TE Bvwg Beschluss 2021/2/17 W107 2163006-1

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Veröffentlicht am 17.02.2021
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Entscheidungsdatum

17.02.2021

Norm

AsylG 2005 §24 Abs1 Z1
AsylG 2005 §24 Abs2
AsylG 2005 §3
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W107 2163006-1/12E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Sibyll BÖCK über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.06.2017, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Das Verfahren wird eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte nach illegaler und schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 19.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 20.08.2015 wurde der Beschwerdeführer vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Dabei gab er an, aus der XXXX , Afghanistan zu stammen, er sei verheiratet und Vater eines Kindes, während der Flucht aus Afghanistan sei er zwei Jahre in Griechenland in Haft gewesen und habe dann in Kreta, Griechenland, gearbeitet. Als Fluchtgrund gab er an, sein Onkel gehöre zu den Taliban und er wäre gezwungen worden, sich diesem anzuschließen. Aus Angst hätten seine Eltern ihm geraten, Afghanistan zu verlassen.

Der Beschwerdeführer wurde am 26.05.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen und gab nunmehr an, dass seine Schwester und sein Bruder von den Taliban erschossen worden seien.

2. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des BFA vom 13.06.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt; gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, damals vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, fristgerecht vorliegende Beschwerde. Das BFA legte die Beschwerde und den Akt des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

4. Mit Eingabe vom 14.08.2017 wurde ein ergänzendes Beschwerdevorbringen erstattet.

5. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.03.2018 wurde der Beschwerdeführer um Übermittlung aktueller ärztlicher Befunde im Hinblick auf die vorgebrachte psychische Erkrankung ersucht.

6. Mit Eingaben vom 23.03.2018 sowie 26.03.2018 übermittelte der Beschwerdeführer eine Ambulanzkarte des LKH XXXX hinsichtlich einer erlittenen Bisswunde, eine ärztliche Überweisung aufgrund einer posttraumatischen Belastungsreaktion sowie eine Bestätigung des Hilfswerks, wonach der Beschwerdeführer in der psychosozialen Beratungsstelle XXXX eine Beratung in Anspruch genommen habe. Am 09.05.2018 legte der Beschwerdeführer einen fachärztlichen Befund des Interkulturellen Beratungs- und Therapiezentrums „Zebra“ vor.

8. Am 29.11.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Überstellungsankündigung des BFA ein, wonach der Beschwerdeführer derzeit in Frankreich aufhältig ist und voraussichtlich am 05.12.2018 nach Österreich überstellt werden soll.

9. Die vom Bundesverwaltungsgericht am 10.02.2021 eingeholte Meldeauskunft aus dem Zentralen Melderegister ergab, dass der Beschwerdeführer aktuell über keine Meldeadresse im österreichischen Bundesgebiet verfügt. Von seinem letzten Hauptwohnsitz wurde der Beschwerdeführer mit Datum vom 12.07.2018 abgemeldet. Eine neue Meldeadresse wurde nicht bekanntgegeben. Der Beschwerdeführer verfügt somit seit 12.07.2018 über keinen Wohnsitz in Österreich.

10. Eine telefonische Rückfrage der GA W107 bei der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH am 15.02.2021 ergab, dass der Beschwerdeführer nicht von dieser vertreten wird und dieser auch keine Meldeadresse des BF bekannt ist. Die BBU verfügt über keine Daten zum Beschwerdeführer.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Laut Meldeauskunft aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) vom 10.02.2021 ist der Beschwerdeführer seit 12.07.2018 im österreichischen Bundesgebiet nicht mehr gemeldet. Der Beschwerdeführer hat dem Bundesverwaltungsgericht keine neue Meldeadresse bekannt gegeben. Der Verzugsort bzw. neue Aufenthaltsort des Beschwerdeführers konnte nicht erhoben noch sonst durch das Bundesverwaltungsgericht leicht festgestellt werden. Es liegt keine aktuelle Meldung vor. Laut GVS-Auszug vom 15.02.2021 bezieht der Beschwerdeführer seit 01.06.2018 auch keine Leistungen mehr aus der Grundversorgung.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Verfahrensakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A) – Einstellung des Verfahrens:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 entzieht sich ein Asylwerber dem Asylverfahren, wenn dem Bundesverwaltungsgericht sein Aufenthaltsort wegen Verletzung seiner Mitwirkungspflichten (§ 15) weder bekannt noch sonst durch das Bundesverwaltungsgericht leicht feststellbar ist.

Der Aufenthalt eines Fremden ist seitens des Gerichts insbesondere dann leicht feststellbar, wenn eine entsprechende Anfrage im Zentralen Melderegister, Fremdenregister oder dem Betreuungsinformationssystem Aufschluss über dessen Anschrift bzw. Aufenthaltsort liefern kann (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschofer, Asyl- und Fremdenrecht Kommentar (2016), § 24 AsylG 2005, K4)

Gemäß § 24 Abs. 2 1. Satz AsylG 2005 sind Asylverfahren einzustellen, wenn sich der Asylwerber dem Verfahren entzogen hat (Abs. 1) und eine Entscheidung ohne eine allenfalls weitere Einvernahme oder Verhandlung nicht erfolgen kann. Ein eingestelltes Verfahren ist von Amts wegen fortzusetzen, sobald die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes möglich ist. Mit Fortsetzung des Verfahrens beginnt die Entscheidungsfrist nach § 73 Abs. 1 AVG zu laufen. Nach Ablauf von zwei Jahren nach Einstellung des Verfahrens ist eine Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig.

Im vorliegenden Fall verfügt der Beschwerdeführer über keine aufrechte Meldeadresse im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer hat seinen aktuellen Aufenthaltsort weder bekannt gegeben, noch ist dieser durch das Bundesverwaltungsgericht leicht feststellbar. Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes ist die persönliche Mitwirkung des Beschwerdeführers im Sinne der Einräumung von Parteiengehör erforderlich (VwGH 03.10.2013, 2013/22/0114; 10.12.1991, 88/07/0089).

Da diese Mitwirkung jedoch durch die Abwesenheit des Beschwerdeführers nicht möglich ist, war das Verfahren gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 AsylG 2005 einzustellen.

3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Meldepflicht Mitwirkungspflicht Verfahrenseinstellung Verfahrensentziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W107.2163006.1.00

Im RIS seit

12.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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