TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/14 W129 2151855-1

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Veröffentlicht am 14.12.2020
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Entscheidungsdatum

14.12.2020

Norm

BDG 1979 §38
BDG 1979 §40 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W129 2151855-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter HR Dr. XXXX und Ing. Johann PÜRSTINGER als Beisitzer über die Beschwerde von Michael SCHUSTER, vertreten durch RA Mag. Daniel KORNFEIND, gegen den Bescheid des Personalamtes Wien der Österreichischen Post AG vom 16.01.2017, GZ: 0090-107385-2017, betreffend §§ 38, 40 BDG 1979, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer steht als Beamter der Verwendungsgruppe PT8 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen.

2. Er wurde ursprünglich auf der Zustellbasis XXXX Wien auf einem Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT8, Code 0802, im Gesamtzustelldienst eingesetzt

3. Mit Verfügung vom 24.06.2016 wurde der Beschwerdeführer ab 27.06.2016 dem Briefzentrum Wien dienstzugeteilt und auf dem Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT 8, Code 0842, ,,Fachlicher Hilfsdienst mit LZ Brieflogistik“ verwendet.

4. Mit Schreiben vom 22.09.2016 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass beabsichtigt sei, ihn ab 01.11.2016 zum Briefzentrum Wien zu versetzen und auf einem Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT8, Code 0842, ,,Fachlicher Hilfsdienst mit LZ Brieflogistik“ zu verwenden. Ferner wurde ihm mitgeteilt, dass im Zuge der Umsetzung einer Betriebsvereinbarung alle bisherigen regulären Zustellarbeitsplätze auf Arbeitsplätze des Briefzustelldienstes in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell umgestellt und dienstrechtlich aufgewertet (PT8/A) worden seien. Da der Beschwerdeführer keinen Antrag auf Höherverwendung gestellt habe und nicht in das Gleitzeitsystem optiert habe, habe er weiter auf einem PT 8 - Arbeitsplatz mit einer starren 8-Stundenarbeitszeit verwendet werden müssen. Da bei einer Weiterbelassung in der Personalreserve der Zustellbasis XXXX Wien der administrative Personalaufwand auf die Dauer zu groß gewesen wäre, sei er dem Briefzentrum Wien dienstzugeteilt worden. Nunmehr sei seine Versetzung zu dieser Dienststelle beabsichtigt.

5. Mit Schreiben seines anwaltlichen Vertreters vom 13.10.2016 brachte der Beschwerdeführer vor, dass die von der belangten Behörde ins Treffen geführten Argumente nicht stichhaltig seien und nicht den gesetzlichen Gegebenheiten entsprächen. Die Umstellung in das neue Arbeitszeitsystem sei seinerzeit freiwillig erfolgt, wobei zugesichert worden wäre, dass nicht optierenden Beamten keine Nachteile erwachsen würden. Die Versetzung sei aber als Nachteil zu werten und daher weder sachlich noch organisatorisch gerechtfertigt. Die Versetzung sei in Wirklichkeit eine Strafmaßnahme, weil der Beschwerdeführer nicht freiwillig dem Übertritt in die Betriebsvereinbarung zugestimmt habe. Es werde ferner bestritten, dass der Verbleib im bisherigen System einen Mehraufwand bedeuten würde. Die Versetzung sei auch deshalb problematisch, weil in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zivilrechtliche Vereinbarungen grundsätzlich keinen Raum hätten und die Bestimmungen des BDG einzuhalten wäre. Verzichte bzw. sonstige gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßende Vereinbarungen seien nichtig. Die Berufung auf eine derartig „nichtige" Vereinbarung sei kein geeignetes Argument, um eine Versetzung zu begründen.

6. Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge den nunmehr angefochtenen Bescheid, dessen Spruch nachstehenden Wortlaut hatte:

„Sie werden gemäß § 38 Abs. 1, 2 und 3 und § 40 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) mit Wirksamkeit vom 1. November 2016 von Amtswegen zur Zustellbasis 1090 Wien versetzt und dort dauernd auf einem Ihrer dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung entsprechenden Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT 8, ,,Fachlicher Hilfsdienst mit LZ Brieflogistik“, Code 0842, verwendet.“

