TE Lvwg Erkenntnis 2021/5/21 LVwG-314-3/2021-S1

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Veröffentlicht am 21.05.2021
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Entscheidungsdatum

21.05.2021

Norm

BVergG 2018 §32
BVergG 2018 §163
BVergG 2018 §165 Abs1
BVergG 2018 §165 Abs6

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch seinen Senat 1 mit den Mitgliedern Mag. Pathy, Dr. Köpfle und Dr. Drexel, BA, über den Antrag der B H, H, M H gmbh, F, vertreten durch Thurnher Wittwer Pfefferkorn & Partner Rechtsanwälte GmbH, Dornbirn, auf Nichtigerklärung der Mitteilung der Ausloberin vom 11.03.2021 betreffend die Zuweisung der Preisgelder im Wettbewerb „Zu- und Umbau Volksschule G-M“ der Marktgemeinde G I GmbH & Co KG, G, zu Recht erkannt:

Gemäß den §§ 3, 4 Abs 2 und 12 Abs 1 lit b und Abs 2 des Vergabenachprüfungsgesetzes wird dem Antrag auf Nichtigerklärung Folge gegeben und die Mitteilung der Ausloberin vom 11.03.2021 betreffend die Zuweisung der Preisgelder für nichtig erklärt.

Gemäß § 24 Abs 3 und 4 des Vergabenachprüfungsgesetzes hat die Ausloberin der Antragstellerin jeweils die Hälfte der Gebühr für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und für den Nachprüfungsantrag, somit insgesamt 1.050 Euro, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.1.           In einem am 22.03.2021 beim Landesverwaltungsgericht eingelangten Schriftsatz stellte die Antragstellerin den Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens nach dem Vorarlberger Vergabenachprüfungsgesetz. In diesem brachte sie im Wesentlichen Folgendes vor:

Sie fechte im nicht offenen, einstufigen Realisierungswettbewerb (OSB) „Wettbewerb Zu- und Umbau Volksschule G-M“ der Ausloberin und Auftraggeberin Marktgemeinde G I GmbH & Co KG die Entscheidung der Ausloberin über die Zuweisung der Preise bzw des Preisgeldes, zugestellt am 11.03.2021, als gesondert anfechtbare Entscheidung im Sinne des § 2 Z 15 lit a sublit ll Bundesvergabegesetz (BVergG), an.

Sie habe sich am oben angeführten Realisierungswettbewerb als Bewerber- bzw Teilnehmergemeinschaft beteiligt und bei der Ausloberin am 26.02.2020 fristgerecht einen Teilnahmeantrag abgegeben. Das Preisgeld für den 1. Preis betrage 25.000 Euro und habe die Ausloberin die Absicht bekundet, im Anschluss an den Wettbewerb ein Verhandlungsverfahren gemäß § 37 Abs 1 Z 7 BVergG über die Vergabe des Dienstleistungsauftrags „Objektplanung Architektur“, umfassend zumindest die Leistungsbilder Vorentwurfsplanung, Entwurfsplanung, Einreichplanung, Ausführungsplanung sowie Begleitung der Bauführung im Sinne des Leistungsmodells „Objektplanung Architektur“, mit dem Gewinner des Wettbewerbs durchzuführen. Weiterführende Beauftragungen wie zB Ausschreibung und Mitwirkung bei der Vergabe, örtliche Bauaufsicht oder Fachplanerleistungen seien möglich, es bestehe darauf aber kein Anspruch.

Für das oben beschriebene Projekt sei ein Kostenrahmen von 19,7 Mio Euro netto veranschlagt. In diesem Betrag seien die Errichtungskosten für den Zu- und Umbau der Schule enthalten. Darin nicht enthalten seien die Kosten für das Schulprovisiorium während der Bauphase.

Mit E-Mail vom 11.03.2021 habe die Ausloberin die Antragstellerin davon verständigt, dass beabsichtigt sei, den 1. Preis (und das entsprechende Preisgeld) dem Projekt Nr X der B B A GmbH, B, zuzuweisen und dass die Stillhaltefrist am 22.03.2021 ende. Die Antragstellerin sei für den 2. Preis vorgesehen.

Der gegenständliche Realisierungswettbewerb inklusive dem von der Ausloberin in der Folge beabsichtigten Verhandlungsverfahren falle in das zentrale Geschäftsfeld der Antragstellerin. Sollte aufgrund und infolge des rechtswidrigen Verhaltens der Ausloberin der 1. Preis, verbunden mit der Chance, aus den Verhandlungen mit der Auftraggeberin als Zuschlagsempfänger hervorzugehen, an die B B A GmbH zugewiesen werden, würde der Antragstellerin ein erheblicher Schaden von zumindest netto 240.000 Euro entstehen. Ihr würde die Möglichkeit genommen, an einem gesetzeskonformen Vergabeverfahren teilzunehmen und in diesem einerseits das Preisgeld für den 1. Preis zu lukrieren und andererseits aus dem anschließenden Verhandlungsverfahren als Zuschlagsempfängerin hervorzugehen.

Sie erachte sich daher in ihrem Recht auf Durchführung eines gesetzeskonformen Vergabeverfahrens verletzt. Insbesondere liege eine Verletzung der Rechte auf transparente und faire Gleichbehandlung aller Bewerber, auf Nicht-Berücksichtigung von nicht geeigneten Bewerbern und Projekten, auf Ausscheiden von Projekten, die mehrfach der Auslobung widersprechen und auf Ermittlung der Antragstellerin als Empfängerin des 1. Preises (und damit als erste Verhandlungspartnerin für die zweite Stufe) vor.

