TE Bvwg Erkenntnis 2021/1/19 I406 2210812-1

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Veröffentlicht am 19.01.2021
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Entscheidungsdatum

19.01.2021

Norm

AuslBG §4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


I406 2210812-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Markus HINTNER und Emanuel STRAKA Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch RA Dr. Ulrich Gstrein, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX , Regionale Geschäftsstelle, vom 10.09.2018, GZ: XXXX / GF: XXXX , ABB-Nr. XXXX , betreffend „Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG“ beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Die XXXX (im Folgenden als Beschwerdeführerin bezeichnet) stellte mit dem an das Arbeitsmarktservice XXXX , Regionale Geschäftsstelle (in der Folge als belangte Behörde oder AMS bezeichnet), gerichteten Anbringen vom 11.07.2018 einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den potenziellen Dienstnehmer XXXX , Staatsangehörigkeit: Algerien (in der Folge als Dienstnehmer bezeichnet). In diesem Antrag wurde als berufliche Tätigkeit „Tischlerhelfer, sowie Maschinenwartungen“ im Betrieb der Beschwerdeführerin angegeben.

2.       Mit Parteiengehör vom 31.07.2018 wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, dass der bei der belangten Behörde eingerichtete Regionalbeirat in dessen Sitzung vom 27.07.2018 die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht einhellig befürwortet habe. Der Beschwerdeführerin wurde die Gelegenheit eingeräumt, dazu schriftlich Einwendungen anzubringen.

3.       Mit Schreiben ihrer Rechtsvertretung vom 09.08.2018 erklärte die Beschwerdeführerin, dass der Dienstnehmer jedenfalls die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Z 11 AuslBG erfülle. Er halte sich seit 2004 durchgehend in Österreich auf, wo er über ein schützenswertes Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK verfüge, sodass ihm mit Bescheid des BFA vom 23.12.2017 eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Abs. 2 AsylG erteilt worden sei. Bei der Bestimmung des Artikel 8 EMRK handle es sich zweifelsohne um eine allgemein anerkannte Regel des Völkerrechtes im Sinne des § 4 Abs. 3 Z 11 AuslBG. Aufgrund seiner fortgeschrittenen Integration sei die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung geboten.

4.       Mit angefochtenem Bescheid vom 10.09.2018 wies die belangte Behörde den gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung vom 11.07.2018 gemäß § 4 Abs. 3 AuslBG ab. Begründend führte sie aus, dass der Regionalbeirat die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht einhellig befürwortet habe. Darüber hinaus lägen auch keine der sonstigen im § 4 Abs. 3 AuslBG genannten Voraussetzungen vor.

5.       Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben ihrer Rechtsvertretung vom 20.09.2018 rechtzeitig und zulässig Beschwerde wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Dem Dienstnehmer sei mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.12.2017 „gemäß § 58 Abs. 2 und 3 AsylG iVm § 57 und § 55 AsylG“ eine Aufenthaltsberechtigung erteilt worden, womit die Voraussetzung gemäß § 4 Abs. 3 Z 9 AuslBG vorliege. Weiters habe der „Regionalförderbeirat“ keine Begründung für die Ablehnung der Erteilung der begehrten Aufenthaltsberechtigung dargelegt, sodass die Entscheidung mit Willkür belastet sei. Der Arbeitnehmer erfülle aufgrund der allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts, zu denen auch die Bestimmung des Art. 8 EMRK gehöre, die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 3 Z 11 AuslBG.

6.       Mit Schreiben vom 06.12.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

7.       Am 30.01.2020 wurde dem Dienstnehmer von der BH XXXX der Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte Plus“ gemäß § 41a Abs. 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) erteilt. Er geht seit dem 04.11.2020 einer geringfügigen Beschäftigung bei der Beschwerdeführerin nach.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

Die Beschwerdeführerin stellte am 11.07.2018 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 AuslBG für die Beschäftigung des Dienstnehmers mit algerischer Staatsangehörigkeit.

