TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/5 W259 2235301-1

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Veröffentlicht am 05.03.2021
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Entscheidungsdatum

05.03.2021

Norm

B-KUVG §90
B-VG Art133 Abs4
GehG §175
GehG §23a
GehG §23b

Spruch


W259 2235301-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ulrike RUPRECHT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion XXXX vom XXXX , Zl. XXXX betreffend vorläufige Übernahme von Ansprüchen gemäß § 23a GehG zu Recht:

A)       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer steht als Polizeibeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

2. Mit Schreiben vom 09.07.2020 führte der Beschwerdeführer aus, dass er während der Vollziehung seiner Aufgaben und Erfüllung seiner Pflichten ohne Wissen oder gar Zustimmung von einer dritten Person gefilmt worden sei. In diesem Zusammenhang beantragte er eine Vorschussleistung des zugesprochenen Schadenersatzbetrages nach § 86 UrhG in der Höhe von € 3.500,- durch den Bund.

3. Mit Parteiengehör vom 14.07.2020 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass beabsichtigt sei, dem Ansuchen nicht stattzugeben, weil eine Grundvoraussetzung zur Erstattung einer besonderen Hilfeleistung gemäß §§ 23a ff GehG, nämlich das Vorliegen eines Dienstunfalles gemäß § 90 Abs. 1 B-KUVG, nicht gegeben sei und wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit gegeben, eine Stellungnahme abzugeben.

4. Der Beschwerdeführer führte in einer Stellungnahme vom 20.07.2020 im Wesentlichen aus, dass ein Unfall vorliege, wenn die Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleide. Ob nun ein Faustschlag gegen einen Beamten geführt oder ein „Schlag“ durch die unerlaubte Veröffentlichung eines Bildnisses mit hämischen Kommentaren erfolge, mache keinen Unterschied. Daher liege ohne Zweifel ein Dienstunfall im Sinne des § 90 Abs. 1 B-KUVG vor. Auch wenn keine Körperverletzung vorliege, sei von einer Gesundheitsschädigung im Sinne des § 23a Z 2 zweiter Fall GehG auszugehen. Außerdem hätten Schadenersatz und angemessene Entschädigung nach dem UrhG denselben Rechtscharakter.

5. Mit dem im Spruch genannten Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers mangels Vorliegens der Voraussetzung eines Dienstunfalles als unbegründet abgewiesen. Zugleich wurde festgehalten, dass der Zuspruch von € 3.500,- als angemessene Entschädigung bzw. Schadenersatz im Sinne des UrhG nicht als Ersatz für eine Gesundheitsschädigung zu sehen sei, sondern als Ersatz für eine fiktive Lizenzgebühr.

6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Darin gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen den Sachverhalt bzw. Verfahrensgang wieder und wiederholte sein bisheriges Vorbringen. Insbesondere führte er aus, dass er nach dem gegenständlichen Vorfall am 08.06.2018 sehr darunter gelitten habe. Auch wenn er nicht körperlich angegriffen worden sei, sei er in seiner gesundheitlichen Gesamtverfassung recht lange Zeit durch dieses rechtswidrige Vorgehen beeinträchtigt gewesen. Es seien nicht nur die Ehre und dienstliche Reputation als Exekutivbediensteter angegriffen worden, sondern es habe sich auch eine Verschlechterung seines gesundheitlichen Allgemeinzustandes eingestellt.

7. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden von der belangten Behörde vorgelegt.

I.       Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist im Exekutivdienst tätig.

Der Beschwerdeführer wurde am 08.06.2018 im Zuge einer Amtshandlung ohne Wissen oder gar Zustimmung gefilmt. Diese Filmaufnahme wurde im Internet via XXXX veröffentlicht. Aufgrund dieses Vorfalles war der Beschwerdeführer nicht im Krankenstand. Er war weiterhin erwerbsfähig. Eine Meldung über einen Dienstunfall im Dienstweg ist nicht erfolgt.

Mit Versäumungsurteil des XXXX vom XXXX zu XXXX wurde dem Beschwerdeführer ein Betrag in der Höhe von als Entschädigung für die Veröffentlichung des unzulässigen Videoclips der gegenständlichen Amtshandlung zugesprochen. Dieses Versäumungsurteil wurde rechtskräftig und vollstreckbar.

