Entscheidungsdatum
03.12.2020Norm
AlVG §24Spruch
L524 2227715-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Dr. Claudia WOLFSGRUBER-ECKER und Nina ABRAHAM als Beisitzerinnen über die Beschwerde der XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 24.10.2019 nach Beschwerdevorentscheidung vom 04.12.2019, Zl. LGS SBG/2/0566/2019, betreffend Widerruf und Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) vom 24.10.2019 wurde gemäß § 24 Abs. 2 und § 25 Abs. 1 AlVG ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin zur Rückzahlung des im Zeitraum 01.10.2018 bis 31.10.2018 unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes in Höhe von € 939,61 verpflichtet werde, da in dem genannten Zeitraum ihr Gesamteinkommen aus beiden geringfügigen Dienstverhältnissen bei den Unternehmen XXXX und XXXX die Geringfügigkeitsgrenze von € 438,05 überstiegen habe.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde bringt die Beschwerdeführerin vor, dass sie die Bezugsgrenze nur minimal überschritten habe. Einem Dienstnehmer sei es nicht zumutbar, den laufenden Bezug genauestens mitzurechnen und Dienstnehmer müssten auch Mehrleistungen erbringen, um ihren Arbeitsplatz nicht zu verlieren. Bei einer marginalen Überschreitung sei es auch im moralischen Sinn fragwürdig und lebensfern, den gesamten AMS-Bezug zurückzufordern. Sie sei bereit, den aliquoten Teil des AMS-Bezuges zu refundieren.
Mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 04.12.2019, Zl. LGS SBG/2/0566/2019, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 24.10.2019 abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin im Oktober 2018 bei der Firma XXXX XXXX geringfügig beschäftigt gewesen sei und ein Entgelt in Höhe von € 343,20 bezogen habe. Gleichzeitig sei sie bei der Firma XXXX geringfügig beschäftigt gewesen und habe ein Entgelt in Höhe von € 259, bezogen. Die Beschwerdeführerin habe insgesamt € 602,20 bezogen und damit die Geringfügigkeitsgrenze von € 438,05 überschritten, weshalb keine Arbeitslosigkeit vorliege. Die Beschwerdeführerin habe die Aufnahme des geringfügigen Dienstverhältnisses bei der Firma XXXX nicht gemeldet. Wegen dieser Meldepflichtverletzung habe sie die Auszahlung des Arbeitslosengeldes für Oktober 2018 schuldhaft herbeigeführt, womit ein Rückforderungstatbestand vorliege.
Die Beschwerdeführerin beantragte, die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Sie brachte vor, insgesamt € 459, und nicht € 602,20 aus den beiden geringfügigen Dienstverhältnissen bezogen zu haben. Die Geringfügigkeitsgrenze sei um marginale € 20,95 überschritten worden. Eine Rückforderung des gesamten Bezuges von € 939,61 sei nicht verhältnismäßig. Sie habe beide Beschäftigungen der Gebietskrankenkasse gemeldet, womit keine Meldepflichtverletzung vorliege.
II. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer bezog Arbeitslosengeld in Höhe von € 30,31 täglich. Im Oktober 2018 bezog die Beschwerdeführerin daher Arbeitslosengeld in Höhe von € 939,61.
Die Beschwerdeführerin war im Oktober 2018 auch bei dem Unternehmen XXXX XXXX geringfügig beschäftigt und bezog einen Lohn in Höhe von € 200,.
Die Beschwerdeführerin war im Oktober 2018 bei dem Unternehmen XXXX geringfügig beschäftigt und bezog einen Lohn in Höhe von € 259,.
Die Beschwerdeführerin hat die Aufnahme der zweiten geringfügigen Beschäftigung dem AMS nicht gemeldet.
III. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Bezug von Arbeitslosengeld ergibt sich aus den unbestritten gebliebenen Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung.