Gemäß Punkt 4.3. der bestandsfesten Auslobung vom 30.01.2020 seien nach den Festlegungen der Ausloberin bei den Außenanlagen (Gesamt-Nutzfläche 2.035 m²) folgende Flächen vorzusehen:

-               eine Pausenfläche – NF 900 m² gesamt

-               ein Hartplatz 15 x 30 m – NF 450 m² gesamt

-               ein Rasenplatz 25 x 25 m – NF 625 m² gesamt

Eine Anfrage von Bewerbern, ob die geforderten beiden Sportplätze wirklich im geforderten Umfang notwendig seien, habe die Ausloberin in ihrer Fragebeantwortung vom 07.10.2020 wie folgt beantwortet:

„Auf die geforderten Flächen müssen wir beharren.“

Weiters sei unter anderem folgende Bewerberanfrage von der Auftraggeberin in ihrer Fragebeantwortung vom 07.10.2020 wie folgt beantwortet worden:

Frage: „Wäre eine Bebauung an den Verbindungsweg zwischen der Mstraße und dem Park entlang der Teilfläche XXX möglich? Wäre dafür eine Abstandsnachsicht durch die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke (Kirche) vorstellbar?“

Antwort: „Ja, zum GST-NR XXX, aber zu den GST-NRN YYY und ZZZ (Kirche) müssen die Abstandsflächen eingehalten werden.“

Der von der Ausloberin bestandsfest vorgegebene Planungsperimeter sei in Relation zur vorgegebenen Bauaufgabe klein gewesen. Aus diesem Grund habe die Unterbringung der großflächigen Sport- und Pausenbereiche in geforderter Anzahl, Proportion und Größe innerhalb des Planungsperimeters eine enorme Herausforderung dargestellt. Diese Anforderungen zu erfüllen sei die wesentlichste Einschränkung einer Lösungsfindung auf die gestellte Entwurfsaufgabe gewesen. Im Zuge des Kolloquiums bzw währen der Fragenfrist sei mehrfach auf die einschränkende Auswirkung der geforderten Sportplatzgrößen für die Entwurfsfindung hingewiesen worden und darum gebeten worden, die Forderung zu einem Soll-Kriterium umzuwandeln oder die Flächengrößen zu verringern. In der Fragebeantwortung vom 07.10.2020 sei dieses Anliegen ausdrücklich zurückgewiesen worden und habe die Ausloberin die entsprechenden Vorgaben der Auslobung bekräftigt.

Das erstgereihte Projekt würde die bestandsfesten Vorgaben der Ausloberin an die geforderten Sportplätze und die Pausenfläche mehrfach nicht erfüllen. Übergehe ein teilnehmender Bewerber die gestellten Mindest- und Mussanforderungen an die Abmessungen, Proportionen und Flächen der Sportplätze (Hartplatz 15 x 30 m und Rasenplatz 625 m², Proportion 1:1 bis 1:2) verschaffe sich dieser Bewerber gegenüber den anderen Bewerbern einen signifikanten Wettbewerbsvorteil im Projektfindungsprozess und bei der Gesamtbeurteilung. Die Arbeit sei dadurch nicht mehr objektiv mit den anderen Projekten, die die Vorgaben der Auslobung einhalten, vergleichbar.

Das erstgereihte Projekt widerspreche in folgenden Punkten den bestandsfesten Vorgaben der Ausloberin an die geforderten Sportplätze und die Pausenfläche:

a)              Die Mindestgröße des Hartplatzes sei nicht eingehalten.

b)              Die Mindestgröße und Proportion des Rasenplatzes sei nicht eingehalten.

c)   Die (Mindest-)Pausenfläche befinde sich zu großen Teilen außerhalb des Planungsperimeters auf fremdem Grund (GST-NR ZZZ, Kirche).

d)   Die Abstandsflächen laut Baugesetz würden in der Südwestecke gegenüber dem GST-NR ZZZ nicht eingehalten.

Das Projekt Nr X der B B A GmbH verstoße in den genannten Punkten gegen die zwingenden und ausdrücklich bekräftigten, bestandfesten Vorgaben der Ausloberin. Dadurch habe sich die B B A GmbH außerhalb der Vorgabe der Auslobung – und damit vergaberechtswidrig – einen größeren Gestaltungsspielraum – und damit einen Wettbewerbsvorteil – gegenüber der Antragstellerin geschaffen und sei das Projekt Nr X durch die Auslobungs- und Vergaberechtswidrigkeit auch nicht mehr mit dem Projekt der Antragstellerin, welches die Vorgaben der Auslobung einhalte, vergleichbar, weil beide Projekte von unterschiedlichen Parametern ausgehen würden.

Die Ausloberin habe diese Verstöße zum Nachteil und Schaden der Antragstellerin nicht geahndet und ihre Mitteilung vom 11.03.2021 (samt Sitzungsprotokoll) dadurch mit Rechtswidrigkeit behaftet.

Die weitere Berücksichtigung des Projekts Nr X, die Zuweisung des 1. Preises für dieses Projekt und darauf aufbauend die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens mit der B B A GmbH würde zum Nachteil der Antragstellerin mehrfach gegen die Grundsätze des Vergabeverfahrens verstoßen. Hätte die Ausloberin vergaberechtskonform gehandelt, wäre der 1. Preis der Antragstellerin zugewiesen worden und hätte die Antragstellerin als Gewinnerin des Wettbewerbs zum Verhandlungsverfahren eingeladen werden müssen.

1.2.           Gleichzeitig wurde beantragt, das Landesverwaltungsgericht möge der Ausloberin durch einstweilige Verfügung untersagen, die Zuweisung der Preise, die Auszahlung des Preisgeldes und die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens gemäß § 37 Abs 1 Z 7 BVergG über die Vergabe des Dienstleistungsauftrags „Objektplanung Architektur“ für die Dauer dieses Nachprüfungsverfahrens vorzunehmen.

1.3.           Mit Beschluss vom 31.03.2021, LVwG-314-3/2021-S1, hat das Landesverwaltungsgericht dem im Punkt 1.2. erwähnten Antrag der Antragstellerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung insoweit Folge gegeben, als der Ausloberin des Wettbewerbs „Zu- und Umbau der Volksschule G-M“ untersagt wurde, die Preise zuzuweisen, das Preisgeld auszuzahlen und das Verhandlungsverfahren gemäß § 37 Abs 1 Z 7 Bundesvergabegesetz 2018 über die Vergabe des Dienstleistungsauftrages „Objektplanung Architektur“ durchzuführen.

