TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/17 G309 2224196-1

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Veröffentlicht am 17.02.2021
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Entscheidungsdatum

17.02.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GebAG §13
GebAG §14
GebAG §18 Abs1
GebAG §19 Abs2
GebAG §20 Abs2
GebAG §20 Abs3
GebAG §9 Abs1 Z1
GebAG §9 Abs3
VwGVG §8a Abs1
VwGVG §8a Abs2

Spruch


G309 2224196-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , wohnhaft in XXXX , gegen den als Beschluss bezeichneten Bescheid des Präsidenten des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer für Kärnten, vom 22.08.2019, Zl. XXXX , A) beschlossen und B) zu Recht erkannt:

A)       

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a Abs. 1 und 2 VwGVG abgewiesen.

B)       

Der Beschwerde wird mit der Maßgabe teilweise stattgegeben, dass XXXX als Zeuge eine Gebühr in Höhe von EUR 45,80 ersetzt wird. Das Mehrbegehren wird hingegen als unbegründet abgewiesen.

C)       

Die Revision ist jeweils gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. In einem Verfahren vor dem Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer für Kärnten, 9020 Klagenfurt am Wörthersee, wurde der Beschwerdeführer XXXX , geboren am XXXX (im Folgenden: BF), für den XXXX .07.2019 um 15.00 Uhr unter seiner Adresse XXXX , als Zeuge geladen.

2. Mit bei der Rechtsanwaltskammer für Kärnten eingebrachtem Schreiben vom 10.07.2019 legte der BF eine Kostennote vor und begehrte die Auszahlung seiner Kosten an ein von ihm bezeichnetes Konto. Im Antrag führte der BF aus, dass er zu oben genanntem Ladungstermin von seinem Wohnsitz in XXXX aus angereist sei, und nach der Verhandlung zu seiner Wohnadresse in XXXX zurückkehrt sei. Dem Antrag des BF war das Original des Parktickets iHv 3,00 EUR angeschlossen.

3. Mit dem als Beschluss bezeichneten Bescheides des Präsidenten des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer für Kärnten (im Folgenden: belangte Behörde) vom 22.08.2019 wurden die Gebühren des BF für die Teilnahme als Zeuge an der Disziplinarverhandlung vom XXXX .07.2019 wie folgt bestimmt:

„Dem Zeugen werden folgende Gebühren zuerkannt:

Kilometergeld für Fussweg á 0,70 EUR     1,40 EUR

Öffentliche Verkehrsmittel von „ XXXX “

nach „Klagenfurt XXXX “ und retour (2x 15 EUR)   30,00 EUR
31,40 EUR“

Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer für Kärnten wurde daher angewiesen, den Betrag von 31,40 EUR auf das vom BF angegebene Konto bei der XXXX zu überweisen.

Begründend wurde dazu unter Anführung der §§ 3, 6,9 Abs 3, 12 und 18 Abs 2 GebAG ausgeführt, dass der BF in Erfüllung seiner Zeugenpflicht keinen entsprechenden Vermögensnachteil erleiden würde und ihm somit kein Anspruch auf Zeitversäumnis zustehe. Es seien ihm daher lediglich die Gebühren in der Höhe von 31,40 EUR zuzusprechen. Das Mehrbegehren des Zeugen sei daher abzuweisen gewesen.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer binnen offener Frist mit Schreiben vom 28.08.2019, eingelangt beim Disziplinarrat am 09.09.2019, Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 22.08.2019. Er bekämpft den vorliegenden Bescheid im Umfang des abgewiesenen Betrages für die Entschädigung für Reisekosten von gesamt 46,68 EUR und begehrt zudem einen Zuspruch für Zeitversäumnis. Der BF beziffert seinen Gebührenanspruch mit insgesamt 106,68 EUR. Ein Fußweg von zwei Kilometer hin und retour sei aufgrund seiner gesundheitlichen Beschwerden nicht möglich. Zudem stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verfahrenshilfe.

Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass für ihn die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln an diesem Tag nicht möglich gewesen wäre und er deshalb einen PKW samt Fahrer hätte nehmen müssen. Es wäre auch nicht möglich gewesen, dass er an einem Tag mit öffentlichen Verkehrsmitteln von XXXX nach Klagenfurt und retour kommen hätte können. Zudem habe er einen Vermögensnachteil erlitten und stünde ihm deshalb ein Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis zu, da er sich für seine Tätigkeit als Zeuge einen Ersatz zur Betreuung seines „Holtaviehs“ (Viehzucht) hätte nehmen müssen. Der Beschwerde war die Kostennote der „Fahrerin“ des BF ( XXXX ) für den Zeitraum 14:00 Uhr bis 17:00 Uhr sowie die Kostennote des Vieh-Betreuers XXXX in XXXX vom 10.07.2019 iHv gesamt 132,52 EUR (14:00 Uhr bis 18:00 Uhr 4 Stunden á 28 EUR + 23,52 Kilometergeld) beigelegt.

5. Der Verwaltungsakt wurde seitens der belangten Behörde vorgelegt und langte mit 09.09.2019 beim erkennenden Gericht ein.

6. Mit Schreiben vom 02.02.2021 übermittelte der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer für Kärnten die Ladung des BF für den Verhandlungstermin am XXXX .07.2019 um 15.00 Uhr.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Der BF wurde am XXXX geboren. Er ist mit XXXX , geboren am XXXX , verheiratet. Aus dieser Ehe entstammt der Sohn XXXX , geboren am XXXX . Der BF und seine Familie leben an der Meldeadresse XXXX . Der Bauernhof befindet sich in 1.200 Meter Seehöhe.

Der BF ist Pensionist, er bezieht 01.01.2011 eine Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit.

1.2. Der Sohn des BF ist Alleineigentümer der Liegenschaft XXXX . Dem BF und seiner Gattin wurde ua. ein lebenslanges Wohnrecht einverleibt.

1.3. Mit Ladung vom 17.06.2019, zugestellt an der Adresse des BF in XXXX , wurde der BF als Zeuge in einem Disziplinarverfahren zu einer Verhandlung des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer für Kärnten, 9020 Klagenfurt, Theatergasse 4/1, am XXXX .07.2019, um 15:00 Uhr, geladen. Dieser Zeugenladung ist der BF nachgekommen.

1.4. Ausgangspunkt der zu vergütenden Anreise ist die Ladungsadresse des BF in XXXX . Nach erfolgter Zeugeneinvernahme kehrte der BF an die Adresse in XXXX zurück.

1.5. Die Verhandlung endete um 16:30 Uhr. Die Anwesenheit des BF ist vom Beginn der Verhandlung um 15:00 bis 16:30 Uhr erforderlich gewesen. Der Beschwerdeführer ist zur Verhandlung ausdrücklich als Zeuge geladen und als solcher vernommen worden. Der BF wurde 16:30 Uhr aus der Verhandlung entlassen, die zum selben Zeitpunkt endete. Von diesem Zeitpunkt an war ihm danach die früheste Rückreise möglich, wodurch er die Reise nicht nach 19.00 Uhr beendet hat.

1.6. Es wird festgestellt, dass als letzte mögliche Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Klagenfurt XXXX nach „ XXXX “ am XXXX .07.2019, um 15:50 Uhr, also deutlich vor Ende der Disziplinarverhandlung (16:30 Uhr), an der der Beschwerdeführer teilgenommen hat, vorhanden war.

1.7. Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer für die Fahrt von XXXX nach Klagenfurt und retour einen PKW verwendet hat und damit insgesamt 109 km zurückgelegt wurden. Festgestellt wird, dass die durchschnittliche Fahrtdauer von XXXX nach Klagenfurt über die Südautobahn ca. 45 Minuten in Anspruch nimmt. Für Parkgebühren hatte der Beschwerdeführer in Klagenfurt EUR 3,00 aufgewendet.

