TE Vwgh Beschluss 2021/5/3 Ra 2021/02/0089

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Veröffentlicht am 03.05.2021
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Index

L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten Wien
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
50/01 Gewerbeordnung

Norm

B-VG Art133 Abs4
GewO 1994 §360 Abs1
VwGG §34 Abs1
VwRallg
WettenG Wr 2016 §2 Z3
WettenG Wr 2016 §23
WettenG Wr 2016 §23 Abs4

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2021/02/0090

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Dr. Köller und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. G AG in G und 2. C Ltd. in B (Malta), beide vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6, gegen das (mit 17. August 2020 datierte) Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 11. August 2020, VGW-104/040/9410/2019-18 und VGW-104/V/040/9412/2019, betreffend Betriebsschließung nach dem Wiener Wettengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Am 24. April 2019 verfügte der Magistrat der Stadt Wien (die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde) im Rahmen einer behördlichen Überprüfung eines Lokals die Schließung des Betriebs. Darüber erließ er gegenüber den beiden revisionswerbenden Parteien den Bescheid vom 14. Mai 2019. Dieser wurde auf den Verdacht gestützt, dass die erstrevisionswerbende Partei dort ohne ständige Aufsicht die Tätigkeit als Wettunternehmerin in der Art der gewerblichen Vermittlung von Wetten, Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen an die zweitrevisionswerbende Partei als Buchmacherin fortgesetzt ausgeübt habe ohne sicherzustellen, dass der Zutritt zur Betriebsstätte nur volljährigen und nicht selbstgesperrten Personen ermöglicht werde. Vor Beginn der Kontrolle habe ein Mitglied der Amtsabordnung an der Eingangstür des Lokals geklopft und sei von einem darin befindlichen Kunden eingelassen worden. Das Wettlokal trage die Bezeichnung „C Sportwetten - Self Service“. Einige der vier vorhandenen Wettinfoterminals seien von Wettkunden benützt worden, von der Wettunternehmerin sei kein Mitarbeiter anwesend gewesen. Einen Wettannahmeschalter habe es nicht gegeben, wohl aber mehrere Bildschirme, an denen sportliche Wettbewerbe und Wettquoten gezeigt worden seien, und ein Geldwechselautomat, an dem auch Einzahlungen auf ein Kundenkonto und Auszahlungen von Gewinnen möglich gewesen seien. An der Eingangstür befinde sich ein Hinweis auf die Homepage der „C“, auf der auch Live-Wetten angeboten würden, die im Sinne des Wiener Wettengesetzes verboten seien. Der Wettabschluss sei ausschließlich an den mobilen Endgeräten der Wettkunden möglich gewesen. Es fehlten ein geeignetes Kontrollsystem oder sonstige geeignete Maßnahmen zur Sicherstellung, dass der Zutritt von minderjährigen oder gesperrten Personen verhindert werde.

2        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Wien nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis ab und es erklärte die Revision dagegen für nicht zulässig.

3        Das Verwaltungsgericht ging im Wesentlichen von den gleichen Sachverhaltsannahmen aus wie der Magistrat im bekämpften Bescheid und erachtete diese grundsätzlich als unstrittig. In der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Erkenntnisses kam das Verwaltungsgericht zum Schluss, dass ein seiner Aufmachung nach typisches Wettlokal vorliege, das eine Betriebsstätte darstelle, an der eine gewerbsmäßige Vermittlung von Wetten stattgefunden habe. Da es bereits mehrfach vorgekommen sei, dass nach bloßem Klopfen an der Eingangstür von Kunden geöffnet worden sei und die besonders schützenswerten Personengruppen durch Verwendung fremder Kundenkarten unkontrolliert Einlass gefunden hätten, seien keine geeigneten Maßnahmen getroffen worden, die sicherstellen könnten, dass der Zutritt nur volljährigen und nicht gesperrten Personen ermöglicht werde. Seit der Betriebsschließung hätten die revisionswerbenden Parteien keine Änderungen an der Betriebsstätte vorgenommen und auch nicht den Versuch unternommen, mit der Behörde geeignete Maßnahmen zu besprechen und umzusetzen. Ohne Betriebsschließung sei der Schutzzweck des § 19 Wiener Wettengesetz gefährdet, sodass eine Aufhebung der Betriebsschließung ausscheide.

4        Dagegen erhoben die revisionswerbenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 24. November 2020, E 3308/2020-5, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abtrat.

5        Daraufhin erstatteten die revisionswerbenden Parteien die vorliegende Revision.

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit zunächst geltend, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage, ob es für die vom Verwaltungsgericht angenommene Vermittlung nach § 2 Z 3 Satz 2 Wiener Wettengesetz ausreicht, dass die dort genannten Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, oder ob zusätzlich noch ein Zusammenbringen von Wettkunden mit Wettunternehmern durch den Vermittler persönlich, sein Personal oder im Wege von Wettterminals nach § 2 Z 3 Satz 1 leg. cit. erforderlich ist.