Trotz der Bewilligung der Fahrnis- und Gehaltsexekution XXXX zu XXXX konnte der Betrag mangels pfändbarer Gegenstände und wegen Vermögenslosigkeit des Schädigers nicht einbringlich gemacht werden.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen stützen sich auf den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere auf den angefochtenen Bescheid und die Beschwerde, und sind insoweit unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Zufolge § 135a Abs. 1 BDG 1979 liegt gegenständlich – da eine Angelegenheit gemäß § 23a und § 23b GehG vorliegt – keine Senatszuständigkeit vor.

Zu Spruchpunkt A): Abweisung der Beschwerde

3.1. Die mit der Dienstrechts-Novelle 2018, BGBl. I Nr. 60/2018, neu ins GehG 1956 eingefügten §§ 23a, 23b und 175 GehG 1956 lauten auszugsweise wie folgt:

„Besondere Hilfeleistungen

§ 23a. Der Bund hat als besondere Hilfeleistung die vorläufige Übernahme von Ansprüchen zu erbringen, wenn

1. eine Beamtin oder ein Beamter

a) einen Dienstunfall gemäß § 90 Abs. 1 des Beamten-Kranken-und Unfallversicherungsgesetzes – B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967, oder

b) einen Arbeitsunfall gemäß § 175 Abs. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, in unmittelbarer Ausübung ihrer oder seiner dienstlichen Pflichten erleidet, und

2. dieser Dienst- oder Arbeitsunfall eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung zur Folge hatte und

3. der Beamtin oder dem Beamten dadurch Heilungskosten erwachsen oder ihre oder seine Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch mindestens zehn Kalendertage gemindert ist.

Vorschuss zur besonderen Hilfeleistung

§ 23b. (1) Der Bund leistet als besondere Hilfeleistung einen Vorschuss (vorläufige Übernahme von Ansprüchen), wenn

1. sich die Beamtin oder der Beamte im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des § 23a Abs. 1 an einem Strafverfahren beteiligt, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten oder der Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen wird, oder

2. solche Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen werden.

(2) Ein Vorschuss nach Abs. 1 Z 1 und Z 2 ist höchstens bis zum 27-fachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 für Heilungskosten, Schmerzengeld sowie für jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu leisten.

(3) Das Schmerzengeld und das Einkommen gemäß Abs. 2 umfassen auch die jeweils bis zur rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche anfallenden Zinsen.

(4) Ist eine gerichtliche Entscheidung über die Ansprüche gemäß Abs. 2 unzulässig, kann diese nicht erfolgen oder ist diese ohne Prüfung des Bestandes der Ansprüche erfolgt, hat die Dienstbehörde nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche die Heilungskosten sowie jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu ersetzen. Die Zahlung von Schmerzengeld ist nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche höchstens bis zum fünffachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 möglich. Die Gesamtkosten dürfen jedoch jene gemäß Abs. 2 nicht überschreiten.

(5) Die vorläufige Leistungspflicht des Bundes besteht nur insoweit, als die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung oder nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, BGBl. Nr. 288/1972, gedeckt sind.

(6) Die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten gegen die Täterin oder den Täter gehen, soweit sie vom Bund bezahlt werden, durch Legalzession auf den Bund über.“

Inkrafttreten

§ 175. […]

(93) In der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2018, BGBl. I Nr. 60/2018, treten in Kraft:

[…]

5. § 23a bis 23f samt Überschriften, § 34 Abs. 1, § 75 Abs. 1, § 92 Abs. 1 und § 169d Abs. 9 sowie der Entfall des § 83c samt Überschrift mit 1. Juli 2018 […]."

Gemäß Art. 30 der Dienstrechts-Novelle 2018, BGBl I 2018/60 wurde "das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz -WHG, BGBl. Nr. 177/1992, zuletzt geändert durch das 2. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl. I Nr. I Nr. 35/2012, und die Bundesministeriengesetz-Novelle 2017, BGBl. I Nr. 164/2017", mit Ablauf des 30. Juni 2018 aufgehoben (vgl dazu die Materialien zur Dienstrechts-Novelle 2018, RV - Gesetzestext 196 BlgNR 26.GP 47).