1.8. Der BF wurde von einer Begleitperson (seiner Ehegattin) am XXXX .07.2019 mit dem Auto von seinem Wohnort nach Klagefurt zum Sitz des Disziplinarrates der Kärntner Rechtsanwaltskammer gebracht. Die Notwendigkeit einer Begleitperson wurde von der Vorsitzenden in der Verhandlung vor dem Disziplinarrat nicht bestätigt.

1.9. Die Entfernung zwischen dem Wohnort des BF auf einem Bauernhof in 1200 Seehöhe zur öffentlichen Bus-Station „ XXXX “ beträgt 2 Kilometer.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt den vorgelegten Verwaltungsakten und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die Feststellung zur Ladungsadresse des BF ergibt sich unbestritten aus den im angefochtenen Beschluss der belangten Behörde vom 22.08.2019 getroffenen Feststellungen.

Der Inhalt der Ladung und die Bestätigung, dass der BF den Termin wahrgenommen hat, die Notwendigkeit einer Begleitperson jedoch nicht bestätigt wurde, beruhen auf der schriftlichen Ausfertigung des Tonbandprotokolls der Disziplinarverhandlung vom XXXX .07.2019, als auch auf dem Vorbringen des BF in der Beschwerde vom 28.08.2019, und wurden von den Verfahrensparteien in keiner Weise bestritten. Es ist auch anzumerken, dass der BF in seiner Kostennote, die Notwendigkeit einer Begleitperson angeführt hat. Diese findet sich erstmals in seiner Beschwerde und in der Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme vom 25.09.2020.

2.3. Ausgangspunkt, Endpunkt und Datum der Hin- und der Rückreise des BF ergeben sich aus dem vom Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer für Kärnten am 02.02.2021 in Vorlage gebrachten Ladungsschreiben, welchem seitens des BF nicht entgegengetreten wurde.

2.4. Die Feststellungen zu den Strecken von der Wohnadresse des BF zur Rechtsanwaltskammer für Kärnten in 9020 Klagenfurt am Wörthersee und die für diese Strecken benötigte Fahrtzeiten ergeben sich aus eine durch das erkennende Gericht durchgeführten Routenabfrage sowie des Kärntner Verkehrsverbundes (https:// routenplaner.kaerntner-linien.at, jeweils vom 18.01.2021).

2.5. Die Feststellungen zu den Eigentumsverhältnissen der Liegenschaft XXXX , gründen auf dem amtswegig eingeholten Grundbuchsauszug vom 26.01.2021.

2.6. Die zum Pensionsbezug des BF getroffenen Feststellungen gründen auf dem amtswegig eingeholten Versicherungsdatenauszug des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 08.02.2021.

2.7. Der Preis für das Parkticket iHv 3,00 EUR ergibt sich aus der Originalvorlage des Tickets im Rahmen der Vorlage der Kostennote an den Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer für Kärnten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung) geregelt (§ 1 VwGVG).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundesverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der geltenden Fassung) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 leg. cit.) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 leg. cit.) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält von Amts wegen, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt wird, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.

3.2. Zu Spruchteil A): Abweisung des Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe:

1. Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG ist einer Partei Verfahrenshilfe gewähren, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 GRC geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Regelung der Verfahrenshilfe VwGVG um eine sogenannte "subsidiäre Bestimmung" handelt: Sie soll nur dann zur Anwendung gelangen, wenn durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, also dann, wenn das sogenannte "Materiengesetz" keine Regelung enthält, deren Gegenstand der Verfahrenshilfe entspricht (RV 1255 BlgNR 25. GP 7).

Die Voraussetzungen und Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe sind gemäß § 8a Abs. 2 VwGVG nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung zu beurteilen. Gemäß § 64 Abs. 1 Z 1 ZPO umfasst die Verfahrenshilfe neben der in § 8a Abs. 2 ausdrücklich genannten Beigebung eines Rechtsanwaltes die einstweilige Befreiung von der Entrichtung der in lit. a bis f aufgezählten Kosten, Gebühren und Barauslagen, darunter die Befreiung von der Entrichtung der Gerichtsgebühren (§ 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO).

