TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/11 W227 2239730-1

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Veröffentlicht am 11.03.2021
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Entscheidungsdatum

11.03.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
SchUG §25 Abs10
SchUG §27 Abs3
SchUG §32 Abs6
SchUG §33 Abs2 litd
SchUG §66 Abs1
SchUG §71 Abs2 litc

Spruch


W227 2239730-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 20. Jänner 2021, Zl. 2021-0.018.765, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der eigenberechtigte Beschwerdeführer besuchte im Schuljahr 2019/2020 die vierte Schulstufe (12. Schulstufe) der Höheren Lehranstalt für Chemieingenieure, Ausbildungsschwerpunkt Biochemie und Molekulare Biotechnologie, an der Höheren Bundes- Lehr- und Versuchsanstalt (HBLVA) für Chemische Industrie in XXXX .

2. Am 17. November 2020 entschied die Klassenkonferenz, dass der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 10 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) zum Aufsteigen in die nächste Schulstufe der von ihm besuchten Schulart nicht berechtigt sei, da er im Wintersemester des Schuljahres 2019/2020 im Pflichtgegenstand „Physikalische Chemie, Verfahrens-, Energie- und Umwelttechnik“ und im Sommersemester des Schuljahres 2019/2020 in den Pflichtgegenständen „Physikalische Chemie, Verfahrens-, Energie- und Umwelttechnik“, „Biochemie und Bioanalytik“ sowie „Angewandte Mikrobiologie und Gentechnik“ jeweils mit „Nicht genügend“ beurteilt wurde.

Als „Hinweis“ wurde auf der Entscheidung festgehalten, dass der Beschwerdeführer mit Ende des Schuljahres 2019/2020 infolge Überschreitens der gemäß § 32 SchUG zulässigen Höchstdauer gemäß § 33 Abs. 3 lit d. SchUG aufgehört habe, Schüler der von ihm besuchten Schule zu sein.

3. Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer frist- und formgerecht Widerspruch. Begründend führte er aus, dass die durch die Coronakrise bedingten erschwerten Umstände seine „Leistungskurve absinken“ hätten lassen und ein „Bildungsabbruch so kurz vor der Matura einen massiven Einbruch in der Bildungs- und Lebenslaufbahn“ bedeute.

4. In Folge holte der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung ein pädagogisches Fachgutachten ein.

Dazu äußerte sich der Beschwerdeführer zusammengefasst dahingehend, dass er die negativen Beurteilungen „grundsätzlich nicht in Frage“ stelle. Es seien jedoch „definitiv Fehler in Hinblick auf die Prüfungstermine sowie die Bekanntgabe des Prüfungsstoffes geschehen“. Zudem wären die Semesterprüfungen erst aufgrund der „Bewertungen während des ersten Lockdowns“ erforderlich geworden. Er ersuche daher um Ablegung der Reife- und Diplomprüfung, dies allenfalls durch neuerlichen Besuch der 4. Klasse.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid wies der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung den Widerspruch gemäß § 25 Abs. 10 sowie § 71 Abs. 4 und 6 SchUG ab.

Begründend führte er im Wesentlichen aus:

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach die Bekanntgabe des Prüfungsstoffes fehlerhaft gewesen sei, sei zu entgegnen, dass – § 23a Abs. 5 SchUG entsprechend – am Beiblatt zum Semesterzeugnis die Bildungs- und Lehraufgaben sowie die Lehrstoffe angeführt worden seien.

Die Beurteilungen mit „Nicht genügend“ habe der Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt. Aufgrund des schlüssigen pädagogischen Fachgutachtens, welches nicht nur allenfalls abgelegte Semesterprüfungen, sondern auch die Beurteilung des jeweiligen Semesters umfasse, bleibe es somit bei insgesamt vier negativen Semesterbeurteilungen.

Der Beschwerdeführer sei somit gemäß § 25 Abs. 10 SchUG nicht zum Aufsteigen in die fünfte Schulstufe berechtigt.

Zum Wunsch des Beschwerdeführers, die Schule weiterhin besuchen zu können, sei festzuhalten, dass die von ihm besuchte Schule gemäß § 66 Abs. 1 Schulorganisationsgesetz (SchOG) fünf Schulstufen umfasse. Im Schuljahr 2019/2020 habe der Beschwerdeführer die Schule im sechsten Schulbesuchsjahr auf der vierten der insgesamt fünf Schulstufen besucht. Da er diese nicht erfolgreich habe abschließen können und er im Falle des Weiterbesuches die gemäß § 32 SchUG zulässige Höchstdauer des Schulbesuches überschreite, habe er nach § 33 Abs. 1 lit. d) SchUG aufgehört, Schüler der von ihm besuchten Schule zu sein.

