TE Vwgh Beschluss 2021/4/27 Ro 2021/08/0001

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Veröffentlicht am 27.04.2021
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren
60/03 Kollektives Arbeitsrecht

Norm

ArbVG §9
AVG §59 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der G GmbH in G, vertreten durch Haßlinger, Haßlinger & Planinc, Rechtsanwälte in 8530 Deutschlandsberg, Obere Schmiedgasse 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. April 2019, Zl. G312 2142749-1/17E, betreffend Beitragsnachverrechnung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Steiermärkische Gebietskrankenkasse, nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis verpflichtete das Bundesverwaltungsgericht - in Bestätigung eines Bescheides der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse -, die revisionswerbende Partei, Beiträge zur Sozialversicherung, Nebenumlagen, Sonderbeiträge und Zuschläge samt Verzugszinsen in der Höhe von insgesamt € 48.034,36 nachzuentrichten.

2        Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei. Es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der auch in der Judikatur des Obersten Gerichtshofes offen gelassenen, hier entscheidungswesentlichen Frage vor, ob auf Krankentransporte mit Personenkraftwägen („einfacher Krankentransport“) der Kollektivvertrag für das Personenbeförderungsgewerbe mit PKW (Taxi) anzuwenden sei.

3        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung und Abtretung der Verfassungsgerichtshofbeschwerde ausgeführte Revision. Die Österreichische Gesundheitskasse hat - nach Durchführung des Vorverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht - eine Revisionsbeantwortung erstattet.

4        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6        Auch in der ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Das gilt auch dann, wenn sich die Revision zwar auf die Gründe, aus denen das Verwaltungsgericht die (ordentliche) Revision für zulässig erklärt hatte, beruft, diese aber fallbezogen keine Rolle (mehr) spielen oder zur Begründung der Zulässigkeit der konkret erhobenen Revision nicht ausreichen (vgl. VwGH 25.3.2019, Ro 2018/08/0014, mwN).

7        In der vorliegenden Revision wird zunächst im Wesentlichen die Zulässigkeitsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts wiederholt. Die Richtigkeit der in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entwickelten Grundsätze, von denen das Bundesverwaltungsgericht auch im hier zu entscheidenden Fall ausgegangen ist, zieht sie aber nicht in Zweifel. Ausgehend von diesen Grundsätzen und von der Annahme, dass die Durchführung sogenannter qualifizierter Krankentransporte dem Betrieb der revisionswerbenden Partei das Gepräge gibt, kommt es jedoch auf die Frage, ob auf Krankentransporte mit Personenkraftwägen („einfacher Krankentransport“) der Kollektivvertrag für das Personenbeförderungsgewerbe mit PKW (Taxi) anzuwenden sei, nicht an (vgl. zum Ganzen des Näheren den Beschluss VwGH 30.3.2021, Ro 2019/08/0017, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 iVm Abs. 9 VwGG verwiesen wird).

8        Dass dem Bundesverwaltungsgericht bei der zuletzt genannten Annahme eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, wird in der Revision nicht aufgezeigt, zumal es bei der Beantwortung der Frage, welcher Fachbereich einem Mischbetrieb im Sinn des § 9 ArbVG das wirtschaftliche Gepräge gibt, nicht nur auf einzelne Aspekte wie etwa Umsatz, Gewinn, Betriebsmitteleinsatz, Ertragskomponenten, Zahl der Arbeitnehmer oder Zusammensetzung des Kundenkreises ankommt, sondern eine Gesamtbetrachtung anzustellen ist, in die auch die wirtschaftliche Funktion des einen Fachbereichs für den anderen Fachbereich einzubeziehen ist (vgl. das zu einer demselben Dachverband wie die revisionswerbende Partei angehörenden gemeinnützigen GmbH ergangene Urteil OGH 30.10.2018, 9 ObA 16/18w). Im vorliegenden Fall durfte das Bundesverwaltungsgericht bei dieser Gesamtbetrachtung - entgegen dem Revisionsvorbringen - insbesondere auch die für den Auftritt gegenüber (potentiellen) Kunden maßgebliche Wahrnehmung als Rettungsdienst berücksichtigen. Das dabei erzielte Ergebnis kann zumindest nicht als unvertretbar angesehen werden.

9        Auch der Vorwurf des Abweichens von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wegen mangelnder Bestimmtheit des Spruchs trifft nicht zu. Mit dem durch das angefochtene Erkenntnis bestätigten Bescheid wurde die revisionswerbende Partei zu ziffernmäßig festgesetzten Nachzahlungen verpflichtet. Lediglich zur genauen Aufschlüsselung der Beträge wurde auf eine näher bezeichnete, der revisionswerbenden Partei unstrittig übermittelte Beitragsabrechnung samt Prüfbericht verwiesen. Der behauptete Spruchfehler liegt daher nicht vor.

10       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 27. April 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RO2021080001.J00

Im RIS seit

19.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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