Es ist davon auszugehen, dass der Antragsteller (BF) selbst in der Lage ist, sein Recht wirksam zu verteidigen, zumal er im gegenständlichen Verfahren bereits eine Beschwerde als auch Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme verfasst hat.

Überdies gilt für das Bundesverwaltungsgericht die in §13a AVG normierte Manuduktionspflicht, wonach die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren hat.

Verfahrensgegenständlich sind besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten, die eine rechtsanwaltliche Vertretung erforderlich machen würden, weder im Allgemeinen noch im Konkreten zu erwarten.

Die Voraussetzungen zur Bewilligung der Verfahrenshilfe liegen nicht vor. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Verfahrenshilfe im beantragten Umfang abzuweisen.

3.3. Zu Spruchteil B.): Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Der am Sitz einer Rechtsanwaltskammer eingerichteter Disziplinarrat ist eine Verwaltungsbehörde.

Gemäß § 46 DSt (Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter) können Erkenntnisse des Disziplinarrats mit dem Rechtsmittel der Berufung, Beschlüsse, auch solche über die Höhe der Kosten nach § 41, mit dem Rechtsmittel der Beschwerde angefochten werden. Zur Entscheidung über die Rechtsmittel ist der Oberste Gerichtshof berufen.

Das Disziplinarstatut enthält keine eigenen Bestimmungen über die Zuerkennung von Zeugengebühren. Diese sind ausschließlich im Gebührenanspruchsgesetz 1975 (GebAG) enthalten. Da diese auch im Strafverfahren Anwendung findet und somit die Strafprozessordnung insoweit ergänzt, wird es auch von der Verweisungsnorm des § 77 Abs. 3 DSt erfasst (OGH 04.11.2016, 23 Os 1/16v).

Der OGH hat in seiner Entscheidung vom 03.10.2019, 26 Ds 4/19s folgendes ausgeführt:

"[...] Grundsätzlich steht gegen alle Beschlüsse des Disziplinarrats bzw. seines Vorsitzenden, welche das Gesetz nicht ausdrücklich als unanfechtbar bezeichnet oder die nur prozessleitender Natur sind, eine Beschwerde offen (vgl. RIS-Justiz RS0055849). Gemäß § 46 zweiter Satz DSt ist der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung über solche Beschwerden berufen. Anzumerken bleibt, dass in Ansehung der Bestimmung von Zeugengebühren der Rechtszug vom Präsidenten des Disziplinarrats an das Bundesverwaltungsgericht geht (§ 22 Abs 1 GebAG).“

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist daher die sachliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts gegeben.

3.4. Teilweise Stattgebung der Beschwerde:

Aufgrund der fristgerecht eingebrachten Beschwerde des Beschwerdeführers sind die Entschädigung für Reisekosten im Ausmaß von 106,68 EUR und eine Entschädigung für Zeitversäumnis iHv 135,52 EUR strittig. Insgesamt machte der BF Zeugengebühren in Höhe von 106,68 EUR (im Rahmen der Geltendmachung von Zeugengebühren vom 28.08.2019 und zusätzliche 135,52 EUR im Rahmen der Stellungnahme vom 25.09.2020) geltend.

Die für den gegenständlichen Fall maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG) idgF lauten:

"Begriff. Anspruchsberechtigung

§ 2. (1) Als Zeuge im Sinn dieses Bundesgesetzes ist jede Person anzusehen, die innerhalb oder außerhalb eines förmlichen gerichtlichen Beweisverfahrens zu Beweiszwecken, aber nicht als Sachverständiger, Partei oder Parteienvertreter gerichtlich vernommen oder durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen der Befundaufnahme beigezogen wird.

