TE Vfgh Erkenntnis 1995/6/20 B166/94, B260/94, B284/94, B415/94, B416/94, B417/94, B506/94, B527/94,

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Veröffentlicht am 20.06.1995
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art11 Abs1 Z4
B-VG Art18 Abs2
StGG Art4
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
FahrverbotsV der Tiroler Landesregierung vom 13.07.93, LGBl 58 idF LGBl 96/1993, mit der auf der B 312 Loferer Straße ein sektorales Fahrverbot für LKW erlassen wird
StVO 1960 §43 Abs2 lita
StVO 1960 §45 Abs2a

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit der ein sektorales Fahrverbot für LKW auf der B 312 Loferer Straße verfügenden Verordnung; doppelte Einschränkung des Verkehrsverbotes auf bestimmte Schwerfahrzeuge mit bestimmten Gattungen von Ladungen angesichts der dadurch bewirkten erheblichen Reduzierung des Schwerverkehrs und damit erheblichen Entlastung der Bevölkerung vom Verkehrslärm und von sonstigen Verkehrsbelästigungen gerechtfertigt; kein Widerspruch der Verordnung einschließlich der verfügten Ausnahmen betreffend den Ziel- und Quellverkehr zum Gleichheitssatz; keine Verletzung des Vertrauensschutzes; keine kompetenzrechtlichen Bedenken gegen die als straßenpolizeiliche Vorschrift anzusehende Regelung; kein Eingriff in das Recht auf Freizügigkeit des Vermögens und in die Erwerbsausübungsfreiheit; keine willkürliche oder denkunmögliche Versagung von Ausnahmebewilligungen vom sektoralen Fahrverbot

Spruch

Die beschwerdeführenden Parteien sind durch die angefochtenen Bescheide weder in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerden werden daher abgewiesen.

Die zu B284/94, B540/94, B541/94, B564/94, B565/94 sowie B566/94 erhobenen Beschwerden werden dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Die Verordnung der (Tiroler) Landesregierung vom 13. Juli 1993, mit der auf der B 312 Loferer Straße ein sektorales Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge erlassen wird, LGBl. 58/1993, in der Fassung der Verordnung der Landesregierung vom 28. September 1993, LGBl. 96/1993 lautet:

"§1

Auf der B 312 Loferer Straße von Straßenkilometer 0,00 in der Gemeinde Kirchbichl bis Straßenkilometer 49,63 in der Gemeinde Waidring ist das Fahren mit Lastkraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t, die mit Hackschnitzel, Glasbruch, Schrott, Autos, Schlacke, Zement, Leergebinden, Maschinen, Verpackungsmaterial, Baustoffen und Betonfertigteilen beladen sind, verboten.

§2

Ausgenommen vom Verbot nach §1 sind Fahrten mit Lastkraftfahrzeugen, die in den Bezirken Kitzbühel, Lienz, St. Johann i. P. und Zell am See sowie in den Gemeinden Kirchbichl, Söll, Ellmau und Scheffau des Bezirkes Kufstein zumindest überwiegend Be- oder Entladen werden (Ziel- oder Quellverkehr).

§3

Rechtsvorschriften, mit denen weitergehende Fahrverbote angeordnet werden, bleiben unberührt.

..."

II. 1. Mit den auf Art144 B-VG - beim Verfassungsgerichtshof zu B166/94, B260/94, B284/94, B415-417/94, B506/94, B527/94, B540/94, B541/94,

B564-566/94 und B1905/94 protokollierten - Beschwerden wenden sich die beschwerdeführenden Parteien gegen Bescheide der Tiroler Landesregierung, mit denen Anträge auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung von dem mit der eingangs wiedergegebenen Verordnung verfügten Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge gemäß den §§45 Abs2 a und 94 a Abs1 StVO 1960 abgewiesen wurden.

2. Mit den zu B1313/94, B2507/94 und B2508/94 protokollierten Beschwerden bekämpfen die beschwerdeführenden Parteien Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol, mit denen sie wegen Übertretung jener Verordnung gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 bestraft wurden.

3. Die beschwerdeführenden Parteien erachten sich im einzelnen in unterschiedlichen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere auf Unverletzlichkeit des Eigentums, auf Erwerbsausübungsfreiheit (B166/94, B260/94, B284/94, B415/94, B416/94, B417/94, B527/94, B540/94, B541/94, B564-566/94, B1313/94, B1905/94, B2507/94, B2508/94), auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (B284/94, B506/94, B540/94, B541/94, B564/94, B565/94, B566/94), auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (B166/94, B260/94, B415-417/94, B527/94, B540/94, B541/94, B1905/94), auf Berücksichtigung des Gebots der Wirtschaftsgebietseinheit gemäß Art4 B-VG (B284/94, B564-566/94), auf Freizügigkeit der Person und des Vermögens (B540/94, B541/94), sowie alle in ihren Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, nämlich des sektoralen Fahrverbots, verletzt.

3.1. Die Gesetzwidrigkeit des sektoralen Fahrverbots erblicken die beschwerdeführenden Parteien in dessen mangelnder Deckung durch §43 Abs2 lita StVO 1960.

3.1.1. Der genannten Gesetzesbestimmung zufolge dürfen für alle oder für bestimmte Fahrzeugarten oder für Fahrzeuge mit bestimmten Ladungen Verkehrsbeschränkungen erlassen werden. Das sektorale Fahrverbot gelte aber weder für alle, noch für bestimmte Fahrzeugarten, noch für Fahrzeuge mit bestimmten Ladungen, sondern für "Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t, die mit 'einem bestimmten Ladegut' beladen sind". Eine "derartige Mehrfachkombination" sei im Gesetz aber nicht vorgesehen. Schon diese bewirke eine Gesetzwidrigkeit der Verordnung.

