TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/24 W156 2226221-1

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Veröffentlicht am 24.02.2020
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Entscheidungsdatum

24.02.2020

Norm

AuslBG §1 Abs2
AuslBG §3 Abs8
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W156 2226221-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Kurt Zangerle als Beisitzer über die Beschwerde von D XXXX B XXXX , geb. XXXX , vertreten durch RA Mag. Stefan Errath, gegen den Bescheid des AMS Wien Esteplatz vom 17.09.2019, Zl. RGS XXXX , nach Durchführung einer nichtöffentlichen Sitzung zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben, die angefochtene Entscheidung behoben und gemäß § 3 Abs. 8 AuslBG in Verbindung mit § 1 Absatz 2 lit. l AuslBG bestätigt, dass der Beschwerdeführer vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer beantragte am 30.07.2019 die Ausstellung einer Ausnahmebestätigung nach § 3 Abs. 8 AuslBG beim AMS.

Mit dem bekämpften Bescheid vom 17.09.2019 wies das AMS den Antrag ab. Der Beschwerdeführer sei Asylwerber und verfüge über keine gültige Niederlassungsbewilligung nach dem NAG. Somit seine die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG nicht erfüllt und die Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 3 Abs. 8 AuslBG nicht möglich.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und brachte begründen vor, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 Z1 NAG auf begünstigte Drittstaatsangehörige nicht anwendbar sei, da die automatische Geltung des Unionsrechtes anderslautende Bestimmungen verdränge.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Verfahrensgang wird festgestellt, wie oben in I. wiedergegeben.

Ferner wird festgestellt:

Der Beschwerdeführer ist kosovarischer Staatsangehöriger und seit dem 10.06.2009 mit einer slowakischen Staatsbürgerin verheiratet. Diese ist im Besitz einer Anmeldebescheinigung gemäß dem NAG und lebt seit dem 24.08.2016 in Österreich.

Der BF befindet sich in einem laufenden Asylverfahren.

Der Beschwerdeführer lebt mit seiner Ehefrau im gemeinsamen Haushalt seit dem 01.09.2016

Der Beschwerdeführer beantragte am 30.07.2019 die Ausstellung einer Ausnahmebestätigung nach § 3 Abs. 8 AuslBG beim AMS.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich unzweifelhaft aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, speziell den ZMR-Auszügen, der Heiratsurkunde und der Kopie der „Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger/-innen“ der Ehegattin.

Dass sich der BF in einem Asylverfahren befindet, ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Vorbringen in der Beschwerde,

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Rechtliche Grundlagen:

Gemäß § 3 Abs. 8 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG hat die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Ausländern, die gemäß § 1 Abs. 2 oder aufgrund einer Verordnung gemäß § 1 Abs. 4 vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen sind, auf deren Antrag eine Bestätigung darüber auszustellen.

3.1.2 Gemäß § 1 Abs. 2 lit. L AuslBG in der am 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Fassung BGBl. I Nr. 157/2005 sind die Bestimmungen des AuslBG nicht anzuwenden auf Ausländer, die aufgrund eines Rechtsaktes der Europäischen Union Arbeitnehmerfreizügigkeit genießen;

Art. 45 und Art. 21 AEUV des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union lautet wie folgt:

(1) Innerhalb der Union ist die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet.

(2) Sie umfasst die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen.

(3) Sie gibt - vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen - den Arbeitnehmern das Recht,

a) sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben;

b) sich zu diesem Zweck im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen;

c) sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, um dort nach den für die Arbeitnehmer dieses Staates geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eine Beschäftigung auszuüben;

d) nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter Bedingungen zu verbleiben, welche die Kommission durch Verordnungen festlegt.

3.1.4 Artikel 7 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Unionsbürger-Richtlinie), lautet:

Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate

(1) Jeder Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von über drei Monaten, wenn er

a) Arbeitnehmer oder Selbstständiger im Aufnahmemitgliedstaat ist oder

b) für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen oder

c) - bei einer privaten oder öffentlichen Einrichtung, die von dem Aufnahmemitgliedstaat aufgrund seiner Rechtsvorschriften oder seiner Verwaltungspraxis anerkannt oder finanziert wird, zur Absolvierung einer Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung als Hauptzweck eingeschrieben ist und

- über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügt und der zuständigen nationalen Behörde durch eine Erklärung oder durch jedes andere gleichwertige Mittel seiner Wahl glaubhaft macht, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, oder

d) ein Familienangehöriger ist, der den Unionsbürger, der die Voraussetzungen des Buchstaben a, b oder c erfüllt, begleitet oder ihm nachzieht.

