TE Pvak 2020/9/11 A20-PVAB/20

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Veröffentlicht am 11.09.2020
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Norm

PVG §2 Abs1
PVG §2 Abs2
PVG §9 Abs3 lita
PVG §22 Abs4
PVG §41 Abs1

Schlagworte

Antragsberechtigung von Bediensteten; Besetzung von Planstellen; weiter Ermessensspielraum; Willkür; gebotene Auseinandersetzung; umfassende Prüfung

Text

 

 

A 20-PVAB/20

Bescheid

Die Personalvertretungsaufsichtsbehörde (PVAB) hat durch ihre Mitglieder Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI als Vorsitzende sowie Dr.in Anita PLEYER als Vertreterin des Dienstgebers und Mag. Walter HIRSCH als Vertreter der Dienstnehmer/innen über den Antrag des Gruppeninspektors A (Antragsteller), die Geschäftsführung des Dienststellenausschusses der Justizanstalt *** (JA) für die Bediensteten des Exekutivdienstes (DA) wegen Nichtberücksichtigung der Bewerbung des Antragstellers um eine bestimmte Planstelle auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen, gemäß § 41 Abs. 1 und 2 PVG entschieden:

Dem Antrag wird wegen Gesetzwidrigkeit der Geschäftsführung des DA stattgegeben und der Beschluss des DA zu TOP 1c („Der DA hat nach umfangreicher Beratung gegen die Besetzungsabsicht der Planstelle X mit Kollegen  B keinen Einwand“) der Tagesordnung seiner Sitzung vom 4. August 2020 wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 7. August 2020, in der PVAB eingelangt am 19. August 2020, wurde beantragt, die Geschäftsführung des DA wegen der Nichtberücksichtigung der Bewerbung des Antragstellers um eine bestimmte Planstelle auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.

Die PVAB erachtete aufgrund des Antragsvorbringens, der Stellungnahme des DA vom 28. August 2020 und der vorgelegten Dokumente folgenden Sachverhalt als erwiesen:

Der Antragsteller bewarb sich am 2. Juli 2020 um die Planstelle „Dienstführende/r in Einsatzfunktion, Allgemeiner Justizwachdienst“.

Um diese Planstelle bewarben sich insgesamt neun Bedienstete.

Mit Schreiben vom 22. Juli 2020 teilte die Anstaltsleitung dem DA mit, dass vorbehaltlich der Zustimmung der Dienstbehörde in Aussicht genommen sei, einen Mitbewerber des Antragstellers (Revierinspektor B) mit dieser Planstelle zu betrauen.

In seiner Sitzung vom 29. Juli 2020 beschloss der DA, eine Aussprache gemäß § 9 Abs. 4 lit. a PVG zu dieser Besetzung mit dem DL zu fordern. Dies erfolgte mit Schreiben des DA an die DL vom selben Tag.

Diese Aussprache fand am 29. Juli 2020 statt. Bei dieser Besprechung legte der DL dem DA dar, dass für das Leitungsteam nur zwei Bewerber in die engere Auswahl gekommen wären, nämlich B und ein weiterer Mitbewerber C des Antragstellers. Vom DA auf die dienstälteren Bediensteten, darunter den Antragsteller angesprochen, meinte der DL, dass diese Kollegen „keine Rolle für die Besetzung“ spielen würden.

Da es bei dieser Besprechung zu keiner Einigung zwischen DA und DL kam, behandelte der DA in seiner Sitzung vom 4. August 2020 diese Besetzungsfrage neuerlich.

Nach intensiver Beratung beschloss der DA, sich für den Besetzungsvorschlag des DL (B) auszusprechen. Dieser Bewerber hatte als einziger der Bewerber eine positive E2a-Zulassungsprüfung abgelegt.

Dem Protokoll dieser DA-Sitzung (11 Uhr bis 12.15 Uhr), bei der insgesamt sechs inhaltliche Tagesordnungspunkte zur Diskussion standen, ist weder eine Auseinandersetzung mit den Bewerbungen aller neun Bewerber für diese Planstelle, noch ein Vergleich zwischen den Bewerbungen des Antragstellers und seines Mitbewerbers B zu entnehmen.

Gleiches gilt für die Frage der E2a-Zulassungsprüfung, die gleichfalls im Protokoll dieser DA-Sitzung keine Erwähnung findet.

Mit Schreiben des DA vom 4. August 2020 wurde dem DL mitgeteilt, dass der DA in seiner Sitzung vom selben Tag beschlossen habe, die Besetzung der Planstelle mit B zu befürworten.

Der DA stellte in seiner Stellungnahme vom 28. August 2020 ergänzend fest, Kollegen weder wegen ihrer politischen Einstellung noch irgendeiner Lebenserfahrung jemals diskriminiert zu haben.

Die vorstehenden Sachverhaltsfeststellungen wurden den Parteien des Verfahrens gemäß § 45 Abs. 3 AVG („Parteiengehör“) mit Schriftsatz vom 31. August 2020 zur Kenntnisnahme übermittelt und ihnen Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen. Unter einem wurde darauf hingewiesen, dass für den Fall keiner Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist angenommen werde, es bestünden keine Einwände gegen den festgestellten Sachverhalt.

