TE Vwgh Beschluss 2021/4/28 Ra 2021/04/0082

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Veröffentlicht am 28.04.2021
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §74
GewO 1994 §74 Abs2
GewO 1994 §81
VwRallg

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2021/04/0083
Ra 2021/04/0084
Ra 2021/04/0085
Ra 2021/04/0086
Ra 2021/04/0087
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ra 2021/04/0090 B 28.04.2021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa-Janovsky, über die Revisionen 1. der L GmbH und 2. der W GmbH, beide in P, beide vertreten durch die Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Steiermark 1) vom 4. November 2020, Zl. LVwG 43.21-2161/2017-20 (protokolliert zu Ra 2021/04/0082, 83), 2) vom 4. November 2020, Zl. LVwG 43.21-2162/2017-18 (protokolliert zu Ra 2021/04/0084, 85), und 3) vom 2. November 2020, Zl. LVwG 43.21-2626/2015-72 (protokolliert zu Ra 2021/04/0086, 87), betreffend jeweils gewerberechtliches Betriebsanlagengenehmigungsverfahren (jeweils belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung; jeweils mitbeteiligte Partei: Ing. W S in P, vertreten durch Dr. Gerhard Richter, Dr. Rudolf Zahlbruckner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Bürgergasse 13), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1        1.1. Die Revisionswerber sind Inhaber eines Speditionsbetriebes.

2        Mit gewerbebehördlichem Bescheid vom 29. Oktober 1990 wurde den Rechtsvorgängern der Revisionswerber für diesen Speditionsbetrieb die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Betriebsanlage in Form einer LKW-Abstellfläche für 33 Lastkraftwagen und -anhänger, eines Werkstättengebäudes samt Nebenräumen, eines Bürogebäudes samt Nebenräumen, eines Speditionsgebäudes, einer Dieseltreibstoffeigentankstelle mit zwei Zapfsäulen und eines LKW-Waschplatzes auf näher bezeichneten Liegenschaften unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen erteilt.

3        Der Mitbeteiligte bewohnt ein Haus in unmittelbarer Nachbarschaft der Betriebsanlage.

4        2.1. Zu Ra 2021/04/0082, 83:

5        2.1.1. Mit Eingabe vom 30. März 2016 - ergänzt durch die Eingabe vom 13. Dezember 2016 - zeigten die Revisionswerber die Änderung der Betriebsanlage gemäß § 81 GewO 1994 durch Lageänderung einer genehmigten Betriebstankstelle inklusive Flugdach betreffend die von ihnen geführte gewerberechtliche Betriebsanlage an.

6        Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. April 2017 wurde die angezeigte Änderung zur Kenntnis genommen.

7        Gegen diesen Bescheid erhob der (hier) Mitbeteiligte fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht).

8        Das diese Beschwerde im ersten Rechtsgang abweisende Erkenntnis des Verwaltungsgerichts wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Juli 2020, Ra 2019/04/0011, aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof führte dort aus, die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts gründe auf der unrichtigen Rechtsansicht, es sei vom aufrechten Bestehen der „Grundgenehmigung“ vom 29. Oktober 1990 auszugehen. Weiter hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass Gegenstand eines Änderungsgenehmigungsverfahrens nach § 81 GewO 1994 nur die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage sei, nicht jedoch die geänderte Betriebsanlage insgesamt (mit Verweis auf VwGH 14.4.1999, 98/04/0191). Die Rechtskraft der Genehmigung gemäß § 81 GewO 1994 könne daher immer nur jene Änderungen umfassen, die Gegenstand des jeweiligen Änderungsgenehmigungsverfahrens gewesen seien.

9        2.1.2. Mit dem hier angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde des Mitbeteiligten im zweiten Rechtsgang nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung statt, behob den angefochtenen Bescheid und wies die Anzeige der Revisionswerber vom 30. März 2016 betreffend die Änderung der Betriebsanlage gemäß § 81 GewO 1994 durch Lageänderung einer genehmigten Betriebstankstelle inklusive Flugdach zurück. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.

