TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/26 96/17/0481

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Veröffentlicht am 26.05.1997
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Index

55 Wirtschaftslenkung;

Norm

MOG 1985 §101 idF 1994/664;
MOG 1985 §71 idF 1988/330;
MOG 1985 §73 Abs3 idF 1988/330;
MOG 1985 §75 idF 1988/330;
MOG 1985 §76 Abs1 idF 1988/330;
MOG 1985 §76 Abs2 idF 1988/330;
MOG MilchReferenzmengenZuteilungsV 1995 §3;
MOG MilchReferenzmengenZuteilungsV 1995 §9;
MOG MilchReferenzmengenZuteilungsV 1995;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 96/17/0472 E 24. Juni 1997 96/17/0473 E 24. Juni 1997 96/17/0476 E 24. Juni 1997 96/17/0477 E 24. Juni 1997 96/17/0478 E 24. Juni 1997 96/17/0479 E 24. Juni 1997 96/17/0480 E 26. Mai 1997 97/17/0073 E 27. Oktober 1997

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des VK in B, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 28. Mai 1996, Zl. 17.274/31-I A 7/96, betreffend Anlieferungs-Referenzmenge, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Mitteilung der Agrarmarkt Austria vom 16. Oktober 1995 wurde der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers, Frau MK, für den Betrieb mit der Betriebsnummer NNNNNN eine Anlieferungs-Referenzmenge von 25.200 kg per 31. Dezember 1994 mitgeteilt. Mit Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich III der Agrarmarkt Austria vom 19. Jänner 1996 wurde diese Mitteilung vom 16. Oktober 1995 gemäß § 9 Abs. 2, 5 und 7 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über die Zuteilung der einzelbetrieblichen Referenzmengen im Rahmen von Garantiemengen im Bereich der gemeinsamen Marktordnung für Milch und Milcherzeugnisse (Milch-Referenzmengen-Zuteilungsverordnung, BGBl. Nr. 226/1995) aufgehoben und dem Antrag des Beschwerdeführers als seit 1. Juli 1992 Verfügungsberechtigtem über den gegenständlichen landwirtschaftlichen Betrieb auf Mitteilung einer Anlieferungs-Referenzmenge insoweit entsprochen, als ihm eine Anlieferungs-Referenzmenge von 17.268 kg "bekanntgegeben" wurde.

