TE Vwgh Erkenntnis 1981/12/3 2902/80

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Veröffentlicht am 03.12.1981
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Baurecht - Stmk
L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Steiermark
L82000 Bauordnung
L82006 Bauordnung Steiermark
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Stmk 1968 §6
BauRallg implizit
VVG §5 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Lehne und die Hofräte Dr. Straßmann, DDr. Hauer, Dr. Würth und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Csaszar, über die Beschwerde des Dr. JS in W, vertreten durch Dr. Otto Schuhmeister, Rechtsanwalt in Schwechat, Bruck-Hainburgerstraße 7, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 28. Juli 1980, Zl. 3-338 Scha 30/1-1980, betreffend Verhängung einer Zwangsstrafe zur Durchsetzung einer baurechtlichen Verpflichtung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde M vom 13. Juli 1972 wurde der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, bei der der beigezogene Amtssachverständige u. a. ausführte, daß zur Verbreiterung bestehender Verkehrsflächen, nämlich der B-gasse, der im Plan gelb dargestellte Grundstücksstreifen, dessen Breite an der westlichen Grundstücksgrenze 2 m und an der östlichen 1,50 m betrage (die künftige Straßenachse und deren bogenförmiger Verlauf sowie die Bogenradien seien im Plan ebenfalls dargestellt), abzutreten und deshalb die beantragte Bewilligung u. a. unter der Bedingung Punkt 7.: „Der im Plan dargestellte, gelb angelegte und im Befund näher beschriebene Grundstreifen ist lastenfrei und unentgeltlich in das öffentliche Gut abzutreten“, zu erteilen wäre, gemäß § 3 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, die Widmungsbewilligung für Bauzwecke (Errichtung eines Einfamilienhauses) betreffend das Grundstück Nr. 447/35, EZ. 1408, KG. M, bei Einhaltung der in der Verhandlungsschrift angeführten Bedingungen Punkt 1. bis 11. erteilt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Schreiben vom 7. August 1979 ersuchte der Bürgermeister die Bezirkshauptmannschaft M unter Hinweis auf die in der Widmungsbewilligung vorgeschriebene Grundabtretung und den Umstand, daß der Beschwerdeführer als Rechtsnachfolger trotz Urgenzen dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, um Einleitung des Vollstreckungsverfahrens.

Am 10. September 1979 erließ die Bezirkshauptmannschaft M an den Beschwerdeführer folgende „Androhung einer Zwangsstrafe: Auf Grund des Widmungsbewilligungsbescheides vom 13. Juli 1972 ...... sind Sie als Rechtsnachfolger nach ...... zu folgender Handlung verpflichtet, die wegen Ihrer eigentümlichen Beschaffenheit sich durch einen Dritten nicht bewerkstelligen läßt: Punkt 7. des obzitierten Bescheides betr. Widmung des Gst. Nr. 447/35, KG. M, für Bauzwecke: Der im Plan dargestellte, gelb angelegte und im Befund näher beschriebene Grundstreifen ist lastenfrei und unentgeltlich in das öffentliche Gut abzutreten. Da Sie dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sind, wird Ihnen gemäß § 5 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes aufgetragen, bis zum 31. Oktober 1979 diese Bedingung zu erfüllen, widrigenfalls über Sie als Zwangsmittel eine Geldstrafe von S 1.000,-- verhängt werden wird“. Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer am 12. September 1979 zugestellt, worauf er durch seinen anwaltlichen Vertreter erklärte, daß es nicht seine Aufgabe sei, das Erforderliche zu veranlassen.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft M vom 9. Jänner 1980 wurde über den Beschwerdeführer, da er der genannten Verpflichtung nicht nachgekommen war, die angedrohte Geldstrafe von S 1.000,-- verhängt und sogleich weiters ausgesprochen, daß ihm gemäß § 5 VVG neuerlich aufgetragen werde, bis zum

