TE Bvwg Beschluss 2021/2/10 W118 2206464-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.02.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

10.02.2021

Norm

MOG 2007 §6
VwGG §30 Abs2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W118 2206463-1/14E

W118 2206464-1/14E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gernot ECKHARDT über den Antrag von XXXX , der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.12.2020, Zlen. W118 2206463-1/7E und W118 2206464-1/7E, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, beschlossen:

Der Revision wird gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.


Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Mit Schriftsatz vom 08.02.2021 brachte die revisionswerbende Partei eine Revision gegen das im Spruch angeführte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes ein.

Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung führte die revisionswerbende Partei Folgendes an:

„1. Rechtlicher Rahmen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

1.1. Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag der Revisionswerberin die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für die Revisionswerberin ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

1.2. Im Rahmen eines Antrages auf aufschiebende Wirkung hat der Verwaltungsgerichtshof nicht die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zu prüfen, sondern einzig und allein die Auswirkungen eines möglichen Vollzuges der Entscheidung. Voraussetzung für die Stattgabe eines Aufschiebungsantrages ist sohin zunächst, dass die bekämpfte Entscheidung einem „Vollzug“ zugänglich ist. Aufgeschoben wird bei Erkenntnissen, die auf ein Handeln, Dulden oder Unterlassen lauten, die Vollstreckung.

2. Zur Interessenabwägung:

2.1. Der Betrieb der Revisionswerberin geriet durch die durchgeführte Aufrechnung der AMA mit anderen dringend benötigten Fördermitteln in finanzielle Schwierigkeiten. Ferner kann die Revisionswerberin aufgrund des vorzeitigen Vollzugs ohne Rechtsgrundlage im Rahmen der Aufrechnung dringend für den Erhalt der Landwirtschaft erforderliche Investitionen nicht durchführen.

2.2. Das Interesse der Revisionswerberin liegt ausschließlich im Erhalt der Landwirtschaft zu der auch der Erhalt und die Pflege von Almfutterflächen sowie eines Schutzwaldes gehört. Dabei handelt es sich um einen äußerst wichtigen Bereich, dessen Erhalt auch aus ökologischer und naturräumlicher Sicht einen unermesslichen Stellenwert besitzt. Für den Erhalt dieser Flächen – das völlig unwirtschaftlich ist, da diese keinen Ertrag bringen – bedarf es dringend Fördermittel. Durch den bereits durch Aufrechnung erfolgten – und ohne Rechtskraft des Bescheides – erfolgten unmittelbaren Vollzug des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes droht der Revisionswerberin ein unverhältnismäßiger Nachteil, weil sie die ertraglosen Almfutterflächen nicht mehr erhalten kann. Durch die bereits erfolgte Aufrechnung mit anderem dringend benötigten Fördermitteln ist auch die Landwirtschaft in finanzielle Bedrängnis geraten.

2.3. Dem gegenüber besteht jedoch kein wesentliches Interesse der AMA, das gegenständliche Verfahren weiter fortzuführen, oder aber Interessen, die von so großer Bedeutung wären, dass sie die Interessen der Revisionswerberin in irgendeiner Form überwiegen würden. Vielmehr ist aufgrund der erfolgten Aufrechnung, die mangels Rechtskraft der Entscheidung bzw. noch vor dem angefochtenen Erkenntnis erfolgt ist, der Erhalt der Almfutterflächen und des Schutzwaldes nicht mehr gesichert, was sowohl eine Gefahr für den Naturraum, sowie zur Verhinderung von Naturgefahren darstellt.

3. Aus vorstehenden Gründen stellt die Revisionwerberin den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge der Revision gemäß § 30 Abs. 2 VwGG aufschiebende Wirkung zuerkennen.“

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung:

§ 30 Abs. 2 VwGG lautet: „Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden.“

Im gegenständlichen Fall ist der Schutz der finanziellen der Europäischen Union, wie er für das Marktordnungsrecht in der VO (EU) 1306/2013, insb. deren Art. 58, konkretisiert wurde, mit den Interessen der Revisionswerberin abzuwägen. Nach der angeführten Bestimmung erlassen die Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie alle sonstigen Maßnahmen, um einen wirksamen Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten, u.a. um zu Unrecht gezahlte Beträge zuzüglich Zinsen wiedereinzuziehen und wenn notwendig entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten. Gemäß Art. 28 VO (EU) 908/2014 („Wiedereinziehung durch Aufrechnung“) rechnen die Mitgliedstaaten eine noch ausstehende Forderung an einen Begünstigten, die im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften festgestellt worden ist, gegen etwaige künftige Zahlungen auf, die von der für die Eintreibung des geschuldeten Betrags zuständigen Zahlstelle an diesen Begünstigten zu leisten sind. Nach der deutschen Rechtsprechung gilt dies selbst bei nicht bestandskräftigen Rückforderungsbescheiden (vgl. zu den Vorgängerbestimmungen und deren Genese OVG Lüneburg 05.07.2019, 10 LA 45/17; vgl. zur Wiedereinziehung von Zahlungsansprüchen nach aktueller Rechtslage OVG Lüneburg, 30.06.2016, 10 ME 35/16). Die Rechtswirkung des Erkenntnisses des BVwG beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Bestätigung der ausgesprochenen Rückforderungen, sondern zieht potenziell weitreichende Rechtsfolgen nach sich, die aus der Nichtnutzung der zugewiesenen Zahlungsansprüche resultieren. Vor diesem Hintergrund erscheint es angemessen, der Revision insofern die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Aus diesen Erwägungen war dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG stattzugeben.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung einheitliche Betriebsprämie Interessenabwägung öffentliche Interessen Revision Rückforderung unverhältnismäßiger Nachteil Vollstreckbarkeit Vollzugstauglichkeit wirtschaftliche Interessen zwingendes öffentliches Interesse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W118.2206464.1.00

Im RIS seit

11.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten