TE Bvwg Beschluss 2021/3/22 W151 2228131-1

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Veröffentlicht am 22.03.2021
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Entscheidungsdatum

22.03.2021

Norm

ASVG §4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W151 2225851-1/19E

W151 2228131-1/5E


Ausfertigung des am 19.03.2021 mündlich verkündeten Beschlusses

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris Kohl, MCJ über die Beschwerden der XXXX , jeweils vertreten durch XXXX , Hauptstraße 118/1A, 1140 Wien, gegen

1)       den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK-W) vom 21.10.2019, Zl XXXX , wegen §§ 4 Abs. 1 Z 1 i.V.m. 4 Abs. 2, 4 Abs. 4 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) betreffend Feststellung der Versicherungspflicht für XXXX )

2)       den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK-W) vom 03.10.2019, Zl. XXXX , wegen §§ 4 Abs. 1 Z 1, 4 Abs. 2, 4 Abs. 4, 5, 7 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) betreffend Feststellung der Versicherungspflicht für XXXX

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen:

A) Die Beschwerden werden mangels Vertretungsfähigkeit von Frau XXXX als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revisionen sind gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der ÖGK-W (vormals Wiener Gebietskrankenkasse) vom 03.10.2019 stellte diese fest, dass Herr XXXX , VSNR XXXX , aufgrund seiner Tätigkeit für die XXXX , in der Zeit vom 01.05.2016 bis 10.11.2016 der Voll- (Kranken-, Unfall-, Pensions-) und Arbeitslosenversicherung als Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterliegt und aufgrund dieser Beschäftigung im Zeitraum 02.11.2017 bis 28.12.2017 der Teil(Unfall-)Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 2 iVm § 5 Abs. 2 ASVG sowie § 7 Z 3 lit. a AlVG unterliegt.

2. Mit Bescheid der ÖGK-W (vormals Wiener Gebietskrankenkasse) vom 21.10.2019 stellte diese fest, dass Herr XXXX , VSNR XXXX , aufgrund seiner Tätigkeit für die nunmehr XXXX , in der Zeit vom 01.05.2016 bis 12.07.2016 der Voll- (Kranken-, Unfall-, Pensions-) und Arbeitslosenversicherung als Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterliegt.

3. Dagegen wurden von Fr. XXXX jeweils auf dem Briefpapier der XXXX mit dem Briefkopf „ XXXX : + XXXX “ innerhalb der Beschwerdefrist am 25.11.2019 und 13.01.2020 jeweils Beschwerde eingebracht.

4. Die bezughabenden Verwaltungsakte wurde dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 27.11.2019 (GZ. W151 2225851-1) und am 30.01.2020 (GZ. W151 2228131-1) vorgelegt.

5. Das erkennende Gericht nahm am 15.03.2021 amtswegig Einsicht in das österreichische Firmenbuch betreffend XXXX , FN XXXX , sowie auch in das britische Firmenbuch (bizstats.co.uk) betreffend XXXX Ltd., Nr. XXXX .

6. Am 19.03.2021 führte das BVwG eine gemeinsame mündliche Verhandlung durch, in der gemäß §§ 29, 31 Abs. 3 VwGVG eine mündliche Verkündigung des gegenständlichen Beschlusses erfolgte. Fr. XXXX , hierbei vertreten durch Hr. XXXX , beantragte eine schriftliche Ausfertigung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Verfahren W151 2225851-1 und W151 2228131-1 wurden wegen desselben sachlichen Zusammenhangs und aus prozessökonomischen Gründen verbunden.

a.        XXXX wurde von der ÖGK amtswegig als Dienstnehmer bei der XXXX gemäß §§ 4 Abs. 1 Z1 i.V.m. 4 Abs. 2 ASVG, somit vollversicherter Dienstnehmer umqualifiziert, er war von der BF als freier Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 4 zur Sozialversicherung gemeldet.

b.        XXXX wurde von der ÖGK amtswegig als Dienstnehmer bei der XXXX gemäß §§ 4 Abs. 1 Z1 i.V.m. 4 Abs. 2 ASVG und teils als teil(unfall)versichert umqualifiziert, er war von der BF als freier Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 4 zur Sozialversicherung gemeldet.

c.       Die ÖGK hat dies mittels beschwerdegegenständlicher Bescheide vom 21.10.2019 und 03.10.2019 festgestellt, welche der XXXX am 28.10.2019 und 19.12.2019 zugestellt wurden.

d.       Es wurden von Fr. XXXX jeweils auf dem Briefpapier der XXXX mit dem Briefkopf „ XXXX : + XXXX “ innerhalb der Beschwerdefrist am 25.11.2019 und 13.01.2020 jeweils Beschwerden für die BF eingebracht.

e.       Laut Firmenbuch betreffend XXXX vom 15.03.2021, FN XXXX ist diese KG mit 10.07.2019 gelöscht.

f.       Die BF hat durch ihre Auflösung im Firmenbuch ihre Rechtssubjektivität in den gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht verloren, da noch ein Abwicklungsbedarf im Zusammenhang mit den jeweiligen Feststellungen der Sozialversicherungspflicht der mbPs besteht.

g.       Fr. XXXX vertrat die BF laut dem o.g. Firmenbuchauszug seit 15.03.2016 nicht mehr, da sie nicht mehr als Komplementärin aufscheint.