Zudem könnten die Begriffe "Ladung" und "Ladegut" nicht gleichgesetzt werden. Zwar könne §61 Abs1 StVO 1960 unter Umständen als Argument für eine "Gleichsetzung dieser Begriffe" ins Treffen geführt werden, doch sei eine solche - ausgehend vom Schutzzweck der Norm - für Verkehrsbeschränkungen nach §43 Abs2 StVO 1960 nicht gerechtfertigt. Auch §45 Abs1 StVO 1960, wonach größere als die zulässigen Maße und Gewichte bewilligt werden können, verdeutliche, daß "Ladung" nicht im Sinne von "Ladegut" zu verstehen sei, sondern als abstrakter Umfang einer Ladung, begrenzt durch ein zulässiges Maß und/oder Gewicht. Verkehrsbeschränkungen könnten sich daher nur gegen nach Maß und/oder Gewicht näher umschriebene Ladungen richten. Für Zwecke des Lärmschutzes mache es keinen Unterschied, ob Kartoffeln oder Hackschnitzel transportiert würden, jedoch mache es sehr wohl einen Unterschied (Luftwiderstand), welches Ausmaß die Ladung hat. Auch §45 Abs2 a StVO 1960 spreche bei der auf das Ladegut abstellenden Regelung nicht von "Ladungen", sondern von "Fahrten, die ausschließlich der Beförderung von Milch, Schlacht- und Stechvieh, ... leicht verderblichen Lebensmitteln ..." dienen.

Lege man den Ausdruck "Fahrzeuge mit bestimmten Ladungen" in §43 Abs2 StVO 1960 im Sinne von "Ladegut" aus, "so obwalten gegen diese Bestimmung gravierende verfassungsrechtlichen Bedenken, zumal eine Differenzierung nach der Art des Ladegutes nicht geeignet ist, die vom Gesetz vorgesehenen Zwecke ... zu erfüllen, (sondern) geradezu zu dirigistischen Maßnahmen führt". In verfassungskonformer Auslegung könnten gestützt auf diese Bestimmung nur Transporte verhindert werden, bei denen Gefahren und Belästigungen vom Ladegut selbst ausgehen und diese nicht schon durch das Gefahrgutbeförderungsgesetz-Straße, BGBl. 209/1979, geregelt sind. Geruch und Schadstoffbelastungen oder andere Gefahren oder Belästigungen, die vom Ladegut ausgehen könnten, seien aber nicht erkennbar, zumal der Transport dieser Güter mit anderen Straßenfahrzeugen freistehe.

3.1.2. Das an sich berechtigte Ziel der Reduzierung des Verkehrslärms für die Anlieger sei aber durch das sektorale Fahrverbot nicht erreicht worden, da die Verordnung den Ziel- und Quellverkehr ausnimmt und "das weit überwiegende Verkehrsaufkommen an Personenkraftwagen, Autobussen, Motorrädern und sonstigen, nicht vom sektoralen Fahrverbot umfaßten Motorfahrzeugen" nicht erfaßt ist. Der für die anrainende Wohnbevölkerung bewirkte Schutz stehe weiters in keinem Verhältnis zu den Auswirkungen des Verkehrsverbotes. Die Verordnung bezwecke eigentlich nicht die Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, sondern eine Reduzierung des Verkehrs durch ein Fahrverbot. Daß die belangte Behörde nicht den Lärmschutz vor Augen gehabt hat, erweise schon der Umstand, daß lärmarme LKW nicht vom Fahrverbot ausgenommen sind.

3.1.3. Bei Erlassung des zeitlich unbeschränkten sektoralen Fahrverbots sei auch nicht auf die Bedeutung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse Bedacht genommen worden. Die B 312 Loferer Straße weise folgende Verkehrsstruktur auf: "50 % des gesamten Güterverkehrs sind dem Ziel- und Quellverkehr nach bzw von Tirol, 23 % dem Binnenverkehr innerhalb Tirols, 25 % dem österreichischen Transitverkehr (Vorarlberg-Ostösterreich) und ca. 2 % dem internationalen Transitverkehr zuzuordnen". Die B 312 sei die "Hauptschlagader und der Hauptverbindungsweg" zwischen Ost- und Westösterreich. Die Benützung der B 312 Loferer Straße sei eine "verkehrsgeografische Notwendigkeit". Der Verordnungsgeber habe außerdem die Berücksichtigung länderübergreifender Verkehrszusammenhänge unterlassen. Die Ausweichrouten über österreichisches Gebiet seien für den LKW-Verkehr nicht ausgebaut und darüber hinaus mit Fahrverboten versehen. Durch den Ausschluß des Transports der in der Verordnung genannten Ladegüter durch Lastkraftfahrzeuge mit einem 7,5 t übersteigenden Gesamtgewicht wurde die "praktisch einzige, für den innerösterreichischen Güterfernverkehr in Ost-West-Richtung ... bestehende Verkehrsverbindung" zeitlich unbegrenzt gesperrt und gleichzeitig eine Verlagerung auf andere gleichartige Straßenzüge bewirkt.

3.1.4. Das sektorale Fahrverbot sei insgesamt nicht erforderlich im Sinne des §43 StVO 1960, weil dadurch kein zusätzlicher "Schutz der Bevölkerung" bewirkt werde.

3.1.5. Außerdem seien vor Erlassung der Verordnung die entsprechenden Entscheidungsgrundlagen zum Teil nicht ausreichend erhoben, zum Teil sei nicht ausreichend darauf Bedacht genommen worden. Dies gelte insbesondere für das Ergebnis der Untersuchung, daß mehr als ein Drittel der geplanten Transporte nicht auf Autobahn- oder Eisenbahnverkehr umgelegt werden könne. Ein "'hoher Anteil' an Verlagerfähigkeit rechtfertigt nicht, die Interessen des verbleibenden beachtlichen Restes von mehr als einem Drittel nicht verlagerfähigen Teil zu negieren". Der verordnungserlassenden Behörde sei daher die erforderliche Interessenabwägung gar nicht möglich gewesen.

3.2.1. Das sektorale Fahrverbot widerspreche weiters dem Gleichheitssatz. Es bestehe keine sachliche Rechtfertigung dafür, daß bei den von der Verordnung erfaßten Ladegütern die fehlende Substituierbarkeit der Straßentransporte durch andere Verkehrsträger anders gesehen wird als bei jenen, die nicht von der Verordnung erfaßt sind. Da die Art des Ladeguts keinen Einfluß auf die Lärmbelästigung habe und der Transport der von der Verordnung erfaßten Güter dasselbe Emissionsmaß und dieselbe Frequenzzahl aufweise wie der Transport anderer Güter, werde durch die Verordnung Gleiches ungleich behandelt. Sollte der Verordnungsgeber die Ansicht vertreten, daß die in der Verordnung genannten Güter "minderwertig" oder "weniger beförderungswert" wären, so sei auch dieses Argument unsachlich. Es sei auch nicht einzusehen, warum der Transport der von der Verordnung erfaßten Güter auf der B 312 Loferer Straße untersagt sei, während dort mit Chemikalien, Öl, Munition usw. beladene LKW die Strecke benützen dürften. Die einzelnen vom sektoralen Fahrverbot erfaßten Güter seien willkürlich ausgewählt worden.