In der Begründung wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt, dass zwischen der Österreichischen Post AG und dem Zentralausschuss der Post- und Fernmeldebediensteten am 03.09.2012 eine „Betriebsvereinbarung über die Flexibilisierung der Normalarbeitszeit sowie über die Verwendung eines EDV-unterstützten Zeiterfassungssystems sowie über begleitende Entgeltregelungen in den Zustellbasen der Division Brief der österreichischen Post AG" (IST-Zeit-BV) abgeschlossen worden sei. In der organisatorischen Umsetzung der IST- Zeit BV sei auch die neue Verwendung „Briefzustelldienst in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell" Verwendungsgruppe PT 8, Dienstzulagengruppe A, Verwendungscode 8722, eingerichtet worden (Post-Zuordnungsverordnung 2012). Gleichzeitig seien alle bisherigen regulären Zusteller-Arbeitsplätze einer Zustellbasis (Zusteller mit fix zugeteilten Zustellrayon) mit dem bisherigen Verwendungscode 0802 „Gesamtzustelldienst" auf die neue Verwendung (Code 8722, ,,Briefzustelldienst in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell") umgestellt bzw. durch die mit diesem Arbeitsplatz verbundene Dienstzulage auf einen Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT 8, Dienstzulage A, aufgewertet worden.

Da der Beschwerdeführer nicht in das neue System optiert habe, könne dieses neue Gleitzeitdurchrechnungssystem auch nicht auf ihn angewendet werden. Dies habe zur Folge, dass er weiterhin nur auf Arbeitsplätzen der Verwendungsgruppe PT 8 eingesetzt werden könne, die einer starren 8-Stunden-Arbeitszeitregelung unterlägen. Er sei daher mit Umstellung der Zustellbasis XXXX Wien auf das neue Gleitzeitsystem in die Personalreserve der Zustellbasis übernommen worden. Eine weitere Konsequenz der starren 8-Stunden-Arbeitszeit sei aber, dass vom Vorgesetzten nicht nur auch bei nur geringem Postaufkommen, für die Einhaltung der Mindestarbeitszeit von 8 Stunden Sorge getragen werden müsse, sondern auch, dass jede zeitliche Mehrleistung händisch vom Vorgesetzten erfasst werden müsse.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, seine Versetzung sei als Nachteil zu werten und es würde sich in Wahrheit um eine Strafmaßnahme handeln, sei nicht nachvollziehbar.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen anwaltlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde, wobei der Bescheid seinem gesamten Inhalt nach wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten wurde.

7. Das Beschwerdeverfahren wurde in weiterer Folge bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über eine außerordentliche Revision in einem gleich gelagerten Fall faktisch ausgesetzt. Diese Entscheidung erfolgte am 03.10.2018 (VwGH 03.10.2018, Ra 2017/12/0091).

8. Am 29.09.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt.

9. Mit Schreiben vom 14.10.2020 teilte die belangte Behörde in Befolgung eines in der Verhandlung aufgetragenen Rechercheauftrages mit, dass sich die Zustell-Arbeitsplätze an der Zustellbasis XXXX Wien hinsichtlich der durchzuführenden Tätigkeiten und Anforderungen nicht wesentlich geändert hätten. Die Zustellgebiete seien teilweise geändert worden, das vom Beschwerdeführer zuletzt betreute Zustellgebiet jedoch nur geringfügig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer steht als Beamter der Verwendungsgruppe PT8 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen.

Er wurde ursprünglich auf der Zustellbasis XXXX Wien auf einem Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT8, Code 0802, im Gesamtzustelldienst eingesetzt

Mit Verfügung vom 24.06.2016 wurde der Beschwerdeführer ab 27.06.2016 dem Briefzentrum Wien dienstzugeteilt und auf dem Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT 8, Code 0842, ,,Fachlicher Hilfsdienst mit LZ Brieflogistik“ verwendet. Mit dem nun angefochtenen Bescheid wurde er endgültig zum Briefzentrum Wien ersetzt und ihm der oben genannte Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT8, Code 0842, ,,Fachlicher Hilfsdienst mit LZ Brieflogistik“ zugewiesen.

Der frühere Arbeitsplatz des Beschwerdeführers an der Zustellbasis XXXX Wien ist nicht weggefallen, sondern besteht – nur geringfügig verändert – weiter.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, aus dem Gerichtsakt und der durchgeführten Verhandlung und ist im Wesentlichen unstrittig. Insbesondere räumte die belangte Behörde mit Schreiben vom 13.10.2020 ein, dass der frühere Arbeitsplatz des Beschwerdeführers an der Zustellbasis XXXX Wien nicht weggefallen sei, sondern – nur geringfügig verändert – weiter bestehe.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 135a Abs. 1 BDG 1979 liegt gegenständlich - da es sich um eine Angelegenheit gemäß § 40 BDG 1979 iVm § 38 BDG 1979 handelt - Senatszuständigkeit vor.

