TE Pvak 2020/9/11 A21-PVAB/20

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Veröffentlicht am 11.09.2020
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Norm

PVG §2 Abs1
PVG §2 Abs2;
PVG §9 Abs3 lita
PVG §9 Abs4 lita
PVG §41 Abs1

Schlagworte

Antragslegitimation von Bediensteten; Antragsberechtigung von Bediensteten; gesetzwidrige Stellungnahme von PVO; weiter Ermessensspielraum; Willkür; rechtskonforme Entscheidung von PVO; Aufgaben der PVO; Anträge (Anregungen und Vorschläge) der PVO

Text

 

 

A 21-PVAB/20

Bescheid

Die Personalvertretungsaufsichtsbehörde (PVAB) hat durch ihre Mitglieder Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI als Vorsitzende sowie Dr.in Anita PLEYER als Vertreterin des Dienstgebers und Mag. Walter HIRSCH als Vertreter der Dienstnehmer/innen über den Antrag des BezInsp A (Antragsteller), die Geschäftsführung des Dienststellenausschusses der Justizanstalt (JA) *** für die Bediensteten des Exekutivdienstes (DA) wegen Nichtberücksichtigung der Bewerbung des Antragstellers um eine bestimmte Planstelle auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen, gemäß § 41 Abs. 1 und 2 PVG entschieden:

Dem Antrag wird wegen Gesetzwidrigkeit der Geschäftsführung des DA stattgegeben und der Beschluss des DA zu TOP 1d („Der DA stimmt der Besetzungsabsicht mit Kollegen B zu“) der Tagesordnung seiner Sitzung vom 4. August 2020 wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 18. August 2020, in der PVAB eingelangt am 24. August 2020, wurde beantragt, die Geschäftsführung des DA wegen der Nichtberücksichtigung der Bewerbung des Antragstellers um eine bestimmte Planstelle auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.

Die PVAB erachtete aufgrund des Antragsvorbringens, der Stellungnahme des DA vom 28. August 2020 und der vorgelegten Dokumente folgenden Sachverhalt als erwiesen:

Der Antragsteller bewarb sich am 7. Mai 2020 um die ausgeschriebene Planstelle.

Um diese Planstelle bewarben sich insgesamt sieben Bedienstete.

Mit Schreiben vom 2. Juni 2020 teilte die Anstaltsleitung dem DA mit, dass vorbehaltlich der Zustimmung der Dienstbehörde in Aussicht genommen sei, einen Mitbewerber des Antragstellers mit dieser Planstelle zu betrauen.

In seiner Sitzung vom 15. Juni 2020 beschloss der DA, eine Aussprache gemäß § 9 Abs. 4 lit. a PVG zu dieser Besetzung mit dem DL zu fordern. Dies erfolgte mit Schreiben des DA an die DL vom selben Tag.

Diese Aussprache fand am 29. Juni 2020 statt. Bei dieser Besprechung listete der DL dem DA gegenüber auf, welche Argumente für den von ihm vorgeschlagenen Bewerber sprachen und dass die Kollegen mit dem zukünftigen Arbeitsplatzinhaber reibungslos zusammenarbeiten müssten. In die engere Auswahl für diese Funktion kamen lt. DL nur zwei Bewerber, darunter nicht der Antragsteller. Vom DA auf die dienstälteren Bediensteten, darunter der Antragsteller, angesprochen, meiner der DL, dass diese Kollegen „keine Rolle für den Arbeitsplatz“ spielen würden.

In seiner Sitzung vom 2. Juli 2020 beschloss der DA nach Diskussion über die Besetzung der Planstelle, diesen TOP auf die nächste Sitzung zu vertagen, um mit allen Bewerber/innen persönlich sprechen zu können, weshalb eine Fristerstreckung beim DL beantragt und von diesem auch gewährt wurde.

Bei der DA-Sitzung vom 16. Juli 2020 wurde nach längerer Diskussion über zwei Mitbewerber des Antragstellers beschlossen, sich für einen der beiden, der nicht vom DL für die Besetzung vorgeschlagen worden war, auszusprechen. Dies wurde dem DL mit Schreiben des DA vom selben Tag mitgeteilt. In der Folge wurde dem DA vom DL mitgeteilt, dass der vom DA favorisierte Bewerber C seine Bewerbung zurückgezogen habe.