Begründet wurde dies damit, daß die seinerzeit am Hof vulgo K bestandene Einzelrichtmenge von 7.932 kg per 1. Juli 1990 erloschen sei, weil in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren ab dem Wirtschaftsjahr 1988/89 die Milchlieferungen nicht von diesem Hof, sondern vom Hof des Herrn AB, vulgo J, gestammt hätten. Daher seien dem Beschwerdeführer nur die später im Wege der Handelbarkeit bzw. der Zuteilung erworbenen Teile der Einzelrichtmenge als Anlieferungs-Referenzmenge bekanntgegeben worden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte aus, daß gemäß § 76 Abs. 2 MOG in der Fassung BGBl. Nr. 330/1988 eine Abänderung der Mitteilungen über die Einzelrichtmengen nur innerhalb von drei Jahren möglich gewesen sei. Der Sachverhalt sei bei der Bekanntgabe der Anlieferungs-Referenzmenge nach jenen Bestimmungen zu überprüfen, wie sie zum Zeitpunkt der Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes in Geltung gestanden seien. Da die Teilmenge von 7.932 kg bereits per 1. Juli 1990 angeblich erloschen wäre, dem Beschwerdeführer aber auch in den Folgejahren die Einzelrichtmenge inklusive dieser 7.932 kg mitgeteilt worden sei und der Bescheid erst am 19. Jänner 1996 ergangen sei, sei infolge des § 76 Abs. 2 MOG in der Fassung BGBl. Nr. 330/1988 die Feststellung des Erlöschens der Teilmenge von 7.932 kg per 1. Juli 1990 nicht mehr möglich. Zu der behaupteten Fremdeinschüttung in den Jahren 1989 bis 1991 wird in der Berufung ausgeführt, daß sich auf dem Hof K auch in den Jahren 1988 bis 1992, in denen man sich dort mit Stierzucht beschäftigt habe, doch stets auch Kühe befunden hätten; es sei immer wieder vorgekommen, daß nicht die gesamte Milch am Hof selbst verbraucht bzw. verarbeitet worden sei. Diesfalls habe der Beschwerdeführer die überschüssige Milch zu AB gebracht, der sie gemeinsam mit der auf dem Hof J ermolkenen Milch an den Bearbeitungsbetrieb abgeliefert habe. Es seien etwa 100 kg jährlich vom Hof K auf diese Weise abgeliefert worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben. Begründend führt die belangte Behörde aus, für die Aufhebung der Mitteilung vom 16. Oktober 1995 durch den bei ihr mit Berufung bekämpften Bescheid sei maßgeblich gewesen, daß der Beschwerdeführer seit 1. Juli 1992 Verfügungsberechtigter über den landwirtschaftlichen Betrieb K und daher die Anlieferungs-Referenzmenge ihm gegenüber mitzuteilen sei. Für die Mitteilung einer Anlieferungs-Referenzmenge von 17.268 kg sei maßgeblich gewesen, daß eine Menge von 7.932 kg infolge Nichtlieferung im Basiszeitraum mit Wirkung vom 1. Juli 1990 erloschen sei. Gemäß § 73 Abs. 3 MOG erlösche die Wahrungsmenge mit Beginn eines Wirtschaftsjahres, wenn im Basiszeitraum keine Milch geliefert worden sei oder wenn der Milcherzeuger die Milcherzeugung auf Dauer eingestellt habe. Dabei sei wesentlicher Bestandteil, daß direkt vom landwirtschaftlichen Betrieb Milch abgeliefert würde. Eine gemeinsame Ablieferung mit einem anderen landwirtschaftlichen Betrieb sei grundsätzlich mit dem System der Einzelrichtmenge nicht vereinbar und nur unter besonderen Bedingungen (es wird auf § 73 Abs. 1 MOG verwiesen) möglich. Soweit der Beschwerdeführer ausführe, daß die auf seinem Betrieb erzeugte Milch ohnedies unter seiner Liefernummer abgeliefert worden sei, sei anzuführen, daß er selbst in der Berufung ausgeführt habe, daß die auf seinem Betrieb ermolkene Milch zum Betrieb J gebracht worden sei. Gerade diese Vorgangsweise der mittelbaren Ablieferung der Milch widerspreche den Grundsätzen des Marktordnungsgesetzes und habe damit zum Verfall der Einzelrichtmenge geführt. Dabei sei es nicht mehr wesentlich, wer Fremdmilch bei wem eingeschüttet habe, wesentlich sei, von welchem Betrieb die Ablieferung unmittelbar an die Molkerei erfolgt sei.

§ 76 Abs. 2 MOG sei bei der gegenständlichen Anlieferungs-Referenzmengenmitteilung durch die AMA nicht zum Tragen gekommen, sondern es sei geprüft worden, welches Schicksal aufgrund der zum jeweiligen Zeitpunkt maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen die Einzelrichtmenge habe. Die zum "damaligen Zeitpunkt geltende Fassung des § 76 Abs. 2 MOG", wonach Mitteilungen über Einzelrichtmengen lediglich binnen drei Jahren mittels Bescheid berichtigt werden konnten, habe bei der gegenständlichen Mitteilung der Anlieferungs-Referenzmenge nicht herangezogen werden können, da die Anlieferungs-Referenzmengenmitteilung aufgrund der Rechtsvorschriften der EU sowie der Milch-Referenzmengen-Zuteilungsverordnung erfolgt sei und nicht auf Basis des Abschnittes D MOG. Die Verjährungsfrist des § 76 Abs. 2 MOG bzw. die Möglichkeit einer bescheidmäßigen Abänderung der Mitteilung sei daher nicht zu berücksichtigen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete und nach Ablehnung von deren Behandlung und Abtretung durch diesen an den Verwaltungsgerichtshof über dessen Verfügung ergänzte Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf richtige Festsetzung der ihm zustehenden Milchlieferungs-Referenzmenge verletzt und macht die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, bei deren Einhaltung die Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, da vom Beschwerdeführer angebotene Beweise nicht aufgenommen worden seien.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Strittig ist im Beschwerdefall nicht nur, wie der hinsichtlich der Anlieferung von Milch in den Jahren 1989 bis 1991 vom Hof K (durch die Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers; Lieferung von Milch des Bauern AB; zur Frage dieses Sachverhaltes siehe unten, 2.) von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt zu werten ist, sondern auch die Frage, ob - selbst wenn aufgrund des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes von einem Erlöschen der Einzelrichtmenge im Jahre 1990 auszugehen wäre - dieses Erlöschen anläßlich der Feststellung der Anlieferungs-Referenzmenge nach der Milch-Referenzmengen-Zuteilungsverordnung, BGBl. Nr. 226/1995 (in der Fassung BGBl. Nr. 858/1995), im Jahre 1996 berücksichtigt hätte werden dürfen.

