TE Bvwg Beschluss 2021/3/10 W224 2238603-2

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Veröffentlicht am 10.03.2021
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Entscheidungsdatum

10.03.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
UG §91
VwGVG §8a Abs1

Spruch


W224 2238603-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Martina WEINHANDL als Einzelrichterin über den Antrag von XXXX , auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur weiteren Führung des Verfahrens im Rahmen seiner Beschwerde gegen den Bescheid der Vizerektorin für Studium und Lehre vom 22.06.2020, GZ 11720658-SoSe20/K, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 21.10.2020, beschlossen:

A)

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführer stellte, datiert mit 22.03.2020, einlangend per E-Mail bei der Universität Wien am 22.04.2020, „im Hinblick auf die aktuelle Situation im Zusammenhang mit SARS-Covid-19/SARS-CoV2 sowie die damit erforderlichen Maßnahmen auf Umstellung des Lehrbetriebes auf Fernlehre“ einen „Antrag auf Aussetzung von Studiengebühren für das Sommersemester 2020“ (Punkt 1.), in eventu einen „Antrag auf Aussetzung von Nachfristerhöhungsgebühren für das Sommersemester 2020“ (Punkt 2.) sowie in eventu einen Antrag auf „Fortsetzung des Studiums der Rechtswissenschaften für das Sommersemester 2020 an der Universität Wien“ (Punkt 3.).

2. Mit Bescheid vom 22.06.2020 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf „Aussetzung von Studiengebühren für das Sommersemester 2020“ mit näherer Begründung als unbegründet ab. Der Eventualantrag auf „Aussetzung von Nachfristerhöhungsgebühren für das Sommersemester 2020“ wurde als unzulässig zurückgewiesen und der Eventualantrag auf „Fortsetzung des Studiums der Rechtswissenschaften für das Sommersemester 2020 an der Universität“ wurde aufgrund einer Nichtbehebung eines Mangels zurückgewiesen.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht eine Beschwerde mit näherer Begründung. Im Rahmen der Beschwerde stellte der Beschwerdeführer gleichzeitig folgenden Antrag: „Der Beschwerdeführer stellt darüber hinausgehend bereits jetzt den Antrag, diesem Verfahrenshilfe zu gewähren.“

4. Mit Schreiben vom 11.01.2021, eingelangt am 14.01.2021, wurde die Beschwerde von der belangten Behörde samt zugehörigem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

§ 8a Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2017, lautet:

„Verfahrenshilfe

§ 8a. (1) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.

(2) Soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung – ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Beschwerde, des Vorlageantrags, des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder zur Vertretung bei der Verhandlung ein Rechtsanwalt beigegeben wird.

(3) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist schriftlich zu stellen. Er ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Für Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist der Antrag unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.

(4) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe kann ab Erlassung des Bescheides bzw. ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, gestellt werden. Wird die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Säumnisbeschwerde beantragt, kann dieser Antrag erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist gestellt werden. Sobald eine Partei Säumnisbeschwerde erhoben hat, kann der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe auch von den anderen Parteien gestellt werden.

(5) In dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist die Rechtssache bestimmt zu bezeichnen, für die die Bewilligung der Verfahrenshilfe begehrt wird.

(6) Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Hat das Verwaltungsgericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es den Ausschuss der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuss einen Rechtsanwalt zum Vertreter bestelle. Dabei hat der Ausschuss Wünschen der Partei zur Auswahl der Person des Vertreters im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen.

(7) Hat die Partei innerhalb der Beschwerdefrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, so beginnt für sie die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei zu laufen. Entsprechendes gilt für die Fristen, die sich auf die sonstigen in Abs. 2 genannten Anträge beziehen.

(8) Die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter erlischt mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten.

(9) In Verfahrenshilfesachen ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig.

