TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/27 97/04/0019

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Veröffentlicht am 27.05.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §68 Abs1;
GewO 1994 §17 Abs1 Z1;
GewO 1994 §28 Abs1 Z1;
GewO 1994 §28 Abs1;
GewO 1994 §28 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des P in N, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 17. Dezember 1996, Zl. 319.122/1-III/5/96, betreffend Verweigerung der Nachsicht vom Befähigungsnachweis, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 17. Dezember 1996 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Erteilung einer Nachsicht vom Befähigungsnachweis im Gewerbe der Immobilienmakler und im Gewerbe der Immobilienverwalter gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1994 abgelehnt. Zur Begründung führte der Bundesminister aus, im vorliegenden Fall behaupte der Beschwerdeführer das Vorliegen der vollen Befähigung im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994. Danach umfasse die Nachsicht nicht die Befähigung (die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen), sondern allein den - normativ - geforderten Nachweis dieser Befähigung. Hiebei bildeten die den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften den Maßstab dafür, ob die Nachsichtsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. vorlägen. Die Nachsicht dürfe sohin von vornherein nur erteilt werden, wenn die vom Nachsichtswerber absolvierte Ausbildung mindestens in gleicher Weise, wie die in den den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften geforderte Ausbildung das Ausbildungsziel verwirklichen lasse. Für den Nachweis der vollen Befähigung in diesem Sinne sei nicht nur der Bildungsgang des Nachsichtswerbers zu berücksichtigen, vielmehr sei im gegebenen Zusammenhang auch zu berücksichtigen, ob auf Grund der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden könne, daß seine Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen den in der Befähigungsnachweisverordnung BGBl. Nr. 142/1996 genannten Voraussetzungen entsprächen. Aus den im § 17 Abs. 1 Z. 1 lit. a dieser Verordnung angeführten Voraussetzungen für die Zulassung zu den Befähigungsprüfungen für die in Rede stehenden Gewerbe könne allein noch nicht gefolgert werden, daß durch den erfolgreichen Abschluß des Studiums der Rechtswissenschaften und des Hochschullehrganges für Technik im Liegenschaftsmanagement nach dem Bildungsgang des Nachsichtswerbers die Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen vorlägen, die der Befähigungsnachweisverordnung entsprächen. Hinzu komme noch, daß § 17 Abs. 1 Z. 1 lit. b der in Rede stehenden Verordnung für die Zulassung zu den Befähigungsprüfungen eine mindestens zweijährige fachliche Tätigkeit in jedem der beiden Gewerbe voraussetze. Auf Grund der diesbezüglich nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen der Erstbehörde habe der Beschwerdeführer während seines Studiums in den Semesterferien für vier bis sechs Wochen in einer Anwaltskanzlei mitgearbeitet und er sei in den Jahren 1992 bis 1994 während seines Studiums insgesamt 11 Monate bei einem zur Ausübung des Immobilienmaklergewerbes berechtigten Gewerbetreibenden beschäftigt gewesen. Eine einer jeweils mindestens zweijährigen fachlichen Tätigkeit vergleichbare Tätigkeit, also eine Tätigkeit, die geeignet sei, die Erfahrungen und Kenntnisse zu vermitteln, die zur selbständigen Ausübung der betreffenden Gewerbe erforderlich seien, vermöge der Beschwerdeführer hingegen nicht nachzuweisen. Daran vermöge der Umstand, daß dem Beschwerdeführer von der Erstbehörde die Nachsicht von den Voraussetzungen für die Zulassung zu den Befähigungsprüfungen für die gegenständlichen Gewerbe erteilt worden sei, nichts zu ändern, da die in den betreffenden Bescheiden vorgenommene Beurteilung