Die hier maßgeblichen Vorschriften der Milch-Referenzmengen-Zuteilungsverordnung, BGBl. Nr. 226/1995, lauten:

"§ 3. (1) Mit 31. März 1995 steht dem Verfügungsberechtigten über einen milcherzeugenden Betrieb (im folgenden: Milcherzeuger) eine einzelbetriebliche Anlieferungs-Referenzmenge zu, die im Sinne der nachstehenden Vorschriften zu ermitteln ist.

(2) Für die Berechnung der Anlieferungs-Referenzmenge sind folgende Mengen zugrunde zu legen:

1.

die im Wirtschaftsjahr 1992/93 zum 30. Juni 1993 dem Milcherzeuger zustehende Einzelrichtmenge im Sinne des Abschnitts D des MOG oder

2.

bei den gemäß § 75e oder § 75f MOG mitgeteilten Einzelrichtmengen abweichend von Z 1 die dem Milcherzeuger zum 1. Juli 1993 zustehende Einzelrichtmenge im Sinne des Abschnitts D des MOG.

(3) Bei den gemäß Abs. 2 ermittelten Mengen sind folgende Mengen mit zu berücksichtigen:

1.

zuzüglich allfällige nach dem 30. Juni 1993 übertragen erhaltene oder zugeteilte Einzelrichtmengen(-anteile) gemäß § 73 Abs. 2b, § 73 Abs. 3b, § 75, § 75a, § 75b, § 75c Abs. 3 oder Abs. 5 oder § 75g MOG,

2.

abzüglich allfällige nach dem 30. Juni 1993 an andere Betriebe abgegebene Einzelrichtmengen(-anteile) gemäß § 73 Abs. 2b, § 73 Abs. 3b, § 75, § 75a, § 75b oder § 75c Abs. 3 oder 5 MOG,

3.

zuzüglich allfällige ...

...

(4) In der Mitteilung sind vorübergehend übertragene Einzelrichtmengen(-anteile) gesondert auszuweisen.

...

§ 9. (1) Die Berechnung der dem Milcherzeuger zustehenden Anlieferungs-Referenzmenge I und Anlieferungs-Referenzmenge II sowie des jeweiligen repräsentativen Fettgehalts und der Direktverkaufs-Referenzmenge erfolgt durch die AMA. Die Referenzmengen sind jeweils auf ganze Zahlen, der repräsentative Fettgehalt auf zwei Dezimalstellen zu runden.

(2) Die AMA hat bis 30. März 1995 jedem Milcherzeuger

1.

eine Mitteilung über die ihm mit 31. März 1995 zustehende Anlieferungs-Referenzmenge I,

2.

eine Mitteilung samt Antragsformular über die gemäß § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 2 bis 4 und 6 ermittelte Anlieferungs-Referenzmenge II und

3.

eine Mitteilung über die ihm mit 31. März 1995 zustehende Direktverkaufs-Referenzmenge zu machen.

(3) Die AMA hat bis 1. August 1995 den Milcherzeugern, die gemäß § 4 Abs. 1 oder § 5 Abs. 5 einen Antrag auf Zuteilung der Anlieferungs-Referenzmenge II gestellt haben, die Anlieferungs-Referenzmenge II mitzuteilen.