3.2.2. Zudem würde durch das sektorale Fahrverbot ein sachlich nicht gerechtfertigter Wettbewerbsvorteil für jene Betriebe bewirkt, die ihren Standort in Gebieten haben, die von diesem Fahrverbot nicht tangiert werden, während gleichzeitig für eine bestimmte Anzahl von Transportbetrieben eklatante Wettbewerbsnachteile entstehen, welche geradezu existenzgefährend seien.

3.2.3. Das sektorale Fahrverbot verstoße aber auch insofern gegen den Gleichheitssatz als die betroffenen Transportunternehmer im Vertrauen auf die Rechtslage in lärmarme LKW investiert hätten, "um allfälligen künftigen Verkehrsbeschränkungen auf der B 312 Loferer Straße zu entgehen ...". "Wie aus heiterem Himmel" habe aber die Tiroler Landesregierung ein Verkehrsverbot erlassen, ohne dem von der Rechtsordnung gebotenen Vertrauensschutz Genüge zu tun.

3.3.1. Auch sei die örtliche Abgrenzung des "Ausnahmegebietes" sachlich nicht gerechtfertigt. Sie umfasse zB mit Lienz ein Gebiet südlich der Alpen, doch fehle - obwohl die identen Voraussetzungen vorliegen - der anschließende Bereich. Die Ausnahmen bestimmten im Ergebnis einen Gebietsschutz für die in der Verordnung bezeichneten Gebiete. Die solcherart standortbezogenen Ausnahmen bewirkten eine durch nichts zu rechtfertigende Diskriminierung jener Frächter, die in anderen Teilen des Bundesgebietes ihren Standort haben.

3.3.2. Der positiv formulierte Verbotskatalog beinhalte außerdem einen Ausnahmekatalog für alle nicht angeführten Güter. Gesetzwidrige Befreiungsbestimmungen in Verordnungen höhlten aber in gesetzwidriger Weise den Grundtatbestand aus und machten ihn daher selbst gesetzwidrig.

3.3.3. In der zu B1313/94 protokollierten Beschwerde gegen einen Bescheid, mit der der Beschwerdeführer für schuldig erkannt wurde, mit einem LKW mehrere PKW auf einer vom sektoralen Fahrverbot erfaßten Strecke der B 312 Loferer Straße befördert zu haben, obwohl die Ausnahmeregelung der Verordnung auf den Beschwerdeführer nicht zutreffe, "da der überwiegende Teil der Beladung, nämlich 7 von 8 PKW, in Spittal an der Drau abgeladen wurde, während nur ein PKW in St. Johann in Tirol (als erlaubtem Zielort) abgeladen wurde", versucht der Beschwerdeführer aufzuzeigen, daß gerade diese Fallkonstellation die Gesetzwidrigkeit der Regelung beweise. Wäre der LKW nur mit einem PKW mit Bestimmungsort St. Johann in Tirol beladen gewesen, hätte dies eine Ausnahme für diese Fahrt bewirkt. Für die anderen 7 PKW müßte ein zweiter Transport vorgenommen werden, was schon allein deshalb - abgesehen von der Verlagerung auf andere Fahrtrouten und der Vervielfachung der Belastung für Anrainer und Umwelt durch einen streckenmäßigen Umweg - zu erneuten Gefahren und Belästigungen führt.

§2 des sektoralen Fahrverbots, der die Ausnahmen für Fahrten mit Lastkraftfahrzeugen, die "zumindest überwiegend" in bestimmten Bezirken bzw. Gemeinden be- oder entladen werden, festlegt, verstoße außerdem gegen das Rechtsstaatsgebot. Bei der Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals bleibe zweifelhaft, ob ein mengenmäßiger oder ein zeitlicher Maßstab anzulegen sei. Gerade im Verwaltungsstrafverfahren bewirke dies aber einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot gemäß Art18 B-VG.

3.3.4. Auch die Beschwerdeführerin der zu B2507/94 protokollierten Beschwerde hält das sektorale Fahrverbot, in eventu die Wortfolge "zumindest überwiegend" im §2 der Verordnung für gesetzwidrig. Die Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid bestraft, da sie auf einer vom sektoralen Fahrverbot erfaßten Strecke der B 312 Loferer Straße 4 PKW transportiert habe. Die Beschwerdeführerin bringt vor, daß sie die 4 PKW an die Bestimmungsorte Saalfelden - Kirchbichl - Innsbruck - Rankweil zuzustellen gehabt habe, wobei die Zustellung nach Saalfelden und Kirchbichl nach §2 der Verordnung vom Verbot ausgenommen ist. Eine Rückfahrt von Saalfelden über Bischofshofen nach Salzburg sei aber aus terminlichen Gründen nicht möglich bzw. der Umweg von beinahe 150 km wirtschaftlich nicht verkraftbar gewesen. Auch der Beginn der Zustellung in Rankweil in Vorarlberg sei nicht möglich gewesen, da aus Vorarlberg ein Rücktransport durchzuführen war. Dies beweise, daß die Regelung sachlich nicht gerechtfertigt sei.

3.4. Das sektorale Fahrverbot bewirke schließlich, daß die Lastkraftfahrzeuge, welche die Woche über im In- und Ausland unterwegs sind, aus örtlichen und zeitlichen Gründen regelmäßig nicht in der Lage sind, zum Wochenende den Betriebsstandort zu erreichen. Dies stelle eine Verletzung des Grundsatzes der Freizügigkeit des Vermögens dar. Ausweichrouten über den Steinpaß, Sillian oder Tarvis seien nicht möglich, weil die dortigen Zollämter in der Nacht keine Abfertigung durchführten. Ein Ausweichen über die B 311 Salzachtal Bundesstraße würde eine gesonderte Transitgenehmigung der Bundesrepublik Deutschland erfordern.

3.5. Auch kompetenzrechtliche Erwägungen ließen die Verordnung bedenklich erscheinen. Beim sektoralen Fahrverbot ginge es "vorrangig um die Beladung mit bestimmten Ladegütern". Dadurch "wird eine wegen des Ladegutes verfügte Verkehrsbeschränkung für die betroffenen Arten von Kraftfahrzeugen zu einem Verkehrsverbot". Die Verordnung berufe sich bloß "vordergründig auf §43 Abs2 StVO, bekämpft aber in Wahrheit den Transport bestimmter Transportgüter (Ladegüter)". Es handle sich daher um eine kraftfahrrechtliche, allenfalls "straßenwesenrechtliche" Maßnahme, und nicht um eine straßenpolizeiliche.

