TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/23 W176 2236441-1

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Veröffentlicht am 23.03.2021
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Entscheidungsdatum

23.03.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GebAG §32 Abs1
GebAG §33 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W176 2236441-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.10.2020, Zl. 1108508605/200840044, betreffend Dolmetschergebühren zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass die Entschädigung für Zeitversäumnis (anstatt mit EUR 22,70) mit EUR 45,40 bestimmt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) am 25.09.2020 von 9:00 bis 14:00 Uhr einer Vernehmung in deren Regionaldirektion Oberösterreich, Derfflingerstraße 1, 4020 Linz, als Dolmetscherin beigezogen.

2. Mit einer am 28.09.2020 gelegten Gebührennote machte die Beschwerdeführerin u.a. als „Entschädigung für Zeitversäumnis (§§ 32 Abs. 1, 33 Abs. 1) […] 2 begonnene Stunden à EUR 22,70 [=] EUR  45,40“ geltend.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid bestimmte die belangte Behörde die der Beschwerdeführerin für die Dolmetschung in der genannten Vernehmung zustehende Gebühr mit insgesamt EUR 199,90, wobei die Entschädigung für Zeitversäumnis mit dem Satz für (bloß) eine begonnene Stunde und daher mit EUR 22,70 festgesetzt wurde.

Dies begründete die belangte Behörde mit Hinweis auf den „wego.here.com“-Routenplaner: Für die einfache Fahrt mit dem PKW von der angegebenen Wohnadresse der Beschwerdeführerin zum Ort der Vernehmung betrage die Fahrzeit 25 Minuten, sodass sich eine Gesamtreisezeit von 50 Minuten ergebe. Die Zeiten, die der Dolmetscher in derselben Sache für den Weg zum und vom Ort der Vernehmung (sowie für die Wartezeiten) im Rahmen der Amtshandlung benötige, seien bei der Berechnung zusammenzufassen. Erst in einem zweiten Schritt sei dann zu prüfen, wie viele Stunden Zeitversäumnis sich insgesamt ergeben, wobei eine bloß begonnene Stunde der Zeitversäumnis genauso wie eine volle Stunde honoriert werde. Die Entschädigung für Zeitversäumnis sei daher auf den für eine Stunde gebührenden Betrag zu reduzieren gewesen.

4. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und führte darin im Wesentlichen Folgendes aus:

Die belangte Behörde habe für ihre Dolmetscherleistung am 25.09.2020 lediglich eine Wegstrecke verrechnet. Nach dem GebAG stehe ihr jedoch für jede Wegstrecke, einmal die Anfahrt und einmal die Rückfahrt, je eine (begonnene) Stunde zu. So sei der Tarif über Jahrzehnte hinweg verrechnet worden, auch von anderen Institutionen wie Gericht, Bundesverwaltungsgericht, Polizei, etc. Ihre Anfahrtszeit variiere je nach Verkehrslage zwischen 25 und 35 Minuten, teilweise auch länger. Noch dazu sei die Parkplatzsituation in der Umgebung der genannten Regionaldirektion der belangten Behörde sehr angespannt. Alleine die Suche nach einem Parkplatz nehme „einmal mehr und einmal weniger“ Zeit in Anspruch. Hinzu komme ein Fußweg vom Parkplatz zum Amt, der zwischen fünf und zehn Minuten in Anspruch nehme. Aufgrund der durchzuführenden Personendurchsuchung bzw. der nunmehr coronabedingten Umstände, mögen diese die Dolmetscher auch weniger betreffen als die Parteien, ergebe sich auch eine Wartezeit vor dem Eingang. Somit würden sämtliche Abläufe durchschnittlich 50 Minuten in Anspruch nehmen. Die Beschwerdeführerin fahre um kurz nach 8:00 Uhr von zu Hause weg, um rechtzeitig um 9:00 Uhr im Amt zu sein. Zu erwähnen sei zudem, dass die einvernehmenden Beamten von den Dolmetschern erwarteten, dass diese mindestens fünf Minuten vor Beginn der Einvernahme anwesend seien. Selbst auf der gerichtlichen Ladung sei vermerkt, dass der Dolmetscher 15 Minuten vor dem Beginn der Dolmetschleistung im Haus zu sein habe.

5. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der rechtlichen Beurteilung wird der unter Punkt I. dargestellte Sachverhalt zugrunde gelegt.

Somit steht insbesondere fest, dass die Beschwerdeführerin am 25.09.2020 mit ihrem privaten Pkw von ihrem Wohnort XXXX , zum Ort der Vernehmung in Derfflingerstraße 1, 4020 Linz, an- und sodann von diesem wieder zurück zu ihrem Wohnort reiste. Nach dem „wego.here.com“-Routenplaner beträgt die Fahrzeit für diese Strecke mit dem Auto (welche Zeiten für die Parkplatzsuche, den Fußweg vom Parkplatz zur Behörde und Wege innerhalb des Amtsgebäudes nicht inkludiert) – pro Fahrtrichtung – 25 Minuten.

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsunterlagen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1. Zur Zulässigkeit:

Die Beschwerde wurde fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

3.2.2. In der Sache:

3.2.2.1. Gemäß § 53b Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 Gebührenanspruchsgesetz, BGBl. Nr. 136/175 (GebAG), mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden.

Die Bestimmungen betreffend die von der Beschwerdeführerin bekämpfte Entschädigung für Zeitversäumnis lauten wie folgt:

„Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 32. (1) Der Sachverständige hat für die Zeit, die er wegen seiner Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren außerhalb seiner Wohnung oder seiner gewöhnlichen Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit besonders aufwenden muß, Anspruch auf eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von 22,70 €, handelt es sich aber um eine Tätigkeit nach § 34 Abs. 3 Z 1, von 15,20 € für jede, wenn auch nur begonnene Stunde.