(4) Der Milcherzeuger kann binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Mitteilung schriftlich begründete Einwände gegen die Berechnung der Referenzmengen bei der AMA einbringen. Werden innerhalb dieser Frist keine Einwände eingebracht,

1.

ist die mitgeteilte Anlieferungs-Referenzmenge I endgültig,

2.

wird die mitgeteilte Anlieferungs-Referenzmenge II dem gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 oder § 5 Abs. 5 Z 1 einzubringenden Antrag zugrunde gelegt und höchstens für die Dauer von zwei Jahren entsprechend der in den in § 1 genannten Rechtsakten vorgesehenen Regelung provisorisch zugeteilt und

3.

wird die Direktverkaufs-Referenzmenge für die Dauer von höchstens zwei aufeinanderfolgenden Zwölfmonatszeiträumen provisorisch zugeteilt. Kann der Milcherzeuger auf Grund der gemäß den in § 1 genannten Rechtsakten erforderlichen Aufzeichnungen und Meldungen belegen, daß er im abgelaufenen Zwölf-Monatszeitraum im Ausmaß von mindestens 80 % der provisorisch zugeteilten Direktverkaufs-Referenzmenge Milch und Milcherzeugnisse direkt abgegeben hat, erhält er die mitgeteilte Direktverkaufs-Referenzmenge endgültig zugewiesen. Hat der Milcherzeuger auch nach Ablauf des zweiten Zwölf-Monatszeitraums nicht mindestens im Ausmaß von 80 % der provisorischen Direktverkaufs-Referenzmenge Milch und Milcherzeugnisse direkt abgegeben, ist die Direktverkaufs-Referenzmenge mit dem mit 1. April 1997 beginnenden Zwölf-Monatszeitraum an das Ausmaß der für den abgelaufenen Zwölf-Monatszeitraum nachgewiesenen Mengen anzupassen.

(5) Milcherzeuger, die keine Mitteilung gemäß Abs. 2 erhalten haben, können bis 15. April 1995 bei der AMA die bescheidmäßige Bekanntgabe der zum 31. März 1995 zustehenden oder ermittelten Referenzmengen beantragen. Dem Antrag sind die Nachweise über die bisher zustehende Einzelrichtmenge sowie über die erfolgten Direktverkäufe anzuschließen.

(6) Über die vorgebrachten Einwände zur Höhe der dem Milcherzeuger zustehenden Referenzmengen hat die AMA mittels Bescheid zu entscheiden.

(7) Die Mitteilung oder der Bescheid kann innerhalb eines Jahres nach Zustellung der Mitteilung (des Bescheids) sowohl von der AMA als auch in Ausübung des Aufsichtsrechts vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft aufgehoben oder abgeändert werden,

1.

wenn der der Mitteilung (dem Bescheid) zugrunde liegende Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt unrichtig festgestellt oder aktenwidrig angenommen wurde,

2.

wenn Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung eine anders lautende Mitteilung (Bescheid) hätte erlassen werden können, oder

3.

wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts.

(8) Abweichend von Abs. 7 kann die Mitteilung oder der Bescheid bis zum Ablauf der Verjährungsfrist von der AMA mit rückwirkender Kraft abgeändert werden, wenn die Mitteilung (der Bescheid) zu Lasten des Milcherzeugers durch wissentlich unwahre Angaben oder durch eine strafbare Handlung herbeigeführt worden ist.

(9) Soweit sich auf Grund eines Rechtsmittels oder Rechtsbehelfs Änderungen hinsichtlich der dem Milcherzeuger zustehenden Referenzmenge ergeben, kann abweichend von Abs. 7 die Aufhebung oder Abänderung der Mitteilung (des Bescheids) innerhalb von sechs Monaten nach Zustellung der Entscheidung erfolgen."

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, daß § 76 Abs. 2 MOG in der Fassung BGBl. Nr. 330/1988 eine "eindeutige Verjährungsbestimmung" sei. Sei bloß eine Mitteilung des zuständigen Be- und Verarbeitungsbetriebes über die Höhe der Einzelrichtmenge ergangen, habe diese Mitteilung im Falle ihrer Unrichtigkeit innerhalb von drei Jahren mittels Bescheid korrigiert werden können. Nach Ablauf von drei Jahren sollte jedoch im Sinne der Rechtssicherheit auch eine unrichtige Mitteilung über die Einzelrichtmenge Bestand haben, zumal sowohl die Be- und Verarbeitungsbetriebe als auch die betroffenen Landwirte die Betriebsführung entsprechend der Höhe der Einzelrichtmenge ausrichten und diesbezügliche Investitionen tätigen oder unterlassen müßten.