3.6. Durch das sektorale Fahrverbot werde weiters ein "absolutes Transportierungsverbot" geschaffen, das in die Erwerbsausübungsfreiheit eingreife.

4. Schließlich rügen die beschwerdeführenden Parteien, daß die Tiroler Landesregierung als belangte Behörde mit den angefochtenen Bescheiden bloß formularmäßige Erledigungen gefällt habe und auf die konkreten Einzelfälle nicht näher eingegangen sei. Dieser Verfahrensfehler reiche in die Verfassungssphäre.

Die belangte Behörde habe außerdem den Begriff "erhebliches öffentliches Interesse" im §45 Abs2 a StVO 1960 denkunmöglich ausgelegt, wenn sie davon ausgegangen ist, daß ein erhebliches öffentliches Interesse nur bei solchen Fahrten bejaht werden könne, die aus einem allgemeinen Interesse unbedingt erforderlich und unaufschiebbar seien. Sie habe daher den Begriff im Sinne von "zwingendes öffentliches Interesse" bzw. im Sinne von "öffentliche Rücksichten" verstanden, "wie wohl es auf der Hand liegt, daß ein erhebliches öffentliches Interesse weit weniger darstellt ...".

Willkürliches Vorgehen rügen die Beschwerdeführer zu B284/94, B564-566/94. Die belangte Behörde habe bei Erlassung der Bescheide die maßgebliche Sach- und Rechtslage grundlegend verkannt, da an den jeweiligen Transporten ein erhebliches öffentliches Interesse bestehe. Dies werde insbesondere schon dadurch bewirkt, daß bei der Nichtdurchführung der Transporte eine große Zahl von Arbeitsplätzen gefährdet wäre. Zu den von der belangten Behörde angezogenen Transportalternativen führen die beschwerdeführenden Parteien aus, daß weder eine Verlagerung auf die Schiene noch das Ausweichen auf das "Große Deutsche Eck" taugliche und zumutbare Alternativen darstellten und insgesamt nicht geeignet seien, die begehrten Ausnahmebewilligungen zu ersetzen. Die Benützung des "Großen Deutschen Ecks" komme als Ausweichroute deshalb nicht in Frage, weil die - keineswegs so problemfreie - Zuteilung von Zählkarten weitgehend von der Inanspruchnahme des begleiteten oder unbegleiteten kombinierten Verkehrs abhängig ist und in der Praxis auf erhebliche Schwierigkeiten stoße. Auch der Transport mit der ÖBB begegne in der Praxis die Konkurrenzfähigkeit ausschließenden Problemen der mangelnden Flexibilität und übersteigerten Kosten. Andere organisatorische Maßnahmen sowie die Wahl eines anderen Verkehrsmittels könnten die unbedingt notwendigen Fahrten daher nicht ersetzen.

In Verkennung der außerordentlichen Bedeutung der B 312 Loferer Straße für den innerösterreichischen West-Ost-Verkehr habe die belangte Behörde - willkürlicher Weise - den beschwerdeführenden Parteien "in mehrfacher Hinsicht inadäquate Alternativen" zugemutet.

4.1. Die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums erblicken die beschwerdeführenden Gesellschaften darin, daß sie durch die Nichtgewährung einer Ausnahme vom sektoralen Fahrverbot auf der B 312 Loferer Straße den eigens zu den genannten Fahrten angeschafften LKW weder für das angestrebte Ziel noch anderweitig nutzen könnten, die Beschwerdeführer zu B1303/94, B2507/94 und B2508/94 darin, daß sie auf Grund einer rechtswidrigen Grundlage bestraft wurden.

4.2. Die Versagung der Ausnahmegenehmigungen bedeute für sie zudem die "Untersagung der angestrebten Erwerbstätigkeit". Die beschwerdeführenden Gesellschaften seien existentiell auf die Durchführung der in Rede stehenden Transporte angewiesen.

4.3. Durch die Nichtgewährung einer Ausnahmebewilligung vom sektoralen Fahrverbot auf der B 312 werde die wichtigste Binnentransitroute für einen erheblichen Teil des Güterverkehrs durch Schwerfahrzeuge ab 7,5 t gänzlich gesperrt. Die bekämpften Bescheide bedeuteten sohin eine derart gravierende Verkehrsbeschränkung, daß im gegebenen Zusammenhang von der Abgrenzung eines bestimmten Gebietes im Sinne des Art4 B-VG (nämlich der Abgrenzung des Bundeslandes Vorarlberg vom Wirtschaftsraum der übrigen Bundesländer Österreichs) gesprochen werden müsse. Von bloß "faktischen Auswirkungen" auf welche es im Hinblick auf Art4 Abs2 B-VG nicht ankomme, könne angesichts der überaus einschneidenden Konsequenzen nicht mehr gesprochen werden.

4.4. Da das sektorale Fahrverbot gesetzwidrig ist, habe die belangte Behörde eine Sachzuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr vor dem Hintergrund dieser Rechtslage nicht zusteht, wodurch eine Verletzung des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter herbeigeführt werde.

5. Die Tiroler Landesregierung hat unter Vorlage der Verwaltungs- und der Verordnungsakten jeweils eine Gegenschrift erstattet.

Zur Verteidigung des sektoralen Fahrverbots führt die Tiroler Landesregierung aus, daß der Erlassung der Verordnung ein umfassendes Ermittlungsverfahren (einschließlich einer Güterverkehrsuntersuchung, verfaßt von Dipl.Ing. Dr. H. S), dessen Ergebnis unter dem Titel "B 312 Loferer Straße, Güterverkehrsuntersuchung 1992" zusammengefaßt wurde, vorausging. Die detaillierte Verkehrsanalyse biete Aufschlüsse über die Verlagerungspotentiale (Route über die Autobahn Wörgl-Kufstein-Rosenheim-Salzburg bzw. mit der Eisenbahn). Bei dieser Studie sei davon ausgegangen worden, daß auf die Bahn prinzipiell jene Fahrten verlagerbar seien, die ihren Quell- und Zielort an (oder zumindest nahe) einem Bahnterminal haben und/oder zum Zweck der Bahnverladung keine großen Umwege in Kauf nehmen müssen. Für kurze Strecken sei wegen des hohen Anteiles der Wartezeiten an der Gesamttransportzeit die Verlagerbarkeit nicht angenommen worden. Für die Akzeptanz einer Bahnverlagerung sei eine minimale Streckenlänge von 350 km angesetzt und 12 untersuchungsrelevante Beziehungen zwischen 11 möglichen Terminalstandorten ermittelt worden. Als Gründe für die Nichtbenützung der Bahn seien folgende Determinanten eruiert worden:

"-

Die Kosten des Bahntransportes sind in der Regel wesentlich höher als jene auf der Straße.

