TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/17 L508 2232625-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.09.2020
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Entscheidungsdatum

17.09.2020

Norm

AVG §59 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z4
B-VG Art133 Abs4
FPG §55 Abs1a
VwGVG §13 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


L508 2232625-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit: Bangladesch, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.08.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides Folge gegeben und dieser gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 1 Z. 4 BFA-VG ersatzlos behoben.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid somit gemäß § 13 Abs 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zukommt.

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und dieser gemäß § 55 Abs 1a FPG ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Volksrepublik Bangladesch, reiste Anfang Juni 2020 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 02.06.2020 betraten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Beschwerdeführer und wurde er festgenommen

2. Am 02.06.2020 vernahmen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Beschwerdeführer ein. Bei der niederschriftlichen Einvernahme gab der BF im wesentlichen an, dass er bereits im April 2016 mit dem Flugzeug von Bangladesch in den Iran ausgereist sei und – nach einem dortigen längeren Aufenthalt - teilweise zu Fuß oder als Mitfahrer in Fahrzeugen mit Unterstützung von Schleppern nach Österreich gelangt sei. Er habe vor, in Österreich zu arbeiten. Verwandte oder Freunde habe er in Österreich nicht, wolle aber 10 – 12 Jahre hierbleiben und wenn er dann die nötigen Papiere habe und sich legal in Österreich aufhalten könne, würde er in Bangladesch seine Verwandten besuchen.

3. Mit Bescheid vom 03.06.2020 verhängte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: [belangte] Behörde) über den Beschwerdeführer die Schubhaft.

4. Mit Bescheid vom 04.06.2020, GZ XXXX erteilte die Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I), erließ gestützt auf § 10 Abs 2 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG und § 52 Abs 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II) sowie gemäß § 53 Abs 1 in Verbindung mit Abs 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV) und sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach …. (keine Angabe, gemeint: Bangladesch) aus (Spruchpunkt III). Es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V). Unter Spruchpunkt VI erkannte die Behörde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab (§ 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG).

5. Einer gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachten Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 07.07.2020 GZ XXXX - unter Verweis auf die höchstgerichtliche Judikatur des VWGH vom 04.08.2016, GZ Ra 2016/21/0162 – stattgegeben und der Bescheid vom 04.06.2020, GZ XXXX ersatzlos behoben.

6. Am 18.06.2020 – aus dem Stande der Schubhaft – stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz. In der Erstbefragung am darauffolgenden Tag gab der Beschwerdeführer als Fluchtgrund an, dass er seinen Herkunftsstaat deswegen verlassen habe, da er Anhänger der BNP-Partei sei und er deshalb von Mitgliedern der AL-Partei geschlagen worden sei. Auch sei sein Onkel Mitglied bei der AL-Partei und bestünden Grundstücksstreitigkeiten mit diesem. Um die Reisebewegungen zu finanzieren hätte er private Kredite aufgenommen, weshalb er im Falle einer Rückkehr große finanzielle Probleme hätte. Auch sei er wegen einer falschen Anzeige von der Polizei bedroht und gesucht worden. Seine Familie könne zudem nicht im Heimatort leben, da ansonsten der Kreditgeber erscheinen und Ratenzahlungen verlangen würde.

Das Verfahren des Beschwerdeführers wurde nicht zugelassen.

7. In der behördlichen Einvernahme am 29.06.2020 nach den Gründen, aus denen er seinen Herkunftsstaat verlassen habe und einen Antrag auf internationalen Schutz stelle, gefragt, gab der Beschwerdeführer an, dass es in Bangladesch eine Anzeige gegen ihn gäbe, da es eine Auseinandersetzung gegeben habe. Auch habe er Probleme wegen dem Grundstück gehabt. Seine zwei Cousins, welche ihn bedroht hätten, seien nun zwar nicht mehr in Bangladesch, sondern in Saudi-Arabien und Kuwait. Er müsse jedoch das für die Ausreise ausgeborgt Geld zurückzahlen und dies könne er nicht.

8. In einer weiteren – nach erfolgter Rechtsberatung und im Beisein eines Rechtsberaters durchgeführten – behördlichen Einvernahme am 15.07.2020 erklärte der Beschwerdeführer, dass er seine bisherigen Angaben aufrecht halte. Er wolle nicht zurück nach Bangladesch, da er dort viele Probleme habe.

9. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 13.08.2020 wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Die Behörde erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Bangladesch aus (Spruchpunkt V) und erkannte einer Beschwerde gegen den Bescheid gestützt auf § 18 Abs 1 Z4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VII). Es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI).

10. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde.

11. Die Beschwerdevorlage langte am 15.09.2020 beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

1.3. Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

?                1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

?                2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen, wenn das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufhebt.