(2) Eine Begleitperson des Zeugen ist einem Zeugen gleichzuhalten, wenn der Zeuge wegen seines Alters oder wegen eines Gebrechens der Begleitung bedurft hat; das Gericht (der Vorsitzende), vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat, hat die Notwendigkeit der Begleitperson zu bestätigen.

Umfang der Gebühr

§ 3 (1): "Die Gebühr des Zeugen umfasst

1. den Vorheriger Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;

...

Reisekosten

§ 6. (1) Der Ersatz der notwendigen Reisekosten (§ 3 Abs. 1 Z 1) umfasst die Kosten der Beförderung des Zeugen mit einem Massenbeförderungsmittel oder mit einem anderen Beförderungsmittel und die Entschädigung für zu Fuß zurückgelegte Wegstrecken (Kilometergeld); er bezieht sich, vorbehaltlich des § 4, auf die Strecke zwischen dem Ort der Vernehmung des Zeugen und seiner Wohnung oder Arbeitsstätte, je nachdem, wo der Zeuge die Reise antreten oder beenden muss.

Massenbeförderungsmittel

§ 7. (1) Massenbeförderungsmittel im Sinn des § 6 ist jedes Beförderungsmittel, das dem allgemeinen Verkehr zur gleichzeitigen Beförderung mehrerer Personen dient, die es unabhängig voneinander gegen Entrichtung eines allgemein festgesetzten Fahrpreises in Anspruch nehmen können.

(2) Führen verschiedene Massenbeförderungsmittel zum selben Ziel, so gebührt die Vergütung, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, für dasjenige, dessen Benützung den geringeren Zeitaufwand erfordert.

(3) Der Fahrpreis ist nach den jeweils geltenden Tarifen zu vergüten; hierbei sind allgemeine Tarifermäßigungen maßgebend. Für Strecken, auf denen der Zeuge für seine Person zur freien Fahrt mit dem benützten Massenbeförderungsmittel berechtigt ist, gebührt keine, für solche Strecken, auf denen er zur ermäßigten Fahrt berechtigt ist, nur die Vergütung des ermäßigten Fahrpreises.

Andere als Massenbeförderungsmittel

§ 9. (1) Die Kosten für die Benützung eines Beförderungsmittels, das nicht Massenbeförderungsmittel ist, sind dem Zeugen nur zu ersetzen,

1. wenn ein Massenbeförderungsmittel nicht zur Verfügung steht oder nach der Lage der Verhältnisse nicht benützt werden kann und die Zurücklegung der Wegstrecke zu Fuß nicht zumutbar ist,

2. wenn die Gebühr bei Benützung des anderen Beförderungsmittels nicht höher ist als bei Benützung eines Massenbeförderungsmittels,

(2) Kosten nach Abs. 1 sind die angemessenen, tatsächlich aufgelaufenen Kosten; benützen mehrere Personen ein solches Beförderungsmittel gemeinsam, so gebührt dem Zeugen nur der entsprechende Teil dieser Kosten. Benützt jedoch der Zeuge ein eigenes Kraftfahrzeug, so gebührt ihm die nach der Reisegebührenvorschrift für Bundesbeamte hierfür vorgesehene Vergütung. Bei Benützung eines Fahrrades gelten die Bestimmungen über das Kilometergeld (§ 12).

...

Bestimmung der Gebühr

§ 20. (2) Vor der Gebührenbestimmung kann der Zeuge aufgefordert werden, sich über Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen vorzulegen.

(3) Die Gebührenbeträge sind kaufmännisch auf volle 10 Cent zu runden."

Weiters ist § 10 Abs 3 der Reisegebührenvorschrift 1955, idgF anzuwenden:

"(3) Die besondere Entschädigung gemäß Abs. 2 beträgt:

...