Die Feststellungen zu den geringfügigen Beschäftigungen und den diesbezüglichen Lohnzahlungen ergeben sich aus den beiden Lohnabrechnungen vom Oktober 2018. In der Beschwerdevorentscheidung wird angeführt, dass die Beschwerdeführerin bei dem Unternehmen XXXX ein Entgelt in Höhe von € 343,20 erhalten habe. Im Vorlageantrag verweist die Beschwerdeführerin darauf, dass sie tatsächlich € 200, verdient habe, was sich auch aus der Lohnabrechnung ergebe. Das AMS teilte mit der Beschwerdevorlage mit, dass irrtümlich von € 343,20 ausgegangen worden sei und vielmehr der Betrag von € 200, richtig sei. Dieser Betrag ergibt sich auch aus der Lohnabrechnung und wurde daher festgestellt.
Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt geht hervor, dass sich die Beschwerdeführerin bezüglich der Aufnahme einer zweiten geringfügigen Beschäftigung am 20.08.2018 per eAMS an das AMS gewandt hat. Ihr wurde mitgeteilt, dass mehrere geringfügige Beschäftigungen grundsätzlich möglich seien und es wurde ihr ein Infoblatt übermittelt. Weiters wurde die Beschwerdeführerin vom AMS darauf hingewiesen, die tatsächliche Arbeitsaufnahme dem AMS umgehend zu melden. Dieser Aufforderung ist die Beschwerdeführerin nicht nachgekommen. Es wird von ihr auch nicht bestritten, dass sie die Aufnahme der zweiten geringfügigen Beschäftigung dem AMS nicht gemeldet hat. Sie vermeint, die Meldung bei der Gebietskrankenkasse reiche aus, damit keine Meldepflichtverletzung vorliege.
IV. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
1. Gemäß § 38 AlVG sind die Bestimmungen über das Arbeitslosengeld auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.
Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer gemäß § 7 Abs. 1 AlVG der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (Z 1), die Anwartschaft erfüllt (Z 2) und die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat (Z 3). Gemäß § 7 Abs. 2 AlVG steht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.
Gemäß § 12 Abs. 3 lit. a AlVG gilt als nicht arbeitslos, wer in einem Dienstverhältnis steht. Als arbeitslos gilt jedoch, wer gemäß § 12 Abs. 6 lit. a AlVG aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erzielt, das die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt.
Gemäß § 24 Abs. 1 AlVG ist das Arbeitslosengeld einzustellen, wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt; wenn sich eine für das Ausmaß des Arbeitslosengeldes maßgebende Voraussetzung ändert, ist es neu zu bemessen. Die bezugsberechtigte Person ist von der amtswegigen Einstellung oder Neubemessung unverzüglich durch Mitteilung an die zuletzt bekannt gegebene Zustelladresse in Kenntnis zu setzen. Die bezugsberechtigte Person hat das Recht, binnen vier Wochen nach Zustellung der Mitteilung einen Bescheid über die Einstellung oder Neubemessung zu begehren. Wird in diesem Fall nicht binnen vier Wochen nach Einlangen des Begehrens ein Bescheid erlassen, so tritt die Einstellung oder Neubemessung rückwirkend außer Kraft und die vorenthaltene Leistung ist nachzuzahlen. Ein späterer Widerruf gemäß Abs. 2 und eine spätere Rückforderung gemäß § 25 werden dadurch nicht ausgeschlossen.
Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG ist, wenn die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gesetzlich nicht begründet war, die Zuerkennung zu widerrufen. Wenn die Bemessung des Arbeitslosengeldes fehlerhaft war, ist die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Der Widerruf oder die Berichtigung ist nach Ablauf von drei Jahren nach dem jeweiligen Anspruchs- oder Leistungszeitraum nicht mehr zulässig. Wird die Berichtigung vom Leistungsempfänger beantragt, ist eine solche nur für Zeiträume zulässig, die zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht länger als drei Jahre zurück liegen. Die Frist von drei Jahren nach dem Anspruchs- oder Leistungszeitraum verlängert sich, wenn die zur Beurteilung des Leistungsanspruches erforderlichen Nachweise nicht vor Ablauf von drei Jahren vorgelegt werden (können), bis längstens drei Monate nach dem Vorliegen der Nachweise.
Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ist bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich auf Grund seines bzw. seines Angehörigen nachträglich vorgelegten Einkommensteuerbescheides ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
2. Bei der Zuerkennung von Leistungen nach dem AlVG handelt es sich um einen zeitraumbezogenen Abspruch. Die Anspruchsvoraussetzungen auf eine solche Leistung sind daher – soweit sie vom Zusammentreffen mit Erwerbseinkommen abhängen – ebenfalls zeitraumbezogen zu beurteilen (vgl. VwGH 05.09.1995, 95/08/0106).