3.1.1. Für den gegenständlichen Fall folgt daraus Folgendes:

Den Gesetzesmaterialien zu § 4 WHG i.d.f. BGBl. Nr. 177/1992ist Folgendes zu entnehmen:

„Als Hilfeleistungen für die Hinterbliebenen werden eine einmalige Geldleistung sowie die vorläufige Übernahme von Ansprüchen durch den Bund als Träger von Privatrechten normiert. Auf diese Leistungen besteht ein Anspruch, wenn der Bedienstete einen tödlichen Dienst- oder Arbeitsunfall erleidet. Dieser Unfall muß in einem örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit dem der Dienstpflicht des Wachebeamten eigenen Element des Aufsuchens der Gefahr oder des Verbleibens im Gefahrenbereich stehen. Weiters sieht der Entwurf auch für Wachebedienstete, die im Dienst eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben, eine vorläufige Übernahme der Ansprüche des Wachebediensteten gegenüber dem Täter durch den Bund vor (Ausschussbericht, Nr. 415 d.B., XVIII. GP).“

Den Erläuterungen zur Dienstrechts-Novelle 2018 (RV 196 BlgNR 26.GP 9) ist ua zu entnehmen, dass die Eingliederung der Kernbestimmungen des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes - WHG, BGBl. Nr. 177/1992, in das GehG erfolgt. Die Hilfeleistungen des Bundes sind von Amts wegen für alle Bundesbediensteten gleichermaßen zu erbringen. § 23a GehG enthält die Voraussetzungen, die für die Erbringung der besonderen Hilfeleistung durch den Bund vorliegen müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hielt fest, dass sich der unauflösbare systematische Zusammenhang zwischen § 23a und § 23b GehG daraus ergibt, dass der Gesetzgeber - wie in den oben zitierten Materialien dargelegt - eine „Eingliederung der Kernbestimmungen des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz - WHG, BGBl. Nr. 177/1992“ in das GehG vorgenommen hat und dabei der Aufbau der Bestimmungen der §§ 23a und 23b GehG offensichtlich in Anlehnung an die Regelungsabfolge der §§ 4 und 9 WHG gewählt wurde. So entspricht die Normierung „allgemeiner“ Voraussetzungen in § 23a GehG den vormals in § 4 WHG getroffenen „Einstiegsvoraussetzungen“ (für eine einmalige Geldleistung sowie für die vorläufige Übernahme von Ansprüchen) und folgt die Regelungstechnik des § 23b GehG der Festlegung der in § 9 WHG (dort ebenfalls für die vorläufige Übernahme von Ansprüchen durch den Bund/Vorschuss) vorgesehenen „näheren“ Anspruchsvoraussetzungen (rechtskräftige Entscheidung über Ersatzansprüche gegen den Täter im Strafverfahren, rechtskräftiger Zuspruch solcher Ersatzansprüche im Zivilrechtsweg) (VwGH vom 03.07.2020, Ro 2020/12/0005).

Wenn das Verwaltungsgericht in der Sache selbst entscheidet, hat es seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten; allfällige Änderungen des maßgeblichen Sachverhalts und der Rechtslage sind also zu berücksichtigen (vgl VwGH vom 30.03.2017, Ro 2015/03/0036 mwN).

Der Beschwerdeführer wurde im gegenständlichen Fall unstrittig am 08.06.2018 im Zuge einer Amtshandlung ohne Wissen oder gar Zustimmung gefilmt. Diese Filmaufnahme wurde im Internet via XXXX veröffentlicht. Aufgrund dieses Vorfalles war der Beschwerdeführer nicht im Krankenstand und damit erwerbsfähig. Eine Meldung über einen Dienstunfall im Dienstweg ist nicht erfolgt. Folglich ist zu prüfen, ob der Bund iSd §§ 23a ff GehG als besondere Hilfeleistung die vorläufige Übernahme von Ansprüchen zu erbringen hat.

§ 23a GehG enthält die allgemeinen Voraussetzungen, die für die Erbringung der besonderen Hilfeleistung durch den Bund vorliegen müssen (vgl dazu nochmals die oa Materialien zur Dienstrechts-Novelle 2018, RV 196 BlgNR 26.GP 9). Als erster Schritt sind somit die Voraussetzungen gemäß § 23a GehG zu prüfen, erst danach wäre ein allfälliger Anspruch nach § 23b GehG (Vorschuss im Sinne einer vorläufigen Übernahme von Ansprüchen) zu prüfen.