-

Die Bahnverbindungen können nicht immer zu den für die Wirtschaft erforderlichen Zeiten angeboten werden.

-

Die Transportdauer ist meist länger."

Festgestellt wurde weiters, daß die Gründe für die bisherige Nichtbenützung der Autobahn in der für die Durchfahrt benötigten - auf Grund der Kontingentierung nur begrenzt verfügbaren - deutschen Transportgenehmigung gelegen seien, während für die Durchfahrt über die B 312 und weiter über das kleine deutsche Eck keine solchen Genehmigungen und nur ein vereinfachtes Zollverfahren erforderlich war. Bei Benützung der Autobahnverbindung an den Grenzen sei hingegen eine normale, dh. zum Teil aufwendige Zollabwicklung, durchgeführt worden.

Unter anderem sei "die Anzahl der schweren LKW mit Massengütern pro 24 Std. sowie deren Möglichkeit zur Verlagerung auf die Autobahn bzw. die Bahn erhoben" und dabei "getrennt nach Art der Ladungen" untersucht worden. Der Anteil der mit den nunmehr vom Fahrverbot betroffenen Massengütern beladenen LKW betrage demnach 20,5 %. Davon errechnete sich der Anteil der auf die Autobahn verlagerbaren LKW mit 13 %. Von diesen 13 % könnten 4,5 % auf die Bahn umgeladen werden, wobei eine zumutbare Mindeststrecke von 350 km zugrundegelegt wurde.

Weiters hätten "die Verkehrsminister der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich ... am 13.11.1992 in München vereinbart, den Straßendurchgangsverkehr Salzburg-Lofer über das 'Kleine Deutsche Eck' in Etappen bis zum 01.07.1995 unter Berücksichtigung der örtlichen Verkehre je zur Hälfte auf Deutschland und Österreich zu verteilen". Die auf Grund dieser Ministervereinbarung getroffene Regelung ermögliche, "daß beide Strecken unter den gleichen zollrechtlichen und güterkraftverkehrlichen Voraussetzungen benützt werden können".

Am 5. Juli 1993 sei die erste Stufe dieser Ministervereinbarung durch eine Regelung in Kraft getreten, welche für den gewerblichen Güterverkehr und den Werksverkehr mit LKW über 3,5 t zwischen den Bundesländern Salzburg und Tirol die Benützung der Autobahn über Rosenheim einerseits und das kleine deutsche Eck (über die B 312) unter den gleichen zollrechtlichen Bestimmungen ermöglicht. Die deutsche Seite mache jedoch die Befahrung der bisher nicht genehmigungspflichtigen Strecken über das kleine deutsche Eck nunmehr von einer kontingentierten güterkraftverkehrlichen Genehmigung abhängig. Daher gelte für beide Strecken das erleichterte zollrechtliche Durchgangsverfahren, jedoch unter der Voraussetzung, daß der Benützer im Besitz einer kontingentierten Durchfahrtsgenehmigung - einer sogenannten Zählkarte - ist. Dabei seien die wöchentlichen Richtungsfahrten über das kleine deutsche Eck auf 5700, jene über das große deutsche Eck (Autobahn Kufstein-Rosenheim-Salzburg) auf 2350 beschränkt, was etwa zwei Viertel (kleines deutsches Eck) und ein Viertel (großes deutsches Eck) des bisherigen Verkehrs über das kleine deutsche Eck entspricht. Das restliche Viertel des Schwerverkehrs müsse innerösterreichische Strecken (Straße oder Bahn) in Anspruch nehmen. Die zweite Stufe ab 1. Juli 1995 sehe eine weitere Halbierung des Schwerverkehrs über das kleine deutsche Eck vor und damit die Verlagerung auf eine österreichische Verkehrsverbindung (Schiene oder Straße).

Für den Tiroler Abschnitt der B 312 Loferer Straße bedeute dies, daß derzeit ein Viertel des bisherigen Lofer-Schwerlastverkehrs unter den gleichen rechtlichen Voraussetzungen über die Autobahn ausweichen und auch zusätzlich ein Teil auf die Bahn verlagert werden kann bzw. muß. Nach dem genannten Zeitstufenplan müsse bis 1. Juli 1995 ein weiteres Viertel dieses Verkehrs verlagert werden.

Die in §2 des sektoralen Fahrverbots vorgesehene Ausnahmeregelung gewährleiste die Versorgung und Entsorgung der an der B 312 liegenden Haushalte und Unternehmen mit den vom Verbot betroffenen Gütern. Auf Grund von Beschwerden und Anregungen, welche noch vor dem Inkrafttreten der ursprünglichen Verordnung, LGBl. 58/1993, bei der verordnungserlassenden Behörde eingelangt sind, habe sich herausgestellt, daß die im §2 gewählte Formulierung, wonach Fahrten nur dann vom Verbot ausgenommen sind, wenn die Lastkraftfahrzeuge in den genannten Orten be- oder entladen werden, vielfach so verstanden wurde, daß eine gänzliche Be- oder Entladung stattfinden müsse. Dies hätte eine ungewollte Härte bedeutet. Um einerseits dem angestrebten Zweck zu entsprechen und andererseits Mißbräuchen vorzubeugen, sei mit Verordnung der Landesregierung, LGBl. 96/1993, die entsprechende Änderung verfügt worden. Die im §2 ausgenommenen Fahrten seien weder auf die Autobahn, noch auf die Bahn verlagerbar. Dies ergebe sich jedenfalls aus der Analyse der dem Ermittlungsverfahren zugrundeliegenden Güterverkehrsuntersuchung 1992. Der Anteil der nicht verlagerbaren Fahrten betrage dabei ein Drittel gegenüber dem vom Fahrverbot betroffenen Schwerlastverkehr, jedoch lediglich 7,4 % des gesamten Schwerlastverkehrs auf der B 312.