10       In seiner Begründung traf es zusammengefasst folgende Feststellungen:

11       Mit gewerbebehördlichem Bescheid vom 29. Oktober 1990 („Grundgenehmigung“) sei den Rechtsvorgängern der Revisionswerber für einen Speditionsbetrieb die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Betriebsanlage in Form einer LKW-Abstellfläche für 33 Lastkraftwagen und -anhänger, eines Werkstättengebäudes samt Nebenräumen, eines Bürogebäudes samt Nebenräumen, eines Speditionsgebäudes, einer Dieseltreibstoffeigentankstelle mit zwei Zapfsäulen und eines LKW-Waschplatzes auf näher bezeichneten Liegenschaften unter Vorschreibung einer Vielzahl bestimmter Auflagen erteilt worden.

12       In der Folge seien die bereits vorhandenen geschotterten LKW-Flächen weiterhin benutzt worden. Bis zum 28. November 1995 hätten die Rechtsvorgänger der Revisionswerber zwar die Errichtung der LKW-Abstellfläche an der hierfür genehmigten Stelle durch Verdichtung und Begradigung begonnen und den östlichen Teil des Betriebsareals in einem Flächenausmaß von 2.500 m² - 3.000 m² asphaltiert. Der übrige Abstellplatz mit einem Flächenausmaß von rund 20.000 m² sei weder asphaltiert noch staubfrei gemacht worden, womit dem Auflagenpunkt 163 nicht entsprochen worden sei. Auch die Auflagenpunkte 130 (Markierung der Parkplätze) und 131 (Errichtung einer stationären Druckluftbremsanlageeinrichtung) seien nicht umgesetzt worden. Der LKW-Abstellplatz sei jedoch in Vollbetrieb genommen worden. Die übrigen in der Grundgenehmigung vorgesehenen Anlagenteile seien jeweils nicht konsensgemäß errichtet worden. Die Bürotätigkeit sei in einem vorhandenen Gebäude, das nicht von der Grundgenehmigung erfasst sei, verrichtet worden. Eine auf dem Betriebsgrundstück konsenslos errichtete und in Betrieb genommene Tankstelle sowie ein vom Konsens abweichend errichtetes „neues Speditionsgebäude“ seien jeweils über behördliche Anordnung geschlossen worden. Erst am 9. April 1997 sei „nachträglich die gewerbebehördliche Genehmigung der Änderung der von den genannten Gesellschaften auf den Grundstücken bzw. Bauflächen Nr. (...) geführten Betriebsanlage für das Güterbeförderungsgewerbe und Spediteurgewerbe durch Errichtung eine neuen Speditionsgebäudes inklusive Büro und Lager und erdgasbefeuerter Zentralheizungsanlage und einer Aufzugsanlage an der Westseite des Betriebsareals“ erteilt worden. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. März 1999 sei ferner gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 festgestellt worden, dass die errichtete Eigenbedarfstreibstofftankstelle den gesetzlichen Vorgaben dieser Gesetzesbestimmung nach Maßgabe der vorgelegten Plan- und Beschreibungsunterlagen entspreche.

13       In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, es sei zu prüfen, ob der Betrieb entsprechend der Grundgenehmigung aus dem Jahr 1990 innerhalb von fünf Jahren ab Erteilung dieser Genehmigung zumindest teilweise konsensgemäß aufgenommen worden sei. Fallbezogen sei die geringfügige Asphaltierung des Abstellplatzes nicht als Errichtung eines Betriebsanlagenteils in einer dem Genehmigungsbescheid entsprechenden Form und damit auch nicht als konsentierte Inbetriebnahme im relevanten Zeitraum bis 28. November 1995 zu betrachten. Auch übrige Betriebsanlagenteile seien nicht bescheidkonform errichtet worden, weshalb insgesamt davon auszugehen sei, dass kein für den Betriebszweck wesentlicher Anlagenteil zur Gänze konsensgemäß unter Einhaltung maßgeblicher Auflagen in Betrieb genommen worden sei. Es sei daher vom Erlöschen der „Grundgenehmigung“ vom 29. Oktober 1990 auszugehen. Die verfahrensgegenständliche Änderungsanzeige sei unzulässig, weil sich diese auf keinen bestehenden „Ursprungskonsens“ stützen könne. Der angefochtene Bescheid sei daher aufzuheben und die Anzeige zurückzuweisen.