15. März 1980 dem Auftrag zu entsprechen, widrigenfalls über ihn eine weitere Geldstrafe von S 2.000,-- verhängt werden würde.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer, soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist, vor, daß er lediglich verpflichtet sei, die erforderliche Willenserklärung abzugeben, aber nicht aktiv tätig zu werden. Die Voraussetzungen des § 5 VVG seien nicht gegeben. Die Herstellung von Abteilungsplänen, die Antragstellung beim Vermessungsamt usw. könne die Stadtgemeinde ohne sein Zutun veranlassen, da sich ja die Abtretungsverpflichtung aus dem Bescheid vom 13. Juli 1972 ergebe, und stehe es der Stadtgemeinde frei, somit die von ihr gewünschte Grundbuchsordnung herzustellen. Der Bescheid aus 1972 enthalte keine Verpflichtung, die Abtretung auf seine Kosten vorzunehmen und die notwendigen technischen Voraussetzungen hiefür zu schaffen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. Juli 1980 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 10 VVG als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß die im Bescheid vom 13. Juli 1972 enthaltene Verpflichtung zufolge der dinglichen Wirkung auf den Beschwerdeführer übergegangen sei. Die Verpflichtung zur Grundabtretung sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Leistung, die durch einen Dritten bewerkstelligt werden könne. Unter unentgeltlicher und lastenfreier Abtretung sei eine Abtretung an die Gemeinde, aus der dieser keinerlei Kosten erwüchsen, zu verstehen. Da der Beschwerdeführer als Eigentümer des genannten Grundstücks weder die Erstellung eines Teilungsplanes noch die grundbücherliche Durchführung veranlaßt habe, sei die Vorschreibung des Titelbescheides nicht erfüllt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer vermeint zunächst wie schon im Verwaltungsverfahren, daß ihm keinesfalls die Kosten einer grundbücherlichen Durchführung zur Last fallen könnten.

Dem kann nicht gefolgt werden. Gemäß § 6 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, in der geltenden Fassung, hat der Grundeigentümer anläßlich einer Widmung einmalig die Grundfläche, die zur Herstellung von Verkehrsflächen auf dem zu widmenden Grund erforderlich ist, bis zu einer Breite von 16 m, höchstens aber 20 % der zu widmenden Grundfläche unentgeltlich und lastenfrei an die Gemeinde in das öffentliche Gut abzutreten. ......

Im gegenständlichen Titelbescheid vom 13. Juli 1972 wurde die Verpflichtung zur lastenfreien und unentgeltlichen Abtretung in das öffentliche Gut ausgesprochen. Unter der „unentgeltlichen Abtretung eines Grundes“ kann, sofern ein Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt, das ist gegenständlich nicht der Fall, nur die Befreiung von Kosten jeglicher Art, die damit im Zusammenhang stehen, verstanden werden, also auch von den Kosten der grundbücherlichen Durchführung (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1968, Zl. 1421/66, ergangen zu der damals in Geltung gestandenen und diesbezüglich im wesentlichen gleichlautenden Bestimmung der Innsbrucker Bauordnung, auf welche wie hinsichtlich der weiteren zitierten, nichtveröffentlichten Erkenntnisse unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen wird).

Des weiteren vertritt der Beschwerdeführer zur Frage der grundbücherlichen Durchführung der Abtretung die Ansicht, daß sich der Titel hiefür bereits aus dem Gesetz ergebe und es einer ergänzenden Handlung seinerseits, insbesondere einer Aufsandungserklärung nicht mehr bedürfe, da, notfalls im Wege der Analogie, die Vollziehungsverfügung unter die im § 33 GBG umschriebenen öffentlichen Urkunden einzureihen sei. Die Einverleibung könne daher unmittelbar auf Grund derselben erfolgen. Es läge an der zuständigen, aus dem Bescheid berechtigten Behörde, die notwendigen Grundbuchsschritte zu unternehmen. Nach § 13 des Liegenschaftsteilungsgesetzes (zu ergänzen: betreffend die Abschreibung geringwertiger Trennstücke) könne die Vermessungsbehörde den Antrag auf bücherliche Durchführung und bei Übertragung des Eigentums auch den Titel des Eigentumserwerbes beurkunden, wenn die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Abschreibung hinsichtlich des Wertes oder des Flächeninhaltes des Trennstückes offenbar gegeben seien. Die Abschreibung vom unbelasteten Grundbuchskörper sei zulässig, wenn sich der Wert der für den Grundbuchskörper verbleibenden Grundstücke infolge der Abschreibung jedes einzelnen Teilstückes offenbar um nicht mehr als S 3.000,-- (richtig: S 7.500,--) verringern würde. Diese Voraussetzungen lägen vor. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil er zu einem positiven Tun verhalte, zu dem er nach dem Bescheid vom 13. Juli 1972 nicht verpflichtet sei, und mangelhaft, weil weder die Stadtgemeinde noch die belangte Behörde sich mit der aufgezeigten Möglichkeit der Grundabtretung im Rahmen des Liegenschaftsteilungsgesetzes auseinandergesetzt hätten.