Der DA beschloss in seiner Sitzung vom 4. August 2020, sich für den Besetzungsvorschlag des DL auszusprechen.

Dem Protokoll dieser DA-Sitzung (11 Uhr bis 12.15 Uhr), bei der insgesamt sechs inhaltliche Tagesordnungspunkte zur Diskussion standen, ist weder eine Auseinandersetzung mit den Bewerbungen aller sieben Bewerber für diese Planstelle, noch eine vergleichende Auseinandersetzung mit den Bewerbungen des Antragstellers und seines vom DL vorgeschlagenen Mitbewerbers zu entnehmen.

Mit Schreiben des DA vom 4. August 2020 wurde dem DL mitgeteilt, dass der DA in seiner Sitzung nach Durchsicht sämtlicher Bewerbungsunterlagen, umfangreicher Beratungen, Verhandlungen mit der DL und der Rückziehung der Bewerbung eines Mitbewerbers des Antragstellers am selben Tag beschlossen habe, die Besetzung der Planstelle mit dem vom DL vorgeschlagenen Kandidaten B zu befürworten.

Der DA stellte in seiner Stellungnahme vom 28. August 2020 ergänzend fest, dass es äußerst schwierig gewesen sei, unter diesen Umständen eine für die Belegschaft einvernehmliche Lösung zu finden.

Die vorstehenden Sachverhaltsfeststellungen wurden den Parteien des Verfahrens gemäß § 45 Abs. 3 AVG mit Schriftsatz vom 31. August 2020 zur Kenntnisnahme übermittelt und ihnen Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen. Unter einem wurde darauf hingewiesen, dass für den Fall keiner Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist angenommen werde, es bestünden keine Einwände gegen den festgestellten Sachverhalt.

Der Antragsteller hat mit Stellungnahme vom 4. September 2020 die Sachverhaltsfeststellungen der PVAB nicht bestritten. Ergänzend führte er aus, dass durch den Rückzug der Bewerbung von C eine neue Rechtsgrundlage entstanden sei, weshalb sich der DA neuerlich mit den übrigen Bewerbungen auseinanderzusetzen gehabt hätte, anstatt sich von der Darstellung des DL leiten zu lassen. Zudem sei es mit seiner Person zu keiner Aussprache bezüglich der Bewerbung gekommen, sondern er hätte nur die Information erhalten, dass der DA den Bewerber C unterstützen würde.

Auch vom DA wurden in seiner Stellungnahme vom 7. September 2020 die Sachverhaltsfeststellungen der PVAB nicht bestritten. Ergänzend wurde ausgeführt, dass für den DA nach Zurückziehung der Bewerbung von C und zwei Verhandlungen mit dem DL sowie nochmaliger Überprüfung der restlichen sechs Bewerbungen nur mehr die Entscheidung für B vertretbar schien, zumal jedes andere Handeln des DA bei der Belegschaft den Anschein erweckt hätte, der DA wolle B verhindern. Abschließend legte der DA Wert auf die Feststellung, seine Entscheidung voll und ganz zu vertreten.

Zu dieser Stellungnahme des DA hat die PVAB erwogen:

Der DA hat sich lt. seiner Stellungnahme vom 28. August 2020 aufgrund der Mitteilung des DL in der Aussprache vom 29. Juni 2020, es kämen für die ausgeschriebene Planstelle nur B und D in Frage, während der Antragsteller und C für diesen Arbeitsplatz „keine Rolle spielten“, in seinen Sitzungen vom 2. Juli 2020 und vom 16. Juli 2020 mit dieser Besetzungsfrage auseinandergesetzt, wobei er in seiner Sitzung vom 16. Juli 2020 nach Diskussion über C und D beschloss, sich für C auszusprechen.

Auch in seiner Sitzung vom 4. August 2020 erfolgte keinerlei Auseinandersetzung mit den übrigen Bewerbungen, sondern wurde lapidar zu TOP 1d der Tagesordnung beschlossen, der Besetzungsabsicht des DL mit B zuzustimmen.

