TE Vwgh Beschluss 1997/3/24 96/19/3672

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Veröffentlicht am 24.03.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);

Norm

ABGB §1297;
ABGB §1332;
VwGG §24 Abs1;
VwGG §24 Abs2;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/19/3673

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann über den Antrag des A in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Verbesserung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Dezember 1995, Zl. 304.540/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 46 VwGG nicht stattgegeben.

Begründung

Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Dezember 1995, Zl. 304.540/2-III/11/95 die zu hg. Zl. 96/19/0389 protokollierte Beschwerde. Diese Beschwerde wurde mit hg. Verfügung vom 15. April 1996 gemäß § 34 Abs. 2 VwGG zur Behebung folgenden Mangels zurückgestellt:

"Es ist die Beschwerde mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes zu versehen (§ 24 Abs. 2 VwGG)." Unter einem wurden die vorgelegten Schriftsätze zurückgestellt und darauf aufmerksam gemacht, daß die Versäumung der Frist als Zurückziehung der Beschwerde gilt.

Innerhalb der gesetzten Frist langte die Beschwerde insoweit verbessert beim Verwaltungsgerichtshof wieder ein, als sich auf einer Ausfertigung nunmehr die Unterschrift des Rechtsanwaltes befindet. Die weiteren Ausfertigungen der Beschwerde wichen jedoch insofern von dieser Ausfertigung ab, als sie weiterhin nicht von einem Rechtsanwalt unterschrieben waren.

Mit Beschluß vom 3. Oktober 1996 Zl. 96/19/0389-5, stellte der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren ein, da dem erteilten Auftrag zur Mängelbehebung nur teilweise nachgekommen worden war und auch ein nur mangelhaft erfüllter Verbesserungsauftrag der völligen Unterlassung der Behebung von Mängel gleichzusetzen sei. Dadurch sei die Fiktion der Zurückziehung der Beschwerde eingetreten und das Verfahren gemäß den §§ 34 Abs. 2 und 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.

Mit Schriftsatz vom 27. Dezember 1996, eingelangt am 30. Dezember 1996, stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 VwGG und brachte erneut die Beschwerde gegen den vorhin genannten Bescheid des Bundesministers für Inneres ein. Als Begründung für den Wiedereinsetzungsantrag wurde ausgeführt, daß der Mängelbehebungsauftrag wegen der Verwendung der Einzahl "Unterschrift" im Auftrag wörtlich verstanden und daher nur eine mit der Unterschrift des Rechtsanwaltes versehene Ausfertigung vorgelegt worden sei. Es sei unvorhergesehen für den Einschreiter, daß dies für den Verwaltungsgerichtshof nicht genügen würde und stelle auf seiner Seite eine Fehlleistung dar. Er ersuche, ihm diese Fehlleistung nicht als grobes Verschulden zur Last zur legen, zumal er den ihm gegebenen Auftrag im wörtlichen Sinne erfüllt habe und sich seiner Sache dabei so sicher gewesen sei, daß er anläßlich der Erfüllung des Auftrages nicht das Studium der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gepflogen habe. Der Verwaltungsgerichtshof möge dem Wiedereinsetzungsantrag stattgeben und das "Verfahren wieder eröffnen".

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Gemäß Abs.3 des § 46 ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

Wie aus dem hg. Akt zur Zl. 96/19/0389 hervorgeht, wurde der Einstellungsbeschluß am 13. Dezember 1996 dem Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt. Der am 27. Dezember 1996 der Post übergebene Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erweist sich daher als rechtzeitig gestellt.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGG sind die Beschwerden und sonstigen Schriftsätze unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Von jedem Schriftsatz samt Beilagen sind so viele gleichlautende Ausfertigungen beizubringen, daß jeder vom Verwaltungsgerichtshof zu verständigenden Partei oder Behörde eine Ausfertigung zugestellt und überdies eine für die Akten des Gerichtshofes zurückbehalten werden kann. Gemäß Abs. 2 des § 24 leg. cit. müssen die Beschwerden mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen sein.

Betrachtet man den Mängelbehebungsauftrag vom 15. April 1996 vor dem Hintergrund der gesetzlichen Bestimmungen des § 24 VwGG, so kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht davon gesprochen werden, daß eine mißverständliche Formulierung des Auftrages vorgelegen wäre. Vielmehr konnte der Auftrag nur so verstanden werden, daß die Beschwerde - und zwar sowohl die Erstausfertigung als auch die gemäß § 24 Abs. 1 VwGG notwendigen gleichlautenden Ausfertigungen - entsprechend unterschrieben werden mußte. Eine Interpretation wie vom Antragsteller vorgenommen, wonach dem Auftrag zu entnehmen sei, es genüge, wenn eine Ausfertigung der Beschwerde unterschrieben werde, findet in dem am Wortlaut des Gesetzes orientierten Wortlaut und Zweck des Auftrages keine Deckung. Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht finden, daß der Irrtum des Beschwerdeführers durch die Formulierung des Mängelbehebungsauftrages verursacht worden wäre.

Es kann somit auch der Argumentation des Antragstellers nicht gefolgt werden, wonach in der Judikatur des Gerichtshofes hinsichtlich mangelhaft erfüllter Mängelbehebungsaufträge ein unvorhergesehenes Ereignis im Sinne des § 46 VwGG erblickt werden könnte. Bei genauem Studium des Mängelbehebungsauftrages vor dem Hintergrund des VwGG und der ständigen Rechtsprechung war die Fiktion der Zurückziehung der Beschwerde bei Nichterfüllung des Auftrages gemäß § 34 Abs. 2 VwGG sowohl vorhersehbar als auch - durch eine dem Auftrag entsprechende Mängelbehebung - abwendbar.

Leichte Fahrlässigkeit des Parteienvertreters hindert die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht, wenn es dem Verwaltungsgerichtshof glaubhaft erscheint, daß der einschreitende Rechtsanwalt die Berichterverfügung mißverstanden hat und nur dadurch dem Verbesserungsauftrag nicht rechtzeitig nachkommen konnte (vgl. den hg. Beschluß vom 13. Februar 1986, Zl. 85/06/0208, auf welchen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Im vorliegenden Fall kann vom Vorliegen einer mißverständlichen Formulierung der Berichterverfügung aber nicht gesprochen werden. Bei Anlegung des bei beruflichen rechtskundigen Parteienvertretern gebotenen strengeren Maßstabes hätte es die dem Vertreter der antragstellenden Partei obliegende Sorgfaltspflicht nämlich erfordert, den Auftrag aufforderungsgemäß zu erfüllen und sich gegebenenfalls von der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur (mangelhaften) Erfüllung von Mängelbehebungsaufträgen zu überzeugen. Das behauptete Mißverständnis wäre daher nicht bloß auf einen minderen Grad des Versehens zurückzuführen.

Aus den obgenannten Gründen war daher dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattzugeben.

Schlagworte

Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996193672.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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