6. In der dagegen erhobenen Beschwerde führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus:

In den von der Schule ausgestellten Dokumenten werde mehrfach erwähnt, dass er zum Wiederholen der vierten Schulstufe berechtigt sei. Des Weiteren gäbe es „sehr wohl erhebliche gesundheitliche und entwicklungsbedingte Gründe“, um ein drittes Jahr zu wiederholen. Er beantrage, die „Wiederaufnahme an die HBLVA in die diesjährige 4. Klasse“.

7. Am 19. Februar 2021 legte der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der am XXXX geborene und damit eigenberechtigte Beschwerdeführer besuchte im Schuljahr 2019/2020 im sechsten Schulbesuchsjahr die vierte Schulstufe der Höheren Lehranstalt für Chemieingenieure, Ausbildungsschwerpunkt Biochemie und Molekulare Biotechnologie, an der HBLVA für Chemische Industrie in XXXX.

Er wurde im Wintersemester des Schuljahres 2019/2020 im Pflichtgegenstand „Physikalische Chemie, Verfahrens-, Energie- und Umwelttechnik“ und im darauffolgenden Sommersemester in den Pflichtgegenständen „Physikalische Chemie, Verfahrens-, Energie- und Umwelttechnik“, „Biochemie und Bioanalytik“ sowie „Angewandte Mikrobiologie und Gentechnik“ jeweils zutreffend mit „Nicht genügend“ beurteilt.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt und sind unstrittig – die Ergebnisse des richtigen und schlüssigen (auf den Unterlagen der Schule basierenden) pädagogischen Fachgutachtens werden auch vom Beschwerdeführer geteilt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde [Spruchpunkt A)]

3.1.1. Gemäß § 25 Abs. 1 SchUG ist eine Schulstufe erfolgreich abgeschlossen, wenn das Jahreszeugnis in allen Pflichtgegenständen eine Beurteilung aufweist und in keinem Pflichtgegenstand die Note „Nicht genügend“ enthält. Eine Schulstufe gilt auch dann als erfolgreich abgeschlossen, wenn bei Wiederholen von Schulstufen das Jahreszeugnis in höchstens einem Pflichtgegenstand die Note „Nicht genügend“ enthält und dieser Pflichtgegenstand vor der Wiederholung der Schulstufe zumindest mit „Befriedigend“ beurteilt wurde.

Gemäß § 25 Abs. 2 SchUG ist ein Schüler ferner zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt, wenn das Jahreszeugnis zwar in einem Pflichtgegenstand die Note „Nicht genügend“ enthält, aber

a)       der Schüler nicht auch schon im Jahreszeugnis des vorhergegangenen Schuljahres in demselben Pflichtgegenstand die Note „Nicht genügend“ erhalten hat,

b)       der betreffende Pflichtgegenstand – ausgenommen an Berufsschulen – in einer höheren Schulstufe lehrplanmäßig vorgesehen ist und

c)       die Klassenkonferenz feststellt, daß der Schüler auf Grund seiner Leistungen in den übrigen Pflichtgegenständen die Voraussetzungen zur erfolgreichen Teilnahme am Unterricht der nächsthöheren Schulstufe im Hinblick auf die Aufgabe der betreffenden Schulart aufweist.

Gemäß § 25 Abs. 10 erster und zweiter Satz SchUG gelten die vorstehenden Abs. 1 bis 7 nicht für Schüler von zumindest dreijährigen mittleren und höheren Schulen ab der 10. Schulstufe. Diese Schüler sind ab der 10. Schulstufe dann zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt, wenn die Semesterzeugnisse über das Winter- und das Sommersemester der betreffenden Schulstufe in den Pflichtgegenständen insgesamt höchstens zwei Nichtbeurteilungen oder Beurteilungen mit „Nicht genügend“ aufweisen. Bei insgesamt drei Nichtbeurteilungen oder Beurteilungen mit „Nicht genügend“ in Pflichtgegenständen kann die Klassenkonferenz unter sinngemäßer Anwendung des Abs. 2 lit. c die Berechtigung zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe erteilen. Ein Aufsteigen mit insgesamt drei Nichtbeurteilungen oder Beurteilungen mit „Nicht genügend“ ist ab der 10. Schulstufe von zumindest dreijährigen mittleren und höheren Schulen höchstens einmal zulässig. Entscheidungen der Klassenkonferenz über die Erteilung der Berechtigung zum Aufsteigen sind den Erziehungsberechtigten unter ausdrücklichem Hinweis auf die einmalige Möglichkeit des Aufsteigens mit insgesamt drei Nichtbeurteilungen oder Beurteilungen mit „Nicht genügend“ nachweislich zur Kenntnis zu bringen.

Gemäß § 71 Abs. 2 lit. c SchUG ist gegen die Entscheidung, dass der Schüler zum Aufsteigen nicht berechtigt ist, ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig.