Hinsichtlich der Bedenken gegen ein Fahrverbot für Transporte mit bestimmten Ladungen verweist die Tiroler Landesregierung auf das Erkenntis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 13175/1992. Das sektorale Fahrverbot diene der Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt. Die Anrainer der B 312 seien durch den Verkehr im besonderen Maße Belästigungen ausgesetzt. Bei der Auswahl der Ladungen sei auf die Kriterien der "Häufigkeit, Verlagerbarkeit usw." der Transporte Bedacht genommen worden. Der Vorwurf einer willkürlichen Auswahl der vom Verbot betroffenen Ladungen sei daher nicht gerechtfertigt. Der Anteil der mit dem in der Verordnung genannten Massengütern beladenen LKW betrage ca. 20,7 % des gesamten Schwerlastverkehrs, wodurch eine Reduzierung des Schwerverkehrs auf der B 312 um über 20 % erwartet werden konnte. Um für die betroffene Bevölkerung eine spürbare Reduzierung der durch Lärm, Rauch, Abgase, Erschütterungen usw. hervorgerufenen Belastungen zu erreichen, sei die Beförderung mehrerer Arten von Massengütern zu verbieten gewesen, welche einerseits einen großen Anteil am Schwerverkehr hatten, andererseits zu einem großen Teil verlagerbar waren.

Auf Grund der aufgezeigten Überlegungen sei die Tiroler Landesregierung der Ansicht, daß das Interesse an der gegenständlichen Verkehrsbeschränkung im Hinblick auf die zu erwartende spürbare Verminderung der Lärm- und Abgasebelästigung der im Nahbereich der B 312 wohnenden Bevölkerung gegenüber den Interessen an der ungehinderten Benützung der B 312 wegen ihrer Bedeutung für den innerösterreichischen Verkehr vorrangig sei, zumal entsprechende Ausnahmen vorgesehen sind und für den verlagerungsfähigen Teil der vom Verbot betroffenen LKW Fahrten mit Massengütern die Autobahn und teilweise auch die Schiene zur Verfügung stehen.

Transporte mit nicht verlagerbaren Massengütern auf der B 312, das seien insbesondere jene, welche sich auf den Ziel- oder Quellverkehr beschränkten, würden noch in ausreichendem Maße ermöglicht. Bloß der "nicht unbedingt notwendige Transit bestimmter Massengüter (sollte) auf der B 312 unterbunden werden". Für jene Fahrten, welche auf der B 312 lediglich in Transit durchgeführt werden, stehe als Ausweichroute das große deutsche Eck zur Verfügung. Dies insbesondere auch deshalb, da laut einer Stellungnahme der Vorarlberger Landesregierung "85 % des Inlandsmarktes der Vorarlberger Industrie östlich von Lofer" liegen.

Der Vorwurf, daß durch das sektorale Fahrverbot ein Gebietsschutz bewirkt werde, gehe ins Leere, da sich die Ausnahmen vom Fahrverbot nicht auf den Sitz des Unternehmens, sondern auf den Ziel- und Quellverkehr beziehen.

Die Tiroler Landesregierung beantragt die Abweisung der Beschwerden.

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat im Verfahren zu B2507/94 eine Gegenschrift erstattet, in der die Gesetzmäßigkeit des sektoralen Fahrverbots verteidigt und die Abweisung der Beschwerde begehrt wird.

7. Die beschwerdeführende Gesellschaft der zu B166/94 protokollierten Beschwerde replizierte auf die Gegenschrift der Tiroler Landesregierung und zieht vor allem das von der Tiroler Landesregierung benutzte und vorgelegte Zahlenmaterial in Zweifel.

Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf verweise, daß auf die Bahn jene Fahrten verlagerbar seien, die ihren Zielort in der Nähe eines Bahnterminals haben, so sei festzuhalten, daß das sektorale Fahrverbot nicht darauf Rücksicht nehme. Im übrigen sei auch die Transportentfernung keineswegs eine hinreichende Bedingung für die Entscheidung eines Verladers, die Bahn in Anspruch zu nehmen. Die Verordnung berücksichtige die Bedingungen und die einzelnen wirtschaftlichen Kriterien von Unternehmensentscheidungen hinsichtlich der Verkehrsmittel nicht ausreichend, wodurch es zu erheblichen Wettbewerbsbenachteiligungen im Warenaustausch zwischen Ost- und Westösterreich komme.

Bei der Transportmittelwahl dürften zudem die Mehrkosten des Bahntransportes nicht vernachläßigt werden.

Aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg.

13175/1992 könne nicht abgeleitet werden, daß die Liste von

Verbotsgütern durch den Verordnungsgeber willkürlich festgesetzt

werden darf. In jenem Erkenntnis habe der Verfassungsgerichtshof

"nur wegen der 'Substituierbarkeit der betreffenden

Straßentransporte durch andere Verkehrsträger' ... eine

Gleichheitswidrigkeit der Liste der Verbotsgüter nicht

angenommen". Das sektorale Fahrverbot könne "eine solche

sachliche Rechtfertigung ... für sich (nicht) in Anspruch

nehmen".

Die von der Gegenschrift ins Treffen geführte Möglichkeit, im Rahmen eines Kontingents über das große deutsche Eck auszuweichen, reduziere weiters die Belastung der B 312, sodaß es keiner zusätzlichen Tiroler Maßnahme auf der B 312 bedürfte. Die zusätzliche Maßnahme bewirke vielmehr lediglich, daß statt der Verbotsgüter andere Güter über die B 312 befördert werden. Auch werde der Kontingentrahmen von 2350 Genehmigungen jedenfalls voll ausgeschöpft. Es sei unzutreffend, daß "das Kontingent über das Große Deutsche Eck ausreichend wäre". Nach Auskunft der Zählkartenzuteilungsstelle der ÖKOMBI müßten 20 bis 30 % der Anträge wegen Erschöpfung des Kontingents an Zählkarten abgewiesen werden.

8. In den zu B284/94, B564-566/94 eingebrachten Repliken der beschwerdeführenden Gesellschaften wird weiters darauf hingewiesen, "daß der Bahntransport auf Grund der von der belangten Behörde selbst eingeräumten Nachteile keine Alternative für die Verwendung der B 312 Loferer Straße darstellt". Auch der Umweg über das große deutsche Eck begegne durch das sogenannte "Zählkartensystem" großen bürokratischen Schwierigkeiten.