10       Schon der klare Wortlaut des § 2 Z 3 Satz 2 Wiener Wettengesetz stellt auf Einrichtungen zur Erleichterung oder Ermöglichung des Vertragsabschlusses ab, wodurch Wettkunden und Wettunternehmer zum Abschluss einer Wette zusammengebracht werden. Damit bedarf es keiner weiteren Zusammenführung der genannten Personen in der in § 2 Z 3 Satz 1 Wiener Wettengesetz beschriebenen Weise, nämlich durch den Vermittler persönlich, sein Personal oder im Wege von Wettterminals. Das Betreiben eines Lokals mit dem Erscheinungsbild eines Wettlokals erfüllt den Tatbestand des § 2 Z 3 2. Fall Wiener Wettengesetz (VwGH 22.1.2021, Ra 2020/02/0290).

11       Die Revision meint weiters, für eine Betriebsschließung nach § 23 Abs. 3 Wiener Wettengesetz reiche ein Verdacht eines bloßen Gesetzesverstoßes nicht aus, dafür sei eine Tätigkeit ohne oder entgegen einer Bewilligung erforderlich.

12       Dass eine gesetzwidrige wettunternehmerische Tätigkeit von der den revisionswerbenden Parteien erteilten Bewilligung gedeckt wäre, behaupten sie selbst nicht. Damit stellt der im angefochtenen Erkenntnis angenommene Verdacht eines Verstoßes gegen das Wiener Wettengesetz eine Tätigkeit entgegen der eingeräumten Bewilligung dar und rechtfertigt die Betriebsschließung.

13       Zu der von der Revision vermissten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend eine Verhältnismäßigkeitsprüfung für eine Betriebssperre nach dem Wiener Wettengesetz reicht ein Hinweis auf VwGH 22.1.2021, Ra 2019/02/0218 bis 0220. Eine dahingehende Prüfung findet sich auch im angefochtenen Erkenntnis, wenn u.a. mehrere Vorfälle des Zutritts besonders schützenswerter Personengruppen als unzureichende Sicherungsmaßnahme und die Untätigkeit der revisionswerbenden Parteien Abhilfe zu schaffen, mit ins Kalkül gezogen werden.

14       Die Revision macht noch einen Verstoß gegen die Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichtes Wien geltend, weil der erkennende Richter nicht für Verwaltungsstrafsachen nach dem Wiener Wettengesetz zuständig gewesen sei.

15       Dem steht entgegen, dass das Verwaltungsgericht keine Verwaltungsstrafsache zu erledigen hatte. Mit der Betriebsschließung nach § 23 Abs. 4 Wiener Wettengesetz vergleichbar ist die Regelung des § 360 Abs. 1 GewO (VwGH 22.1.2021, Ra 2019/02/0218 bis 0220; sowie die Erläuterungen zu § 23 Wiener Wettengesetz. BlgLT 20. GP 3/2016, S. 9). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei einer Anordnung nach § 360 Abs. 1 GewO um eine solche in einem Administrativverfahren (vgl. VwGH 10.12.1991, 91/04/0293). Damit wurde die Beschwerde richtig von dem - nach den Revisionsbehauptungen - für Administrativverfahren nach dem Wiener Wettengesetz zuständigen Richter entschieden.

16       Schließlich macht die Revision zu ihrer Zulässigkeit noch einen Begründungsmangel geltend, weil Feststellungen, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung des angefochtenen Erkenntnisses teilweise fehlten, nicht aufeinander aufgebaut und nicht formal getrennt seien.

17       Dem ist zu entgegnen, dass dem angefochtenen Erkenntnis die genannte Gliederung klar zu entnehmen ist, mögen auch vereinzelt in der rechtlichen Beurteilung dislozierte Feststellungen nachgeholt worden sein, die als solche mit hinreichender Deutlichkeit erkannt werden können. Das behauptete Fehlen von Feststellungen zielt auf konkrete Verhaltensweisen im Sinn des § 2 Z 3 Satz 1 Wiener Wettengesetz ab, auf die es nach dem oben Gesagten nicht ankommt. Die Beweiswürdigung des angefochtenen Erkenntnisses ist dahingehend zu verstehen, dass die unstrittigen und übereinstimmenden Beweisergebnisse zu den Feststellungen führten. Ob davon abweichende Schlüsse aus den aufgenommenen Beweisen gezogen werden können, zeigt die Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht auf.

18       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. Mai 2021

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021020089.L00

Im RIS seit

20.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

06.07.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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