TE Vwgh Beschluss 2021/2/10 Ra 2021/05/0012

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Veröffentlicht am 10.02.2021
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Niederösterreich
L82000 Bauordnung
L82003 Bauordnung Niederösterreich
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §42 Abs1
AVG §8
BauO NÖ 2014 §21
BauO NÖ 2014 §22 Abs2
BauO NÖ 2014 §6
BauO NÖ 2014 §6 Abs2
BauRallg
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision des W W in K, vertreten durch die Urbanek & Rudolph Rechtsanwälte OG in 3100 St. Pölten, Europaplatz 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 24. März 2020, LVwG-AV-1250/001-2019, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Bauangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtsenat der Stadt K; mitbeteiligte Partei: Z GmbH in K, vertreten durch Dr. Georg Retter, Rechtsanwalt in 3500 Krems an der Donau, Roseggerstraße 16/2; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        In der gegenständlichen außerordentlichen Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

5        Ob ein bestimmtes Parteivorbringen als Einwendung im Rechtssinne verstanden werden kann, ist eine Frage des Einzelfalls. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn die im Einzelfall erfolgte Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (vgl. z.B. VwGH 7.10.2020, Ra 2020/05/0196, mwN).

6        Derartiges legt die Revision in ihren Zulässigkeitsausführungen nicht dar und dies ist angesichts der umfangreichen Begründung des angefochtenen Erkenntnisses, in der das Verwaltungsgericht ausführlich dargelegt hat, aus welchen Gründen mit dem innerhalb der Einwendungsfrist erhobenen, im angefochtenen Erkenntnis (S. 13 und 14) wörtlich wiedergegebenen Parteivorbringen keine subjektiven Nachbarrechte im Sinne der Bestimmungen der Niederösterreichischen Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014) geltend gemacht worden sind, auch nicht ersichtlich.

7        Soweit der Revisionswerber in den Zulässigkeitsgründen ein Abweichen von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit dem Argument behauptet, Einwendungen seien nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach ihrem Sinn zu beurteilen, ist dazu festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Einwendung im baurechtlichen Sinn (bzw. im Sinn des § 42 Abs. 1 AVG) nur dann vorliegt, wenn das Vorbringen wenigstens die Behauptung der Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts durch das den Gegenstand des Bewilligungsverfahrens bildende Vorhaben erkennen lässt, was bedeutet, dass aus dem Vorbringen des Nachbarn zu erkennen sein muss, in welchem vom Gesetz geschützten Recht er sich durch die beabsichtigte Bauführung verletzt erachtet. Wird keine solche Einwendung erhoben, verliert der Nachbar seine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren (Präklusion). Wenn von einem Nachbarn innerhalb der Einwendungsfrist nur unzulässige Einwendungen erhoben werden - worunter vor allem solche Einwendungen zu verstehen sind, mit welchen Rechte geltend gemacht werden, für welche der Partei im Gesetz kein Nachbarrecht zuerkannt worden ist -, so kommt es daher zum Verlust der Parteistellung (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 13.12.2016, Ra 2016/05/0107, 24.5.2016, Ra 2016/05/0035, oder auch das vom Revisionswerber selbst genannte Erkenntnis VwGH 14.10.2005, 2004/05/0259, jeweils mwN).

8        Im Hinblick darauf ist dem Verwaltungsgericht fallbezogen eine unvertretbare Beurteilung des in Rede stehenden Parteivorbringens nicht vorzuwerfen. Dass der Revisionswerber innerhalb der Einwendungsfrist noch ein weiteres Vorbringen erstattet hätte, aus welchem die behauptete Verletzung eines ihm nach der NÖ BO 2014 zukommenden Nachbarrechtes ableitbar gewesen wäre, wird in der Revision nicht behauptet.

9        Wenn zur Zulässigkeit der Revision außerdem vorgebracht wird, die Baubehörde hätte den unvertretenen Revisionswerber gemäß § 13a AVG zu belehren gehabt, genügt es, darauf hinzuweisen, dass nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis (S. 12) u.a. der Revisionswerber mit Anrainerverständigung des Magistrates der Stadt K. vom 3. April 2019 von dem geplanten Bauvorhaben informiert und ihm unter ausdrücklichem Hinweis auf die Präklusionsfolgen die Möglichkeit gegeben wurde, in die Antragsgrundlagen sowie in allfällige Gutachten beim Magistrat der Stadt K. Einsicht zu nehmen und binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung der Verständigung schriftlich bei der Baubehörde allfällige Einwendungen im Sinne des § 6 der NÖ BO 2014 zu erheben. Angesichts dieses unbestritten erfolgten Hinweises auf die Rechtsfolgen unterlassener Einwendungen innerhalb der gesetzten Frist bestand fallbezogen keine weitere Manuduktionspflicht der Behörde (vgl. in diesem Sinne zum Hinweis auf die Rechtsfolgen unterlassener Einwendungen in der Kundmachung zur mündlichen Bauverhandlung VwGH 14.5.2014, Ro 2014/06/0011, 29.1.2016, Ra 2015/06/0124, oder auch 1.8.2017, Ra 2017/06/0003, jeweils mwN). Außerdem geht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Manuduktionspflicht nicht soweit, dass eine Partei zur inhaltlichen Ausgestaltung von Einwendungen angeleitet werden müsste (vgl. etwa nochmals VwGH 29.1.2016, Ra 2015/06/0124, mwN).

10       Angesichts dieses Ergebnisses geht das weitere Zulässigkeitsvorbringen hinsichtlich des Inhaltes der vom Revisionswerber nach eingetretenem Verlust der Parteistellung erhobenen Einwendungen ins Leere.

11       In der Revision werden damit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 10. Februar 2021

Schlagworte

Baurecht Nachbar Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021050012.L00

Im RIS seit

23.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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