TE Bvwg Beschluss 2021/3/24 W112 2226695-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.03.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

24.03.2021

Norm

AVG §76 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §17

Spruch


W112 2226695-1/42Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin in der Beschwerdesache von XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA TUNESIEN alias IRAK, vertreten durch die DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gem. GMBH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.12.2019, Zl. XXXX , und die Anhaltung in Schubhaft seit 03.12.2019 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.12.2019:

A) Gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG wird dem Beschwerdeführer der Ersatz der Barauslagen für den Dolmetscher XXXX für die Sprache ARABISCH in der Verhandlung am 23.12.2019 iHv € 229,70 (inkl. 20% USt) auferlegt.

Der Beschwerdeführer hat den Betrag von € 229,70 (inkl. 20% USt) auf das Konto des Bundesverwaltungsgerichts, IBAN: AT840100000005010167, BIC: BUNDATWW, binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses bei sonstiger Exekution zu überweisen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit Schriftsatz vom 17.12.2019 erhob der Beschwerdeführer durch seine rechtsfreundliche Vertreterin Beschwerde gegen den Bescheid vom 03.11.2019 und die Anhaltung in Schubhaft seit 03.11.2019, in der er die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, der Ausspruch, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig erfolgt seien, den Ausspruch, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft nicht vorlagen sowie den Ersatz der Aufwendungen des Beschwerdeführers gemäß VwG-Aufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen habe, beantragte.

Das Bundesamt legte den Akt vor und erstattete am 18.12.2019 eine Stellungnahme, in der es beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde als unbegründet abweisen bzw. unzulässig zurückweisen, feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und den Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten in Höhe von Vorlage-, Verhandlungs- und Schriftsatzaufwand verpflichten.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 23.12.2019 von 16:10 Uhr bis 18:50 Uhr eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung des im Spruch genannten Dolmetschers für die Sprache ARABISCH durch, da der Beschwerdeführer der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig war.

Mit dem am 23.12.2019 mündlich verkündeten Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG als unbegründet ab, stellte gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen, wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz ab und verpflichtete den Beschwerdeführer, dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen iHv € 887,6 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der Abspruch über den Barauslagenersatz wurde einer separaten Entscheidung vorbehalten.

Mit Schriftsatz vom 07.01.2020 beantragte der Beschwerdeführer die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses. Das Bundesverwaltungsgericht stellte den Antrag dem Bundesamt am 08.01.2020 zu.

Der Verfassungsgerichtshof gab dem Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen das Erkenntnis vom 23.12.2020 statt. Mit Schriftsatz vom 06.05.2020 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 08.05.2020 gab der Verfassungsgerichtshof dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung Folge. Mit Beschluss vom 26.06.2020 lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Eine Revision wurde nicht eingebracht. Der Akt wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 08.07.2020 zurückgestellt.

Am 27.08.2020 fertigte das Bundesverwaltungsgericht das Erkenntnis vom 23.12.2019 schriftlich aus.

2. Der Dolmetscher legte mit Schriftsatz vom 23.12.2019, der rechtzeitig beim Bundesverwaltungsgericht einlangte, eine Kostennote iHv € 229,70. Mit Schriftsatz vom 06.10.2019 räumte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer Parteiengehör zur Kostennote des Dolmetschers ein. Der Beschwerdeführer gab keine Stellungnahme ab.

Mit Beschluss vom 08.03.2021 bestimmte das Bundesverwaltungsgericht die gebührenrechtlichen Ansprüche des Dolmetschers nachträglich gemäß § 17 VwGVG iVm §§ 53a Abs. 2, 53b AVG mit € 229,70 (inkl. 20% USt). Das Bundesverwaltungsgericht wies die Dolmetschergebühr am 11.05.2020 an.

3. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Gerichtsakt.

II. Erwägungen

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Barauslagenersatz

1. Das FPG sieht eine Barauslagenbefreiung iSd § 70 AsylG 2005 nicht vor.

2. Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles (§§ 63-73) sinngemäß anzuwenden. Sohin ist auch § 76 AVG im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht anzuwenden (zB VwGH 09.07.2020, Ra 2018/11/0082; 30.04.2020, Ra 2019/12/0082).

Der subsidiär geltende § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG wird in seiner Anwendung auch nicht verdrängt, weil die spezielleren Normen des § 53 BFA-VG und des § 113 Abs. 1 FPG im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht anwendbar sind (VwGH 19.05.2015, 2014/21/0071) und § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG daher nicht verdrängen können.

3. Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, gemäß § 76 Abs. 1 AVG die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen gemäß Abs. 2 von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind. Treffen die Voraussetzungen der vorangehenden Absätze auf mehrere Beteiligte zu, so sind die Auslagen gemäß Abs. 3 auf die einzelnen Beteiligten angemessen zu verteilen. Ist eine Amtshandlung nicht ohne größere Barauslagen durchführbar, so kann die Partei, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, gemäß Abs. 4 zum Erlag eines entsprechenden Vorschusses verhalten werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 24.06.2003, 2001/01/0260, bejaht, dass diese Vorschrift auch im Maßnahmebeschwerdeverfahren anwendbar ist und der „Antragsteller“ die Barauslagen zu tragen hat.

4. Dem Bundesverwaltungsgericht sind durch die Durchführung der mündlichen Verhandlung über die Beschwerde Dolmetschergebühren erwachsen, weil der Beschwerdeführer der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig war. Der Dolmetscher verzeichnete € 229,70 an Gebühren; die Gebührennote musste vom Bundesverwaltungsgericht nicht berichtigt werden. Somit sind dem Bundesverwaltungsgericht € 229,70 an Barauslagen entstanden, die vom Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG zu erstatten sind.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist zulässig, weil es an einer Rechtsprechung zur Auferlegung des Barauslagenersatzes im Schubhaftverfahren durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG fehlt; eine solche besteht nur im Hinblick auf § 53 Abs. 4 BFA-VG und § 113 Abs. 1 Z 4 FPG (s. VwGH 19.05.2015, Ro 2014/21/0071) bzw. auf das Bescheidbeschwerdeverfahren (VwGH 12.10.2015, Ro 2015/22/0022).

Schlagworte

Barauslagen Dolmetschgebühren Ersatz mündliche Verhandlung Revision zulässig Schubhaftverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W112.2226695.1.01

Im RIS seit

09.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten