TE Vwgh Beschluss 2021/1/29 Ra 2020/05/0252

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Veröffentlicht am 29.01.2021
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Niederösterreich
L82003 Bauordnung Niederösterreich
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

ABGB §435
AVG §38
BauO NÖ 2014 §35 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision der G gesmbH in W, vertreten durch Dr. Josef Krist, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Liebiggasse 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 20. Oktober 2020, LVwG-AV-298/001-2020, betreffend einen baupolizeilichen Abbruchauftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtsenat der Stadt W; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

5        Vorliegend geht es um einen Abbruchauftrag betreffend Werbetafeln. In den Revisionszulässigkeitsgründen wird ausgeführt, dieser Auftrag sei zu Unrecht der Revisionswerberin erteilt worden, weil diese nicht Eigentümerin der Werbetafeln sei. In Ermangelung einer Servitutsvereinbarung befänden sich die Werbetafeln vielmehr im Eigentum der Grundstückseigentümerin.

6        Die Frage, wer Eigentümer einer bestimmten Anlage (hier: der gegenständlichen Werbetafeln) ist, ist eine zivilrechtliche Vorfrage. Bei der Auslegung von nicht in die Kompetenz der Verwaltung fallenden Rechtsmaterien kommt dem Verwaltungsgerichtshof keine Leitfunktion zu; er ist zur Fällung grundlegender Entscheidungen auf dem Gebiet des Zivilrechts nicht berufen, sodass die Auslegung zivilrechtlicher Normen auch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG begründen kann, solange dem Verwaltungsgericht dabei keine krasse Fehlentscheidung unterlaufen ist. Eine Unvertretbarkeit ist in der Regel dann auszuschließen, wenn das Verwaltungsgericht eine zivilrechtliche Vorfrage im Einklang mit der Rechtsprechung der Obersten Gerichtshofes gelöst hat (vgl. VwGH 21.11.2017, Ro 2015/05/0009, mwN).

7        Eine solche krasse Fehlbeurteilung ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Das Verwaltungsgericht hat sich auf S 12 bis S 15 des angefochtenen Erkenntnisses eingehend mit der Frage des Eigentums an den Werbetafeln auseinandergesetzt und dabei auch Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes ins Treffen geführt. In den Revisionszulässigkeitsgründen wird nicht auf diese Ausführungen, insbesondere auch nicht auf die vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes, eingegangen (vgl. dazu auch VwGH 25.9.2018, Ra 2018/05/0247).

8        Es tritt hinzu, dass die Frage, ob eine bestimmte bauliche Anlage ein Superädifikat ist, den jeweiligen Einzelfall betrifft. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge insoweit nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH 16.10.2020, Ra 2020/06/0192, mwN). Dies ist angesichts der eingehenden Begründung des Verwaltungsgerichtes nicht ersichtlich und wird in den Revisionszulässigkeitsgründen auch nicht dargelegt.

9        Was - in den Revisionszulässigkeitsgründen angerissene - Fragen der Beweiswürdigung (zum Vorliegen eines Superädifikates) angeht, kommt solchen Fragen des Verfahrensrechts nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechts auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2018/05/0002, mwN). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes (zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist) nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht diese in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. nochmals VwGH 23.1.2018, Ra 2018/05/0002, mwN).

10       Auf Grund der umfangreichen Ausführungen des Verwaltungsgerichtes ist nicht erkennbar, dass eine krasse Fehlbeurteilung in Bezug auf das Eigentum an den Werbetafeln im vorliegenden Fall erfolgt wäre, und Derartiges wird auch in den Revisionszulässigkeitsgründen nicht aufgezeigt.

11       Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 29. Jänner 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020050252.L00

Im RIS seit

16.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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