1.4.           Die Ausloberin hat eine Stellungnahme (Gegenschrift) zu dem Vorbringen nach Punkt 1.1. erstattet. Darin hat sie im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Der von der Antragstellerin geltend gemachte Schaden bestehe nicht. In den Auslobungsbedingungen sei im Punkt „1.7 Absichtserklärung“ dezidiert angeführt, dass die Auftraggeberin beabsichtige, im Anschluss an den Wettbewerb ein Verhandlungsverfahren gemäß § 37 Abs 1 Z 7 BVergG durchzuführen. Dem gegenständlichen Wettbewerb liege als Wettbewerbsgrundlage die Wettbewerbsordnung Architektur der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten idgF (WOA) zugrunde, sofern diese Auslobung und allfällige Berichtigungen keine anderen Festlegungen enthielten. Die WOA sehe vor, dass Architekturwettbewerbe darauf abzielen, das relativ beste Projekt unter den Wettbewerbsarbeiten zu erkennen, die Beurteilung nachvollziehbar darzustellen und die Wettbewerbsentscheidung transparent auszubilden. Dabei entscheide ein unabhängiges Preisgericht unter Wahrung der Anonymität der Teilnehmer. Von einer Pflicht, mit dem Siegerprojekt die Umsetzung vorzunehmen, sei den Wettbewerbsunterlagen nichts zu entnehmen. Der Hinweis, dass die Auftraggeberin beabsichtige, ein Verhandlungsverfahren über die Vergabe des Dienstleistungsauftrages „Objektplanung Architektur“ durchzuführen, stelle keinerlei Verpflichtung dar und könne ohne Angabe von Gründen unterbleiben. Mit den Instrumentarien des Vergaberechts könne kein Verhandlungsverfahren mit dem (erfolgreichen) Abschluss einer Auftragserteilung erzwungen werden.

Es sei richtig, dass in den Planunterlagen des erstgereihten Projekts der Hartplatz mit 15 x 25 m eingezeichnet sei. Aus den Planunterlagen lasse sich jedoch leicht erkennen, dass dieser aufgrund der rundum bestehenden weitläufigen Leerflächen ohne Weiteres auf die geforderte Größe ausgedehnt werden könne. Die von der Antragstellerin monierte Rechtswidrigkeit hinsichtlich der Größe des Hartplatzes liege somit nicht vor.

Dasselbe gelte für den Sportplatz, der in seinen Ausdehnungen ebenfalls noch in sämtlichen Randbereichen Spielraum habe. Dabei sei zudem noch festzuhalten, dass in den Auslobungsunterlagen beim Rasenplatz hinsichtlich dessen Größe und Proportion „Cirka-Angaben“ gemacht worden seien. Somit könne auch ohne Grundstücksüberschreitung mit Rasenplatzabmessungen von 29,4 m x 21,3 m die Gesamtfläche von 625 m² erreicht werden.

Dasselbe gelte für die Pausenfläche. Diese lasse sich aus den vorliegenden Plänen mit 900 m² problemlos herausrechnen, auch ohne dass die Flächen GST-NRN ZZZ und WWW in Anspruch genommen werden. Lediglich die Einzeichnung von ein paar Einrichtungen auf der Liegenschaft GST-NR ZZZ in den Planunterlagen des Siegerprojektes eröffne zwar Möglichkeiten, sei aber in die Berechnung der Pausenflächen nicht einbezogen worden.

Der Rasenplatz und der Hartplatz würden in der geforderten Größe untergebracht werden können. Auch die (Mindest-)Pausenflächen seien mit darüber hinausgehender ausreichender Reserve erfüllt, zumal der untere Pausenbereich mit der Schularena zum oberen Pausenbereich verbunden sei. Schließlich sei festzuhalten, dass noch weitere frei verfügbare Flächen im Außenraum in der Größe von über 500 m² vorhanden seien, die bei Bedarf ebenfalls als Pausenflächen herangezogen werden könnten. Damit seien beim Siegerprojekt sämtliche Kriterien hinsichtlich Hartplatz, Rasenplatz und Pausenplatz vollinhaltlich erfüllt.

Auch verletze das Siegerprojekt die Grundstücksgrenzen nicht und halte die Abstandsflächen laut Baugesetz ein.

Nach Punkt 3.3 der Ausschreibungsunterlage seien alle Wettbewerbsarbeiten, die ua den formalen Bedingungen und in wesentlichen Teilen dem geforderten Leistungsumfang entsprechen, zugelassen. Selbst wenn das Siegerprojekt nicht den geforderten Leistungsumfang vollumfänglich erfüllt hätte, was jedoch nicht der Fall sei, hätte es den Leistungsumfang doch „in wesentlichen Teilen“ erfüllt und sei somit zuzulassen gewesen.

Zahlreiche andere Projekte – so auch jenes der Antragstellerin – hätten nicht allen geforderten Bedingungen entsprochen. Es seien von der Ausloberin jedoch sämtliche Projekte gleich behandelt worden.

Werde derselbe von der Antragstellerin an das Siegerprojekt angelegte Maßstab im Sinne der Gleichbehandlung auch an das von der Antragstellerin eingereichte Projekt angelegt, so sei das von der Antragstellerin eingereichte Projekt in mehrfacher Hinsicht vorgabewidrig.

Das Projekt der Antragstellerin würde die Abstandsflächen nicht einhalten. Die Antragstellerin habe den Hartplatz auf dem Dach eines neu zu errichtenden Gebäudes geplant und dazu ein Ballschutzgitter in Höhe von 5 m eingezeichnet. Die sich daraus ergebende Abstandsfläche falle im Ausmaß von ca 1,5 m auf die Kirchenliegenschaft GST-NR ZZZ.

Auch sei das neu zu errichtende Gebäude zumindest in Teilbereichen auf der Wegparzelle GST-NR XXX situiert. Aus der Anfragebeantwortung vom 07.10.2020 zu Punkt 7.5 b) ergebe sich, dass zum GST-NR XXX (Verbindungsweg Mstraße und Park) eine Bebauung bis zur Grundstücksgrenze erfolgen könne, gegenüber den Liegenschaften der Kirche (GST-Nr YYY und ZZZ) die Abstandsflächen jedoch eingehalten werden müssen. Der geplante Neubau der Antragstellerin befinde sich damit vorgabewidrig teilweise auf der Wegparzelle GST-NR XXX.

Im Projekt der Antragstellerin werde der offene Bereich über der bereits bestehenden Tiefgaragenzufahrtsrampe mit einer ca 6 m langen Überbauung geschlossen und damit um diese Länge verkürzt. Dies führe aufgrund der schrägen Zu- und Abfahrtsrampe zu einer Reduzierung der Durchfahrtshöhe auf ca 1,8 m, sodass die Tiefgarage nicht mehr mit den üblichen Fahrzeugen befahrbar sei. Auch deshalb sei das Projekt der Antragstellerin vorgabewidrig.

Das Projekt der Antragstellerin sei unter Zugrundelegung des von ihr angesetzten Maßstabes selbst mehrfach vorgabewidrig und entspreche im Sinne der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht den Vorgaben der Auslobung und sei daher nicht mit den anderen Projekten vergleichbar. Der Antragstellerin komme daher keine Antragslegitimation im gegenständlichen Vergabenachprüfungsverfahren zu.