der Nachsichtsvoraussetzungen des § 28 Abs. 6 GewO 1994 für die hier vorzunehmende Beurteilung der vollen Befähigung des Beschwerdeführers nach Abs. 1 Z. 1 dieses Paragraphen schon mangels jeglicher Bindungswirkung nicht von Relevanz sei. Sofern der Beschwerdeführer in seiner Berufung auf die Bestimmung des § 28 Abs. 2 GewO 1994 verweise, so sei diesem Vorbringen entgegenzuhalten, daß eine Nachsicht gemäß § 28 Abs. 2 GewO 1994 nicht Gegenstand des Abspruches der Vorinstanz gewesen sei. Abgesehen davon könnten die Befähigungsprüfungen für die in Rede stehenden Gewerbe nicht als Teil der Berufsausbildung im Sinne dieser Gesetzesbestimmungen angesehen werden, weshalb im vorliegenden Fall eine Anwendung dieser Gesetzesbestimmungen nicht in Betracht kommen könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Gewährung der Nachsicht für die Voraussetzung der Erlangung der Immbolienverwalter- und Immobolienmaklerkonzession verletzt, insbesondere dadurch, daß ihm die Ablegung der Konzessionsprüfung nicht nachgesehen worden sei. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes macht er geltend, im Gegensatz zu dem im § 15 der einschlägigen Befähigungsnachweisverordnung BGBl. Nr. 142/1996, wo auf die Absolvierung eines wirtschaftswissenschaftlichen oder eines rechtswissenschaftlichen Studiums oder des Hochschullehrganges für Technik und Recht im Liegenschaftsmanagement abgestellt werde, habe er sowohl das rechtswissenschaftliche Studium als auch den Hochschullehrgang absolviert, sodaß diese Bestimmung auf ihn nicht anzuwenden sei. Die richtige Würdigung der von ihm im Rahmen der Universitätsausbildung angeeigneten Kenntnisse sowie die bescheinigte Berufspraxis hätte bei richtiger rechtlicher Beurteilung zu dem Ergebnis führen müssen, er verfüge über alle Voraussetzungen, die beiden Gewerbe auszuüben. Die Verordnung BGBl. Nr. 142/1996 wäre dabei außer acht zu lassen gewesen, weil sie auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anzuwenden sei. Die Erstbehörde habe ihm die Nachsicht von den Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung in den beiden Gewerben rechtskräftig erteilt. Damit sei die Behörde der Auffassung, seine Berufspraxis genüge, damit er die Prüfung ablegen könne. Er habe aber im Detail dargetan, daß er über jedes einzelne Fach, welches bei der Konzessionsprüfung abgeprüft werde, mehrfach universitäre Prüfungen abgelegt habe, und zwar eben nicht nur solche allgemeiner juristischer Natur, sondern auch fachspezifische wie z.B. Baustatik, Kalkulation etc. Die belangte Behörde habe weiters die Vorschrift des § 28 Abs. 2 GewO 1994 mißachtet. Sie hätte ihm nämlich die Einschränkung seines Ansuchens anheimstellen müssen. Im Bescheid erster Instanz werde nämlich eingeräumt, daß er Kenntnisse aus einzelnen Fachgebieten besitze, welche Gegenstand der Befähigungsprüfung seien. Ein Eingehen auf diese Kenntnis im Detail hätte aber dazu geführt, daß er eben über alle Prüfungsgegenstände mehrfach und detailliert Kenntnisse nachgewiesen habe. Die belangte Behörde habe aber seinen Antrag, diese anhand von Skripten, Lehrbehelfen, Prüfungszeugnissen etc. gegebenenfalls auch durch Sachverständige überprüfen zu lassen, übergangen, wodurch das Verfahren mangelhaft geblieben sei. Im übrigen habe er Bedenken, ob § 15 der Verordnung BGBl. Nr. 142/1996 gesetzeskonform sei. Danach entfielen für Personen, welche ein wirtschafts- oder rechtswissenschaftliches Studium bzw. den Hochschullehrgang absolviert hätten, gewisse Prüfungsteile. Im wesentlichen werde die mündliche Prüfung nachgelassen. Dies bedeute, daß die Betreffenden sich über den ganzen Stoff nochmals prüfen lassen müßten. Richtigerweise hätte eine Befreiung von bestimmten fachlichen Teilen der Prüfung normiert werden müssen. Die zitierte Bestimmung widerspreche insbesondere dem § 28 GewO 1994, sei sohin gesetzwidrig.