Zu A)

3.2.1. § 38 BDG 1979 lautet:

Versetzung

§ 38. (1) Eine Versetzung liegt vor, wenn der Beamte einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird.

(2) Die Versetzung ist von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Während des provisorischen Dienstverhältnisses ist eine Versetzung auch ohne wichtiges dienstliches Interesse zulässig.

(3) Ein wichtiges dienstliches Interesse liegt insbesondere vor
1.         bei Änderungen der Verwaltungsorganisation,
2.         bei der Auflassung von Arbeitsplätzen,
3.         bei Besetzung eines freien Arbeitsplatzes einer anderen Dienststelle, für den keine geeigneten Bewerberinnen oder Bewerber vorhanden sind,
4.         wenn die Beamtin oder der Beamte nach § 81 Abs. 1 Z 3 den zu erwartenden Arbeitserfolg nicht aufgewiesen hat oder
5.         wenn über die Beamtin oder den Beamten eine Disziplinarstrafe rechtskräftig verhängt wurde und wegen der Art und Schwere der von ihr oder ihm begangenen Dienstpflichtverletzung die Belassung der Beamtin oder des Beamten in der Dienststelle nicht vertretbar erscheint.

(4) Bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von Amts wegen sind die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen. Eine solche Versetzung ist – ausgenommen in den Fällen des Abs. 3 Z 4 und 5 sowie in jenen Fällen, in denen abweichend vom Abs. 3 Z 5 noch keine rechtskräftige Disziplinarstrafe verhängt worden ist – unzulässig, wenn sie
1.         für die Beamtin oder den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und
2.         eine andere geeignete Beamtin oder ein anderer geeigneter Beamter derselben Dienststelle und derselben Verwendungsgruppe zur Verfügung steht, bei der oder dem dies nicht der Fall ist.

(5) Eine Versetzung der Beamtin oder des Beamten in ein anderes Ressort bedarf bei sonstiger Nichtigkeit des Bescheids der Zustimmung der Leiterin oder des Leiters des anderen Ressorts.

(6) Ist die Versetzung des Beamten von Amts wegen in Aussicht genommen, so ist er hievon schriftlich unter Bekanntgabe seiner neuen Dienststelle und seiner neuen Verwendung mit dem Beifügen zu verständigen, daß es ihm freisteht, gegen die beabsichtigte Maßnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung Einwendungen vorzubringen. Werden innerhalb der angegebenen Frist solche Einwendungen nicht vorgebracht, so gilt dies als Zustimmung zur Versetzung.

(7) Die Versetzung ist mit Bescheid zu verfügen; in diesem ist festzustellen, ob der Beamte die für die Versetzung maßgebenden Gründe gemäß §§ 141a, 145b oder 152c BDG 1979 zu vertreten hat oder nicht. Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid hat keine aufschiebende Wirkung. Der vom Beamten zuletzt innegehabte Arbeitsplatz darf bis zur Rechtskraft des Bescheides nicht auf Dauer besetzt werden.

(8) Im Fall der Versetzung an einen anderen Dienstort ist dem Beamten eine angemessene Übersiedlungsfrist zu gewähren.

(9) Die Beamtin oder der Beamte kann auf Antrag oder aus wichtigem dienstlichen Interesse von Amts wegen in eine andere Besoldungs- oder Verwendungsgruppe überstellt werden. Auf diese Fälle sind Abs. 2 letzter Satz und die Abs. 3 bis 8 sinngemäß anzuwenden.

(10) Für die Ermittlung, ob eine Überstellung von Amts wegen zulässig ist, werden die Verwendungsgruppen aller Besoldungsgruppen wie folgt zusammengefasst:
1.         Verwendungsgruppe „Höherer Dienst“ und vergleichbare Verwendungen;
2.         Verwendungsgruppe „Gehobener Dienst“ und vergleichbare Verwendungen;
3.         Verwendungsgruppe „Fachdienst“ und vergleichbare Verwendungen;
4.         Verwendungsgruppe „Qualifizierter mittlerer Dienst“ und vergleichbare Verwendungen;
5.         Verwendungsgruppe „Mittlerer Dienst“ und vergleichbare Verwendungen;
6.         Verwendungsgruppen „Qualifizierter Hilfsdienst“ und „Hilfsdienst“ und vergleichbare Verwendungen.

Eine Überstellung kann von Amts wegen entweder in eine Verwendungsgruppe, die der gleichen Ziffer wie die aktuelle Verwendungsgruppe der Beamtin oder des Beamten zuzuordnen ist, oder in eine Verwendungsgruppe, die einer der Bezeichnung nach niedrigeren Ziffer als die aktuelle Verwendungsgruppe der Beamtin oder des Beamten zuzuordnen ist, erfolgen.

§ 40 BDG 1979 lautet:

Verwendungsänderung

§ 40. (1) Wird der Beamte von seiner bisherigen unbefristeten oder befristeten Verwendung abberufen, so ist ihm gleichzeitig, wenn dies jedoch aus Rücksichten des Dienstes nicht möglich ist, spätestens zwei Monate nach der Abberufung eine neue Verwendung in seiner Dienststelle zuzuweisen. § 112 wird hiedurch nicht berührt.

(2) Die Abberufung des Beamten von seiner bisherigen Verwendung ist einer Versetzung gleichzuhalten, wenn
1.         die neue Verwendung der bisherigen Verwendung des Beamten nicht mindestens gleichwertig ist oder
2.         durch die neue Verwendung eine Verschlechterung für die Beförderung des Beamten in eine höhere Dienstklasse oder Dienststufe zu erwarten ist oder
3.         dem Beamten keine neue Verwendung zugewiesen wird.

(3) Die neue Verwendung ist der bisherigen Verwendung gleichwertig, wenn sie innerhalb derselben Verwendungsgruppe derselben Funktions- oder Dienstzulagengruppe zugeordnet ist.

(4) Abs. 2 gilt nicht
1.         für die Zuweisung einer drei Monate nicht übersteigenden vorübergehenden Verwendung, wenn dem Beamten daran anschließend eine der bisherigen Verwendung zumindest gleichwertige Verwendung zugewiesen wird,
2.         für die Beendigung der vorläufigen Ausübung einer höheren Verwendung zur Vertretung eines an der Dienstausübung verhinderten oder zur provisorischen Führung der Funktion an Stelle des aus dieser Funktion ausgeschiedenen Beamten und
3.         für das Enden des Zeitraums einer befristeten Ernennung des Beamten, ohne daß dieser weiterbestellt wird.

3.2.2. Der Schutzzweck des § 38 BDG 1979 ist darin gelegen, den Beamten vor sachlich nicht gerechtfertigten Personalmaßnahmen (Versetzungen bzw. qualifizierten Verwendungsänderungen) zu bewahren. Eine (sachliche) Organisationsänderung kann ein wichtiges dienstliches Interesse für eine Versetzung nach § 38 Abs. 3 BDG1979 begründen. Als unsachlich und damit nicht als taugliche Grundlage für eine darauf aufbauende Personalmaßnahme ist eine Organisationsänderung dann anzusehen, wenn sie den Zweck verfolgt, die betreffende Personalmaßnahme aus unsachlichen Gründen zusetzen bzw. dem Beamten einen Nachteil zuzufügen (vgl. VwGH 20.11.2018, Ra 2017/12/0125 mwH).

3.2.3. Um das wichtige dienstliche Interesse an einer qualifizierten Personalmaßnahme in einer Organisationsänderung zu begründen, ist es zudem erforderlich, die Organisationsänderung in ihren Grundzügen und auch die konkreten Auswirkungen auf den Arbeitsplatz des Betroffenen darzustellen (VwGH 21.1.2015, Ra 2014/12/0024).

Im vorliegenden Fall ist der Grund der Ergebnisse der Verhandlung vom 29.09.2020 davon auszugehen, dass der Arbeitsplatz des Beschwerdeführers an seiner bisherigen Dienststelle erhalten geblieben ist. Dass die Identität der bisherigen Dienststelle des Beschwerdeführers durch die von der Behörde angeführten organisatorischen Veränderungen untergegangen wäre, steht ebenso wenig im Raum. Die Versetzung kann schon deshalb nicht auf eine Organisationsänderung bzw. den Wegfall von Arbeitsplätzen gestützt werden.

Diesem Ergebnis steht auch der Standpunkt der belangten Behörde nicht entgegen, wonach sich eine Einsparung durch die Änderung der Organisation ergeben habe, da die Beschäftigung der dienstzugewiesenen Beamten im alten Zustellmodell nicht mehr möglich sei, weil die Organisation der Österreichischen Post AG nicht mehr darauf ausgerichtet sei, Beamte mit einem fixen Achtstundentag zu beschäftigen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass der Arbeitsplatz des Beschwerdeführers als Zusteller durch die Einführung eines Gleitzeitmodells nicht berührt wird. Änderungen ergeben sich allenfalls hinsichtlich der administrativen Erfassung der Dienstzeiten. Die gegenständliche Versetzung kann daher keinesfalls auf die von der Behörde ins Treffen geführte Organisationsänderung gestützt werden, da diese auf den Arbeitsplatz des Beschwerdeführers keine Auswirkungen hatte.

