auch wenn dazu – soweit ersichtlich - noch keine Rechtsprechung des VwGH ergangen ist (vgl. VwGH 27.8.2014, Ra 2014/05/0007, mwN). Die Voraussetzungen für die Erhebung einer Revision fehlen, da sich das Landesverwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen konnte (vgl. VwGH 21.1.2015, Ra 2015/12/0003).

Schlagworte

Entschädigung; Inanspruchnahme fremder Grundstücke; Benützung fremder Grundstücke; verbleibender Vermögensschaden

Anmerkung

Alle Entscheidungsvolltexte sowie das Ergebnis einer gegebenenfalls dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung sind auf der Homepage des Oö LVwG www.lvwg-ooe.gv.at abrufbar.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGOB:2021:LVwG.153007.2.DM

Zuletzt aktualisiert am

15.06.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Oberösterreich LVwg Oberösterreich, http://www.lvwg-ooe.gv.at
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