TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/26 93/10/0214

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Veröffentlicht am 26.05.1997
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Index

82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

LMG 1975 §7 Abs1 litb;
LMG 1975 §74 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des T in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 6. September 1993, Zl. UVS-07/32/00802/93-1, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.220,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe

"als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der K-GesmbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 16.7.1992 in Wien, M-Straße 25, eine Packung mit O,236 kg Rostbraten tiefgekühlt, roh, welche am 23.5.1992 von der B-AG in Wien, M-Straße 32, bezogen wurde, durch Lagerung in der Tiefkühltruhe zum Verkauf bereitgehalten, wobei dieser Rostbraten wertgemindert war, da er aufgrund der Überlagerung (Abpackdatum: 23.5.1992, Ablaufdatum: 1.6.1992) abwegige Geruchs- und Geschmackseigenschaften aufwies, ohne daß dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht wurde."

Der Beschwerdeführer habe dadurch § 74 Abs. 2 Z. 1 iVm § 7 Abs. 1 des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG 1975) verletzt. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von zwei Tagen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Beschwerdeführer hat zur Gegenschrift eine Stellungnahme abgegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Strafsenat erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 1 lit. b LMG 1975 ist es unter anderem verboten, Lebensmittel in Verkehr zu bringen, die wertgemindert sind, ohne daß dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist.

Nach der Begriffsbestimmung des § 8 lit. g LMG 1975 sind Lebensmittel wertgemindert, wenn sie nach der Herstellung, ohne daß eine weitere Behandlung erfolgt ist, eine erhebliche Minderung an wertbestimmenden Bestandteilen oder ihrer spezifischen, wertbestimmenden Wirkung oder Eigenschaft erfahren haben, soweit nicht Verdorbenheit vorliegt.

Wer Lebensmittel in Verkehr bringt, die wertgemindert sind, wenn dieser Umstand nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist, macht sich gemäß § 74 Abs. 2 Z. 1 LMG 1975 einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen.

Nach der wiedergegebenen Rechtslage verbietet das Gesetz nicht schlechthin das Inverkehrbringen wertgeminderter Lebensmittel. Tatbestandsmäßig ist deren Inverkehrbringen im gegebenen Zusammenhang nur dann, wenn die Wertminderung nicht deutlich und allgemein kenntlich gemacht ist. Zweck dieser Regelung ist die Information der Konsumenten über eine allfällige Wertminderung von Lebensmitteln (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 3. August 1995, Zl. 94/10/0026).

Nach § 7 Abs. 2 LMG 1975 hat der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz, wenn das zur Sicherung einer einwandfreien Nahrung oder zum Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsschädigung oder Täuschung geboten ist, unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der Wissenschaft und der Technologie nach Anhörung der Codexkommission durch Verordnung zu bestimmen, daß bestimmte unter das Verbot des Abs. 1 lit. b fallende Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe auch bei deutlicher und allgemein verständlicher Kenntlichmachung ihrer Beschaffenheit nicht in Verkehr gebracht werden dürfen.

Aufgrund des § 7 Abs. 2 LMG 1975 hat der genannte Bundesminister die Verordnung vom 15. Mai 1979 über das Verbot des Inverkehrbringens von Fleisch und Fleischwaren bestimmter Beschaffenheit, BGBl. Nr. 86 (Fleischwarenverordnung), erlassen. Nach § 1 Abs. 1 dieser Verordnung ist es verboten, Fleisch in verdorbener, unreifer, nachgemachter, verfälschter oder wertgeminderter Beschaffenheit auch bei deutlicher und allgemein verständlicher Kenntlichmachung dieser Beschaffenheit in Verkehr zu bringen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer die Unterlassung eines Verhaltens vorgeworfen (deutlich und allgemein verständliche Kenntlichmachung der Wertminderung eines Lebensmittels), das im Zeitpunkt der Tat (16. Juli 1992) nach der Fleischwarenverordnung verboten war. Schon aufgrund dieses Vorwurfes belastete die belangte Behörde ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden mußte, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Für eine Äußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde besteht kein Anspruch auf Schriftsatzaufwand (vgl. z.B. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 686).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1993100214.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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