TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/9 W123 2237585-1

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Veröffentlicht am 09.02.2021
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Entscheidungsdatum

09.02.2021

Norm

AVG §78
B-VG Art133 Abs4
FPG §60 Abs1
FPG §60 Abs2
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W123 2237585-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Kosovo, gegen den Bescheid Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.10.2020, Zl. 1246566610-200996885, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) vom 17.10.2019, Zl. 1246566610-190959415, wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Kosovo zulässig sei (Spruchpunkt II) und gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.).

In der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt III. (Einreiseverbot) wies die belangte Behörde daraufhin, dass das Fehlverhalten des Beschwerdeführers, nämlich die Verwendung gefälschter Dokumente und die damit einhergehende Täuschung vermeintlich legalisierten Aufenthaltes über die durchaus beachtliche Zeit von über vier Jahren, in jedem Fall geeignet sei, die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gefährden. Dieses Fehlverhalten falle somit unter § 53 Abs. 2 Z 3 FPG.

2. Mit Schriftsatz vom 06.10.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Aufhebung der Einreisesperre.

3. Mit dem oben im Spruch zitierten Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Verkürzung/Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.10.2019, Zl. 1246566610-190959415, gegen das erlassene Einreiseverbot gemäß § 60 Abs. 2 FPG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 78 AVG wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, Bundesverwaltungsabgaben in der Höhe von EUR 6,50 binnen 4 Wochen zu entrichten (Spruchpunkt II.).

In der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt I. verwies die belangte Behörde auf den Tatbestand des § 60 Abs. 2 FPG, wonach unter anderem Voraussetzung für eine Verkürzung bzw. Aufhebung des Einreiseverbotes ist, dass mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes bereits im Ausland verbracht worden sein müsse. Aus den im Akt befindlichen Beweismitteln gehe eindeutig hervor, dass der Beschwerdeführer am 04.10.2019 aus Österreich ausgereist sei. Die gegen den Beschwerdeführer erlassene Rückkehrentscheidung sei mit 20.11.2019 in Rechtskraft erwachsen. Der Antrag auf Verkürzung bzw. Aufhebung des Einreiseverbotes sei am 06.10.2020 gestellt worden. Das Einreiseverbot sei für die Dauer von drei Jahren befristet worden. Es sei somit noch nicht die Hälfte des Einreiseverbotes verstrichen und komme eine Aufhebung oder Verkürzung daher nicht in Frage. Überdies wies die belangte Behörde daraufhin, dass keine Gründe hervorgekommen seien, wonach Art. 8 EMRK die Verkürzung oder Aufhebung des Einreiseverbotes verlangen würden.

4. Mit E-Mail vom 29.10.2020 erstattete Frau XXXX eine Stellungnahme betreffend den abgewiesenen Bescheid des Beschwerdeführers. Frau XXXX brachte vor, dass sie mit dem Beschwerdeführer verheiratet sei und verwies auf die beigelegte Heiratsurkunde. Der Grund für den Antrag auf Aufhebung des Einreiseverbotes bestehe darin, dass Frau XXXX mit dem Beschwerdeführer verheiratet sei und hier mit ihrem Mann in Österreich zusammenleben möchte.

5. Mit Schriftsatz vom 16.11.2020 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde und stellte den Antrag auf Aufhebung der Einreisesperre vom 06.10.2020, in eventu die Dauer der Einreisesperre zu verkürzen.

Begründend wurde zusammenfassend vorgebracht, dass die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde im Falle des Beschwerdeführers nicht richtig getroffen worden sei. Dass mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes bereits im Ausland verbracht worden sein müsse, treffe auf den Beschwerdeführer nicht zu. Gegen den Beschwerdeführer sei mit Bescheid vom 17.10.2019 ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 FPG erlassen worden. Dass der Beschwerdeführer einen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht haben müsse, sei gemäß § 60 Abs. 2 FPG der Fall. § 60 Abs. 2. FPG sei jedoch auf Fälle anzuwenden, in denen ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 FPG erlassen worden sei und sei somit im Falle des Beschwerdeführers nicht einschlägig.

Zudem stelle die ausgesprochene Abweisung des Antrages auf Aufhebung der Einreisesperre eine Verletzung des Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens dar. Eine ordentliche Interessensabwägung sei durch die belangte Behörde nicht durchgeführt worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der oben unter I. wiedergegebene Verfahrensgang wird festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß § 60 Abs. 1 FPG kann das Bundesamt ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen oder aufheben, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

Gemäß § 60 Abs. 2 FPG kann das Bundesamt ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und seither einen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

3.2. Der Beschwerdeführer ist mit seinem Vorbringen im Beschwerdeschriftsatz, wonach die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde im Falle des Beschwerdeführers nicht richtig getroffen worden sei, im Recht:

Das im Bescheid 17.10.2019 gegen den Beschwerdeführer verhängte 3-jährige Einreiseverbot stützte sich ausdrücklich auf den Tatbestand des § 53 Abs. 2. Folglich hätten seitens der belangten Behörde die Voraussetzungen für eine allfällige Aufhebung oder Verkürzung des erlassenen Einreiseverbotes somit auf Grund der Bestimmung des § 60 Abs. 1 FPG geprüft werden müssen (vgl. „kann das Bundesamt ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2“).

Die belangte Behörde verwies in ihrer rechtlichen Beurteilung für die Abweisung des Antrages auf Aufhebung des Einreiseverbotes auf das Nichtverstreichens der Hälfte des Einreiseverbotes beim Beschwerdeführer. Die gegenständlich anzuwendende Bestimmung des § 60 Abs. 1 FPG enthält jedoch keine solche Voraussetzung. Da somit die belangte Behörde die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf eine falsche Rechtsgrundlage stütze, war dem Antrag stattzugeben und der Bescheid vom 14.10.2020 hinsichtlich Spruchpunkt I. aufzuheben.

3.3. Im Sinne der Verfahrensökonomie wird darauf hingewiesen, dass sich die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren insbesondere mit der Stellungnahme von Frau XXXX vom 29.10.2020 und den beigelegten Urkunden auseinanderzusetzen hat. Nach Beurteilung dieser neuen Faktenlage ist es jedenfalls nicht auszuschließen, dass sich die für die Erlassung des Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände in entscheidungsrelevanter Weise geändert haben, sodass iSd Art. 8 EMRK eine Aufhebung oder Verkürzung des Einreiseverbotes geboten wäre.

3.4. Zum Entfall einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Einreiseverbot Verkürzung des Einreiseverbotes Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W123.2237585.1.00

Im RIS seit

10.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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