3.2.4. Soweit seitens der belangten Behörde – wie erwähnt – durch die Organisationsänderung erzielte Einsparungen ins Treffen geführt werden, ist einzuräumen, dass ein dienstliches (betriebliches/wirtschaftliches) Interesse bestehen mag, einen Beamten auf einem anderen Arbeitsplatz einzusetzen als auf jenem, den er derzeit innehat. Eine Versetzung kann aber nur durch ein wichtiges dienstliches Interesse gerechtfertigt werden. Ein solches müsste in seinem Gewicht den in § 38 Abs. 3 Z 1, 2, 4 und 5 BDG 1979 beispielsweise umschriebenen Abberufungsinteressen gleichkommen (VwGH 22.06.2016, Ra 2015/12/0049).

3.2.5. Allerdings wurden abseits der organisatorischen Erleichterungen durch den Wegfall der „täglichen händischen Systempflege“ durch einen Vorgesetzten keine weiteren Gründe vorzubringen, die die in Rede stehende Versetzung rechtfertigen könnten. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass für den Beschwerdeführer sowohl auf seinem alten Arbeitsplatz an der Zustellbasis XXXX Wien als auch am neuen Arbeitsplatz im Briefzentrum Wien gleichermaßen die Notwendigkeit der „täglichen händischen Systempflege“ und die Notwendigkeit von Mehrdienstleistungen (und in weiterer Folge von Überstunden) anfallen könnten. Auch unter diesem Gesichtspunkt erweist sich daher die Beschwerde als berechtigt (vgl. VwGH 03.10.2018, GZ. Ra 2017/12/0091).

Soweit die belangte Behörde somit lediglich administrative Erschwernisse ins Treffen führt, um damit die Versetzung zu begründen, ist für ihren Standpunkt nichts gewonnen:

Die belangte Behörde hat im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sowie im Parallel-Beschwerdeverfahren zu W213 2139394-1 selbst ausgeführt, dass im Gleitzeitdurchrechnungsmodell zeitliche Mehrleistungen durch Eingabe im Handheld über das Zeiterfassungssystem automatisch erfasst und gebucht würden. Es ist nicht ersichtlich warum nicht auch der Österreichischen Post AG zugewiesene Beamte ihre allenfalls anfallenden Mehrleistungen durch Eingabe im Handheld über das Zeiterfassungssystem automatisch erfassen und buchen lassen könnten. In § 48 Abs. 1 BDG ist ausdrücklich die Dienstzeiterfassung mit Hilfe automatisierter Verfahren vorgesehen. Abs. 2 leg cit. bestimmt, die regelmäßige Wochendienstzeit des Beamten in den einzelnen Wochen über- oder unterschritten werden kann, aber im Kalenderjahr im Durchschnitt 40 Stunden je Woche zu betragen hat. Abs. 3 leg cit. sieht ausdrücklich die Anordnung der Gleitzeit für Beamte vor soweit nicht wichtige dienstliche oder sonstige öffentliche Interessen entgegenstehen. Gemäß § 49 Abs. 2 BDG sind an Werktagen erbrachte Mehrdienstleistungen nach Möglichkeit im selben Kalendervierteljahr im Verhältnis 1 : 1 in Freizeit auszugleichen. Daraus folgt, dass auch der Österreichischen Post AG zugewiesene Beamte grundsätzlich im Rahmen eines Gleitzeitdurchrechnungsmodells eingesetzt werden können. Die für die Administration bzw. Verrechnung von Dienstzeiten bzw. Mehrleistungen von Beamten verwendeten automatisierten Verfahren müssten allerdings den gesetzlichen Rahmenbedingungen, wie sie in den zwingenden §§ 48 ff. BDG festgeschrieben sind und die durch allfällige interne Regelungen (Betriebsvereinbarungen, Dienstanweisungen etc.) nicht mit Wirksamkeit für das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis modifiziert werden können, entsprechen (vgl. VwGH, 03.10.2018, GZ. Ra 2017/12/0091).

3.2.6. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 40 Abs. 2 und § 38 BDG 1979 aufzuheben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

3.3. Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. insbesondere VwGH 03.10.2018, GZ. Ra 2017/12/0091), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Arbeitsplatzidentität dienstliche Interessen Gleitzeit - Durchrechnungsmodell Option Organisationsänderung Personalmaßnahme Postbeamter Rechtswidrigkeit Versetzung Verwendungsänderung Verwendungsgruppe wichtiges dienstliches Interesse Zeiterfassungssysteme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W129.2151855.1.00

Im RIS seit

24.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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