Bei Realisierungswettbewerben sei das Preisgericht in der Auswahl des Siegerprojektes unabhängig. Die Auswahl habe ausschließlich aufgrund der Beurteilungskriterien getroffen zu werden. Das Siegerprojekt habe die Mindestvorgaben unter Zugrundelegung der WOA erfüllt. Bei § 17 Abs 2 WOA handle es sich um eine Kann-Bestimmung und keine Muss-Bestimmung. Selbst wenn eine Vorgabewidrigkeit beim Siegerprojekt vorliegen würde, was bestritten werde, sei entsprechend diesen zugrunde liegenden Ausschreibungsbedingungen das Siegerprojekt nicht auszuscheiden. Das Siegerprojekt habe im Wesentlichen die Wettbewerbsvorgaben jedenfalls erfüllt und könne mit gegenständlichem Vergabenachprüfungsverfahren die Entscheidung der Preisrichter nicht angefochten werden. Sämtliche Projekte seien von den Preisrichtern gleichermaßen beurteilt worden, wodurch dem Gleichbehandlungsgrundsatz entsprochen worden sei. Dies gelte auch für die Frage der Erfüllung der Vorgaben. Auch dort sei ein einheitlicher Maßstab angesetzt worden. Wäre dieser Maßstab für alle strenger angesetzt worden, wäre das Projekt der Antragstellerin auszuscheiden gewesen und komme ihr daher keine Antragslegitimation zu.

1.5.           Die Antragstellerin hat eine Replik zur Gegenschrift der Auftraggeberin erstattet. Darin zieht sie den Einwand betreffend die Nichteinhaltung der Abstandsflächen beim Siegerprojekt (Projekt Nr X) zurück.

Weiters bringt sie vor, dass der bei Architekturwettbewerben bestehende weite Gestaltungsspielraum durch konkrete Festlegungen der Ausloberin ausdrücklich und zwingend vorgegeben und damit verbindlich eingeschränkt worden sei, weshalb diese zwingenden Vorgaben von allen Bewerbern gleichermaßen eingehalten werden müssten. Bewerber, die diese Mindest- bzw Muss-Vorgaben nicht erfüllen würden, seien bei der Zuweisung der Preise und den daran allenfalls anschließenden Verhandlungen nicht zu berücksichtigen. Andernfalls würden sich jene Bewerber, die die Muss-Vorgaben der Ausloberin nicht beachten, im Vergleich zu jenen, die die Muss-Vorgaben beachten, einen Wettbewerbsvorteil verschaffen und würden dem Preisgericht am Ende keine vergleichbaren Arbeiten vorliegen, weil den jeweiligen Arbeiten völlig unterschiedliche Gestaltungsspielräume zugrunde lägen. Dies sei insbesondere mit den vergaberechtlichen Grundsätzen der Gleichbehandlung, Transparenz und Nicht-Diskriminierung nicht vereinbar.

Bei den im Vorbringen der Ausloberin enthaltenen Abbildungen handle es sich nicht um Ausschnitte aus den Plänen zum Projekt Nr X, sondern um nachträgliche Änderungen und Darstellungen der Ausloberin. Diese hätten nichts mit dem tatsächlich abgegebenen Projekt Nr X zu tun, sondern würden nur fiktive bzw hypothetische Annahmen aus einer Zeit weit nach dem Ende des Abgabetermins enthalten. Diese Abbildungen würden zeigen, dass das tatsächlich abgegebene Projekt Nr X infolge Nichteinhaltung der Muss-Vorgaben der Ausloberin erst nach Vornahme umfangreicher und nachträglicher Änderungen mit dem Projekt Nr Y der Antragstellerin vergleichbar sei. Beurteilungsgrundlage für das Preisgericht könne jedoch ausschließlich das tatsächlich eingereichte Projekt Nr X und nicht ein völlig hypothetisches (Änderungs-)Projekt sein.

Hingegen erfülle das Projekt der Antragstellerin alle maßgeblichen Vorgaben der Ausloberin. Zur vorgebrachten Verletzung von Abstandsvorschriften beim Projekt der Antragstellerin werde auf die Entscheidung des VwGH vom 19.01.2017, Ro 2016/06/0014, verwiesen, wonach ein Stabgeländer, das nicht vor die Gebäudefront rage und dessen senkrechten Stäbe mit einem Durchmesser von 10 mm in einem Abstand von 12 cm über die gesamte Fassadenbreite angebracht seien, ein untergeordneter Bauteil im Sinne des § 5 Abs 3 des Baugesetzes sei. Da der Anteil schattenwerfender Bauteile bei einem Ballfangzaun- oder Netz jedenfalls nicht höher als bei dem angeführten Stabgeländer sei, würden die in der Judikatur festgelegten Grundsätze auch für den vorliegenden Fall herangezogen werden können. Zudem handle es sich bei der von ihr projektierten Absturz- und Ballschutzeinrichtung aufgrund der noch sehr geringen Planungstiefe um eine rein schematische, abstrakte Darstellung eines möglichen Lösungsansatzes.

Das GST-NR XXX gehöre unzweifelhaft zum Planungsgebiet. Es finde sich in der Auslobung kein Hinweis, dass gerade das GST-NR XXX nicht bebaut werden dürfe. Aus diesem Grund sei dieser angebliche Mangel im Bericht der Vorprüfung beim Projekt X auch nicht erwähnt. In der Fragebeantwortung vom 07.10.2020 habe die Ausloberin die Frage, ob eine Bebauung an den Verbindungsweg zwischen der Mstraße und dem Park entlang der Teilfläche XXX möglich wäre, mit ja beantwortet. Zudem habe die Ausloberin die Frage, ob alle im Flächenwidmungsplan eingetragenen Fußwege durch das Wettbewerbsgelände erhalten bleiben müssen, mit „die Fußwegevernetzung sollte erhalten bleiben“ beantwortet. Somit habe die Antragstellerin davon ausgehen können, dass eine Bebauung des GST-NR XXX bis an den Verbindungsweg jedenfalls erlaubt sei und bei einer allfälligen Bebauung die bestehende Fußwegevernetzung möglichst erhalten bleiben solle. Somit habe die Antragstellerin alle Vorgaben der Ausloberin nachweislich eingehalten.