Gemäß § 23a Z 1 und 2 GehG hat der Bund als besondere Hilfeleistung die vorläufige Übernahme von Ansprüchen zu erbringen, wenn ein Beamter einen Dienstunfall gemäß § 90 Abs. 1 B-KUVG erleidet und dieser Dienstunfall eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung zur Folge hatte.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes ist bei einem Dienstunfall gemäß § 90 BKUVG auf die Definition eines Arbeitsunfalles gemäß § 175 Abs. 1 ASVG zurückzugreifen, was abgesehen vom im Wesentlichen übereinstimmenden Text des § 90 BKUVG und des § 175 ASVG durch die Erläuterungen (Erläut RV 463 BlgNR 11. GP) klargestellt ist, wonach der Versicherungsfall des Dienstunfalles unter den gleichen Voraussetzungen als eingetreten gilt wie in der Unfallversicherung nach dem ASVG; auch die Voraussetzungen sind die gleichen. Deshalb ist die zu § 175 ASVG ergangene Rechtsprechung und Lehre zur Auslegung maßgeblich (VwGH vom 16.12.2008, 2007/09/0385).

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu dem in den unfallversicherungsrechtlichen Bestimmungen enthaltenen Begriff des Arbeitsunfalles (insbesondere zu § 175 Abs. 1 ASVG), der sich der Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich anschließt, ist ein Unfall ein zeitlich begrenztes Ereignis - eine Einwirkung von außen, ein abweichendes Verhalten, eine außergewöhnliche Belastung -, das zu einer Körperschädigung geführt hat (vgl. z.B. das Urteil vom 25. Oktober 1988, 10 ObS 123/88 = SSV-NF 2/112). Dabei können auch Ereignisse als Unfall anzusehen sein, die sich bei gewöhnlicher Ausübung der Berufstätigkeit ereignen (vgl. dazu z.B. das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 12. Juni 1990, 10 ObS 131/90 = SSV-NF 4/85). Von einem Unfall wird allerdings nur dann gesprochen, wenn die Gesundheitsschädigung durch ein plötzliches, d. h. zeitlich begrenztes Ereignis bewirkt wurde, wobei plötzlich allerdings nicht Einmaligkeit heißen muss; auch kurz aufeinander folgende Einwirkungen, die nur in ihrer Gesamtheit einen Körperschaden bewirken, sind noch als plötzlich anzusehen, wenn sie sich innerhalb einer Arbeitsschicht oder eines sich auf mehrere Tage erstreckenden Dienstauftrages ereignet haben. Der entscheidende Unterschied zu den sonstigen Krankheiten liegt in der zeitlichen Begrenztheit des Ereignisses. Nicht als Unfall gelten daher gesundheitliche Folgen von Dauereinwirkungen, die in der Unfallversicherung (Gleiches gilt für das Tir GdBKUFG 1998) nur geschützt werden, wenn sie als Berufskrankheiten anerkannt sind (vgl. das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 23. Juni 1998, 10 Ob S 224/98h = SSV-NF 12/89). Hier: Eine zeitlich begrenzte, außergewöhnliche Einwirkung von Schadstoffen (VwGH vom 01.07.2004, 99/12/0091).

Im vorliegenden Fall hat weder eine mechanische noch eine chemo-physikalische Einwirkung auf den Körper des Beschwerdeführers stattgefunden. Vielmehr bestand die Handlung des Schädigers lediglich darin, den Beschwerdeführer anlässlich einer Amtshandlung zu filmen und das Video im Internet via XXXX mit einem - aus Sicht des Beschwerdeführers - unwahren, ehrenrührigen und verschmähenden Text samt Ideogramm zu veröffentlichen.