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist, sofern dieses Bundesgesetz oder eine Verordnung gemäß § 20 Abs. 4 oder § 22 Abs. 4 nichts Gegenteiliges bestimmt, die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zu erteilen, wenn nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, daß er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen (volle Befähigung) besitzt und keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen.

Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle darf die Nachsicht gemäß Abs. 1 Z. 1 nur für einen Teil des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises erteilt werden, sofern der Bildungsgang und die bisherige Tätigkeit des Nachsichtswerbers lediglich diesen Teil der Berufsausbildung zu ersetzen vermögen.

Nach § 15 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über den Befähigungsnachweis für das Gewerbe der Immobilienmakler und das Gewerbe der Immobilienverwalter, BGBl. Nr. 142/1996, entfallen von den in dieser Verordnung geregelten Prüfungsteilen die mündlichen Prüfungen für Personen, die durch Zeugnisse nachweisen, daß sie

1.

eine wirtschaftswissenschaftliche Studienrichtung oder

2.

die Studienrichtung Rechtswissenschaften oder

3.

den Hochschullehrgang für Technik und Recht im Liegenschaftsmanagement

erfolgreich abgeschlossen haben.

Nach § 17 Abs. 1 Z. 1 dieser Verordnung ist zur Prüfung

zuzulassen, wer durch Zeugnisse nachweist:

a)

den erfolgreichen Abschluß einer wirtschaftswissenschaftlichen Studienrichtung oder der Studienrichtung Rechtswissenschaften oder des Hochschullehrganges für Technik und Recht im Liegenschaftsmangement und

b)

eine mindestens zweijährige fachliche Tätigkeit gemäß § 22 Abs. 2 GewO 1994.

Wie die belangte Behörde bereits unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zutreffend dargelegt hat, umfaßt die Nachsicht nach § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 nicht die Befähigung (die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen), sondern allein den - normativ - geforderten Nachweis dieser Befähigung. Hiebei bilden die den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften den Maßstab dafür, ob die Nachsichtsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. vorliegen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1996, Zl. 95/04/0124).

Für den vorliegenden Fall wird im § 17 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 der den Befähigungsnachweis für die in Rede stehenden Gewerbe festlegenden Verordnung BGBl. Nr. 142/1996 für Personen, die den erfolgreichen Abschluß einer wirtschaftswissenschaftlichen Studienrichtung oder der Studienrichtung Rechtswissenschaften oder des Hochschullehrganges für Technik und Recht im Liegenschaftsmanagement nachweisen, zusätzlich eine mindestens zweijährige fachliche Tätigkeit gemäß § 22 Abs. 2 GewO 1994 gefordert.

Der Beschwerdeführer bekämpft in seiner Beschwerde nun nicht die Feststellung der belangten Behörde, er erfülle dieses Erfordernis einer zweijährigen fachlichen Tätigkeit nicht, sondern er meint offenbar, er habe dieses Erfordernis deshalb nicht zu erfüllen, weil er nicht nur eines der im § 17 Abs. 1 Z. 1 lit. a alternativ aufgezählten Studien, sondern kumulativ zwei davon absolviert habe. Er übersieht dabei allerdings, daß die in einer den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschrift geforderten praktischen Tätigkeit erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten grundsätzlich nicht durch eine theoretische Ausbildung ersetzt werden können.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf die ihm von der Erstbehörde rechtskräftig erteilte Nachsicht von den Voraussetzungen für die Zulassung zur Befähigungsprüfung nach § 28 Abs. 6 GewO 1994 verweist, vermag er damit schon deshalb eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen, weil, wie bereits die belangte Behörde ausführte, im vorliegenden, die Nachsicht nach § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 betreffenden Verfahren eine Bindung an einen im Verfahren nach § 28 Abs. 6 GewO 1994 ergangenen Bescheid nicht besteht.

Der Beschwerdeführer irrt auch, wenn er meint, die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, ihn auf die Bestimmung des § 28 Abs. 2 GewO 1994 aufmerksam zu machen und ihm eine entsprechende Einschränkung seines Ansuchens nahezulegen. Für eine derartige Rechtsauffassung bietet weder die Gewerbeordnung noch das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz, insbesondere dessen § 13a, eine Grundlage.

Auf die vom Beschwerdeführer gegen die Gesetzeskonformität des § 15 der Verordnung BGBl. Nr. 142/1996 geäußerten Bedenken war schließlich vom Verwaltungsgerichtshof schon deshalb nicht einzugehen, weil diese Bestimmung für die Entscheidung der vorliegenden Rechtssache nicht präjudiziell ist.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997040019.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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