TE Vwgh Beschluss 2021/2/8 Ra 2021/20/0033

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Veröffentlicht am 08.02.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG 2014 §9
B-VG Art133 Abs4
MRK Art3
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Haller, in der Rechtssache der Revision des Q H in T, vertreten durch Dr. Benno Wageneder, Rechtsanwalt in 4910 Ried/Innkreis, Promenade 3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2020, L525 2169380-1/22E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Pakistan, stellte am 30. April 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.

2        Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 9. August 2017 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Pakistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3        Die dagegen gerichtete Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit dem Erkenntnis vom 11. Dezember 2020 als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        Der Revisionswerber macht geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe keine ausreichenden Feststellungen zu den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie getroffen. Weiters habe das Verwaltungsgericht für seine Feststellungen nicht den aktuellsten aus dem Jahr 2020 stammenden Bericht von EASO zur Lage in Pakistan herangezogen.

8        Werden - wie hier - Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 3.9.2020, Ra 2020/19/0221, mwN). Eine derartige Relevanzdarstellung ist der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht zu entnehmen. Mit dem bloß kursorischen Vorbringen, es hätte erhoben werden müssen, ob bestimmte Umstände vorlägen, und in der Revision angeführte Fragen seien offen geblieben, wird über weite Strecken nicht konkret dargetan, welche Feststellungen - allenfalls nach weiteren Erhebungen - hätten getroffen werden können. Soweit anhand des Vorbringens ansatzweise festgemacht werden kann, worauf der Revisionswerber abzielt, ist nicht zu sehen, dass aufgrund der angesprochenen Umstände eine andere rechtliche Beurteilung vorzunehmen gewesen wäre.

9        Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung ferner festgehalten, dass für die Gewährung von subsidiärem Schutz die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK nicht ausreichend ist. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, dass exzeptionelle Umstände vorliegen (vgl. VwGH 24.1.2020, Ra 2020/18/0008, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof sieht - entgegen den Intentionen des Revisionswerbers - keinen Anlass von dieser Rechtsprechung abzugehen.

10       Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können oder um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen (vgl. VwGH 7.9.2020, Ra 2020/20/0314, mwN).

11       Bei der Frage, ob im Fall der Rückführung eine Verletzung des Art. 3 EMRK zu gewärtigen ist, kommt es auch nicht darauf an, ob sich infolge von zur Verhinderung der Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus gesetzten Maßnahmen die Wiedereingliederung im Herkunftsland wegen schlechterer wirtschaftlicher Aussichten schwieriger als vor Beginn dieser Maßnahmen darstellt, solange die Sicherung der existentiellen Grundbedürfnisse weiterhin als gegeben anzunehmen ist (vgl. VwGH 7.9.2020, Ra 2020/20/0297, mwN).

12       Dass die zu diesem Thema vom Bundesverwaltungsgericht anhand der von ihm getroffenen Feststellungen, von denen nach dem oben Gesagten auszugehen war (§ 41 VwGG), vorgenommenen Erwägungen als unvertretbar einzustufen wären, zeigt die Revision nicht auf.

13       Dies gilt auch für die im Rahmen der Erlassung der Rückkehrentscheidung nach § 9 BFA-Verfahrensgesetz erfolgte Beurteilung (vgl. zur Überprüfbarkeit einer Interessenabwägung im Revisionsverfahren etwa VwGH 18.12.2020, Ra 2020/20/0149, mwN). Daran änderte auch eine - in der Revision angesprochene - kürzere Dauer der Schulausbildung des Revisionswerbers nichts.

14       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 8. Februar 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021200033.L00

Im RIS seit

16.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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