Die belangte Behörde tritt dieser Auffassung mit dem Hinweis entgegen, daß § 76 Abs. 2 MOG im Beschwerdefall nicht zum Tragen gekommen sei. Es sei aufgrund der Bestimmungen der Milch-Referenzmengen-Zuteilungsverordnung die zum 31. März 1995 zustehende Anlieferungs-Referenzmenge mitgeteilt worden, es sei aber nicht über die in der Vergangenheit bestehende Einzelrichtmenge bescheidmäßig abgesprochen worden. Zutreffend sei, daß für die Höhe der Anlieferungsreferenzmenge zum 31. März 1995 das Ausmaß der am 31. Dezember 1994 bestehenden Einzelrichtmenge maßgeblich sei. Aus diesem Grunde sei als Vorfrage geprüft worden, in welchem Ausmaß eine Einzelrichtmenge bestand.

Die belangte Behörde ist insofern im Recht.

§ 76 Abs. 2 MOG in der Fassung BGBl. Nr. 330/1988 lautet:

"(2) Der Milchwirtschaftsfonds kann bei unrichtigen Mitteilungen gemäß Abs. 1 die tatsächlich zustehende Einzelrichtmenge rückwirkend bis zum Ablauf von drei Jahren ab erfolgter Mitteilung durch Bescheid feststellen."

§ 76 ABS. 2 MOG in der genannten Fassung ordnet daher nur an, wie weit in die Vergangenheit rückwirkend eine von Mitteilungen gemäß § 76 Abs. 1 MOG abweichende Feststellung von Einzelrichtmengen erfolgen kann. § 76 Abs. 2 MOG in der genannten Fassung trifft jedoch KEINE AUSDRÜCKLICHE REGELUNG für die Frage, OB EINE ÄNDERUNG hinsichtlich der Einzelrichtmenge (gegenüber den Mitteilungen für die Vorjahre) in Mitteilungen oder Bescheiden FÜR DIE ZUKUNFT aufgrund von Sachverhalten erfolgen kann, die sich auch länger als drei Jahre zurück ereignet haben.

Mangels einer entsprechenden Regelung über eine weitergehende Bindungswirkung der Mitteilung gemäß § 76 Abs. 1 MOG (nämlich auch für Folgejahre) und gerade im Hinblick auf § 76 Abs. 2, der auch eine rückwirkende, andere Feststellung der Einzelrichtmenge in Abweichung von den Mitteilungen des Bearbeitungsbetriebes vorsieht, ist davon auszugehen, daß jedenfalls dann, wenn lediglich MITTEILUNGEN IM SINNE DES § 76 ABS. 1 MOG erfolgten, KEINE BINDUNGSWIRKUNG DAHINGEHEND eingetreten ist, EINE BERÜCKSICHTIGUNG EINES OBJEKTIV GEGEBENEN SACHVERHALTES, der auch schon bei einer früheren Mitteilung einer Einzelrichtmenge berücksichtigt hätte werden können, SOLLE IN DEN FOLGEJAHREN NICHT MEHR ZULÄSSIG SEIN (vgl. für den Fall der Erlassung eines Bescheides gemäß § 76 Abs. 1 MOG und zu der dadurch eintretenden Bindungswirkung bzw. zu den Grenzen dieser Bindungswirkung das hg. Erkenntnis vom 9. Februar 1990, Zl. 89/17/0161, in dem sich der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 22. Juni 1988, V 139/87, V 140/87, angeschlossen hat, eine bloße Mitteilung der Einzelrichtmenge durch den Be- und Verarbeitungsbetrieb entfalte nur für das jeweils laufende Wirtschaftsjahr Rechtswirkungen (Bindung)). Den MITTEILUNGEN DES BE- UND VERARBEITUNGSBETRIEBES GEMÄß § 76 ABS. 1 MOG kommt zwar - soferne es nicht zu einem Antrag auf Bescheiderlassung kommt - BINDUNGSWIRKUNG FÜR DAS JEWEILIGE WIRTSCHAFTSJAHR ZU (vgl. in diesem Sinne schon das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1986, Zl. 86/17/0068, und das oben genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes); EINE DARÜBER HINAUSGEHENDE

BEDEUTUNG KANN IHNEN JEDOCH NICHT BEIGEMESSEN WERDEN.