Bei der Rampe der Tiefgarage könne durch die im Projekt Nr Y geplante Erhöhung des Geländes die Rampe überbaut werden, ohne die Durchfahrtshöhe zu verringern; dies sei Teil des Projektes Nr Y und sei in den dortigen Plänen auch dargestellt. Die Verlängerung der Überdachung sei im Vorprüfbericht erwähnt worden, die jetzt neu behauptete Verminderung der Durchfahrtshöhe aber nicht.

1.6.           In der mündlichen Verhandlung bekräftigte die Ausloberin, dass sie keine Möglichkeit gehabt habe, in das Verfahren einzugreifen und bestimmte Projekte auszuscheiden oder nicht beurteilen zu lassen. Es sei allein Sache des Preisgerichtes zu entscheiden, ob eine Wettbewerbsarbeit beurteilt werde oder nicht, so gehe es auch aus der WOA hervor. Das Preisgericht habe im gegenständlichen Falle alle Arbeiten zugelassen und somit alle Arbeiten gleich behandelt. Die Beurteilung der Kriterien sei im Rahmen der Preisgerichtssitzung erfolgt.

Wenn das Preisgericht jenen Maßstab angewendet hätte, den die Antragstellerin nunmehr anwende, dann wäre auch die Wettbewerbsarbeit der Antragstellerin weggefallen. Die Antragstellerin habe entgegen den Vorgaben aus der Fragebeantwortung auf den Verbindungsweg gebaut und zwar bis zu 1½ bis 2 m. Außerdem seien die Abstands- bzw Schattenflächen nicht eingehalten. Ein Ballschutz sei kein untergeordneter Baukörper wie die in der von der Antragstellerin ins Treffen gebrachten Entscheidung des VwGH zugrunde liegende Terrassengeländerkonstruktion, die sich im Übrigen auch nicht über die gesamte Fassadenbreite erstreckt habe, wie das vorgesehene Ballschutznetz bzw der Ballschutzkäfig. Aufgrund der Höhe des Ballschutzgitters im Verhältnis zum aus dem Boden herausragenden Baukörper sei nicht mehr von einem untergeordneten Bauteil auszugehen. Das Ballschutzgitter sei in seiner Höhe höher als das aus dem Boden herausragende Gebäude.

Aus der WOA und der Auslobung gehe hervor, dass die Projekte im Wesentlichen den Anforderungen entsprechen müssen. Darüber entscheide allein das Preisgericht. Die Entscheidung des Preisgerichtes, ob ein Projekt im Wesentlichen die Anforderungen erfülle, könne auch nicht von einer Nachprüfungsinstanz im Nachhinein überprüft bzw kontrolliert werden.

1.7.           Die Antragstellerin führte in der mündlichen Verhandlung aus, dass der über die Wegparzelle XXX führende Weg nicht die gesamte Parzelle abdecke, sondern eben nur einen Teil davon, weshalb die Antragstellerin auch zulässigerweise bis an den Weg in seinen tatsächlichen Abmessungen hingeplant habe. Durch die vorgeschlagene Bebauung der Antragstellerin werde der Verbindungsweg nicht berührt, nicht einmal in Natura, sondern es bleibe ein Abstand von ca 50 bis 100 cm. Die Parzelle XXX werde schon bebaut, es sei ein Dreieck, das an der größten Stelle ca 1,75 m groß sei.

2.              Das Landesverwaltungsgericht hat in gegenständlicher Angelegenheit eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Folgender, im Wesentlichen unbestrittener Sachverhalt steht fest:

2.1. Die Ausloberin hat in einem nicht offenen, einstufigen Realisierungswettbewerb im Oberschwellenbereich die „Objektplanung Architektur“ für die Erweiterung und den Umbau der Volksschule G-M ausgeschrieben. Der Auftragswert für die Realisierung des Gesamtprojektes beträgt ca 19,7 Mio Euro. Der geschätzte Auftragswert für die wettbewerbsgegenständlichen Architektenleistungen beläuft sich, wenn neben der Planung auch die Bauleitung übernommen wird, auf ca 1,5 Mio Euro. Die Preisgeldsumme beträgt netto 80.000 Euro.

2.2. Die Ausloberin hat eine Ausschreibungsunterlage (Auslobung vom 30.01.2020) erstellt. Nach dieser werden, nachdem eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe einer Bewerbung aufgefordert wurde, kommissionell ausgewählte Wettbewerbsteilnehmer zur Abgabe einer Wettbewerbsarbeit aufgefordert. Der Gewinner des Wettbewerbes wird unter Wahrung der Anonymität von einem unabhängigen Preisgericht ermittelt.

In der Auslobung ist weiters auszugsweise Folgendes angeführt:

1.2 Durchführungsmodalitäten

[…]

Als Wettbewerbsgrundlage gilt die Wettbewerbsordnung Architektur der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten i. d. g. F. (WOA), sofern die Auslobung und allfällige Berichtigungen keine anderen Festlegungen enthalten.

[…]

1.5 Vergütung

Außer den nachstehenden Preisgeldern werden keine Vergütungen für die im Zusammenhang mit dem Wettbewerb stehenden Leistungen erbracht. Die Preisgeldsumme beträgt 80.000 Euro zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer und ist wie folgt aufgeteilt:

1. Preis: 25.000 Euro, 2. Preis 20.000 Euro, 3. Preis 14.000 Euro und drei Anerkennungspreise zu jeweils 7.000 Euro. In zu begründenden Ausnahmefällen kann durch das Preisgericht eine andere Aufteilung der Preise und Anerkennungspreise erfolgen. Die Preisgeldsumme wird jedoch in jedem Fall vergeben.

[…]

1.7 Absichtserklärung

Die Auftraggeberin beabsichtigt, im Anschluss an den Wettbewerb ein Verhandlungsverfahren gemäß § 37 Abs 1 Z 7 Bundesvergabegesetz über die Vergabe des Dienstleistungsauftrages „Objektplanung Architektur“, umfassend zumindest die Leistungsbilder Vorentwurfsplanung, Entwurfsplanung, Einreichplanung, Ausführungsplanung sowie Begleitung der Bauausführung im Sinne des Leistungsmodells „Objektplanung Architektur“ … mit dem Gewinner des Wettbewerbs durchzuführen. Weiterführende Beauftragungen wie zB Ausschreibung und Mitwirkung bei der Vergabe, örtliche Bauaufsicht oder Fachplanerleistungen sind möglich; es besteht darauf aber kein Anspruch.