2. für Personen- und Kombinationskraftwagen je Fahrkilometer 0,42 "

Fallgegenständlich ergibt sich draus Folgendes:

Im vorliegenden Fall waren somit die Reisekosten für die Strecke des Wohnsitzes des BF in XXXX bis zum Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer für Kärnten zu bestimmen. Der Beschwerdeführer nahm am XXXX .07.2019 als Zeuge bei einer Disziplinarverhandlung des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer für Kärnten teil, wobei seine Anwesenheit von 15:00 Uhr (Ladungszeitpunkt) bis 16:30 Uhr (Ende der Disziplinarverhandlung) notwendig war.

Zu erwähnen ist zunächst, dass der BF an keinem körperlichen Gebrechen leidet, welches ihm die Benützung eines Massenbeförderungsmittels unmöglich macht. Er besitzt weder einen Behindertenpass mit der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel“ oder „Der Inhaber des Passes bedarf einer Begleitperson“ noch einen Parkausweis gemäß § 29b StVO. Somit geht der Einwand des BF hinsichtlich seiner körperlichen Gebrechen ins Leere. Es findet sich auch keine Bestätigung der Vorsitzenden in der Verhandlung des Disziplinarrates vom XXXX .07.2019, über die Notwendigkeit einer Begleitperson, weshalb der Begleitperson keine Gebühren nach dem GebAG zugesprochen werden können.

Dennoch gebührt dem BF ein Kostenersatz gemäß § 9 Abs 1 Z 1 GebAG:

Der Ersatz der Kosten der Benützung eines eigenen Kraftfahrzeuges ist etwa dann vorgesehen, wenn entweder kein Massenbeförderungsmittel verkehrt und die Zurücklegung der Wegstrecke zu Fuß etwa wegen des Alters des Zeugen oder eines Gebrechens unzumutbar ist, oder aber, wenn die Abfahrtszeiten so liegen, dass bei Benützung eines Massenbeförderungsmittels mehrstündige Wartezeiten am Ort der Vernehmung entstehen Mehrstündige Wartezeiten am Umsteigbahnhof sind den Wartezeiten am Vernehmungsort gleichzuhalten (VwGH vom 23.10.2000, Zl.2000/17/0080; OGH E 25.02.1994, Zl. 93/17/001).

Die vom erkennenden Gericht unter II.1. aufgezeigte An- bzw. Abreisemöglichkeit des Zeugen führt zu "mehrstündigen Wartezeiten", wie sie im obigen Erkenntnis des VwGH aufgezeigt wurden. Auch ist davon auszugehen, dass im Sinn des obigen Erkenntnisses des VwGH (zum entsprechenden und zumutbaren Zeitpunkt) kein Massenbeförderungsmittel verkehrt hat, das den Zeugen pünktlich zur Verhandlung vor den Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer für Kärnten, als auch wieder retour gebracht hätte.

Daher war es für den Beschwerdeführer gemäß § 9 Abs. 1 GebAG auch statthaft, einen PKW zu benützen und sind ihm daher auch die entsprechenden Mehrkosten an Kilometergeld zu ersetzen. Das Kilometergeld deckt jedoch auch auflaufende Parkgebühren ab (vgl. VwGH 11.08.1994, 94/12/0115). Das bedeutet, dass dem BF die Parkgebühren iHv 3,00 EUR nicht ersetzt werden können.

Der Betrag, welcher dem Beschwerdeführer nunmehr zuzusprechen ist, errechnet sich wie folgt:

Kilometergeld 54,5 km x2 = 109 á € 0,42 = € 45,78

Gem. § 20 Abs3 GebAG sind die Gebührenbeträge kaufmännisch auf volle 10 Cent zu runden.

Der Beschwerde war insoweit stattzugeben, als dem BF Reisekosten in Höhe von insgesamt EUR 45,80 zu ersetzen sind.