(2) Das Aufenthaltsrecht nach Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die den Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat begleiten oder ihm nachziehen, sofern der Unionsbürger die Voraussetzungen des Absatzes 1 Buchstabe a, b oder c erfüllt.

...

Artikel 16

Allgemeine Regel für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen

(1) Jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, hat das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Dieses Recht ist nicht an die Voraussetzungen des Kapitels III geknüpft.

(2) Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen mit dem Unionsbürger im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten haben.

...

Artikel 23

Verbundene Rechte

Die Familienangehörigen eines Unionsbürgers, die das Recht auf Aufenthalt oder das Recht auf Daueraufenthalt in einem Mitgliedstaat genießen, sind ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit berechtigt, dort eine Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbständiger aufzunehmen."

Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes:

§ 52 AuslBG: Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern

(1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. Ehegatte oder eingetragener Partner sind;

§ 54 NAG:

1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.

(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, die Anmeldebescheinigung oder die Bescheinigung des Daueraufenthalts des zusammenführenden EWR-Bürgers sowie folgende Nachweise vorzulegen:

1. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;

[…]

3.2 Im konkreten Fall:

3.2.1 Es ist hier zu klären, ob dem BF Arbeitnehmerfreizügigkeit nach EU-rechtlichen Bestimmungen zukommt und daher die belangte Behörde die entsprechende Bestätigung auszustellen hat, dass er von der Anwendung des AuslBG ausgenommen ist.

Die Freizügigkeit bedeutet zum einen, dass jeder Unionsbürger grundsätzlich das Recht hat, sich in der Europäischen Union frei zu bewegen, in jeden anderen Mitgliedstaat einzureisen und sich dort aufzuhalten. Dieses Recht ist in Artikel 21 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) garantiert. Neben dieser aufenthaltsrechtlichen Komponente bedeutet Freizügigkeit im Binnenmarkt, sich in jedem Mitgliedstaat wirtschaftlich betätigen zu können, also unselbständig oder selbständig, dauerhaft oder vorübergehend tätig zu sein.

Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-BürgerInnen bzw. SchweizerInnen, oder von ÖsterreicherInnen, die ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, die selbst Drittstaatsangehörige sind, haben ebenfalls ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht und genießen Arbeitnehmerfreizügigkeit. Sie erhalten auf Antrag eine "Aufenthaltskarte" und nach fünf Jahren ununterbrochenem rechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet eine "Daueraufenthaltskarte" (die auch als Identitätsdokument gilt).

Als ein Rechtsakt im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG ist die RL 2004/38/EG (Freizügigkeitsrichtlinie) zu verstehen. Sie legt in Art. 23 fest, dass die Familienangehörigen eines Unionsbürgers, die das Recht auf Aufenthalt oder das Recht auf Daueraufenthalt in einem Mitgliedstaat genießen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit berechtigt sind, dort eine Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbstständiger aufzunehmen.

Somit bezieht sich § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG sowohl auf Unionsbürger als auch auf deren Angehörige ohne Unionsbürgerschaft (vgl. Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz2 [2018] § 1 Rz 27, 29).

Als Familienangehörige gelten nach Art. 2 Z. 2 lit. a und c der genannten RL unter anderem die Ehegatten sowie die Verwandten in gerader absteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten (also auch Kinder und Stiefkinder), die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

In der Beschwerde wird geltend gemacht, der Beschwerdeführer sei Drittstaatsangehöriger, der zu seiner Ehegattin in Österreich aufenthaltsberechtigten slowenischen Staatsangehörigen, die ihr Freizügigkeitsrecht in Anspruch genommen habe, nach Österreich gezogen sei und daher der Aufenthalt bereits aufgrund der Eheschließung rechtmäßig sei.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht.

In seinem Erkenntnis vom 25.02.2010, ZL. 2008/09/0181, führt der Verwaltungsgerichtshof folgendes aus:

„Die bis zum 30. August 2006 umzusetzende Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten ("Unionsbürger-Richtlinie") gewährt in ihrem Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Z. 2 lit. a einem drittstaatsangehörigen Ehegatten eines Unionsbürgers, der sich in einen anderen als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begibt oder sich dort aufhält, das unmittelbare Recht, sich wie dieser frei zu bewegen und aufzuhalten, wenn er diesen begleitet oder ihm nachzieht.