§ 76 Abs. 2 MOG kann also nicht - wie dies der Beschwerdeführer darzutun versucht - dahingehend verstanden werden, daß Sachverhalte, die länger als drei Jahre zurückliegen, bei der Mitteilung der Einzelrichtmenge nach dem MOG nicht berücksichtigt werden durften. § 76 Abs. 2 MOG regelt nur, wie weit zurück die Änderung gegenüber den Mitteilungen des Be- und Verarbeitungsbetriebes ausgesprochen werden kann, besagt jedoch nicht, daß der Sachverhalt, aufgrund dessen die Behörde zu ihrer neuen Beurteilung kommt, nicht mehr als drei Jahre zurück liegen dürfe. Damit trifft aber im Ergebnis die Ansicht der belangten Behörde zu, daß bei der Bestimmung der Anlieferungs-Referenzmenge nach der Milch-Referenzmengen-Zuteilungsverordnung auch ein Sachverhalt, der im Jahre 1990 zum Erlöschen einer Richtmenge geführt hat, zu berücksichtigen war, selbst wenn - wie dies im Beschwerdefall erfolgt ist - die entsprechende Teilmenge bei den Mitteilungen gemäß § 76 Abs. 1 MOG in der Zwischenzeit stets berücksichtigt worden war.

Wenn in der Beschwerde darauf hingewiesen wird, daß § 76 Abs. 2 MOG idF des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 330/1988 als die Reaktion des Gesetzgebers auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 22. Juni 1988, V 139, 140/87, anzusehen sei, wobei der Gesetzgeber der Ansicht des Verfassungsgerichtshofes, wonach Mitteilungen der Be- und Verarbeitungsbetriebe keine unmittelbare, der Rechtskraft ähnliche Wirkung zukomme, Rechnung tragen wollte, aber gleichzeitig auch eine dem Rechtssicherheitsbedürfnis der betroffenen Landwirte entgegenkommende Regelung geschaffen werden sollte, widerspricht dies nicht der dargestellten Auslegung des § 76 Abs. 2 MOG. Die Schaffung von Rechtssicherheit durch Einführung einer Beschränkung der rückwirkenden Abänderung der Mitteilungen bedeutet noch nicht, daß auch bei den jeweiligen weiteren Feststellungen der Einzelrichtmenge für Folgejahre (für das jeweils nächste Wirtschaftsjahr) nur bestimmte, nicht länger als die für rückwirkende Änderungen vorgesehene Frist zurückliegende Sachverhalte herangezogen werden dürften.

2. Im Beschwerdefall ist somit von entscheidender Bedeutung, ob die belangte Behörde zutreffend davon ausgehen konnte, daß der von ihr festgestellte Sachverhalt (Ablieferung von Milch des Nachbarn AB (Hof J) gemeinsam mit geringfügigen Mengen von auf dem Hof K produzierter Milch im Wege des AB ab dem Wirtschaftsjahr 1988/89) gemäß § 73 Abs. 3 MOG 1985 zum Erlöschen der Einzelrichtmenge des Hofes K geführt hat.

§ 73 Abs. 3 MOG 1985 in der Fassung BGBl. Nr. 330/1988 lautete:

"(3) Die Wahrungsmenge erlischt mit Beginn eines Wirtschaftsjahres, wenn im Basiszeitraum keine Milch geliefert wurde oder wenn der Milcherzeuger die Milcherzeugung auf Dauer eingestellt hat. Davon ausgenommen sind Fälle, in denen im Basiszeitraum infolge eines Elementarereignisses keine Milch geliefert wurde; in diesen Fällen erlischt die Wahrungsmenge nur dann, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Wirtschaftsjahren keine Milch geliefert wurde."

Das beschwerdegegenständliche Verwaltungsverfahren bildete - schon aufgrund der zeitlichen Situation der Verfahrensdurchführung - keinen Anlaßfall hinsichtlich des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 8. März 1991, G 227/90, ua. Der Beschwerdeführer war auch nicht Beschwerdeführer in einem der Verfahren, die zum Anlaß der Anträge des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung von Bestimmungen des MOG durch den Verfassungsgerichtshof in dem Verfahren, das zu dem genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes führte, genommen wurden. Der vorliegende Beschwerdefall fällt daher auch nicht unter § 75d Z 2 MOG idF des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 373/1992 (§ 75d MOG in der genannten Fassung regelte die Nichtanwendung der vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 8. März 1991, G 227/90, aufgehobenen Bestimmungen des MOG, zu denen auch § 73 Abs. 3 zählte).