14       2.1.3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die - nach Ablehnung und Abtretung einer an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde mit dortigem Beschluss vom 18. Jänner 2021, E 4405/2020-6, erhobene - außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

15       2.2. Ra 2021/04/0084, 85:

16       Mit einer weiteren Eingabe vom 30. März 2016 zeigten die Revisionswerber die Änderung der Betriebsanlage gemäß § 81 GewO 1994 durch die - immissionsneutrale - Errichtung und den Betrieb von 53 PKW-Abstellplätzen an.

17       Mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. April 2017 wurde diese angezeigte Änderung zur Kenntnis genommen.

18       Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht). Das diese Beschwerde im ersten Rechtsgang abweisende Erkenntnis des Verwaltungsgerichts wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Juli 2020, Ra 2019/04/0013, aufgehoben. Die Begründung dieses aufhebenden Erkenntnisses entsprach der oben in Rn. 8 zusammengefasst wiedergebenen Begründung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs vom selben Tag, Ra 2019/04/0011.

19       2.2.2. Mit dem hier angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde des Mitbeteiligten im zweiten Rechtsgang nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung statt, behob den angefochtenen Bescheid und wies die Anzeige der Revisionswerber vom 30. März 2016 betreffend die Änderung der Betriebsanlage gemäß § 81 GewO 1994 durch die - immissionsneutrale - Errichtung und den Betrieb von 53 PKW-Abstellplätzen zurück. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.

20       Die Begründung des Verwaltungsgerichts entsprach in sämtlichen wesentlichen Punkten derjenigen des zu Ra 2021/04/0082, 83 anhängigen verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses, weshalb hier auf die oben in Rn. 10 bis 13 dargestellte Zusammenfassung verwiesen werden kann.

21       2.2.3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die - nach Ablehnung und Abtretung einer an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde mit dortigen Beschluss vom 18. Jänner 2021, E 4403/2020-7, erhobene - außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

22       2.3. Zu Ra 2021/04/0086, 87:

23       2.3.1. Mit Eingabe vom 29. September 2014 beantragten die Revisionswerber die gewerberechtliche Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage gemäß § 81 GewO 1994 durch die Hinzunahme von zwei Staplern und die damit einhergehenden Ladetätigkeiten im Außenbereich der Anlage.

24       Mit Bescheid der belangten Behörde vom 29. Juli 2015 wurde die beantragte Änderungsgenehmigung erteilt.

25       Gegen diesen Genehmigungsbescheid erhob der Mitbeteiligte Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht). Das diese Beschwerde im ersten Rechtsgang abweisende Erkenntnis des Verwaltungsgerichts wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 10. April 2020, Ra 2018/04/0154, aufgehoben. Die Begründung dieses aufhebenden Erkenntnisses entsprach der oben in Rn. 6 zusammengefasst wiedergegebenen Begründung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs Ra 2019/04/0011.

26       2.3.2. Mit dem hier angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde des Mitbeteiligten im zweiten Rechtsgang nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung statt, behob den angefochtenen Bescheid und wies die Anzeige der Revisionswerber vom 30. März 2016 betreffend die Änderung der Betriebsanlage gemäß § 81 GewO 1994 durch die Hinzunahme von zwei Staplern und die damit einhergehenden Ladetätigkeiten im Außenbereich der Anlage zurück. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.

27       Die Begründung des Verwaltungsgerichts entsprach in sämtlichen wesentlichen Punkten derjenigen des zu Ra 2021/04/0082, 83 anhängigen verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses, weshalb hier auf die oben in Rn. 10 bis 13 dargestellte Zusammenfassung verwiesen werden kann.