2. Zur Entscheidungsbegründung:

Zu A) (Spruchpunkt I)

Ersatzlose Behebung von Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides

Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG kann das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn (1.) der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt, (2.) schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt, (3.) der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat, (4.) der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat, (5.) das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht, (6.) gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder (7.) der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Zum gegenständlichen Verfahren:

Gegenständlich stützt die belangte Behörde die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG und führt aus, dass Ziffer 4 erfüllt sei. Begründend wird ausgeführt, dass der Antragsteller ausschließlich wirtschaftliche Gründe angeführt habe, welche ihn zum Verlassen des Herkunftsstaates veranlasst hätten und werde hierzu auf die Beweiswürdigung unter Punkt D des Bescheides verwiesen. Für die Behörde stehe fest, dass für ihn bei Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung gegeben sei. Da dem Antrag auf internationalem Schutz keine Aussicht auf Erfolg beschieden sei und dem Antragsteller keine Gefahr im Herkunftsstaat drohe, sei es dem Beschwerdeführer demnach zumutbar, den Ausgang des Asylverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten.

Dazu ist wie folgt auszuführen:

In der Erstbefragung brachte der BF Probleme wegen seiner Sympathie für die BNP-Partei vor und gab der Beschwerdeführer als Fluchtgrund an, dass er seinen Herkunftsstaat deswegen verlassen habe, da er Anhänger der BNP-Partei sei und er deshalb von Mitgliedern der AL-Partei geschlagen worden sei. Auch sei sein Onkel Mitglied bei der AL-Partei und bestünden Grundstücksstreitigkeiten mit diesem. Um die Reisebewegungen zu finanzieren hätte er private Kredite aufgenommen, weshalb er im Falle einer Rückkehr große finanzielle Probleme hätte. Auch sei er wegen einer falschen Anzeige von der Polizei bedroht und gesucht worden.

In der weiteren Einvernahme am 29.06.2020 gab der Beschwerdeführer sodann an, dass sich seine Bedroher nicht mehr in Bangladesch aufhalten würden und stützte er seine Rückkehrbefürchtungen auf die Unmöglichkeit der Rückzahlung des geborgten Geldes sowie auf wirtschaftliche Gründe.

Die belangte Behörde hat sich nun im angefochtenen Bescheid beweiswürdigend mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und seiner fehlenden Mitwirkung in Bezug auf die ihm aufgetragene Dokumentenvorlage auseinandergesetzt (vgl. dazu auch die Begründung im Rahmen der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VII.)) und ist letztlich begründend zum Ergebnis gelangt, dass eine Verfolgung bzw. Gefährdung weder glaubhaft gemacht wurde noch sich das Vorbringen als asylrelevant erweise. In einer Gesamtschau kann der belangten Behörde, unter Berücksichtigung sämtlicher Erwägungen, nicht gefolgt werden, wenn sie zu dem Schluss gelangt, dass Verfolgungsgründe generell nicht vorgebracht wurden, weswegen sich die Anwendung des § 18 Abs. 1 Z. 4 BFA-VG als rechtlich verfehlt erweist.

Aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer Fluchtgründe – auch wenn sich diese letztlich als nicht asylrelevant und unglaubwürdig erweisen - vorgebracht hat, ist der Anwendung des § 18 Abs. 1 Z. 4 BFA-VG der Boden entzogen, unabhängig von der Beurteilung der Frage, ob dem Vorbringen ein glaubhafter Kern beizumessen ist.

Es bestehen schließlich keine Anhaltspunkte, dass im gegenständlichen Fall einer der sonstigen Tatbestände des § 18 Abs. 1 BFA-VG heranzuziehen wäre.

Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides ist daher ersatzlos zu beheben und festzustellen, dass der Beschwerde somit gemäß § 13 Abs 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zukommt.

Zu A) (Spruchpunkt II)

Behebung von Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheides

Gemäß § 55 Abs 1a FPG besteht eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht für die Fälle einer zurückverweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

Zum gegenständlichen Verfahren

Nachdem die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ersatzlos zu beheben war, ist die Entscheidung nicht mehr gemäß § 18 BFA-VG durchführbar. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 55 Abs 1a FPG liegen somit nicht mehr vor. Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheides war daher spruchgemäß zu beheben.

Im gegenständlichen Verfahren war ein Vorgehen gemäß § 59 Abs 1 letzter Satz AVG zulässig, da die Entscheidung über Spruchpunkt VI und VII spruchreif war und die Trennung - auf Grund der Folgen einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung für den Betroffenen - auch zweckmäßig erscheint.

Über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I bis V des angefochtenen Bescheides ergeht eine gesonderte Entscheidung.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, vorstehend im Einzelnen zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gewährung von internationalem Schutz ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das zur Entscheidung berufene Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgeht.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung ersatzlose Teilbehebung Fluchtgründe Frist Teilerkenntnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L508.2232625.2.01

Im RIS seit

24.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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