Auch mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.

Wie der Verwaltungsgerichtshof z. B. in seinem Erkenntnis vom 6. März 1973, Zl. 1538/72, in einem gleichgearteten Fall ausgesprochen hat, stellt die Verpflichtung zu einer Grundabtretung keine Leistung dar, welche durch einen Dritten bewirkt werden kann. Die Ausscheidung einer Grundfläche aus dem Gutsbestand einer Liegenschaft und ihre Übertragung in das öffentliche Gut ist nämlich keine faktische Handlung, sondern eine Rechtshandlung, zu welcher grundsätzlich eine Mitwirkung des Grundeigentümers in Form der Ausstellung einer verbücherungsfähigen Urkunde und in Form der Lastenfreistellung erforderlich ist. Da dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz eine dem § 367 EO entsprechende Bestimmung mangelt, kann die Abgabe der entsprechenden Erklärungen des Abtretungsverpflichteten, als unvertretbare Leistung, nur durch die Androhung und Verhängung von Zwangsstrafen nach § 5 VVG vollstreckt werden. Weiters wurde in diesem Erkenntnis ausgeführt, daß die in einer Widmungsbewilligung enthaltene Festlegung, einen Grundstreifen kostenlos und lastenfrei in das öffentliche Gut auszuscheiden, eine vom Widmungswerber zu erfüllende Verpflichtung darstelle, die amtswegige Herstellung der Grundbuchsordnung, möge sie auch nach dem Liegenschaftsteilungsgesetz möglich sein, aber keine Erfüllung dieser Verpflichtung sei, wenngleich sie im Ergebnis darauf hinauslaufe. Es lasse sich auch keine Gesetzesbestimmung, insbesondere nicht im Verwaltungsvollstreckungsgesetz, finden, die der Vollstreckung einer bescheidmäßig auferlegten Verpflichtung für jenen Fall entgegenstünde, daß zur Herstellung des aufgetragenen Zustandes im Endergebnis irgendwelche andere Möglichkeiten bestehen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsauffassung abzugehen.

Die gegenständliche Festlegung des Widmungsbescheides, den bestimmten Grundstreifen lastenfrei und unentgeltlich in das öffentliche Gut abzutreten, beinhaltet eindeutig eine vom Widmungsberechtigten zu erfüllende Verpflichtung, mag es auch nicht auf eine bestimmte Art der Herstellung des bescheidmäßigen Zustandes ankommen. Es bedurfte daher auch keiner Prüfung durch die belangte Behörde, ob allenfalls die Möglichkeit zu einem amtswegigen Vorgehen nach dem Liegenschaftsteilungsgesetz bestehe.

Auch die Bestimmung des § 3 Abs. 4 BO, auf welche sich im übrigen der Beschwerdeführer gar nicht beruft, steht der Durchführung des gegenständlichen Vollstreckungsverfahrens nicht entgegen; kommt es doch im vorliegenden Fall auf die Durchsetzung einer rechtskräftig vorgeschriebenen Verpflichtung und nicht auf das Außerkrafttreten der erteilten Widmungsbewilligung an.

Da es somit dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften darzutun, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 3. Dezember 1981

Schlagworte

Auflagen BauRallg7 Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10 Baurecht allgemein spezielle Zuordnung offen BauRallg12

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1981:1980002902.X00

Im RIS seit

04.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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