TE Vwgh Beschluss 2021/5/17 Ra 2020/21/0548

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Veröffentlicht am 17.05.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AVG §37
AVG §45 Abs3
BFA-VG 2014 §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z2
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant und den Hofrat Dr. Sulzbacher als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des A G A, vertreten durch Dr. Arno Klecan, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tegetthoffstraße 7/4. OG, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. November 2020, W154 2232595-3/3E, betreffend Schubhaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, wurde seit dem 27. Juli 2020 in Schubhaft angehalten (vgl. des Näheren den Beschluss vom heutigen Tag, Ra 2021/21/0044, zum am 22. Dezember 2020 zum zweiten Mal erfolgten Ausspruch nach § 22a Abs. 4 BFA-VG).

2        Mit dem vorliegend angefochtenen Erkenntnis vom 26. November 2020 stellte das Bundesverwaltungsgericht - im Hinblick auf das Erreichen einer Anhaltedauer von vier Monaten - zum ersten Mal gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft vorlägen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig sei.

3        Es legte dabei die Angaben des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) in seiner anlässlich der Aktenvorlage gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG übermittelten Stellungnahme vom 18. November 2020 zugrunde, insbesondere was die Erlangbarkeit eines Heimreisezertifikates und die geplante Charterrückführung des Revisionswerbers am 15. Dezember 2020 betraf. Ausgehend davon gelangte das Bundesverwaltungsgericht zum Ergebnis, dass die Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig sei und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt seiner Entscheidung vorlägen.

4        Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5        Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG „nicht zur Behandlung eignen“, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6        An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

7        Unter diesem Gesichtspunkt macht der Revisionswerber geltend, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, indem es ihm zur Stellungnahme des BFA vom 18. November 2020 kein Parteiengehör gewährt habe. Im Fall der Gewährung von Parteiengehör hätte er die Annahme des BFA, dass der geplante Charter nach Afghanistan am 15. Dezember 2020 mit Erfolg durchgeführt werden könne, bestreiten und die Einvernahme eines informierten Vertreters des BFA beantragen können. Er hätte darlegen können, dass seine Abschiebung unwahrscheinlich sei, da für ihn nur ein EU-Laissez-Passer und kein Heimreisezertifikat vorliege. Wegen seiner strafrechtlichen Verurteilungen sei die Ausstellung eines Heimreisezertifikats auch sehr unsicher. Ausgehend davon erscheine aber die Abschiebung innerhalb der zulässigen Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar.

8        Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass der Verwaltungsgerichtshof zwar bereits klargestellt hat, dass die im Verfahren nach § 22a Abs. 4 BFA-VG vom BFA zu erstattende Stellungnahme dem Parteiengehör zu unterziehen ist. Dies kann (zunächst) schriftlich oder im Rahmen einer mündlichen Verhandlung erfolgen. Jedenfalls ist dem in Schubhaft angehaltenen Fremden, für den mit der Aktenvorlage durch das BFA gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Beschwerde als eingebracht gilt, Gelegenheit zu geben, sich zu der Stellungnahme und zum maßgeblichen Sachverhalt zu äußern (vgl. VwGH 26.11.2020, Ra 2020/21/0070, Rn. 11, mwN). Allerdings ist es dem Revisionswerber im vorliegenden Fall nicht gelungen, die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels darzulegen. Unter Zugrundelegung seines Vorbringens betreffend die Undurchführbarkeit der Abschiebung müsste nämlich angenommen werden, dass der Tatbestand des § 80 Abs. 4 Z 2 FPG erfüllt war, sodass die Schubhaft für bis zu 18 Monate aufrechterhalten werden durfte (vgl. dazu näher nochmals den Beschluss vom heutigen Tag, Ra 2021/21/0044, Rn. 15 f). Ausgehend davon wäre die Schubhaft - insbesondere unter Einbeziehung der Straffälligkeit des Revisionswerbers (vgl. § 76 Abs. 2a FPG) - zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht schon wegen der Manifestation von Zweifeln an der Durchführbarkeit der Abschiebung am 15. Dezember 2020 als unverhältnismäßig anzusehen gewesen.

9        In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher - nach Durchführung des Vorverfahrens, in dem keine Revisionsbeantwortung erstattet wurde - gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 17. Mai 2021

Schlagworte

Parteiengehör Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020210548.L00

Im RIS seit

16.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.07.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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