[…]

3.3 Beurteilung und Reihung der Wettbewerbsarbeiten

Zur Beurteilung zugelassen werden alle Wettbewerbsarbeiten, die termingerecht eingegangen sind, den formalen Bedingungen entsprechen, in wesentlichen Teilen dem geforderten Leistungsumfang entsprechen und keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Anonymität erkennen lassen. Die Beurteilung und Reihung der Wettbewerbsarbeiten erfolgt durch das Preisgericht aufgrund folgender Kriterien:

a) Dialog mit der Umgebung, Qualität der Erschließung und des Außenraumes;

b) Qualität der äußeren Erscheinung und des Innenraumes,

c) Vollständigkeit und Funktionalität des Raumprogrammes;

d) Wirtschaftlichkeit in Errichtung, im Betrieb und in der Erhaltung.

Stellt sich bei der Öffnung der Verfasserbriefe heraus, dass der Verfasser eines Projektes auszuschließen ist, rücken die nachfolgenden Projekte nach.

[…]

4.3. Außenanlagen

[…]

Folgende Flächen sind vorzusehen:

1     Pausenfläche 900 m² NF gesamt

1     Hartplatz 15 m x 30 m      450 m² NF gesamt

1     Rasenplatz ca 25 m mal 25 m 625 m² NF gesamt

[…]

5.1 Planungsgebiet

Das Planungsgebiet liegt im Zentrum der Marktgemeinde G. Es umfasst die GST-NRN PPP, QQQ, RRR, XXX, SSS, TTT und UUU sowie eine Teilfläche aus dem GST-NR VVV und hat eine Gesamtfläche von 4.343 m². …

[…]

5.3 Bauvorschriften und Normen

Bei der Planung und Ausführung sind alle gesetzlichen Vorschriften, wie zB das Vorarlberger Baugesetz sowie alle anhängigen Gesetze und Verordnungen, einschließlich der technischen Normen und fachtechnischen Richtlinien, einzuhalten.

[…]“

2.3. Im Zuge der Projektausarbeitung haben mehrere Bewerber Anfragen an die Ausloberin gestellt. Die hier wesentlichen Fragen wurden in der Fragebeantwortung vom 07.10.2020 wie folgt beantwortet:

Frage: „Das zur Verfügung stehende Grundstück für den Wettbewerb Zu- und Umbau Volksschule G-M ist für die Umsetzung des geforderten Raumprogramms sehr klein. Darüber hinaus werden ca. 2.100m² Außenflächen gefordert. Die für die neue Bebauung zur Verfügung stehenden Flächen betragen aber nur ca. 2.500m². Selbst wenn man die Pausenfläche auf die Sportflächen überlagert, besteht die Notwendigkeit, einen großen Teil der Dachflächen als Sportflächen mit hohen Ballfangzäunen zu gestalten. Direkt vor der Schule befindet sich ein ca. 2.200m² großer Park, welcher auch für Bewegung und Spiel im Freien zur Verfügung stehen könnte. Es gibt Schulen in Vorarlberg, welche auf Grund ihrer beengten Situation nicht die von der Bildungsdirektion vorgeschriebenen Sportflächen haben. Wir ersuchen alle Beteiligten noch einmal intensiv darüber zu diskutieren, ob die geforderten beiden Sportplätze wirklich im geforderten Umfang notwendig sind.“

Antwort: „Auf die geforderten Flächen müssen wir beharren.“

Frage: „Bei einer Platzierung des Hartplatzes … mit einer Gitter- bzw Rahmenstruktur stellt sich die Frage, ob der schattenwerfende Punkt im Sinne des Vorarlberger Baugesetzes zur Ermittlung der Abstandsflächen als Oberkante der Spielfläche oder der Oberkante der Gitterstruktur angenommen werden muss?“

Antwort: „Siehe Vorarlberger Baugesetz“

Frage: „Wäre eine Bebauung an den Verbindungsweg zwischen der Mstraße und dem Park entlang der Teilfläche XXX möglich? Wäre dafür eine Abstandsnachsicht durch die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke (Kirche) vorstellbar?“

Antwort: „Ja, zum GST-NR XXX, aber zu den GST-NRN YYY und ZZZ (Kirche) müssen die Abstandsflächen eingehalten werden.“

Frage: „Müssen alle im Flächenwidmungsplan eingetragenen Fußwege durch das Wettbewerbsgelände erhalten bleiben?“

Antwort: „Die Fußwegvernetzung sollte erhalten bleiben.“

2.4. Von insgesamt 20 Teilnehmern haben 18 Wettbewerbsarbeiten abgegeben. Das Projekt der Antragstellerin hat die Nr Y, das Siegerprojekt die Nr X.

Das Projekt Nr Y der Antragstellerin sieht einen Anbau an das bestehende Schulgebäude sowie eine eingeschossige Turnhalle vor, auf deren Dach der Hartplatz situiert ist. Der um diesen Hartplatz erforderliche Ballschutz ist im eingereichten Plan in Form von Stäben mit einer Höhe von ca 5 m eingezeichnet. Die Turnhalle befindet sich teilweise (bis zu einem Ausmaß von ca 1,75 m) auf der GST-NR XXX, allerdings nicht auf dem bestehenden Gehweg, sondern auf dem entlang des Gehwegs verlaufenden Grünstreifen. Die bestehende Überdachung der Tiefgarage wird im Bereich der Zufahrtsrampe um ca 6 m erweitert.

Das Projekt Nr X (Siegerprojekt) sieht ebenfalls einen Anbau an das bestehende Schulgebäude sowie eine Turnhalle vor. Der Hartplatz ist hinter dem bestehenden Schulgebäude situiert und im eingereichten Plan im Ausmaß von 15 m x 25 m eingezeichnet. Der vor dem Schulgebäude projektierte Rasenplatz ist im eingereichten Plan ebenso im Ausmaß von 25 m x 15 m eingezeichnet. Die Abgrenzungen der Pausenfläche sind im eingereichten Plan nicht festgelegt.