Der Antragsteller hat mit Stellungnahme vom 2. September 2020 die Sachverhaltsfeststellungen der PVAB nicht bestritten. Ergänzend führte er aus, die positiv absolvierte E2a-Zulassungsprüfung habe für die gegenständliche Planstelle keine Voraussetzung gebildet. Zudem wäre der DA ausschließlich der Argumentation des DL gefolgt und hätte sich in keinster Weise mit den gegenständlichen Bewerbungsunterlagen auseinandergesetzt.

Auch vom DA wurden in seiner Stellungnahme vom 7. September 2020 die Sachverhaltsfeststellungen der PVAB nicht bestritten. Ergänzend wurde ausgeführt, dass in beiden DA-Sitzungen, in denen die Besetzungsabsicht auf der Tagesordnung stand, umfangreich und ausführlich über jeden Bewerber beraten worden wäre. Dass der Bewerber B eine positive E2a-Zulassungsprüfung abgelegt hatte, war jedem DA-Mitglied bekannt, weshalb sich ein diesbezüglicher Vermerk im Protokoll erübrigt habe. Die Entscheidung, sich für B auszusprechen, werde vollinhaltlich vom DA vertreten.

Zu dieser Stellungnahme des DA hat die PVAB erwogen:

Der DA hat sich lt. seiner Stellungnahme vom 28. August 2020 aufgrund der Mitteilung des DL in der Aussprache vom 29. Juli 2020, es kämen für die ausgeschriebene Planstelle nur B und C in Frage, nur mehr mit diesen beiden Bewerbungen auseinandergesetzt.

Die nunmehrige Stellungnahme des DA vom 7. September 2020, der DA habe in den DA-Sitzungen vom 29. Juli 2020 und vom 4. August 2020 umfangreich und ausführlich über jeden Bewerber beraten, kann sich daher nur auf die Bewerber B und C beziehen, zumal die Protokolle dieser beiden DA-Sitzungen keinerlei Hinweis auf umfangreiche und ausführliche Beratungen über die insgesamt neun Bewerber enthalten und auch die Dauer der DA-Sitzungen (90 Minuten bei insgesamt sieben inhaltlichen TOP bzw. 75 Minuten bei insgesamt sechs inhaltlichen TOP) keine umfangreichen und ausführlichen Beratungen über jeden der neun Bewerber sowie zu den übrigen inhaltlichen TOP, darunter eine weitere Planstellenbesetzung mit insgesamt sieben Bewerbungen, ermöglicht hätte.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 41 Abs.1 PVG sind antragsberechtigt an die PVAB u.a. Personen, die die Verletzung ihrer Interessen durch gesetzwidrige Geschäftsführung eines Personalvertretungsorgans behaupten.

Der Antragsteller ist Bediensteter im Zuständigkeitsbereich des DA und fühlt sich durch die Geschäftsführung des DA im Zusammenhang mit der Bewerbung des Antragstellers um eine bestimmte Planstelle in seinen durch das PVG gewährleisten Rechten verletzt. Seine Antragslegitimation ist gegeben.

Die Grundsätze, die die Personalvertretung (PV) bei Erfüllung ihrer Aufgaben zu wahren und zu fördern hat, sind – so die ständige Rechtsprechung der Personalvertretungsaufsicht - im Gesetz nur sehr allgemein formuliert. Auch die dienstrechtlichen Gesetze und Vorschriften enthalten vielfach nur allgemeine Richtlinien, die im Einzelfall sehr verschieden verstanden und ausgelegt werden können. So drückt sich etwa § 4 Abs. 3 BDG 1979, der die Grundsätze für die Ernennung von Beamten anführt, nur unkonkret aus. Es darf nur die/der ernannt – und sinngemäß mit einem Arbeitsplatz, dessen Innehabung die Aussicht auf eine Ernennung ermöglicht, betraut – werden, von der/dem aufgrund ihrer/seiner persönlichen und fachlichen Eignung anzunehmen ist, dass sie/er die mit der Verwendung auf der Planstelle verbundenen Aufgaben in bestmöglicher Weise erfüllt. Nur allgemein sind auch die Regelungen über die Verwendung der Bediensteten (§§ 36 ff BDG 1979) formuliert. Da es sich dabei um Angelegenheiten handelt, bei denen die verschiedensten Gesichtspunkte zum Tragen kommen können, räumt das Gesetz nicht nur dem Dienstgeber, sondern auch der Personalvertretung bei ihrer Geschäftsführung insofern einen weiten Spielraum ein, als sie bei der Beurteilung der Frage, was den Interessen der von ihr vertretenen Bediensteten am besten diene, zu verschiedenen - mangels auf jeden Einzelfall präzise anzuwendender Determinierung durch das Gesetz - weder in der einen noch in der anderen Richtung gesetzwidrigen Ergebnissen gelangen kann. Eine Stellungnahme der Personalvertretung in diesem Zusammenhang kann das Gesetz nur dann verletzen, wenn sie Grundsätze vertritt, die mit den nach § 2 Abs. 1 und 2 PVG zu wahrenden Grundsätzen in klarem Widerspruch stehen, jede Auseinandersetzung mit der Problematik des Falles vermissen lässt oder willkürlich erfolgt (Schragel, PVG, § 2, Rz 17 und Rz 18, mwN; PVAB vom 29. März 2018, A 17-PVAB/17; PVAB 6. Mai 2019, A 8-PVAB/19, mwN; PVAB 4. November 2019, A 29-PVAB/19, mwN).