h.       Als vertretungsbefugte Komplementärin der BF scheint im österr. Firmenbuch zum Entscheidungszeitpunkt die XXXX Ltd. auf.

i.       Bei der XXXX Ltd. handelt es sich um ein britisches Unternehmen, welches im dortigen Firmenbuch mit der Nr. XXXX verzeichnet ist.

j.       Eine Einsicht vom 15.03.2021 in das britische Firmenbuch ergab, dass Fr XXXX seit 15.11.2018 diese Gesellschaft nicht mehr vertritt.

k.       Weiters, dass diese Gesellschaft seit 29.10.2019 aufgelöst wurde, somit schon vor Einbringung der Beschwerden am 25.11.2019 und 13.01.2020.

l.       Frau XXXX war zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerden bei der BF der KG nicht mehr vertretungsbefugte Komplementärin. Sie war auch seit 15.11.2018 nicht mehr vertretungsbefugtes Organ der XXXX Ltd., jener Gesellschaft, die als Komplementärin im österreichischen Firmenbuch der BF aufscheint.

m.       Zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringungen am 25.11.2019 und 13.01.2020 war die XXXX Ltd. bereits seit 29.10.2019 aufgelöst.

n.       Frau XXXX konnte daher aufgrund keiner ihrer früheren Vertretungsfunktionen die BF vertreten.

o.       Auch die XXXX Ltd. existierte zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringungen nicht mehr, sodass Fr XXXX auch von keinem dortigen Organ zu den Beschwerdeeinbringungen bevollmächtigt hätte werden können.

p.       Die Beschwerden wurden daher von einer für die BF nicht vertretungsbefugten Person eingebracht und sind zurückzuweisen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem eingeholten Firmenbuchauszug zur XXXX vom 15.03.2021, FN XXXX , dem britischen Firmenbuch zur XXXX Ltd mit der Nr. XXXX , ebenso vom 15.03.2021 ( XXXX Ltd in LONDON - W1W 7LT (bizstats.co.uk), dem Verwaltungsakt, der Beschwerde und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung.

Der aktenkundige Umstand, dass Fr. XXXX auf dem Briefpapier der XXXX mit dem Briefkopf „ XXXX : + XXXX “ Beschwerden für die BF eingebracht hat, wird dahingehend gewürdigt, dass damit eine Vertretungshandlung für die BF getätigt werden sollte und sie sich als vertretungsbefugt sah. Auch wurde in der mündlichen Verhandlung von Fr. XXXX bestätigt, dass die Beschwerden jeweils ihre Unterschrift tragen und sie diese Vertretungshandlung für die BF setzen wollte.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Zu A) Zurückweisung der Beschwerden

3.1.1. Maßgebliche Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG):

Rechts- und Handlungsfähigkeit

§ 9. Insoweit die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten in Frage kommt, ist sie von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.

Gemäß § 170 Unternehmensgesetzbuch, RGBl. S 219/1897, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 120/2005, ist der Kommanditist als solcher nicht befugt, die Gesellschaft zu vertreten.

Folglich ist nur der Komplementär zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt.

In der Sache:

Zur Parteifähigkeit der BF

Die bloße Auflösung etwa einer Kommanditgesellschaft bedeutet noch nicht deren Vollbeendigung, weshalb eine Kommanditgesellschaft, solange nicht eine Abwicklung ihrer Rechtsverhältnisse, so etwa zum Abgabengläubiger erfolgt ist, auch im Abgabenverfahren ihre Angelegenheiten betreffend die Parteifähigkeit beibehält. In gleicher Weise verliert auch etwa eine Gesellschaft mbH durch die Löschung im Firmenbuch ihre Rechtssubjektivität nicht, solange noch ein Abwicklungsbedarf besteht, was insbesondere dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind (vgl. den Beschluss des VwGH vom 20. September 1995, 95/13/0068).

Selbiges muss daher auch für die gegenständliche BF gelten, die folglich trotz Auflösung zum Zeitpunkt der jeweiligen Bescheiderlassung ihre Parteifähigkeit in diesem Verfahren behält, da die Feststellungen der jeweiligen Sozialversicherungspflichten der mbP zu Verbindlichkeiten der BF führen.

Zur fehlenden Vertretungsbefugnis von Fr XXXX

Wie festgestellt, wurden die Beschwerden der BF von Frau XXXX eingebracht. Diese war aber zum Einbringungszeitpunkt am 25.11.2019 und 13.01.2020 weder vertretungsbefugte Komplementärin der BF noch vertretungsbefugtes Organ der als Komplementärin der BF im österreichischen Firmenbuch aufscheinenden, aber seit 29.10.2019 ebenso gelöschten britischen Gesellschaft XXXX Ltd.. Eine Bevollmächtigung von Fr XXXX durch die XXXX Ltd. war darüber hinaus auch gar nicht mehr möglich, da diese Gesellschaft bereits vor den Beschwerdeeinbringungen seit 29.10.2019 gelöscht war.

Die Beschwerden wurden daher von einer für die BF nicht vertretungsbefugten Person eingebracht und waren folglich als unzulässig zurückzuweisen.

3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revisionen:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revisionen sind gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Schlagworte

Unzulässigkeit der Beschwerde Vertretungsbefugnis Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W151.2228131.1.00

Im RIS seit

01.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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