2.5. Die eingereichten Wettbewerbsarbeiten wurden einer Vorprüfung durch einen von der Ausloberin bestellten Diplomingenieur unterzogen. Im Vorprüfungsbericht vom 22.02.2021 ist unter dem Punkt „Abstandsflächen“ Folgendes angeführt:

„Bei einigen Projekten werden Sportflächen auf Gebäudedächern der Schulerweiterung situiert. Die erforderlichen Ballschutzelemente (Wände, Gitter, Streckmetall etc) werden vom Vorprüfer mit einer Mindesthöhe von 3,5 m angenommen und mit diesen Dimensionen die Abstandsflächen ermittelt. Es wird ebenfalls davon ausgegangen, dass alle denkbaren Lösungen nicht als untergeordnete Bauteile zu bewerten sind und somit abstandsflächenwirksam werden.“

Zum Projekt Nr Y (Projekt der Antragstellerin) ist im Vorprüfbericht ua Folgendes ausgeführt:

„[…]

Außenraum: Der Rasenplatz ist geringfügig zu klein (Ist: 16,6 m x 35,3 m; Soll: 17,5 m mal 35,5 m).

[…]

Parkierung: Tiefgarage mit Zufahrt über bestehende Rampe; offener Bereich der Rampe gekürzt.

Baurechtliche Anmerkungen: Raumhöhen in Angleichung an Bestand 3,0 m anstatt 3,2 m, an der Südostecke des viergeschossigen Neubaus wird die Abstandsfläche überschritten.

[…]“

Zum Projekt Nr X (Siegerprojekt) ist im Vorprüfungsbericht Folgendes angeführt:

„[…]

Außenraum: Es gibt „Sportplätze“ mit den gleichen Abmessungen 15 x 25 m. Somit sind beide Plätze kleiner als gefordert. Sitzstufenanlage bei der „Schularena“ wird mindestens doppelt so lang wie gezeichnet.

[…]

Parkierung: Tiefgarage über die bestehende Rampe und eine längere Zufahrt erschlossen

[…]“

2.6.           Die Preisgerichtssitzung fand am 23.02.2021 statt. Im Protokoll zur Preisgerichtssitzung ist zum Punkt „Bericht des Vorprüfers und erster Informationsrundgang“ ua Folgendes angeführt:

„[…]

Zunächst verweist der Vorprüfer auf die häufig feststellbaren Probleme bei der Erfüllung der Vorgaben hinsichtlich der Außenanlage, insbesondere bei den mit Mindestabmessungen definierten Sportflächen.

Nachdem beim Hartplatz 15 m x 30 m grundsätzlich ein Ballschutzgitter unumgänglich ist und dieser Platz bei einigen Projekten auf einem Gebäudedach situiert wird, war dieser Aspekt zu prüfen. Da entsprechend den Regelungen des Vorarlberger Baugesetzes und einschlägiger Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht davon auszugehen ist, dass solche großmaßstäblichen Elemente als untergeordnete Bauteile bewertet werden, sind diese für die Berechnung der Abstandsflächen relevant. Vom Vorprüfer wurde eine Standardhöhe von 4,0 m angesetzt und mit dieser Annahme die jeweils erforderliche Abstandsfläche ermittelt. Insbesondere zum privaten Grundstück an der Südostecke des Planungsparameters waren die gesetzlichen Mindestabstände einzuhalten. Inwieweit das jeweilige Projekt mit dieser Prüfannahme Probleme bekommt, wird dann in der Einzelbetrachtung erläutert.

[…]“

Nach insgesamt drei Wertungsdurchgängen wurde der Antrag, dem Projekt Y den zweiten Preis zuzuerkennen, mit drei Gegenstimmen und der Antrag, das Projekt Nr X mit dem ersten Preis auszuzeichnen, mit fünf Gegenstimmen angenommen. Die Beurteilung des Preisgerichtes wurde in einem Protokoll festgehalten.

2.7.           Mit E-Mail vom 11.03.2021 wurde den Wettbewerbsteilnehmern das Protokoll zur Preisgerichtssitzung übermittelt und mitgeteilt, dass die Stillhaltefrist bis zum 22.03.2021 laufe.

3.              Dieser Sachverhalt wird aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere aufgrund der Auslobungsunterlagen und der Beweisergebnisse der mündlichen Verhandlung, als erwiesen angenommen. Der Sachverhalt ist im Wesentlichen unstrittig.

4.1.           Das Gesetz über die Nachprüfung der Vergabe von Aufträgen (Vergabenachprüfungsgesetz), LGBl Nr 1/2003, idF LGBl Nr 33/2019, lautet auszugsweise wie folgt:

㤠1

Geltungsbereich und Zuständigkeiten

(1) Entscheidungen eines Auftraggebers in einem Vergabeverfahren nach dem Bundesvergabe-gesetz 2018, dem Bundesvergabegesetz Konzessionen 2018 oder dem Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2012, das gemäß Art. 14b Abs. 2 B-VG in den Vollziehungsbereich des Landes fällt, unterliegen der Nachprüfung durch das Landesverwaltungsgericht.

(2) In Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch Senat.

[…]

§ 3

Antragslegitimation

Ein Unternehmer kann nur dann die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens beantragen, wenn er

a) ein Interesse an einem dem Bundesvergabegesetz 2018, dem Bundesvergabegesetz Konzessi-onen 2018 oder dem Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2012 unterliegenden Vertrag hat oder hatte, und

b) durch die behauptete Rechtswidrigkeit einen Schaden erleidet oder zu erleiden droht.

§ 4

Arten der Nachprüfungsverfahren

[…]

(2) Ein Unternehmer kann beantragen, dass eine gesondert anfechtbare Entscheidung des Auftraggebers wegen Rechtswidrigkeit für nichtig erklärt wird.

[…]

[…]

§ 12

Entscheidung vor dem Zuschlag oder Widerruf

(1) Bis zum Zuschlag oder Widerruf ist das Landesverwaltungsgericht zuständig

[…]

b) Entscheidungen des Auftraggebers für nichtig zu erklären;

(2) Eine Entscheidung darf nur dann für nichtig erklärt werden (Abs. 1 lit. b), wenn sie wesentlichen Einfluss auf den Ausgang des Vergabeverfahrens hat.

[…]“

4.2.           Folgende Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2018, BGBl I Nr 65/2018, idF BGBl I Nr 100/2018, sind für das gegenständliche Verfahren maßgeblich:

„[…]

Grundsätze des Vergabeverfahrens

§ 20. (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze wie insbesondere der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbes und unter Wahrung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige (geeignete) Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.

[…]

Arten des Wettbewerbs

§ 32. (1) Wettbewerbe können als Ideenwettbewerbe oder als Realisierungswettbewerbe durchgeführt werden.