Den Kern der Unsachlichkeit der Ausnahmeregelung des §2 des sektoralen Fahrverbots meinen die beschwerdeführenden Gesellschaften darin zu finden, "daß die Frächter mit einem Standort in den ausgenommenen Gebieten die B 312 Loferer Straße für einen Ferntransport stets unter dem Titel 'Ziel- und Quellverkehr' passieren können, weil sie ihre Waren in aller Regel im überwiegenden Ausmaß im ausgenommenen Gebiet be- oder entladen werden. Es begründet die Ausnahme dieses Ziel- und Quellverkehrs deshalb nicht eine Versachlichung der Fahrverbotsregelung, sondern gerade die Unsachlichkeit und Verfassungswidrigkeit derselben." Die Unsachlichkeit der Ausnahmebestimmung schlage auf den gesamten Regelungsinhalt durch.

III. 1.1. Der Verfassungsgerichtshof

hat über die - zulässigen - Beschwerden, - soweit darin die Gesetzwidrigkeit der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 13. Juli 1993 in der Fassung der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 28. September 1993, mit der auf der B 312 Loferer Straße ein sektorales Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge erlassen wird, LGBl. 58/1993 idF LGBl. 96/1993, behauptet wird -, erwogen:

1.2. Die zitierte Verordnung stützt sich ihrem Einleitungssatz zufolge auf §43 Abs2 lita der StVO 1960, BGBl. 159, in der Fassung BGBl. 423/1990 und BGBl. 522/1993. Diese Bestimmung lautet:

"Zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe, hat die Behörde, wenn und insoweit es zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt oder aus anderen wichtigen Gründen erforderlich ist, durch Verordnung

a) für bestimmte Gebiete, Straßen oder Straßenstrecken für alle oder für bestimmte Fahrzeugarten oder für Fahrzeuge mit bestimmten Ladungen dauernde oder zeitweise Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote zu erlassen, ... .

Bei der Erlassung solcher Verordnungen ist einerseits auf den angestrebten Zweck und andererseits auf die Bedeutung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse Bedacht zu nehmen."

1.3. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seiner bisherigen Judikatur (VfSlg. 13175/1992, mit weiteren Hinweisen; VfGH 24.6.1994, B931/93) ausgesprochen hat, wird bei Erlassung einer Verkehrsbeschränkung oder eines Verkehrsverbotes gemäß §43 Abs2 lita StVO 1960 von der Verwaltungsbehörde im Zuge der von ihr vorzunehmenden Interessenabwägung der gesetzlich eingeräumte Beurteilungsspielraum nicht schon dadurch überschritten, daß sie den Interessen der Bevölkerung an der Fernhaltung von Gefahren und Belästigungen, insbesondere durch Lärm, den Vorrang vor den Interessen des Verkehrs an einer ungehinderten Benutzung der von der Verkehrsbeschränkung oder dem Verkehrsverbot betroffenen Straße einräumt.

Der Verfassungsgerichtshof hat ferner (in VfSlg. 13175/1992) ein Fahrverbot für Fahrzeuge, "die mit Kies, Sand, Schotter oder Steinen beladen sind und deren Gesamtgewicht 7,5 t überschreitet", auf bestimmten Straßen für gesetzmäßig erachtet, weil die Anrainer an jenen Straßen "durch den Verkehr in besonderem Maß Belästigungen ausgesetzt" waren und weil unter Einbeziehung der "Bedeutung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse" die Auffassung der verordnungserlassenden Behörde vertretbar erschien, daß die im Zuge der Interessenabwägung gebotene Reduzierung der Schwertransporte am besten bei jenen Transportgütern anzusetzen hat, die am ehesten auf andere Verkehrsträger verlagert werden können.

2. Der Verfassungsgerichtshof sieht auch angesichts der vorliegenden Beschwerden keinen Grund, von seiner in den angeführten Erkenntnissen vertretenen Auslegung des §43 Abs2 lita StVO 1960 abzugehen.

2.1. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 8086/1977 klarstellte, gilt das nach §43 Abs2 litb (nunmehr lita) StVO 1960 zu erlassende Verkehrsverbot für alle oder für gattungsmäßig umschriebene Fahrzeuge, also etwa für Fahrzeuge ab einem bestimmten Gesamtgewicht. Wie er ferner in VfSlg. 13175/1992 befand, ist unter den von einem Verkehrsverbot erfaßten "Fahrzeugen mit bestimmten Ladungen" vom Gesetzgeber desgleichen an konkrete Gattungen und Arten von Ladungen (vgl. auch §61 StVO 1960), nicht aber an den abstrakten Umfang der Ladung gedacht. Nichts hindert den Verordnungsgeber, den Straßenverkehr "bestimmte(r) Fahrzeugarten", wie hier der "Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t", auf Straßenstrecken nur dann zu verbieten, wenn sie bestimmte Gattungen von Ladungen (wie hier:

"Hackschnitzel, Glasbruch, Schrott, Autos, Schlacke, Zement, Leergebinden, Maschinen, Verpackungsmaterial, Baustoffen und Betonfertigteilen") transportieren. Vielmehr erweist sich im vorliegenden Fall (ebenso wie schon in VfSlg. 13175/1992) die doppelte Einschränkung des Verkehrsverbotes auf bestimmte Schwerfahrzeuge, die mit bestimmten Massengütern beladen sind, als notwendig, um sowohl dem gesetzlich vorgegebenen Zweck des Fahrverbotes als auch der seiner Erlassung zwingend vorangehenden Interessenabwägung gerecht zu werden.

