TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/7 I406 2144452-5

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Veröffentlicht am 07.12.2020
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Entscheidungsdatum

07.12.2020

Norm

AVG §13 Abs3
AVG §57
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §57
FPG §57 Abs1
FPG §57 Abs2
FPG §57 Abs6
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I406 2144452-5/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX StA. Nigeria, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Peter LECHENAUER und Dr. Margrit SWOZIL, Hubert-Sattler-Gasse 10, 5020 Salzburg, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 13.10.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch zu lauten hat:

„Ihr Antrag vom 29.09.2020 bzgl. Aufhebung der Wohnsitzauflage wird gemäß § 57 FPG zurückgewiesen.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.       Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Nigerias, stellte 2015 einen ersten Asylantrag und nach dessen von diesem Gericht 2017 bestätigter Abweisung einen Folgeantrag, dessen Zurückweisung samt Rückkehrentscheidung dieses Gericht 2018 bestätigte.

Darauf stellte sie einen weiteren Folgeantrag, dessen Zurückweisung wegen entschiedener Sache samt Rückkehrentscheidung, zweijährigem Einreiseverbot und Feststellung, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nach § 55 Abs. 1a FPG nicht besteht, das Gericht am 12.03.2019 bestätigte (I404 2144452-3/4E).

2.       Mit Bescheid vom 29.10.2019, Zl. XXXX , trug das BFA der Beschwerdeführerin auf, in einem näher bezeichneten Quartier des Bundes in der Steiermark bis zu ihrer Ausreise durchgängig Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt I.), und erkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt II.).

3.       Einer dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 10.12.2019 teilweise statt, indem das Wort „durchgängig“ aus Spruchpunkt I. entfernt und Spruchpunkt II. ersatzlos behoben wurde.

4.       Mit Schriftsatz ihrer Rechtsvertretung vom 29.09.2020 beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der über sie verhängten Wohnsitzauflage.

Begründend führte sie aus, dass ihr am XXXX geborener Sohn einen Anspruch auf Zuerkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft habe, weil sein leiblicher Vater Österreicher sei. Aus diesem Grund habe die Beschwerdeführerin einen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ bzw. eine „Niederlassungsbewilligung-Angehöriger“. Eine Ausweisung bzw. Rückkehrentscheidung gegen ihre Person sei somit nicht zulässig, deshalb stelle sie den Antrag auf Aufhebung der Wohnsitzauflage.

5.       Mit Bescheid vom 13.10.2020 wies das BFA diesen Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurück.

6.       Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz ihrer Rechtsvertretung vom 11.11.2020 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

7.       Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 19.11.2020 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Dieser ergibt sich bedenkenlos aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.

2. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

2.1      Rechtslage

§ 57 FPG lautet auszugsweise:


„Wohnsitzauflage

§ 57. (1) Einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und dessen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geduldet (§ 46a) ist, kann aufgetragen werden, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen, wenn
1.         keine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 gewährt wurde oder
2.         nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.

(2) Bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen gemäß Abs. 1 Z 2 vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Drittstaatsangehörige
1.         entgegen einer Anordnung des Bundesamtes oder trotz eines nachweislichen Angebotes der Rückkehrberatungsstelle ein Rückkehrberatungsgespräch (§ 52a Abs. 2 BFA-VG) nicht in Anspruch genommen hat;
2.         nach Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise seinen Wohnsitz oder den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts gewechselt und das Bundesamt davon nicht in Kenntnis gesetzt hat;
3.         an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen im Sinne der § 46 Abs. 2 und 2a nicht mitwirkt;
4.         im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung oder des Rückkehrberatungsgesprächs erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen;
5.         im Asylverfahren oder im Verfahren zur Erlassung der Rückkehrentscheidung über seinen Herkunftsstaat oder seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht hat.

(3) [...]

(4) Die Verpflichtungen des Drittstaatsangehörigen aufgrund einer Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ruhen, wenn und solange
1.         die Rückkehrentscheidung gemäß § 59 Abs. 6 oder die Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 vorübergehend nicht durchführbar,
2.         sein Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 46a geduldet oder
3.         ihm die persönliche Freiheit entzogen ist.