Bei der Ermittlung des Entgeltes gemäß § 12 Abs. 6 lit. a AlVG ist allerdings auch zu beachten, dass die Bestimmung des § 49 Abs. 1 ASVG auf den so genannten "Anspruchslohn" abstellt, also auf jenen Lohn, auf den der einzelne Dienstnehmer Anspruch hat. Dies ist in jenen Fällen, in denen kollektivvertragliche Vereinbarungen in Betracht kommen, zumindest das nach diesen Vereinbarungen den Dienstnehmern zustehende Entgelt. Dass ein Lohnteil, der dem einzelnen Dienstnehmer zusteht, tatsächlich nicht bezahlt wird, ist dabei nicht von Bedeutung (vgl. VwGH 03.10.2002, 97/08/0611 unter Hinweis auf VwGH E 24.01.1985, 83/08/0259).
3. Die Beschwerdeführerin war im Oktober 2018 bei zwei verschiedenen Dienstgebernh geringfügig beschäftigt. Sie bezog bei der XXXX einen Lohn in Höhe von € 259, und bei XXXX XXXX einen Lohn in Höhe von € 200,. Damit bezog sie insgesamt € 459,. Die Geringfügigkeitsgrenze betrug im Oktober 2018 € 438,05.
Mit ihrem Gesamteinkommen von € 459, überschritt die Beschwerdeführerin daher die Geringfügigkeitsgrenze von € 438,05 und war somit gemäß § 12 Abs. 3 lit. a AlVG nicht arbeitslos. Der Widerruf des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum 01.10.2018 bis 31.10.2018 erfolgte daher zu Recht.
Sofern die Beschwerdeführerin vorbringt, einem Dienstnehmer sei es nicht zumutbar, den laufenden Bezug genauestens mitzurechnen und Dienstnehmer müssten auch Mehrleistungen erbringen, um ihren Arbeitsplatz nicht zu verlieren, ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin vom AMS darauf hingewiesen wurde, spätestens zum ersten des Folgemonats ihre Lohnzettel zu übermitteln und sie auch über die Geringfügigkeitsgrenze in Kenntnis gesetzt wurde. Mit ihrem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.
4. Bei einem Widerruf einer Leistung ist der Empfänger zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat, oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
Die Beschwerdeführerin hat die Aufnahme ihrer zweiten geringfügigen Beschäftigung dem AMS nicht gemeldet, damit den daraus entstehenden Entgeltanspruch verschwiegen und somit ein verpöntes Verhalten gesetzt. Sofern die Beschwerdeführerin darauf verweist, dass sie die zweite Beschäftigung der Gebietskrankenkasse gemeldet habe, ist festzuhalten, dass gemäß § 50 AlVG die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 sowie jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen sind. Eine bloße Meldung bei der Gebietskrankenkasse genügt damit nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht. Ein Datenabgleich zwischen Sozialversicherungsträger und AMS vermag an der Pflicht der Beschwerdeführerin nichts zu ändern.
Wenn die Beschwerdeführerin kritisiert, dass das AMS wichtige Informationen über das eAMS-Konto und nicht über den Postweg weitergebe, genügt es, die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass sie selbst regelmäßig für die Kommunikation mit dem AMS ihr eAMs-Konto gewählt hat und damit auch Dokumente übermittelt hat.
Zum weiteren Vorbringen, eine Rückforderung des gesamten Arbeitslosengeldbezugs von € 939,61 sei nicht verhältnismäßig, im moralischen Sinn fragwürdig und dass sie bereit sei, den aliquoten Teil zu refundieren, ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass es hierfür einer tauglichen gesetzlichen Grundlage mangelt.
Die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes erfolgte daher zu Recht.
5. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, da die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt.
Schlagworte
Arbeitslosengeld geringfügige Beschäftigung Geringfügigkeitsgrenze Meldepflicht Rückforderung WiderrufEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L524.2227715.1.00Im RIS seit
03.03.2021Zuletzt aktualisiert am
03.03.2021