Der vom Amt der Tiroler Landesregierung - Landesbaudirektion unter Heranziehung der "Güterverkehrsuntersuchung 1992" von Dipl.- Ing. Dr. H S eingehend erarbeiteten Entscheidungsgrundlage "B 312 Loferer Straße - Aussage zur Verkehrssituation 1992 - Innsbruck 1992" zum sektoralen Fahrverbot ist zu entnehmen, daß es auf der B 312 Loferer Straße "zu einem drastischen und für die Bevölkerung unzumutbaren Ansteigen des Schwerlastverkehrs (kam)". Wie die Untersuchung auf Grund entsprechender Verkehrserhebungen erweist, beträgt der Anteil der dann vom sektoralen Fahrverbot erfaßten, mit den in der Verordnung aufgezählten Massengütern beladenen Lastkraftfahrzeuge am Güterverkehr 20,5 %. Eine darauf zielende Reduzierung des Schwerverkehrs bedeutet aber bereits eine so erhebliche Entlastung der Bevölkerung vom Verkehrslärm und von sonstigen -belästigungen, daß sich daraus das den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegende sektorale Fahrverbot rechtfertigen läßt (vgl. auch VfSlg. 13175/1992, wo bereits ein 11%iger Anteil der vom Fahrverbot betroffenen Gütertransporte als ausreichend angesehen wurde, dieses im Interesse der Bevölkerung zu erlassen). Der Absicht des Gesetzgebers entsprechend ist es nicht erforderlich, daß (wie einzelne Beschwerdeführer meinen) die Art der Ladung selbst, etwa durch Geruchsbelästigungen, das Fahrverbot erforderlich macht. Vielmehr ermächtigt der Gesetzgeber, durch Verordnung jene Arten von Ladungen auf Fahrzeugen bestimmter Größe zu verbieten, durch die gesamthaft gesehen der Anteil der Fahrzeugtransporte am Güterverkehr derart gesenkt wird, daß dadurch die von der Benutzung der Straße durch den Straßengüterverkehr ausgehende Belästigung der Bevölkerung erheblich reduziert wird.

Wie ebenfalls den vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 13175/1992 angestellten Überlegungen bereits zu entnehmen ist, kann der gesetzlich geforderten Bedachtnahme "auf die Bedeutung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse" bei Erlassung eines Verkehrsverbotes für bestimmte Schwertransporte jedenfalls dadurch Rechnung getragen werden, daß eine zum Schutze der Bevölkerung oder der Umwelt an sich gebotene Reduzierung der Schwertransporte Transportgüter betrifft, "die am ehesten auf andere Verkehrsträger verlagert werden können".

Gestützt auf diese Überlegungen und die bereits zitierte "Güterverkehrsuntersuchung 1992" von Dipl.-Ing. Dr. H S ist der Verordnungsgeber davon ausgegangen, daß - auch mit Rücksicht auf die auf Grund der Ministervereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich erleichterte Benützbarkeit der Autobahn Kufstein - Rosenheim - Salzburg über das sogenannte große deutsche Eck - der wesentliche Teil der vom Fahrverbot auf der B 312 Loferer Straße betroffenen Gütertransporte auf die Autobahn, zum Teil aber auch auf die Bahn (13 % bzw. 4,5 %) verlagert werden kann. Zu Recht ist in der Begründung zum sektoralen Fahrverbot auf der B 312 Loferer Straße ausgeführt, daß der im Verhältnis zu dieser Straße über die Autobahn führende Transportweg lediglich um 20 km länger ist. Als nicht "verlagerbar" wurde der Ziel- und Quellverkehr in den Bezirken Kitzbühel und Lienz auf Tiroler Seite sowie St. Johann i. P. und Zell am See auf Salzburger Seite vom sektoralen Fahrverbot ausdrücklich ausgenommen. Die unbedingt erforderlichen Transporte der bei der Verkehrserhebung als quantitativ besonders ins Gewicht fallend erkannten Massengüter sind sohin auf der B 312 Loferer Straße wegen der Ausnahme des Ziel- und Quellverkehrs weiterhin in ausreichendem Maße möglich. Insgesamt heißt es dann in der Begründung (unter der ZIIb2-V-9332/50-1993, S. 9):

"Aus den aufgezeigten Überlegungen ist die Tiroler Landesregierung bei der in §43 Abs2 StVO 1960 verlangten Interessensabwägung - d.h. einerseits auf den angestrebten Zweck und andererseits auf die Bedeutung der Verkehrsbeziehungen und ihrer Verkehrserfordernisse Bedacht zu nehmen - der Ansicht, daß das Interesse an der gegenständlichen Verkehrsbeschränkung im Hinblick auf die zu erwartende spürbare Verminderung der Lärm- und Abgasbelästigung der im Nahbereich der B 312 wohnenden Bevölkerung gegenüber den Interessen an der ungehinderten Benützung der B 312 wegen ihrer Bedeutung für den innerösterreichischen Verkehr vorrangig ist, zumal entsprechende Ausnahmen vorgesehen sind und für den verlagerungsfähigen Teil der vom Verbot betroffenen LKW-Fahrten mit Massengütern die Autobahn und teilweise auch die Schiene zur Verfügung steht."

Die derart vorgenommene Interessenabwägung entspricht nach Meinung des Verfassungsgerichtshofes den oben dargestellten Anforderungen des §43 Abs2 lita StVO 1960. Alle Einwände der Beschwerdeführer, denen zufolge der durch das sektorale Fahrverbot für die Wohnbevölkerung bewirkte Schutz in keinem Verhältnis zu den Auswirkungen des Verbotes stünde, daß ferner auf die Verkehrserfordernisse nicht Bedacht genommen, die Entscheidungsgrundlage für die Verordnung nicht ausreichend erhoben bzw. darauf nicht genügend Bedacht genommen worden und letztlich die erforderliche Interessenabwägung nicht möglich gewesen sei, sind damit hinreichend widerlegt. Der Verfassungsgerichtshof hegt auch keine Bedenken gegen die fachgemäße Durchführung der der "Güterverkehrsuntersuchung 1992" zugrundeliegenden Verkehrserhebungen, zumal das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers selbst der erforderlichen sachverständigen Grundlage entbehrt.

3. Die Verordnung über das sektorale Fahrverbot auf der B 312 Loferer Straße einschließlich der verfügten Ausnahmen widerspricht auch nicht dem Gleichheitssatz:

3.1. Daß die Verordnung lediglich den Transport bestimmter Ladegüter verbietet, erklärt sich aus der Verkehrserhebung, die der "Güterverkehrsuntersuchung 1992" von Dipl.-Ing. Dr. H S zugrundeliegt: darin wurden die in der Verordnung genannten Ladegüter einerseits als bedeutsamster Teil der Schwertransporte auf der B 312 Loferer Straße festgestellt und andererseits wurde eine weitgehende Verlagerbarkeit dieser Transporte auf andere Verkehrsträger angenommen. Die diesbezüglichen Überlegungen des Verordnungsgebers hinsichtlich der vom Verbot erfaßten Transportgüter sind jedenfalls sachlich vertretbar, ohne daß im Einzelfall zu überprüfen ist, ob die

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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