(5) Wird eine Rückkehrentscheidung gegenstandslos oder tritt eine Anordnung zur Außerlandesbringung außer Kraft, tritt auch die Wohnsitzauflage außer Kraft.

(6) Die Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) anzuordnen. In diesem sind dem Drittstaatsangehörigen auch die Folgen einer allfälligen Missachtung zur Kenntnis zu bringen.“

§ 13 Abs. 3 AVG lautet:

„Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.“

2.2      Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Gegen die Beschwerdeführerin wurde eine mit 10.12.2019 in zweiter Instanz rechtskräftige Wohnsitzauflage gemäß § 57 FPG erlassen. Damit wurde ihr aufgetragen, bis zu ihrer Ausreise in einem näher bezeichneten Quartier des Bundes Unterkunft zu nehmen.

Wie die belangte Behörde auf Seite 3 des angefochtenen Bescheides zutreffend ausführt, besteht keine Rechtsgrundlage für die Stellung eines Antrages auf Aufhebung einer in Rechtskraft erwachsenen Wohnsitzauflage.

Gemäß § 57 Abs. 5 FPG tritt die Wohnsitzauflage ex lege außer Kraft, wenn eine Rückkehrentscheidung gegenstandslos wird oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung außer Kraft tritt. Ein Antragsrecht auf Aufhebung einer Wohnsitzauflage ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Die gegenständliche Beschwerde geht ausschließlich auf Umstände ein, die bei inhaltlicher Prüfung der Verhängung einer Wohnsitzauflage von Belang gewesen wären und beruft sich auf eine Änderung der privaten Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich.

Da es jedoch schon formell an den Voraussetzungen zu einer inhaltlichen Prüfung der für die Erlassung der seinerzeitigen Wohnauflage maßgeblichen Umstände fehlt, war auf den dahingehenden Beschwerdeinhalt nicht weiter einzugehen. Weder das Bundesamt, noch das erkennende Gericht waren daher angehalten, auf inhaltliche Aspekte der Beschwerde einzugehen.

Der Antrag der Beschwerdeführerin wurde daher dem Grunde nach zu Recht zurückgewiesen.

Weshalb das BFA seine Entscheidung auf § 13 Abs. 3 AVG stützte, ist jedoch nicht nachvollziehbar. § 13 Abs. 3 AVG stellt nicht nur auf Formgebrechen von schriftlichen Anbringen ab, sondern ganz allgemein auf Mängel schriftlicher Anbringen, worunter auch inhaltliche Mängel eines Anbringens zu subsumieren sind. Es muss sich aber immer um verbesserungsfähige Mängel handeln (siehe dazu VwGH 23.10.2001, 99/08/2000, mit Verweis auf die Erläuterungen des Selbstständigen Antrages des Verfassungsausschusses des Nationalrates 1167 BlgNr 20 GP, 15, und Walter - Thienel, Verwaltungsverfahren/13, 1998, S 50, Anm 8 zu § 13 AVG). Ein solcher verbesserungsfähiger inhaltlicher Mangel liegt gegenständlich nicht vor. Vielmehr entbehrt der Antrag der Beschwerdeführerin jeglicher rechtlicher Grundlage, sodass der Spruch des bekämpften Bescheides entsprechend abzuändern war.

Nur der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführerin bei gebotener Aufrechterhaltung ihres Privat- und Familienlebens die Möglichkeit der Erwirkung der Gegenstandslosigkeit der Rückkehrentscheidung und damit auch der Wohnsitzauflage im Wege der Beantragung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG offensteht.

2.3      Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im vorliegenden Fall gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG abgesehen werden, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt und unstrittig ist und im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ausschließlich Rechtsfragen von Bedeutung waren, für deren Lösung eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Der maßgebliche Sachverhalt war aus der Aktenklage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen und konnte somit eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und zur Vorstellung im Mandatsverfahren wegen Gefahr im Verzug.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.

Schlagworte

Änderung maßgeblicher Umstände Privat- und Familienleben private Interessen Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung unzulässiger Antrag Verbesserungsauftrag Wohnsitzauflage Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I406.2144452.5.00

Im RIS seit

04.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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