Vergütung des Mehraufwandes für Verpflegung:

Die Aufenthaltskosten umfassen gemäß § 13 Z 1 GebAG den Mehraufwand für die Verpflegung, wenn die Reise oder der Aufenthalt am Ort der Vernehmung den Zeugen zwingt, das Frühstück, Mittag- oder Abendessen anderswo als an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort einzunehmen (Z 1). Dem Zeugen sind gemäß § 14 Abs 1 GebAG als Mehraufwand für die Verpflegung EUR 4 für das Frühstück und je EUR 8,50 für das Mittag- und das Abendessen zu vergüten. Gemäß § 14 Abs 2 GebAG ist der Mehraufwand für das Frühstück zu vergüten, wenn der Zeuge die Reise vor 7 Uhr antreten, der Mehraufwand für das Mittagessen, wenn er sie vor 11 Uhr antreten und nach 14 Uhr beenden hat müssen, derjenige für das Abendessen, wenn er die Reise nach 19 Uhr beenden hat müssen.

Da der BF erst nach 11.00 Uhr als Zeuge zur Verhandlung am XXXX .07.2019 um 15.00 angereist und nach dem Ende der mündlichen Verhandlung um 16.30 Uhr noch vor 19.00 Uhr wieder an seinen Wohnort zurückgekehrt ist, gebührt dem BF gemäß § 14 GebAG kein Anspruch auf Vergütung des Mehraufwandes für Verpflegung.

Anspruch auf Zeitversäumnis:

Der BF beantragte auch eine Entschädigung für Zeitversäumnis.

Gemäß § 18 Abs 1 GebAG gebühren dem Zeugen als Entschädigung für Zeitversäumnis EUR 14,20 für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht (Z 1) oder, anstatt der Entschädigung nach Z 1, beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst (Z 2 lit a), beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen (Z 2 lit b), anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder

b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter (Z 2 lit c) oder die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft (Z 2 lit d). Gemäß § 18 Abs 2 GebAG hat der Zeuge im Falle des Abs 1 Z 1 den Grund des Anspruches, im Falle des Abs 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen.

Soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist und nicht feste Gebührensätze bestehen, hat der Zeuge gemäß § 19 Abs 2 GebAG die Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, zu bescheinigen. Gemäß § 20 Abs 2 GebAG kann der Zeuge vor der Gebührenbestimmung aufgefordert werden, sich über Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen vorzulegen

Der BF bringt vor, dass er einen Betreuer für sein Vieh beauftragt hätte, es liegt auch eine von Herrn XXXX , XXXX , original unterfertigte Honorarrechnung iHv EUR 135,52 vom 10.07.2019 vor.

Dennoch kann das Begehren des BF nicht zum Erfolg führen:

Aus dem vom Bundesverwaltungsgericht amtswegig eingeholten Grundbuchsauszug vom 26.01.2021 geht hervor, dass Alleineigentümer der Liegenschaft XXXX ausschließlich der Sohn des BF ist. Herr XXXX , geboren am XXXX , Sohn des BF, steht seit 29.05.2015 aufgrund eines notariell beglaubigten Übergabsvertrages im Alleineigentum der gegenständlichen Liegenschaft und treffen ihn hiermit sämtliche damit verbundene Rechte und Pflichten.

Es lag daher nicht am BF, als Pensionist eine Betreuung der Viehzucht während seiner Zeugeneinvernahme vor dem Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer für Kärnten am XXXX .07.2019 von 15.00-16.30 Uhr vertretungsweise zu organisieren, sondern war es am Sohn des BF als Alleineigentümer der Liegenschaft gelegen, diese Aufgabe wahrzunehmen.

Der BF bezieht seit 01.01.2011 eine Pension, und hat er deshalb durch die Wahrnehmung der Zeugenladung keine Einkommenseinbuße erlitten, weshalb keine Entschädigung für die Zeitversäumnis im Sinne der obig angeführten Bestimmung zugesprochen werden konnte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu jeweils Spruchteil C): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Begleitperson Kilometergeld Massenbeförderungsmittel Reisekosten Teilstattgebung Verfahrenshilfe Verfahrenshilfe-Nichtgewährung Zeitversäumnis Zeugengebühr Zumutbarkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G309.2224196.1.00

Im RIS seit

18.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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