Gemäß § 66 Abs. 1 SchOG schließen die berufsbildenden höheren Schulen an die 8. Schulstufe an und umfassen fünf Schulstufen (9. bis 13. Schulstufe).

Gemäß § 27 Abs. 3 SchUG darf ein Schüler die betreffende Schulstufe nicht wiederholen, wenn er im Falle der Wiederholung der Schulstufe die nach § 32 zulässige Höchstdauer des Schulbesuches überschreiten würde oder wenn der Schulbesuch gemäß § 33 Abs. 2 lit. f zu beenden ist.

Gemäß § 32 Abs. 6 SchUG darf ein Schüler zum Abschluss einer mittleren oder höheren Schule mit vier bis neun Schulstufen höchsten um zwei Schuljahre länger benötigen, als der Zahl der Schulstufen entspricht.

Gemäß § 33 Abs. 1 SchUG hört ein Schüler auf, Schüler einer Schule zu sein, wenn er die lehrplanmäßig letzte Schulstufe abgeschlossen hat. Wenn ein Schüler zur Wiederholung der lehrplanmäßig letzten Schulstufe berechtigt ist (§ 27) und von diesem Recht Gebrauch macht, bleibt er bis zum Abschluss der Wiederholung weiterhin Schüler.

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. d SchUG hört ein Schüler schon vor dem im Abs. 1 genannten Zeitpunkt auf, Schüler einer Schule zu sein mit dem Zeitpunkt, in dem feststeht, dass ein Schüler im Falle des Weiterbesuches die gemäß § 32 zulässige Höchstdauer des Schulbesuches überschreitet.

3.1.2. Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

Vorab ist festzuhalten, dass – aufgrund des Widerspruchsverfahrens gegen die Entscheidung der Klassenkonferenz vom 17. November 2020 – Sache des Beschwerdeverfahrens allein die Frage ist, ob der Beschwerdeführer zum Aufsteigen in die fünfte Schulstufe der von ihm besuchten Schulart berechtigt ist oder nicht.

Wie oben festgestellt, wurde der Beschwerdeführer im Wintersemester des Schuljahres 2019/2020 im Pflichtgegenstand „Physikalische Chemie, Verfahrens-, Energie- und Umwelttechnik“ und im darauffolgenden Sommersemester in den Pflichtgegenständen „Physikalische Chemie, Verfahrens-, Energie- und Umwelttechnik“, „Biochemie und Bioanalytik“ sowie „Angewandte Mikrobiologie und Gentechnik“ jeweils zutreffend mit „Nicht genügend“ beurteilt.

Damit weisen die Semesterzeugnisse des Beschwerdeführers über das Winter- und das Sommersemester der vierten Schulstufe in den Pflichtgegenständen insgesamt vier Beurteilungen mit „Nicht Genügend“ auf.

Folglich ist er gemäß § 25 Abs. 10 SchUG nicht zum Aufsteigen in die fünfte Schulstufe einer berufsbildenden höheren Schule berechtigt.

Zum Begehren des Beschwerdeführers, an die HBLVA in die vierte Schulstufe wieder aufgenommen zu werden, ist Folgendes festzuhalten:

Im angefochtenen Bescheid wies der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung bereits zutreffend darauf hin, dass der Beschwerdeführer im Schuljahr 2019/2020 die Schule im sechsten Schulbesuchsjahr auf der vierten der insgesamt fünf Schulstufen (vgl. § 66 Abs. 1 SchOG) besucht hat.

Da der Beschwerdeführer die vierte Schulstufe – wie oben ausgeführt – nicht erfolgreich abgeschlossen hat, würde er im Falle des Weiterbesuches einer berufsbildenden höheren Schule die gemäß § 32 Abs. 6 SchUG zulässige Höchstdauer des Schulbesuches überschreiten, weil er für den Abschluss dann schon drei Schuljahre länger benötigen würde. Folglich hat er gemäß § 33 Abs. 1 lit. d) SchUG ex lege aufgehört, Schüler der von ihm besuchten Schule zu sein.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen (vgl. etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 [2018], § 7 VwGVG, Anm. 7 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Abgesehen davon ist das Schulrecht nicht von Art. 6 EMRK und auch nicht von Art. 47 GRC erfasst (vgl. VfGH 10.03.2015, E 1993/2014, sowie VwGH 27.03.2019, Ra 2019/10/0017, m.w.N.).

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision [Spruchpunkt B)]

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass hier der Beschwerdeführer zum Aufsteigen in die nächste Schulstufe der von ihm besuchten Schulart nicht berechtigt ist, entspricht der klaren Gesetzeslage (zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes siehe etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053; 27.08.2014, Ra 2014/05/0007).

Schlagworte

Aufstieg in nächsthöhere Schulstufe Beendigung des Schulbesuchs negative Beurteilung Widerspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W227.2239730.1.00

Im RIS seit

21.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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