Der weite Ermessensspielraum, der für die Personalvertretungsorgane (PVO) gilt, findet somit u.a. im allgemeinen Willkürverbot seine Grenzen. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) sind Entscheidungen dann „willkürlich“, wenn sie unsachlich sind, also ohne sachliche Rechtfertigung getroffen werden (VfGH 11.06.2003, GZ B 1454/02).

Zusammenfassend ist festzustellen, dass ein Personalvertretungsorgan nicht rechtswidrig handelt, wenn es nach Prüfung des Sachverhalts in objektiv vertretbarer - und nachvollziehbarer - Weise zu einem Ergebnis gelangt.

Im vorliegenden Fall hat der DA in seiner Sitzung vom 29. Juli 2020 nach Erhalt des Besetzungsvorschlages des DL mit B zwar beschlossen, eine Aussprache über die eingelangten neun Bewerbungen mit dem DL zu verlangen, aber im Rahmen dieser Aussprache vom selben Tag die Aussage des DL, es kämen für die Besetzung der Planstelle nur die Bewerber B und C in Frage, ohne weiteres akzeptiert, weshalb er sich in seiner Sitzung vom 4. August 2020 nur mehr mit diesen beiden Bewerbern auseinandersetzte.

Nach PVG dürfen Personalvertretungsorgane (PVO) Mitteilungen des DL aber nicht widerspruchslos entgegennehmen, ohne sich damit auseinanderzusetzen und allenfalls andere Maßnahmen zu beantragen.

Die PVO sind nach PVG zwingend gesetzlich dazu verpflichtet, die beruflichen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Interessen der Bediensteten in ihrem Zuständigkeitsbereich stets wahrzunehmen und zu fördern (§ 2 Abs. 1 PVG). In Erfüllung dieser Interessenvertretungsaufgaben haben sie dafür einzutreten, dass die zugunsten der Bediensteten geltenden Gesetze, Verordnungen, Verträge, Dienstordnungen, Erlässe und Verfügungen eingehalten und durchgeführt werden (§ 2 Abs. 2 PVG). Ein PVO ist nach PVG zudem dazu verpflichtet, nach § 9 Abs. 4 lit. a PVG vorzugehen, wenn die Prüfung und Beratung der jeweiligen vom Dienstgeber beabsichtigten und dem PVO gemäß § 9 Abs. 3 PVG schriftlich mitgeteilten Maßnahme ergibt, dass eine andere Maßnahme als die vom Dienstgeber geplante geeigneter dazu wäre, den vom PVG geschützten Interessen der vom PVO zu vertretenen Bediensteten besser Rechnung zu tragen. Bei einer solchen Prüfung hätte sich der DA u.a. auch mit der Tatsache, dass, abgesehen von den beiden vom DL favorisierten Bewerbungen, noch sieben (!) weitere Bewerbungen um die ausgeschriebene Planstelle vorlagen, sowie mit den Bewerbungsunterlagen aller Bewerber entsprechend auseinanderzusetzen gehabt.

Da eine solche Prüfung und Auseinandersetzung mit dem Vorschlag des DL, einen Mitbewerber des Antragstellers mit der ausgeschriebenen Funktion zu betrauen, nach Bewertung auch der übrigen sieben Bewerbungen um diese Funktion und eingehender Auseinandersetzung damit iSd § 2 PVG im DA unterblieb, hat der DA seine Geschäftsführung mit Gesetzwidrigkeit belastet (PVAB 4. November 2029, A 29-PVAB/19). Die Befassung des DA mit der Besetzungsfrage lässt somit die Auseinandersetzung mit der Problematik des Falles durch Diskussion und Bewertung aller Bewerbungen um die zu besetzende Planstelle im gebotenen Umfang vor der Beschlussfassung zu TOP 1c („Der DA hat nach umfangreicher Beratung gegen die Besetzungsabsicht der Planstelle X mit Kollegen B keinen Einwand“) der Tagesordnung seiner Sitzung vom 4. August 2020 vermissen.

Da der DA, wie bereits erwähnt, ohne entsprechende umfassende Prüfung des Sachverhalts, also auf eine weder objektiv vertretbare noch nachvollziehbare Weise, zu seiner Entscheidung gelangte, handelte er insoweit in gesetzwidriger Geschäftsführung.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 11. September 2020

Die Vorsitzende:

Sektionschefin i.R. Prof.in Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:PVAB:2020:A20.PVAB.20

Zuletzt aktualisiert am

02.03.2021
Quelle: Personalvertretungsaufsichtsbehörde Pvab, https://www.bundeskanzleramt.gv.at/personalvertretungsaufsichtsbehorde
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