Die nunmehrige Stellungnahme des DA vom 7. September 2020, der DA habe nach der Zurückziehung der Bewerbung von C die Bewerbungsunterlagen der restlichen sechs Bewerbungen nochmals überprüft, findet keine Deckung in den Sitzungsprotokollen. Der DA beriet lt. Sitzungsprotokollen am 2. Juli 2020 über C und D und am 4. August 2020 über den Besetzungsvorschlag B des DL und nicht auch über die übrigen Bewerbungen. Auch hätte die Dauer der DA-Sitzung vom 4. August 2020 (75 Minuten bei insgesamt sechs inhaltlichen TOP) eingehende Beratungen im erforderlichen Ausmaß über jede der restlichen sechs Bewerbungen sowie zu den übrigen inhaltlichen TOP, darunter eine weitere Planstellenbesetzung mit insgesamt neun Bewerbungen, nicht ermöglicht.

Der Sachverhalt steht somit fest.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 41 Abs.1 PVG sind antragsberechtigt an die PVAB u.a. Personen, die die Verletzung ihrer Interessen durch gesetzwidrige Geschäftsführung eines Personalvertretungsorgans behaupten.

Der Antragsteller ist Bediensteter im Zuständigkeitsbereich des DA und fühlt sich durch die Geschäftsführung des DA im Zusammenhang mit der Bewerbung des Antragstellers um eine bestimmte Planstelle in seinen durch das PVG gewährleisteten Rechten verletzt.

Seine Antragslegitimation ist gegeben.

Die Grundsätze, die die Personalvertretung (PV) bei Erfüllung ihrer Aufgaben zu wahren und zu fördern hat, sind – so die ständige Rechtsprechung der Personalvertretungsaufsicht – im Gesetz nur sehr allgemein formuliert. Auch die dienstrechtlichen Gesetze und Vorschriften enthalten vielfach nur allgemeine Richtlinien, die im Einzelfall sehr verschieden verstanden und ausgelegt werden können. So drückt sich etwa § 4 Abs. 3 BDG 1979, der die Grundsätze für die Ernennung von Beamten anführt, nur unkonkret aus: Es darf nur die/der ernannt – und sinngemäß mit einem Arbeitsplatz, dessen Innehabung die Aussicht auf eine Ernennung ermöglicht, betraut – werden, von der/dem aufgrund ihrer/seiner persönlichen und fachlichen Eignung anzunehmen ist, dass sie/er die mit der Verwendung auf der Planstelle verbundenen Aufgaben in bestmöglicher Weise erfüllt.

Nur allgemein sind auch die Regelungen über die Verwendung der Bediensteten (§§ 36 ff BDG 1979) formuliert. Da es sich dabei um Angelegenheiten handelt, bei denen die verschiedensten Gesichtspunkte zum Tragen kommen können, räumt das Gesetz nicht nur dem Dienstgeber, sondern auch der Personalvertretung bei ihrer Geschäftsführung insofern einen weiten Spielraum ein, als sie bei der Beurteilung der Frage, was den Interessen der von ihr vertretenen Bediensteten am besten diene, zu verschiedenen - mangels auf jeden Einzelfall präzise anzuwendender Determinierung durch das Gesetz - weder in der einen noch in der anderen Richtung gesetzwidrigen Ergebnissen gelangen kann.

Eine Stellungnahme der PV in diesem Zusammenhang kann das Gesetz nur dann verletzen, wenn sie Grundsätze vertritt, die mit den nach § 2 Abs. 1 und 2 PVG zu wahrenden Grundsätzen in klarem Widerspruch stehen, jede Auseinandersetzung mit der Problematik des Falles vermissen lässt oder willkürlich erfolgt (Schragel, PVG, § 2, Rz 17 und Rz 18, mwN; PVAB vom 29. März 2018, A 17-PVAB/17; PVAB 6. Mai 2019, A 8-PVAB/19, mwN; PVAB 4. November 2019, A 29-PVAB/19, mwN).

Der weite Ermessensspielraum, der für die PVO gilt, findet somit u.a. im allgemeinen Willkürverbot seine Grenzen. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind Entscheidungen dann „willkürlich“, wenn sie unsachlich sind, also ohne sachliche Rechtfertigung getroffen werden (VfGH 11.06.2003, B 1454/02).

Zusammenfassend ist festzustellen, dass ein PVO nicht rechtswidrig handelt, wenn es nach Prüfung des Sachverhalts in objektiv vertretbarer - und nachvollziehbarer - Weise zu einem Ergebnis gelangt.

