TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/16 96/19/0295

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Veröffentlicht am 16.05.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §2 Abs1;
AufG 1992 §9 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,

Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerden der 10 Beschwerdeführer, die Fünft- bis Zehntbeschwerdeführer vertreten durch den Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin, sämtliche vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 4. November 1994, zu Zlen. 1) 106.684/2-III/11/94 bis 10) 106.684/11-III/11/94, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von je S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den oben genannten, im Instanzenzug ergangenen und in der Begründung gleichlautenden Bescheiden des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 4. November 1994 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß den §§ 4 Abs. 1 und 9 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in der Fassung vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde jeweils aus, gemäß § 9 Abs. 3 AufG sei die Erteilung weiterer Bewilligungen ausgeschlossen, wenn die im § 2 Abs. 1 AufG und der darauf beruhenden Verordnung festgelegte Anzahl von Bewilligungen erreicht sei. Ab diesem Zeitpunkt seien anhängige Anträge, die sich nicht auf den im § 3 AufG verankerten Rechtsanspruch stützten, abzuweisen. Für das Bundesland Wien sei in der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem AufG für 1994, BGBl. Nr. 72/1994, eine Höchstzahl von 4.300 Bewilligungen festgesetzt. Diese sei nunmehr erreicht. Aus dem Gesamtvorbringen der Beschwerdeführer habe ein Rechtsanspruch für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht abgeleitet werden können. Auch auf Grund dieser Tatsache seien die Berufungsanträge ins Leere gegangen.

Gegen diese Bescheide richten sich die nach ihrer Ablehnung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerden mit dem Begehren, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden und darüber erwogen:

Im Hinblick auf das Datum der Zustellung der angefochtenen Bescheide am 21. November 1994 hatte die belangte Behörde die Rechtslage vor Inkrafttreten der AufG-Novelle

BGBl. Nr. 351/1995 anzuwenden. Gemäß § 9 Abs. 3 AufG in dieser Fassung durften, sobald die gemäß § 2 Abs. 1 AufG und der darauf beruhenden Verordnung festgelegte Anzahl von Bewilligungen erreicht war, keine weiteren Bewilligungen erteilt werden. Die Entscheidung über anhängige Anträge gemäß § 3 war auf das folgende Jahr zu verschieben; andere anhängige Anträge waren abzuweisen.

In den Beschwerden bleibt unbestritten, daß die maßgebliche Höchstzahl von 4.300 Bewilligungen "nunmehr", also im Zeitpunkt der Entscheidung durch die belangte Behörde, erreicht gewesen ist. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat im vorliegenden Beschwerdeverfahren keinen Anlaß, gegen diese Feststellung Bedenken zu hegen. Als Rechtswidrigkeit des Inhaltes wird in den Beschwerden gerügt, daß nur der Zeitpunkt der Antragstellung hinsichtlich der Quotenerschöpfung maßgeblich sei, da es ansonsten der Willkür der Behörde überlassen bliebe, den für die Erteilung der Bewilligung maßgeblichen Zeitpunkt durch Verschiebung des Entscheidungszeitpunktes zu manipulieren. Es wäre daher zu prüfen gewesen, ob die zulässige Höchstzahl am 27. Jänner 1994 (Zeitpunkt der Antragstellung), als noch die Verordnung der Bundesregierung, BGBl. Nr. 402/1993, in Geltung gestanden sei, erreicht gewesen sei oder nicht.

Mit diesem Beschwerdevorbringen vermögen die Beschwerdeführer aber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die belangte Behörde hatte die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung zu beachten, also das im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides geltende Recht anzuwenden. Die belangte Behörde legte daher zu Recht die Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem AufG für 1994, BGBl. Nr. 72/1994, ihrer Entscheidung zugrunde.

Im übrigen trat diese Verordnung bereits am 26. Jänner 1994 in Kraft, war also (auch) im Antragszeitpunkt anzuwenden. Gemäß § 4 dieser Verordnung traten mit ihrem Inkrafttreten die von den Beschwerdeführern genannten §§ 1 bis 3 der Verordnung BGBl. Nr. 402/1993 außer Kraft, in denen eine (etwas) höhere Quote für den Zeitraum 1. Juli 1993 bis 30. Juni 1994 festgelegt worden war. Der Vorwurf in den Beschwerden, die belangte Behörde hätte eine unrichtige generelle Norm angewendet, geht daher ins Leere.

Soweit die Beschwerdeführer in ihren Beschwerden ausführen, sie erfüllten die in § 2 Abs. 1 AufG genannten Kriterien infolge ihres seit 1990 währenden Aufenthaltes in Österreich, der geregelten Beschäftigung des Familienvaters und der Existenz einer adäquaten Wohnmöglichkeit, ist ihnen entgegenzuhalten, daß § 2 Abs. 1 AufG Kriterien festlegt, auf die bei der Verordnungserlassung durch die Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates Bedacht zu nehmen ist, die aber nicht unmittelbar auf individuelle Bewilligungen anwendbar sind. Die Beschwerdeführer können daher aus § 2 Abs. 1 AufG keine Rechte ableiten, die es ermöglicht hätten, ihnen entgegen der Bestimmung des § 9 Abs. 3 AufG bei erschöpfter Quote eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz zu erteilen.

Insoweit den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen - indirekt - die mangelnde Berücksichtigung wesentlicher persönlicher und familiärer Interessen zu entnehmen ist, ist auf § 3 AufG hinzuweisen, der eine Sonderregelung bezüglich der Erteilung von Bewilligungen zum Zweck der Familienzusammenführung vorsieht. Diese Bestimmung, die im gegenständlichen Fall aber nicht anzuwenden war, weil die Beschwerdeführer nicht Angehörige von Personen im Sinn des § 3 Abs. 1 AufG sind, (und deren unterbliebene Anwendung in den Beschwerden auch nicht gerügt wird), berücksichtigt nach dem Willen des Gesetzgebers den in Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerten Grundsatz des Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Damit hat der Gesetzgeber bei der Schaffung der in Rede stehenden Bestimmung bereits auf die durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten Rechte des Fremden Bedacht genommen (vgl. hg. Erkenntnis vom 26. September 1996, Zl. 95/19/1021, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird).

Soweit die Beschwerdeführer (freilich ohne nähere Konkretisierung) geltend machen, sie hätten im Rahmen der Quote "bevorzugt berücksichtigt" werden müssen, sind sie darauf zu verweisen, daß das Gesetz im § 9 Abs. 3 in der damals geltenden Fassung bei Erschöpfung der Quote hinsichtlich einer allfälligen Übergehung der Beschwerdeführer einen Folgenbeseitigungsanspruch nicht kennt, jedenfalls nicht in der Form, daß ihnen nunmehr trotz Erschöpfung der Quote eine Bewilligung hätte erteilt werden müssen. Auch für Fälle dieser Art besteht keine Bewilligungsmöglichkeit für die Dauer einer "geschlossenen Quote".

Der Hinweis der Beschwerdeführer auf die begründeten persönlichen Interessen durch den langen Aufenthalt in Österreich vermag der Beschwerde daher nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Schließlich vermag die gerügte Verletzung des Parteiengehörs ebenfalls keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aufzuzeigen, zumal es die Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unterlassen haben, darzulegen, was sie vorgebracht hätten, wenn ihnen die belangte Behörde dazu Gelegenheit gegeben hätte. Die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel wurde daher nicht aufgezeigt.

Aus diesen Erwägungen waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidungen gründen sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996190295.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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