In seiner Entscheidung vom 19. Dezember 2008 in der Rechtssache C-551/07 (Sahin) hat der EuGH im Anschluss an sein Urteil vom 25. Juli 2008, C-127/08 (Metock) klargestellt, dass die Art. 9 Abs. 1 und 10 der Richtlinie 2004/38 einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach Familienangehörige eines Unionsbürgers, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und denen kraft Gemeinschaftsrecht, insbesondere nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie, ein Recht auf Aufenthalt zukommt, allein deshalb keine Aufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers erhalten können, weil sie nach den asylgesetzlichen Bestimmungen des Aufnahmemitgliedstaats vorläufig zum Aufenthalt in diesem Staat berechtigt sind.

Da die genannten Bestimmungen der Unionsbürger-Richtlinie unmittelbar anwendbar sind, verdrängen sie kraft des dem unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrecht zukommenden Anwendungsvorranges entgegenstehende nationale Bestimmungen, wie hier § 1 Abs. 2 Z. 1 NAG (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2009, Zl. 2008/21/0671). Das in § 55 Abs. 1 iVm den §§ 51, 52 und 54 NAG genannte Niederlassungsrecht ist unmittelbar im Gemeinschaftsrecht begründet und wird innerstaatlich nicht verliehen, sondern nur dokumentiert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2007, 2006/21/0330, Kutscher/Poschalko/Schmalzl, Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht, 2006, 40ff; siehe auch etwa die hg. Erkenntnisse vom 20. April 2001, Zl. 2000/19/0017, und vom 22. September 2009, Zl. 2008/22/0064). Die belangte Behörde durfte daher nicht auf den Umstand abstellen, ob dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel nach dem NAG erteilt war, sie hatte sich vielmehr damit zu befassen, ob er im Hinblick darauf, dass seine italienische Ehegattin ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hat, nach dem NAG wie der Angehörige einer EWR-Bürgerin zu behandeln und sein Recht auf Niederlassung als gegeben zu erachten war.

Unter Zugrundelegung dieser Auslegung der Unionsbürger-Richtlinie und in Anwendung des § 54 Abs. 1 NAG kommt dem Beschwerdeführer als Ehegatten einer italienischen Staatsangehörigen, die auf Grund ihres Zuzugs nach Österreich offenkundig von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, unabhängig von seinem derzeitigen Aufenthaltsstatus die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG jedenfalls zugute (so auch schon das hg. Erkenntnis vom 23. April 2009, Zl. 2008/09/0121, mwN).“

Auf den gegenständlichen Fall bezogen bedeutet dies:

Der Beschwerdeführer ist Ehemann einer slowakischen Staatsbürgerin, die ihr Recht auf Freizügigkeit geltend gemacht hat. Der Beschwerdeführer ist als kosovarischer Staatsangehöriger Drittstaatsangehöriger. Unter Zugrundelegung der Unionsbürger-Richtlinie und in Anwendung des § 54 Abs. 1 NAG kommt dem Beschwerdeführer daher unabhängig von seinem derzeitigen Aufenthaltsstatus die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG jedenfalls zugute.

Das in § 55 Abs. 1 iVm den §§ 51, 52 und 54 NAG genannte Niederlassungsrecht ist unmittelbar im Gemeinschaftsrecht begründet und wird innerstaatlich nicht verliehen, sondern nur dokumentiert. Eine Aufenthaltskarte nach § 54 NAG 2005 zählt zu den Dokumentationen des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts. In diesen Fällen ergibt sich das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht nicht aus einer nationalen gesetzlichen Berechtigung, sondern kraft unmittelbar anwendbaren Unionsrechts. Diese Bescheinigung hat bloß deklaratorische Wirkung, ein das Aufenthaltsrecht konstitutiv begründender "Aufenthaltstitel" liegt mit der Aufenthaltskarte nicht vor (vgl. VwGH 26.4.2016, Ra 2015/09/0137, VwGH vom 16.05.2019, Zl. Ro 2019/21/0004).

Die in § 3 Abs. 8 AuslBG vorgesehene und vom Beschwerdeführer beantragte Bestätigung ist ihm aus diesem Grund zu erteilen.

Im Ergebnis war der Beschwerde also stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit für Familienangehörige. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

4. Unterbleiben einer Verhandlung:

Der Sachverhalt war im Sinne des § 24 Abs. 4 VwGVG entscheidungsreif, weshalb von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden konnte. Dem Entfall der Verhandlung stand auch Art 6 EMRK nicht entgegen, weil lediglich rechtliche Fragen zu klären waren (vgl. VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159 mwH).

Schlagworte

Aufenthaltsrecht Ausnahmebestimmung Ehe Familienangehöriger Unionsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W156.2226221.1.00

Im RIS seit

09.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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