Im vorliegenden Fall hat der DA in seiner Sitzung vom 15. Juni 2020 nach Erhalt des Besetzungsvorschlages des DL mit B zwar beschlossen, eine Aussprache über die eingelangten sieben Bewerbungen mit dem DL zu verlangen. Im Rahmen dieser Aussprache am 29. Juni 2020 führte der DL unter Betonung der besonderen Eignung von B aus, es kämen für die Besetzung der Planstelle nur B und D in Frage, während der Antragsteller und C für diesen Arbeitsplatz „keine Rolle spielten“.

In seiner Sitzung vom 2. Juli 2020 setzte sich der DA nur mit den Bewerbungen von C und D auseinander und befasste sich nicht mit den übrigen Bewerbungen. Nach Rückziehung der Bewerbung von C befasste sich der DA in seiner Sitzung vom 4. August 2020 zwar neuerlich mit der Besetzung dieser Planstelle, setzte sich aber auch in dieser Sitzung nicht mit den übrigen sechs Bewerbungen, sondern nur mit dem Besetzungsvorschlag des DL, lautend auf B, auseinander.

Nach PVG dürfen Personalvertretungsorgane (PVO) Mitteilungen des DL nicht widerspruchslos entgegennehmen, ohne sich damit auseinanderzusetzen und allenfalls andere Maßnahmen zu beantragen.

Die PVO sind nach PVG zwingend gesetzlich dazu verpflichtet, die beruflichen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Interessen der Bediensteten in ihrem Zuständigkeitsbereich stets wahrzunehmen und zu fördern (§ 2 Abs. 1 PVG). In Erfüllung dieser Interessenvertretungsaufgaben haben sie dafür einzutreten, dass die zugunsten der Bediensteten geltenden Gesetze, Verordnungen, Verträge, Dienstordnungen, Erlässe und Verfügungen eingehalten und durchgeführt werden (§ 2 Abs. 2 PVG).

Ein PVO ist nach PVG zudem dazu verpflichtet, nach § 9 Abs. 4 lit. a PVG vorzugehen, wenn die Prüfung und Beratung der jeweiligen vom Dienstgeber beabsichtigten und dem PVO gemäß § 9 Abs. 3 PVG schriftlich mitgeteilten Maßnahme ergibt, dass eine andere Maßnahme als die vom Dienstgeber geplante geeigneter dazu wäre, den vom PVG geschützten Interessen der vom PVO zu vertretenen Bediensteten besser Rechnung zu tragen.

Bei einer solchen Prüfung hätte sich der DA u.a. auch mit der Tatsache, dass abgesehen von der vom DL letztlich ausschließlich favorisierten Bewerbung von B nach dem Rückzug von C noch fünf (!) weitere Bewerbungen um die ausgeschriebene Planstelle vorlagen, sowie mit den Bewerbungsunterlagen aller dieser Bewerbungen entsprechend auseinanderzusetzen gehabt. Da eine solche Prüfung und Auseinandersetzung mit dem Vorschlag des DL, einen Mitbewerber des Antragstellers mit der ausgeschriebenen Funktion zu betrauen, nach Bewertung auch der restlichen fünf Bewerbungen um diese Funktion und eingehender Auseinandersetzung damit iSd § 2 PVG im DA unterblieb, hat der DA seine Geschäftsführung mit Gesetzwidrigkeit belastet (PVAB 4. November 2019, A 29-PVAB/19).

Die Befassung des DA mit der Besetzungsfrage lässt somit die Auseinandersetzung mit der Problematik des Falles nach dem Rückzug von C durch Diskussion und Bewertung aller sechs restlichen Bewerbungen um die zu besetzende Planstelle im gebotenen Umfang vor der Beschlussfassung zu TOP 1d („Der DA stimmt der Besetzungsabsicht mit Kollegen B zu“) der Tagesordnung seiner Sitzung vom 4. August 2020 vermissen.

Da der DA, wie bereits erwähnt, ohne entsprechende umfassende Prüfung des Sachverhalts, also auf eine weder objektiv vertretbare noch nachvollziehbare Weise, zu seiner Entscheidung gelangte, handelte er insoweit in gesetzwidriger Geschäftsführung.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 11. September 2020

Die Vorsitzende:

Sektionschefin i.R. Prof.in Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:PVAB:2020:A21.PVAB.20

Zuletzt aktualisiert am

02.03.2021
Quelle: Personalvertretungsaufsichtsbehörde Pvab, https://www.bundeskanzleramt.gv.at/personalvertretungsaufsichtsbehorde
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