Zu diesem Zeitpunkt und zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde vom 10.09.2018 war der Dienstnehmer noch in Besitz einer „Aufenthaltsberechtigung“ im Sinne des § 55 Abs. 2 AsylG.

Am 30.01.2020 erteilte ihm die BH XXXX den Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte Plus“ gemäß § 41a Abs. 9 NAG. Mit diesem Aufenthaltsrecht ist gemäß § 17 Z 1 AuslBG ein unbeschränkter Zugang des Dienstnehmers zum Arbeitsmarkt verbunden.

Er ist seit dem 04.11.2020 geringfügig bei der Beschwerdeführerin beschäftigt.

2. Beweiswürdigung:

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts samt Urkunden.

Die Feststellung, dass der Dienstnehmer zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde in Besitz einer Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 55 Abs. 2 AsylG war, ergibt sich aus einem am 03.12.2020 eingeholten Auszug aus dem zentralen Fremdenregister (IZR) in Zusammenschau mit dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 23.12.2017.

Die Feststellung, dass der Dienstnehmer mit 30.01.2020 auf den Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung“ gemäß § 43 Abs. 3 NAG umgestiegen ist, ergibt sich aus dem eingeholten IZR-Auszug.

Aus einer am 03.12.2020 gestellten Anfrage an den Hauptverband der Sozialversicherungsträger (AJ-Web) ergibt sich die Feststellung zu der Beschäftigung des Dienstnehmers bei der Beschwerdeführerin seit 04.11.2020.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Einstellung des Verfahrens:

Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht (vgl. etwa § 33 VwGG sowie wiederum die Auslegung von § 66 AVG; dazu Hengstschläger/Lee, AVG III § 66 Rz 56f). Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde oder „des Untergangs“ des Beschwerdeführers kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei der Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung und wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs (etwa durch die Verwaltungsbehörde bzw. Sachliche Oberbehörde gemäß § 68 AVG) als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfall des Rechtsschutzinteresses (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2013 § 28 VwGVG Anm. 5). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist gemäß § 33 Abs. 1 VwGG eine Beschwerde mit Beschluss für gegenstandslos geworden zu erklären, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Gegenstandslosigkeit wird - neben formeller Klaglosstellung - auch angenommen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Dabei ist zu beachten, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (siehe etwa VwGH 22.11.2006, 2005/10/0205; VwGH 5.11.2014, Ro 2014/10/0084, mit Verweis auf VwGH 28.11.2013, 2013/10/0084). Das Rechtsschutzinteresse besteht bei einer Bescheidbeschwerde im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an einer Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Dieses Interesse wird daher immer dann zu verneinen sein, wenn es auf Grund der geänderten Umstände für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied mehr macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen objektiven Nutzen hat, die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen soweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen. (VwGH 02.07.2008, 2007/10/0010). Es ist nämlich nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichts, in einer Beschwerdesache zu entscheiden, wenn der Entscheidung nach der Sachlage keine Bedeutung mehr zukommt. (vgl. VwGH 24.04.2013, 2011/01/0216; 23.01.2013, 2011/10/0216).

Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens war die Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für einen ausländischen Dienstnehmer im Betrieb der Beschwerdeführerin.

Da dem Dienstnehmer im gegenständlichen Verfahren von der BH XXXX am 30.01.2020 der Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot Karte plus" gemäß 41a NAG erteilt wurde, ihm aus diesem Titel gemäß § 17 Z 1 AuslBG ein unbeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt zukommt und er zudem seit 04.11.2020 für die Beschwerdeführerin tätig ist, ist infolge der materiellen Klaglosstellung der Beschwerdeführerin wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses das Verfahren als gegenstandslos geworden zu erklären und gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG einzustellen.

3.2. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG liegen vor, da aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin infolge der materiellen Klaglosstellung weggefallen ist.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung Beschäftigungsbewilligung Gegenstandslosigkeit Rot-Weiß-Rot-Karte plus Verfahrenseinstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I406.2210812.1.00

Im RIS seit

22.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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