§ 73 Abs. 3 in der genannten Fassung ist somit grundsätzlich im Beschwerdefall, in dem die Milchlieferungen der Wirtschaftsjahre ab 1988/89 maßgeblich sind, anwendbar.

§ 73 Abs. 3 MOG erster Satz geht auf die Novelle zum MOG mit dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 138/1987 zurück. Mit dieser Novelle wurde § 73 Abs. 3 MOG dahingehend geändert, daß die bis dahin vorgesehene Rechtsfolge eines teilweisen Verlustes der Einzelrichtmenge gemäß § 73 Abs. 3 Z 1 MOG 1985, BGBl. Nr. 210, wenn in jedem der beiden letzten Basiszeiträume weniger als die Hälfte der auf diese Basiszeiträume entfallenden Anteile der Einzelrichtmengen geliefert wurde, ersatzlos aufgehoben wurde (die Novelle des Jahres 1988 brachte sodann die Ergänzung hinsichtlich der Berücksichtigung von Elementarereignissen). Sowohl die Begründung des Initiativantrages als auch der Ausschußbericht, 45 BlgNR, XV. GP, 1, bemerkt zu der dargestellten Änderung im Jahre 1987 lediglich, daß der Initiativantrag vorsehe, "daß die Einzelrichtmenge auch bei starker Unterlieferung gewahrt bleibt". Aus der Entstehungsgeschichte der im Beschwerdefall maßgeblichen Rechtslage läßt sich somit ableiten, daß der Gesetzgeber tatsächlich lediglich für den Fall, daß ein Milchlieferant überhaupt keine Milch lieferte, den Verlust der Wahrungsmenge vorsehen wollte. Im Beschwerdefall kann jedoch dahingestellt bleiben, ob die Rechtsfolge des § 73 Abs. 3 MOG idF BGBl. Nr. 330/1988 (bzw. 138/1987) nur eintreten sollte, wenn in einem Basiszeitraum überhaupt keine Milch geliefert wurde bzw. wo eine Grenze einer sogenannten "vernachlässigbaren" Milchlieferung gelegen wäre.

Von dem Fall, daß ein Lieferant weniger Milch liefert als seiner Einzelrichtmenge entspricht bzw. überhaupt keine Milch liefert, ist nämlich der Fall zu unterscheiden, in dem unter der Lieferantennummer des Inhabers einer Einzelrichtmenge die Milch von einem anderen Hof - wenn auch teilweise vermischt mit Milch vom Hof des Inhabers der Einzelrichtmenge - geliefert wird.

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, aufgrund des Umstandes, daß die Milch nicht direkt vom landwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers geliefert worden sei, sei die Einzelrichtmenge erloschen. Die gemeinsame Ablieferung mit einem anderen landwirtschaftlichen Betrieb sei grundsätzlich mit dem System der Einzelrichtmenge nicht vereinbar und nur unter besonderen Bedingungen zulässig gewesen. Dem Hinweis des Beschwerdeführers, daß die auf seinem Betrieb erzeugte Milch ohnedies unter seiner Liefernummer abgeliefert worden sei, entgegnete die belangte Behörde, daß der Beschwerdeführer selbst angegeben habe, daß die auf seinem Betrieb ermolkene Milch zum Betrieb J gebracht worden sei. Diese Vorgangsweise der mittelbaren Ablieferung widerspräche den Grundsätzen des Marktordnungsgesetzes und habe damit zum Verfall der Einzelrichtmenge geführt. Dieser Beurteilung kann zwar hinsichtlich der Ausführungen zur "mittelbaren" Lieferung nicht gefolgt werden, sie entspricht jedoch im Ergebnis dem Gesetz. Der Beschwerdeführer hält dieser Begründung zwar zu Recht entgegen, daß der Umstand, auf welche Weise die Ablieferung erfolgte, nach dem MOG nicht maßgeblich sei. Der Umstand, daß die auf dem Betrieb des Beschwerdeführers ermolkene Milch zum Betrieb des "Fremdmilcheinschütters" AB gebracht worden sei und diese Vorgangsweise der mittelbaren Ablieferung der Milch den Grundsätzen des Marktordnungsgesetzes widerspräche, bedeute nicht, daß keine Milch vom Betrieb des Beschwerdeführers geliefert worden sei. Es erübrige sich, von direkter oder mittelbarer Ablieferung zu sprechen, entscheidend sei lediglich, auf welchem Betrieb die Milch tatsächlich produziert worden sei. Die Lieferungen seien unter der Lieferantennummer des Beschwerdeführers erfolgt.