(2) Der Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis besteht so weit nicht,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

als der Sachverständige Anspruch auf eine Gebühr für Mühewaltung hat,

2.

als für die Nachtzeit (22 Uhr bis 6 Uhr),

a)

dem Sachverständigen bei Benützung eines Massenbeförderungsmittels ein Anspruch auf Vergütung des Fahrpreises für einen Schlafwagen oder eine Kabine zusteht, oder

b)

er bei Benützung des eigenen Kraftfahrzeugs die Gebühr für die Nächtigung in Anspruch nimmt.“

Erhöhung der Entschädigung für Zeitversäumnis. Aufteilung

§ 33. (1) Liegt der Ort, der für die Bestimmung der Reisekosten maßgebend ist (§§ 6 und 27 Abs. 1), mehr als 30 km vom Ort der Tätigkeit des Sachverständigen im gerichtlichen Verfahren entfernt, so erhöht sich die Entschädigung für Zeitversäumnis auf 28,20 €, handelt es sich aber um eine Tätigkeit nach § 34 Abs. 3 Z 1, auf 19,00 €.

(2) Nimmt ein Sachverständiger in zumindest annähernd zeitlichem und räumlichem Zusammenhang an einem Tag an mehreren Verhandlungen oder Ermittlungen teil, so ist bei der Bestimmung der Entschädigung für Zeitversäumnis die insgesamt versäumte Zeit auf die mehreren Fälle zu gleichen Teilen aufzuteilen.“

Zu berücksichtigen ist auch der Zeitaufwand für das Passieren der Sicherheitsschleuse im Gerichtsgebäude, das Erreichen des Verhandlungssaals und ein zur Sicherstellung pünktlichen Erscheinens jedenfalls zu berücksichtigender Zeitpolster für allfällige Verzögerungen bei der Anreise (vgl. die in Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG – GebAG, unter E 60 zu § 32 GebAG zitierte Judikatur).

Die Fahrzeiten eines Routenplaners sind Richtwerte ohne Stopps, Staus und Behinderungen; auch die Zeit für die Parkplatzsuche bleibt außer Betracht. Routenplaner berechnen eine mögliche, als Richtwert anzusehende Fahrzeit. Tatsächliche Verkehrssituationen sind naturgemäß aber nicht einbeziehbar, sodass insbesondere für die Anreise zu einem Gericht unter Berücksichtigung des erwünschten pünktlichen Erscheinens ein nicht unerheblicher „Zeitpolster“ hinzuzufügen ist (vgl. die in Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG – GebAG, unter E 62 und E 63 zu § 32 GebAG zitierte Judikatur).

3.2.2.2. Wie vorauszuschicken ist, ist mit Blick auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach sie kurz vor 8 Uhr von zu Hause wegfahre, anzunehmen, dass sie hinsichtlich des hier relevanten Zeitpunktes des Beginns der Hinfahrt ein (gerade noch) hinreichend konkretes Vorbringen erstattet hat.

Zwar sind – entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht – Zeiten, die der Dolmetscher in derselben Sache für den Weg zum und vom Ort der Vernehmung (sowie für die Wartezeiten) benötigt, bei der Berechnung der Entschädigung für Zeitversäumnis zusammenzufassen. Erst in einem zweiten Schritt ist sodann zu prüfen, wie viele Stunden sie insgesamt ergeben, wobei eine bloß begonnene Stunde genauso wie eine volle Stunde honoriert wird (vgl. etwa OGH 13.05.2008, 14 Os 47/08f; BVwG 25.04.2018, W108 2126288-1).

Jedoch muss auch bei Zusammenrechnung der Wegzeiten aus nachstehenden Gründen davon ausgegangen werden, dass die Zeitversäumnis der Beschwerdeführerin eine Stunde übersteigt:

Denn ausgehend von den Feststellungen sind an reinen Fahrzeiten nach Routenplaner für Hin- und Rückweg insgesamt 50 Minuten zu veranschlagen, sodass bis zum Ablauf der von der belangten Behörde als Entschädigung für Zeitversäumnis zugesprochenen einen Stunde eine Zeitspanne von bloß 10 Minuten verbleibt.

Eine solche Zeitspanne ist jedoch nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts zu gering, als dass – unter Berücksichtigung der für die Parkplatzsuche, die sich (wie dem hier entscheidenden Richter in Hinblick auf Verhandlungen an der im gleichen Gebäudekomplex befindlichen Außenstelle des Bundesverwaltungsgerichtes bekannt ist) nicht immer einfach gestaltet, den Fußweg vom Parkplatz zur Behörde sowie den Weg innerhalb des Amtsgebäudes bis zum Ort der Dolmetschleistung erforderlichen Zeiten – (auch ungeachtet besonderer COVID-19-Maßnahmen) angenommen werden kann, dass ein hinreichender „Zeitpolster“ für allfällige Verzögerungen zur Verfügung steht.

Daher ist der Beschwerdeführerin gemäß §§ 32 Abs. 1, 33 Abs. 1 GebAG als Entschädigung für Zeitversäumnis der Satz für zwei begonnene Stunden à EUR 22,70, gesamt sohin EUR 45,40, zuzusprechen.

3.2.3. Der angefochtene Bescheid war daher in diesem Sinne abzuändern.

3.4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 und Abs. 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich.

3.5. Zu Spruchpunkt B):

3.5.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.5.2. Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beurteilung im vorliegenden Fall über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

Schlagworte

Bescheidabänderung Entschädigung Maßgabe Zeitversäumnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W176.2236441.1.00

Im RIS seit

21.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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