(10) Der Aufwand ist von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen das Verwaltungsgericht in der Angelegenheit handelt.“

Zu A)

1.1. Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG ist, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, Verfahrenshilfe einer Partei zu gewähren, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist. Durch den Verweis auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC ist sichergestellt, dass die Verfahrenshilfe im verwaltungsgerichtlichen Verfahren den Anforderungen des Europäischen Menschenrechtsschutzes entspricht (vgl. RV 1255 BlgNR 25. GP, 2ff, welche auf VwGH 03.09.2015, Ro 2015/21/0032 verweisen).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist dabei nicht erforderlich, dass Verfahrenshilfe in allen erdenklichen Verfahren zu gewähren ist. Vielmehr ist eine Prüfung im Einzelfall vorzunehmen. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Prüfungsbeschluss, der zur Aufhebung des § 40 VwGVG führte (vgl. VfSlg. 19.989/2015), die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte dahingehend zusammengefasst, dass der „Zugang zu einem Gericht nicht bloß theoretisch und illusorisch, sondern effektiv gewährleistet sein müsse“; in jenen Fällen, in denen es „unentbehrlich sei, dass der Partei eines Verfahrens ein unentgeltlicher Verfahrenshelfer beigestellt werde,“ müsse ein solcher beigestellt werden.

Für diese Beurteilung sind verschiedene Kriterien maßgeblich. Das sind zum einen Kriterien, die sich auf die Person der Parteien beziehen, nämlich ihre Vermögensverhältnisse oder ihre Fähigkeiten im Verkehr mit Behörden; zum anderen auch Kriterien, die in Zusammenhang mit der Rechtssache stehen, nämlich die Erfolgsaussichten, die Komplexität des Falles oder die Bedeutung der Angelegenheit für die Parteien (vgl. 1255 BlgNR 25. GP, 2 ff.).

Seine Fähigkeiten im Verkehr mit Behörden stellte der Beschwerdeführer zunächst bereits mit der fristgerechten Erhebung der gegenständlichen Beschwerde dar. Dass der Beschwerdeführer als Student der Rechtswissenschaften darüber hinaus in der Lage ist, rechtlich zu argumentieren, ergibt sich für das erkennende Gericht aus dem ausformulierten Beschwerdeschriftsatz mit zahlreichen rechtlichen Bezügen und Verweisen, mit welchem er mit näherer Begründung die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides behauptet. Eine besondere Komplexität des gegenständlichen Falles, der die Beiziehung eines Rechtsanwaltes bedarf, kann seitens des erkennenden Gerichtes nicht erkannt werden. Obgleich es sich bei der Entrichtung des Studienbeitrages zur Fortsetzung des Studiums an der Universität Wien um eine Angelegenheit handelt, die zwar von großer Bedeutung für den Beschwerdeführer ist, wird seitens des erkennenden Gerichtes keine derartige Komplexität erwartet, die die Gewährung der Verfahrenshilfe notwendig macht, zumal im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ohnehin das Prinzip der Amtswegigkeit samt Manuduktionspflicht für den nicht vertretenen Beschwerdeführer besteht. Besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten, die eine rechtsanwaltliche Vertretung erforderlich machen, sind somit nicht zu erwarten.

1.2. Verfahrenshilfe ist gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG nur dann vorgesehen, wenn beide Voraussetzungen, nämlich, dass ihre Gewährung rechtlich geboten ist und die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, kumulativ vorliegen. Aus den unter Punkt 1.1. dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Gewährung von Verfahrenshilfe im Lichte des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 GRC Union im vorliegenden Fall nicht geboten ist.

Da die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe nicht gegeben sind, war der darauf gerichtete Antrag spruchgemäß abzuweisen. Angesichts dieses Ergebnisses erübrigt sich eine Prüfung, ob der Antragsteller außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts bestreiten zu können. Auch kommt es nicht mehr darauf an, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Abweisung des Antrags ergeht in Anlehnung an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8a VwGVG (siehe VwGH vom 11.09.2019, Ro 2018/08/0008; VwGH vom 19.06.2019, Ro 2019/01/0004).

Schlagworte

Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W224.2238603.2.00

Im RIS seit

18.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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