TE Lvwg Erkenntnis 2021/1/22 LVwG-AV-547/001-2020

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Veröffentlicht am 22.01.2021
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Entscheidungsdatum

22.01.2021

Norm

GewO 1994 §360 Abs5
VwGVG 2014 §28 Abs1
VwGVG 2014 §31 Abs1

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch seinen Richter Hofrat Dr. Kindermann-Zeilinger über den gemäß § 15 Verwaltungsgerichtsverfahrens-gesetz (VwGVG) gestellten Vorlageantrag der A Ges.m.b.H., ***, ***, vertreten durch Rechtsanwalt B, ***, ***, hinsichtlich der Beschwerdevorentscheidung der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 11. Mai 2020, Zl.: *** und ***, mit welcher die am 13. Februar 2020 fristgerecht eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 16. Jänner 2020, Zl.: *** und ***, als unbegründet abgewiesen wurde,

I.

durch Erkenntnis

IM NAMEN DER REPUBLIK

zu Recht:

1.   Der Bescheid über die Beschwerdevorentscheidung der Bezirkshaupt-mannschaft St. Pölten vom 11. Mai 2020, Zl.: *** und ***, wird gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) aufgehoben.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

und fasst den

II.

BESCHLUSS:

1.   Die Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 16. Jänner 2020, Zl.: *** und ***, wird gemäß § 28 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.

2.   Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe (zu Spruchteil I.):

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 16.01.2020, Zl.: *** und ***, wurde gegenüber der A Ges.m.b.H. hinsichtlich der Betriebsanlage im Standort ***, ***, Grundstück-Nr. ***, KG ***, die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes durch Schließung des Anlagenteiles „Gastgewerbebetriebsanlage“ verfügt.

Gestützt ist dieser Bescheid auf § 360 Abs. 1 und 5 der Gewerbeordnung 1994 (GewO).

Zugestellt an die A Ges.m.b.H. wurde dieser Bescheid nachweislich am 18.01.2020.

Gegen diesen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 16.01.2020, Zl.: *** und ***, richtet sich die Beschwerde der rechtsanwaltlich vertretenen A Ges.m.b.H. vom 13.02.2020, in dem der Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird.

Mit Beschwerdevorentscheidung der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 11. Mai 2020, *** und ***, wurde die am 13. Februar 2020 fristgerecht eingebrachte Beschwerde gegen den in Rede stehenden Bescheid vom 16.01.2020, Zl.: *** und ***, als unbegründet abgewiesen.

Zugestellt wurde diese Beschwerdevorentscheidung der Beschwerdeführerin am 13.05.2020.

Mit Eingabe des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin vom 22.05.2020 wurde der Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Landesver-waltungsgericht Niederösterreich (Vorlageantrag) gestellt. Eine Ergänzung des Beschwerdevorbringens wurde dabei nicht erstattet.

Zu diesem Vorlageantrag ist in rechtlicher Hinsicht Folgendes festzustellen:

Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

Bereits aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass die in dieser Bestimmung normierte 2-Monatsfrist im Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung bereits überschritten war, sodass die Beschwerdevorentscheidung nicht mehr erlassen hätte werden dürfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Mangels Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung der Beschwerde-vorentscheidung nach Ablauf der in § 14 Abs. 1 VwGVG normierten Frist von zwei Monaten nach Einbringung der Beschwerde per E-Mail am 13.02.2020 war daher mit der Aufhebung dieses Bescheides (Beschwerdevorentscheidung) vorzugehen und spruchgemäß zu entscheiden.

Die Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht konnte aus dem Grunde des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der verfahrensgegenständliche Bescheid aufzuheben war.

Die ordentliche Revision war im vorliegenden Fall nicht zuzulassen, da mit Blick auf die klare Rechtslage keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen gewesen ist und die Entscheidung auch nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

Begründung (zu Spruchteil II.):

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 16.01.2020, Zl.: *** und ***, wurde gegenüber der A Ges.m.b.H. hinsichtlich der Betriebsanlage im Standort ***, ***, Grundstück-Nr. ***, KG ***, die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes durch Schließung des Anlagenteiles „Gastgewerbebetriebsanlage“ verfügt.

In der Begründung dieses Bescheides ist ausgeführt, es sei aufgrund diverser festgestellter nicht genehmigter Änderungen der Betriebsanlage mit Verfahrensanordnung vom 29.07.2019 die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes bis 31.10.2019 gefordert worden.

Dieser Verfahrensanordnung sei nicht Folge geleistet worden. Weder sei die Betriebsanlage entsprechend dem genehmigten Konsens hergestellt noch ein diesbezügliches genehmigungsfähiges Projekt eingereicht worden.