28       2.3.3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die - nach Ablehnung und Abtretung einer an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde mit dortigen Beschluss vom 18. Jänner 2021, E 4358/2020-5, erhobene - außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

29       4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

30       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

31       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

32       4.1. Die - wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhangs im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen - Revisionen bringen zur Begründung der Zulässigkeit übereinstimmend vor, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob eine rechtskräftige, dem Rechtsbestand angehörende Änderungsgenehmigung nach § 81 GewO 1994 zu einer Grundgenehmigung „mutiere“, wenn sich herausstelle, dass die ursprüngliche Grundgenehmigung erloschen sei, weil die Betriebsanlage abweichend vom Konsens errichtet worden sei, und die nachträgliche Änderungsgenehmigung eben diese Abweichung genehmige.

33       4.2. Vorweg ist festzuhalten, dass sich die Revisionswerber mit den übereinstimmenden Revisionsvorbringen nicht gegen das Ergebnis der verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisse, dass die ursprünglich erteilte Betriebsanlagengenehmigung, die am 29. Oktober 1990 den Rechtsvorgängern der Revisionswerber erteilt worden war, erloschen ist, wenden.

34       Mit ihrem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung suchen die Revisionswerber vielmehr die Revisionen darauf zu gründen, dass die am 9. April 1997 erteilte Änderungsgenehmigung zu einer Betriebsanlagengenehmigung „mutiere“, eine solche demnach quasi ersetzen könne.

35       Dem ist zu entgegnen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Gegenstand eines Änderungsgenehmigungsverfahrens nach § 81 GewO 1994 nur die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage ist, nicht jedoch die geänderte Betriebsanlage insgesamt. Die Rechtskraft der Genehmigung gemäß § 81 GewO 1994 kann daher immer nur jene Änderungen umfassen, die Gegenstand des jeweiligen Änderungsgenehmigungsverfahrens gewesen sind (vgl. zum Ganzen VwGH 6.7.2020, Ra 2019/04/0011, mwN).

36       Dem Wortlaut des § 81 GewO 1994 zufolge setzt die Genehmigung einer Änderung nach dieser Gesetzesbestimmung das Bestehen einer genehmigten Anlage schon begrifflich voraus. Das trotz Nichtvorliegen einer aufrechten Betriebsanlagengenehmigung - und damit rechtsirrtümliche - Ergehen eines Änderungsbescheides ändert nichts am Gegenstand des betreffenden gewerberechtlichen Verfahrens, der im Falle des § 81 GewO 1994 nur die beantragte Änderung umfasst, weshalb ein solcher Änderungsgenehmigungsbescheid keinen Ersatz für eine - die Betriebsanlage in ihrer Gesamtheit als Einheit erfassende - Betriebsanlagengenehmigung gemäß § 74 ff GewO 1994 darstellen kann (vgl. zur Einheit der Betriebsanlage und der Unzulässigkeit der Genehmigung einzelner Betriebsanlagenteile auch VwGH 12.4.2018, Ra 2018/04/0092). In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch darauf hinzuweisen, dass die von den Revisionswerbern bezeichnete Änderungsgenehmigung vom 9. April 1997 den insofern unbestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts zufolge lediglich einen Teil des Betriebsareals, nämlich die nachträgliche Änderung der Betriebsanlage durch die Errichtung eines Speditionsgebäudes inklusive Büro und Lager sowie Zentralheizungsanlage und Aufzugsanlage, betraf.

37       Diese insofern eindeutige Rechtslage bedarf keiner weiteren Klarstellung durch den Verwaltungsgerichtshof.

38       4.3. Auf Basis welcher gesetzlichen Grundlage es zu der von den Revisionen angedachten „Mutation“ einer gemäß § 81 GewO 1994 genehmigten Änderung zu einer Betriebsanlagengenehmigung nach den §§ 74 GewO 1994 kommen solle, lassen die Ausführungen in den Revisionen offen und ist auch nicht ersichtlich. Es kann daher auch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses begründen, wenn - wie die Revisionen meinen - das Verwaltungsgericht es unterlassen habe, die „Eignung der ersten Änderungsgenehmigung vom 09.04.1997 zur Mutation zur Grundgenehmigung“ zu prüfen, ohne indes darzustellen, an welchem Maßstab sich diese von den Revisionen gewünschte „Eignung zur Mutation“ messen lassen sollte.

39       4.4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. April 2021

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021040082.L00

Im RIS seit

07.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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