Die zum Nachteil des Beschwerdeführers verletzten Rechtsgüter waren daher nicht Leib und Leben, sondern dessen Ehre. Konsequenterweise hat der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer im zivilgerichtlichen Verfahren auch keine Verletzung am Körper bzw. Schädigung an der Gesundheit ins Treffen geführt, sondern lediglich die Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte durch die oben genannte Veröffentlichung eines Videos. Insbesondere hat er weder Verdienstentgang, Ersatz von Heilungskosten oder Schmerzensgeld geltend gemacht. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang nunmehr in der Beschwerde vorbringt, dass er in seiner gesundheitlichen Gesamtverfassung recht lange Zeit durch dieses rechtswidrige Vorgehen beeinträchtigt gewesen sei, ist ihm zunächst entgegenzuhalten, dass keine Krankmeldung erfolgte und auch sonst keine medizinischen Unterlagen vorgelegt wurden, die dieses Vorbringen bestätigten könnten. Im Übrigen ist den diesbezüglichen vagen Angaben des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen, inwiefern bei ihm eine konkrete Gesundheitsschädigung eingetreten wäre.

Vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung ist eine unzulässige Filmaufnahme, die im Internet veröffentlicht wurde, kein zeitlich begrenztes Ereignis, das zu einer Körperschädigung geführt hat und kann daher keinen Dienstunfall darstellen. Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass im vorliegenden Fall kein Dienstunfall im Sinne des § 90 BK UVG vorliegt und daher schon aus diesem Grund eine besondere Hilfeleistung im Sinne des § 23a GehG ausgeschlossen ist.

Da die Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers ebenfalls nicht gemindert war, mangelt es gegenständlich auch an der in § 23a Z 3 GehG geforderten Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens zehn Kalendertage. Da der Beschwerdeführer ebenso nicht vorgebracht hat, dass ihm Heilungskosten iSd § 23a Z 3 GehG erwachsen wären, war die Beschwerde mangels Vorliegens sämtlicher Voraussetzungen gemäß § 23a GehG als unbegründet abzuweisen.

Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass der Beschwerdeführer sofern er sowohl in seiner Stellungnahme vom 20.07.2020 als auch in der Beschwerdeschrift ausführte, dass Schmerzengeld und eine angemessene Entschädigung nach dem UrhG denselben Rechtscharakter hätten und zwischen diesen nicht unterschieden werden müsse, auf den Wortlaut des § 23b Abs. 2 GehG zu verweisen ist, wonach ein Vorschuss als besondere Hilfeleistung höchstens bis zum 27-fachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 GehG für Heilungskosten, Schmerzengeld sowie für jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu leisten ist. Auch in diesem Zusammenhang ist daher den entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid zu folgen.

Soweit der Beschwerdeführer der Sache nach eine Gleichheitswidrigkeit behauptet, ist zusätzlich auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum auf dem Gebiet des Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechts zu verweisen (vgl. VfSlg. 16.176/2001 mwH und 17.452/2005). Vor diesem Hintergrund haben sich Bedenken, dass die hier maßgebliche Rechtslage dieser (weitmaschigen) Forderung nicht entspricht, nicht ergeben.

Aus der oben zitierten Rechtsprechung in Zusammenschau mit den Erläuterungen zur inhaltsgleichen Bestimmungen des § 4 Abs. 1 WHG ist klar zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die besondere Hilfeleistung auf jene Fälle beschränken wollte, in denen Exekutivbeamte durch ihre gefahrengeneigte Dienstversicherung am Körper verletzt bzw. an der Gesundheit geschädigt werden. Es liegt also keine Gesetzeslücke vor, sondern es ist von einer bewussten Einschränkung der besonderen Hilfeleistung auf die oben beschriebenen Fälle auszugehen. Somit liegt auch keine wie in der Beschwerdeschrift behauptete Gesetzeslücke vor.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter unter den Begriff der „civil rights“ im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 MRK fallen, insoweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (vgl. VwGH 13.09.2017, Ro 2016/12/0024 mwN).

Demnach kann eine Verhandlungspflicht gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK nur dann entfallen, wenn die Ausnahmen für nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen oder hochtechnische Fragen Platz greifen (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0067).

Da sich im vorliegenden Fall der unstrittige Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine komplexe Rechtsfrage handelt, konnte von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

3.3. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde zu Spruchpunkt A wiedergegeben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

besondere Hilfeleistung Dienstunfall Minderung der Erwerbsfähigkeit öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W259.2235301.1.00

Im RIS seit

19.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

19.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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