Unter anderem aus brandschutztechnischer Sicht, da aufgrund der Erhöhung der (Anzahl der) Sitzplätze und diverser Änderungen im Aufbau der Gaststätte die Fluchtwege, Fluchtwegsbeleuchtungen, Löschhilfen etc. nicht mehr ausreichen würden bzw. nicht vorhanden seien oder nicht an den tatsächlichen Stand angepasst worden seien und diverse Zubauten vorgenommen worden seien, bestehe eine Gefahr für sämtliche sich in der Gaststätte aufhaltende Personen bzw. könne eine solche nicht ausgeschlossen werden.

Gestützt ist dieser Bescheid auf § 360 Abs. 1 und 5 der Gewerbeordnung 1994 (GewO).

Zugestellt an die A Ges.m.b.H. wurde dieser Bescheid nachweislich am 18.01.2020.

Gegen diesen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 16.01.2020, Zl.: *** und ***, richtet sich die Beschwerde der rechtsanwaltlich vertretenen A Ges.m.b.H. vom 13.02.2020, in dem der Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird.

Nach dem Beschwerdevorbringen führe die Behörde im angefochtenen Bescheid nicht aus, welche der im § 74 Abs. 2 GewO angeführten Interessen konkret beeinträchtigt bzw. gefährdet seien, was jedoch von erheblicher Bedeutung sei, weil es sich um die Schließung der Betriebsanlage handle und damit die wirtschaftliche Existenz gefährdet sei. Zudem habe die Behörde für die Erfüllung der in der Verfahrensanordnung vom 29.07.2019 getroffenen Anordnungen lediglich eine Frist bis zum 31.10.2019 eingeräumt, die jedoch im konkreten Fall viel zu kurz bemessen gewesen sei.

Gemäß § 79 GewO habe die Behörde festzulegen, dass bestimmte Au?agen erst nach Ablauf einer angemessenen, höchstens drei Jahre, in besonders berück-sichtigungswürdigen Fällen höchstens 5 Jahre betragenden Frist einzuhalten seien, wenn dem Inhaber der Betriebsanlage die Einhaltung dieser Au?agen erst innerhalb dieser Frist wirtschaftlich zumutbar sei. Außerdem habe die Behörde Au?agen, die unverhältnismäßig seien, nicht vorzuschreiben, wenn der mit der Erfüllung der Au?agen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Au?agen verbundenen Erfolg steht. In diesem Zusammenhang wäre es auch entscheidungswesentlich gewesen, wenn im Bescheid die konkret gefährdeten Interessen im Sinne des § 74 (2) GewO genannt worden wären.

Gegenstand des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ist der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 16.01.2020, Zl.: *** und ***, und die dagegen erhobene Beschwerde vom 13.02.2020.

Gemäß § 360 Abs. 1 GewO hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden, Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z 25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 79c oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.

Gemäß § 360 Abs. 5 GewO sind Bescheide gemäß Abs. 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 sofort vollstreckbar; wenn sie nicht kürzer befristet sind, treten sie mit Ablauf eines Jahres, vom Beginn der Vollstreckbarkeit an gerechnet, außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände, wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

Anknüpfend an die Bestimmung des § 360 Abs. 5 GewO ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass der angefochtene Bescheid – wie dem Verwaltungsakt zu entnehmen ist – nachweislich am 18.01.2020 der Beschwerdeführerin durch Übernahme durch einen Bevollmächtigten für RSb-Briefe zugestellt worden ist.

Mit der damit erfolgten Erlassung des Bescheides ist die Frist gemäß § 360 Abs. 5 GewO in Gang gesetzt worden.

Grund für die Unzulässigkeit einer Beschwerde und damit Anlass für das Verwaltungsgericht, einen Zurückweisungsbeschluss zu erlassen, kann insbesondere sein, wenn es sich bei der angefochtenen Erledigung um keinen Bescheid handelt. Ebenso ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Rechtsmittel gegen einen schon ex lege außer Kraft getretenen Bescheid jedenfalls zurückzuweisen (vgl. VwGH vom 05.07.1999, 99/16/0151, sowie Slg. 2699/77).

Im vorliegenden Fall ist der angefochtene Bescheid vom 16.01.2020 nach der erfolgten Zustellung am 18.01.2020 und dem zwischenzeitigen Verstreichen der Frist von einem Jahr ex lege außer Kraft getreten und gehört nicht mehr dem Rechtsbestand an.

Somit war die Beschwerde infolge des zwischenzeitigen Außerkrafttretens des angefochtenen Bescheides als unzulässig zurückzuweisen.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da die Beschwerde zurückzuweisen war.

Die Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht konnte aus dem Grunde des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der verfahrensgegenständliche Bescheid aufzuheben war.

Die ordentliche Revision war im vorliegenden Fall nicht zuzulassen, da mit Blick auf die klare Rechtslage keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen gewesen ist und die Entscheidung auch nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

Schlagworte

Gewerberecht; Betriebsanlage; Zwangs- und Sicherungsmaßnahme; Schließung; Verfahrensrecht; Zurückweisung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.547.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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