TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/25 95/02/0115

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Veröffentlicht am 25.04.1997
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §17;
FrG 1993 §41 Abs1;
MRK Art8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 26. Jänner 1995, Zl. VwSen-400327/4/Gf/Km, betreffend Schubhaft (mitbeteiligte Partei: M, derzeit unbekannten Aufenthaltes), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird zur Gänze (sohin auch hinsichtlich des Kostenspruches) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 26. Jänner 1995 wurde der an diese gerichteten Beschwerde der mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gemäß § 52 Fremdengesetz iVm § 67c Abs. 3 AVG stattgegeben und die Anhaltung der mitbeteiligten Partei in Schubhaft seit dem 20. Jänner 1995 als rechtswidrig festgestellt; weiters wurde der Bund verpflichtet, der mitbeteiligten Partei Kosten in der Höhe von S 7.533,-- zu ersetzen.

In der Begründung wurde - soweit für die Erledigung der vorliegenden Beschwerde von Belang - unter Bezugnahme auf § 51 Abs. 1 und § 41 Fremdengesetz ausgeführt, eine der Voraussetzungen der zulässigen Schubhaftverhängung und damit der Erlassung eines Schubhaftbescheides sei die Erforderlichkeit, entweder das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung oder deren Durchsetzung im Wege der Abschiebung zu sichern; die Schubhaft sei damit jedenfalls insofern akzessorisch, als sie die Rechtmäßigkeit der Ausweisung voraussetze, zumal der unabhängige Verwaltungssenat im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes dazu verpflichtet sei, die Rechtmäßigkeit der Schubhaft nach jeder Richtung hin zu prüfen. Eine offensichtlich unzulässige Ausweisung dürfe keinesfalls im Wege der Schubhaftverhängung gesichert werden. In der Folge legte die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides vom 26. Jänner 1995 ausführlich dar, weshab sie vermeine, der Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 14. Dezember 1994, mit welchem im Instanzenzug über den Mitbeteiligten die Ausweisung verfügt wurde, in Verbindung mit dem Aufenthaltsgesetz "materiell unhaltbar" sei. Weiters verneinte die belangte Behörde das "Sicherungsinteresse", zumal die Festnahme des Mitbeteiligten ohnehin am Arbeitsplatz erfolgt sei und in dessen Wohnung auch sein Reisepaß vorgefunden werden hätte können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf § 53 Fremdengesetz gestützte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 2. August 1996, Zl. 96/02/0168) hatte die belangte Behörde bei der Prüfung der Zulässigkeit der Schubhaft die Rechtskraft (Durchsetzbarkeit) der Ausweisung zu beachten. Für die Prüfung der Rechtsrichtigkeit der im Instanzenzug ergangenen Ausweisung gegenüber dem Mitbeteiligten blieb daher kein Raum. Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf verweist, der Mitbeteiligte habe gegen den diesbezüglichen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 14. Dezember 1994 Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben und mit diesem einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden, genügt der Hinweis, daß dies an der vorläufigen Durchsetzbarkeit der Ausweisung nichts zu ändern vermochte, zumal zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der belangten Behörde vom 26. Jänner 1995 über den erwähnten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verfassungsgerichtshof noch nicht abgesprochen war.

Auch das "Sicherungsinteresse" wurde von der belangten Behörde zu Unrecht verneint. Aus der an sie gerichteten Beschwerde des Mitbeteiligten läßt sich nämlich unschwer entnehmen, daß der Beschwerdeführer jedenfalls bis zur Entscheidung über seinen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verfassungsgerichtshof nicht gewillt war, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen; es ensprach daher auch dem Gesetz, durch die Verhängung der Schubhaft die rechtlich gebotene Ausreise zu sichern, wobei insoweit auch nicht - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift offenbar verneint - auf Art. 8 MRK Bedacht zu nehmen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1996, Zl. 96/02/0272).

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, sodaß er einschließlich des Kostenspruches gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995020115.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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