Der Beschwerdeführer ist mit diesen Ausführungen insofern im Recht, als es für die Frage, ob ein Milcherzeuger Milch iSd MOG (im Beschwerdefall insbesondere iSd § 73 Abs. 3) "geliefert" hat, NICHT darauf ankommt, von welcher Örtlichkeit der Bearbeitungsbetrieb die Milch abholen mußte (soweit sich nicht hiefür aus anderen Vorschriften des MOG - etwa den §§ 13 und 14 - und der auf dessen Grundlage ergangenen Verordnungen nähere Determinanten ergeben, die aber im Beschwerdefall schon insofern nicht zum Tragen kommen, als unbestritten feststeht, daß der zuständige Be- und Verarbeitungsbetrieb die für die Lieferantennummer des Beschwerdeführers gelieferte Milch de facto abgeholt hat, im Beschwerdefall also nicht strittig ist, ob eine vom Beschwerdeführer ermolkene Milch vom Bearbeitungsbetrieb abgeholt werden hätte können, aber die Abholung unterblieben sei). Entscheidend ist vielmehr, daß das MOG mit seinem System der Einzelrichtmengen, der Zahlung eines allgemeinen Absatzförderungsbeitrages für Milchlieferungen bis zur Erreichung der Einzelrichtmenge, eines erhöhten Absatzförderungsbeitrages bei Überlieferung, der Möglichkeit des Erwerbs zusätzlicher Einzelrichtmengen und der Notwendigkeit, seine Einzelrichtmenge zu "wahren" (§ 73 Abs. 2 MOG in der dargestellten Fassung) davon ausgeht, daß jeder Inhaber einer Einzelrichtmenge nur DIE AUF SEINEM BETRIEB ERZEUGTE MILCH abliefert. Insofern ist der belangten Behörde grundsätzlich zuzustimmen, daß eine Ablieferung von Milch eines anderen Milcherzeugers unter der Lieferantennummer des Beschwerdeführers mit dem System des MOG unvereinbar gewesen ist.

Daran ändert auch die vom Beschwerdeführer erwähnte - verfehlte - Rechtsauskunft eines Mitarbeiters des zuständigen Be- und Verarbeitungsbetriebes nichts. Wie auch in der Beschwerde angeführt wird - und insoweit außer Streit gestellt wird - wurde in den Jahren 1988/89 bis 1991/92 Milch vom Betrieb J unter der Liefernummer des Beschwerdeführers an den Be- und Verarbeitungsbetrieb geliefert. Ob der Abschluß eines Pachtvertrages nur aufgrund der verfehlten Rechtsauskunft des Mitarbeiters des Be- und Verarbeitungsbetriebes unterblieb, ist im Beschwerdefall unerheblich.

Es kann aus dem Gesichtspunkt des Beschwerdefalles dahingestellt bleiben, ob § 73 Abs. 3 MOG in der genannten Fassung auch schon dann zum Verlust der Wahrungsmenge führte, wenn es zu Fremdeinschüttungen in untergeordneter Menge gekommen sein sollte. Im Beschwerdefall steht nach den Feststellungen der belangten Behörde - auch nach den Beschwerdeausführungen ist diesbezüglich kein allfälliger Verfahrensmangel ersichtlich; der Beschwerdeführer spricht von jedenfalls 100 kg jährlich, die vom Hof K geliefert worden seien - fest, daß die gelieferte Milch überwiegend vom Hof J stammte. Es kann daher der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie vom Erlöschen der fraglichen Einzelrichtmenge (die ursprünglich der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers zustand) ausgegangen ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996170481.X00

Im RIS seit

27.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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