(2) Ideenwettbewerbe sind Verfahren, die dazu dienen, dem öffentlichen Auftraggeber insbesondere auf den Gebieten der Raumplanung, der Stadtplanung, der Architektur und des Bauwesens, der Werbung oder der Datenverarbeitung einen Plan oder eine Planung zu verschaffen, dessen oder deren Auswahl durch ein Preisgericht aufgrund vergleichender Beurteilung erfolgt.

(3) Realisierungswettbewerbe sind Verfahren, bei denen im Anschluss an die Durchführung eines Ideenwettbewerbes ein Verhandlungsverfahren zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrages gemäß § 37 Abs. 1 Z 7 durchgeführt wird.

(4) Die Durchführung von Wettbewerben hat im Wege eines offenen, eines nicht offenen oder eines geladenen Wettbewerbes zu erfolgen.

[…]

[…]

Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung

bei Dienstleistungsaufträgen

§ 37. (1) Dienstleistungsaufträge können im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung vergeben werden, wenn

[…]

7. im Anschluss an einen durchgeführten Wettbewerb der Auftrag gemäß den im Wettbewerb festgelegten Bestimmungen an den Gewinner oder an einen der Gewinner des Wettbewerbes vergeben werden muss. Im letzteren Fall sind alle Gewinner des Wettbewerbes zur Teilnahme an den Verhandlungen aufzufordern.

[…]

[…]

Bestimmungen über Wettbewerbe

§ 163. Für die Durchführung von Wettbewerben gelten ausschließlich die Bestimmungen dieses Abschnittes, der erste Teil, die §§ 4 Abs 1, 7-9, 11,12 Abs 2 und 3, 13, 16, 20, 21-23, 26, 30, 32, 42, 45, 48-50, 52, 56, 59, 61, 62, 64, 66-68, 78-87, 89, 90, 93, der vierte Teil, die §§ 358-362, 364, 369, 370, 372, 373 sowie der sechste Teil dieses Bundesgesetzes.

[…]

Durchführung von Wettbewerben

§ 165. (1) In der Bekanntmachung eines offenen oder nicht offenen Wettbewerbes sind die Beurteilungskriterien für das Preisgericht in der Reihenfolge ihrer Bedeutung anzugeben. […].

[…]

(3) Der Durchführung von Wettbewerben ist eine Wettbewerbsordnung zugrunde zu legen, die zumindest folgenden Inhalt aufzuweisen hat:

                1.                                                                Vorgangsweise des Preisgerichtes,

                2.                                                                Preisgelder und Vergütungen,

                3.                                                                Verwendungs- und Verwertungsrechte,

                4.                                                                Rückstellung von Unterlagen,

                5.                                                                Beurteilungskriterien,

                6. Angabe, ob ein oder mehrere Gewinner des Wettbewerbes ermittelt werden sollen, und im letzteren Fall Angabe der Anzahl der Gewinner,

                7.                                                                Ausschlussgründe und

                8.                                                                Termine.

[…]

(6) Das Preisgericht ist bei der Auswahl des oder der Wettbewerbsgewinner unabhängig. Es hat diese Auswahl aufgrund von Wettbewerbsarbeiten, die anonym vorgelegt werden, und nur aufgrund der Beurteilungskriterien zu treffen. Das Preisgericht hat über die Rangfolge der ausgewählten Projekte eine Dokumentation zu erstellen, in der auf die einzelnen Wettbewerbsarbeiten einzugehen ist und in die allfällige Bemerkungen des Preisgerichtes sowie gegebenenfalls noch zu klärende Fragen betreffend einzelne Wettbewerbsarbeiten aufzunehmen sind. Diese Dokumentation ist, falls sie nicht in elektronischer Form erstellt wird, von den Preisrichtern zu unterfertigen. Die Bewerber können bei Bedarf aufgefordert werden, zur Klärung bestimmter Aspekte der vorgelegten Wettbewerbsarbeiten Antworten auf Fragen zu erteilen, die das Preisgericht in der Dokumentation festgehalten hat. Über den darüber stattfindenden Dialog zwischen den Preisrichtern und den Bewerbern ist ein umfassendes Protokoll zu erstellen. Die Anonymität der vorgelegten Wettbewerbsarbeiten ist bis zur Auswahl des Preisgerichtes bzw. bis zum gegebenenfalls stattfindenden Dialog zu wahren. Die Auswahl des Preisgerichtes ist dem öffentlichen Auftraggeber zur allfälligen weiteren Veranlassung vorzulegen. Die Sitzungen des Preisgerichtes sind nicht öffentlich.

[…]

(9) Wird im Anschluss an die Durchführung eines Wettbewerbes kein Verhandlungsverfahren zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrages durchgeführt, so hat der öffentliche Auftraggeber die Entscheidung, an welche Wettbewerbsteilnehmer Preisgelder vergeben werden bzw. Zahlungen erfolgen sollen, sowie die Zusammensetzung des Preisgerichtes allen Wettbewerbsteilnehmern binnen acht Tagen nach seiner Entscheidung bekannt zu geben.

(10) Wird im Anschluss an die Durchführung eines Wettbewerbes ein Verhandlungsverfahren zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrages gemäß § 37 Abs. 1 Z 7 durchgeführt, so hat der öffentliche Auftraggeber die Entscheidung über die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am Verhandlungsverfahren sowie die Zusammensetzung des Preisgerichtes den nicht zugelassenen Wettbewerbsteilnehmern binnen acht Tagen nach seiner Entscheidung bekannt zu geben.

[…]“

[…]

4.3.           Die Wettbewerbsordnung Architektur 2010 (WOA) lautet auszugsweise wie folgt:

„[…]

㤠3 Verpflichtungen und Vorgehensweisen des Preisgerichts

[…]

(7) Die Aufgaben des Preisgerichts sind insbesondere:

[…]

c) Die Beurteilung der Wettbewerbsarbeiten anhand der bekanntgemachten Beurteilungskriterien;

[…]

§ 9 Preise, Anerkennungspreise und Aufwandsentschädigungen

[…]

(13) Wettbewerbsarbeiten, die hervorragende Lösungsansätze zeigen, aber einzelne Beurteilungskriterien in wesentlichen Punkten nicht erfüllen, können nicht mit Preisen, wohl aber mit Anerkennungspreisen oder Aufwandsentschädigungen bedacht werden.

[…]

§ 11 Absichtserklärung der Ausloberin bzw des Auslobers

Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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