TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/28 94/13/0032

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Veröffentlicht am 28.05.1997
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
32/04 Steuern vom Umsatz;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §69 Abs1;
AVG §69 Abs3;
BAO §20;
BAO §303 Abs1;
BAO §303 Abs4;
BAO §307 Abs2;
BAO §93 Abs2;
BAO §93 Abs3 lita;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
EStG 1972 §1;
EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §18;
EStG 1972 §19 Abs1;
EStG 1972 §19 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs1;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs3;
EStG 1972 §24;
EStG 1972 §6 Z9;
EStG 1988 §1;
EStG 1988 §18;
EStG 1988 §19 Abs1;
EStG 1988 §19 Abs2;
EStG 1988 §19 Abs3;
EStG 1988 §2 Abs1;
LiebhabereiV 1993;
UStG 1972 §12;
UStG 1972 §2 Abs5 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des Peter F in S und des Georg F in U, beide vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat I, vom 13. Dezember 1993, Zl. 6/1-1388/93-04, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 1985 sowie Umsatzsteuer 1984, 1985 und 1987 und Einkommensteuer 1984 bis 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit über Einkommensteuer 1987 abgesprochen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beiden Beschwerdeführer sind Erben nach dem am 28. Februar 1987 verstorbenen Dr. Richard F. Dieser hatte in den Streitjahren als praktischer Arzt unter anderem Einkünfte aus selbständiger Arbeit sowie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt. Für die Jahre 1984 und 1985 erklärte er Verluste aus Gewerbebetrieb aus einem Appartementhaus in H. In der in den Verwaltungsakten befindlichen Einkommensteuererklärung für 1985 war bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb der handschriftliche Zusatz "FA ... 120/0958" enthalten.

Nach einer im Jahre 1990 durchgeführten Betriebsprüfung verfügte das Finanzamt unter anderem hinsichtlich Einkommensteuer 1985 die Wiederaufnahme des rechtskräftig beendeten Verfahrens und erließ endgültige Umsatzsteuerbescheide für 1984 und 1985, einen endgültigen Einkommensteuerbescheid 1986, weiters Einkommensteuerbescheide 1984, 1985 und 1987 sowie einen Umsatzsteuerbescheid 1987.

Die gegen diese Bescheide erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich

Einkommensteuer 1985:

Die belangte Behörde stützte die Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 1985 auf folgende, im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Arbeit neu hervorgekommene Umstände:

Geltendmachung des der privaten Lebensführung zuzuordnenden Aufwandes für eine Brille (S 1.728,--) sowie für eine Waschmaschine in Höhe von S 1.995,--. Außerdem sei festgestellt worden, daß die Aufwendungen für ein Kraftfahrzeug zur Gänze als Betriebsausgaben abgesetzt worden seien. Schließlich war ein Zinsaufwand in Höhe von S 1.530,--, der 1986 angefallen war, bereits 1985 abgesetzt worden. Zur Begründung des der Behörde im § 303 Abs. 4 BAO eingeräumten Ermessens wurde im angefochtenen Bescheid ausgeführt, die auf Grund dieser neuen Tatsachen sich ergebenden Veränderungen des erklärten Gewinnes aus selbständiger Arbeit (S 476.153,--) um S 25.043,-- stünden zur Steuernachforderung durch den "wiederaufgenommenen Sachbescheid" von S 254.650,-- nicht in einem derartigen Mißverhältnis, daß in der Wiederaufnahme des Verfahrens eine die Zweckmäßigkeit überwiegende Unbilligkeit gegenüber dem Abgabepflichtigen zu sehen wäre. Die Änderung hinsichtlich des Appartementhauses in H. stehe in keinem Zusammenhang zur Wiederaufnahme des Verfahrens, sondern sei eine Folge der Bindung an die Feststellungen des Betriebsfinanzamtes, die für eine eigene Beurteilung im Zuge der Einkommensteuerveranlagung keinen Raum lasse.

Soweit die Beschwerdeführer zunächst unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1990, Zl. 90/17/0003 (richtig: 90/16/0003), rügen, im Spruch des Wiederaufnahmebescheides sei der "konkrete Wiederaufnahmegrund" nicht angeführt gewesen, so ist ihnen entgegenzuhalten, daß einen Bescheid Spruch UND Begründung ausmachen und die Begründung dann, wenn der Spruch für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offenläßt, als Auslegungsbehelf des Spruches herangezogen werden kann (vgl. das Erkenntnis vom 12. Juni 1991, 90/13/0027). Im Beschwerdefall ist aber aus der Begründung des angefochtenen Bescheides eindeutig der Neuerungstatbestand i.S.d. § 303 Abs. 4 BAO zu erkennen, auf den sich die Abgabenbehörde gestützt hat.

Da es für die Vornahme einer Wiederaufnahme des Verfahrens ausschließlich darauf ankommt, ob die im Gesetz vorgesehenen Tatbestände erfüllt sind oder nicht, bestehen entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer auch gegen eine wiederholte Wiederaufnahme des Verfahrens - unbeschadet des Erfordernisses der Begründung der Ermessensentscheidung - keine "rechtsstaatlichen Bedenken".

Gleichfalls entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer sind in dem nach Wiederaufnahme des Verfahren erlassenen Sachbescheid Änderungen nicht nur hinsichtlich der von Wiederaufnahmegründen berührten Bescheidelemente zulässig (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, § 307, Rz 5, und die dort angeführte Rechtsprechung). Eine Ausnahme davon ist lediglich in der von den Beschwerdeführern bezogenen Bestimmung des § 307 Abs. 2 BAO - wonach eine Änderung der Rechtsauslegung, die sich auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes oder auf eine allgemeine Weisung des Bundesministeriums für Finanzen stützt, nicht zum Nachteil der Partei berücksichtigt werden darf - vorgesehen. Aus dieser Bestimmung kann aber keinesfalls der Schluß gezogen werden, daß die Abgabenbehörde selbst Änderungen in den von den Wiederaufnahmegründen nicht berührten Bescheidelementen nicht vornehmen dürfe (vgl. auch das Erkenntnis vom 25. März 1992, 90/13/0238 m.w.H.).

Wie von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zutreffend erkannt wurde, verbietet bei einer im Rahmen der nach § 303 Abs. 4 BAO erforderlichen Ermessensübung vorzunehmenden Interessensabwägung eine Geringfügigkeit der hervorgekommenen neuen Tatsachen in der Regel den Gebrauch der Wiederaufnahmemöglichkeit (vgl. neuerlich das Erkenntnis vom 25. März 1992, 90/13/0238). Der im Beschwerdefall in Rede stehende Betrag von S 25.043,-- ist jedoch absolut gesehen nicht als geringfügig anzusehen. Wenn die belangte Behörde im Hinblick auf die angeführte Änderung der Bemessungsgrundlage "dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit und dem Gleichheitsgebot den Vorrang gegenüber dem Grund der Rechtssicherheit" eingeräumt hat, so hat sie von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht.

Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführer war die Liebhabereibeurteilung von der verfügten Wiederaufnahme verfahrensrechtlich nicht abhängig (vgl. den folgenden Punkt 2 gegen Ende).

Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, die Wiederaufnahmegründe seien nicht geeignet gewesen, ohne Durchführung weiterer Erhebungen zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid zu führen. Wenn in diesem Zusammenhang erstmals in der Beschwerde - durchaus spekulativ - ausgeführt wird, es könnte sich bei der Brille um einen besonderen Sehbehelf, der für die Tätigkeit eines praktischen Arztes erforderlich gewesen sei, gehandelt haben, und es fielen die Kosten für eine Waschmaschine und ein Kraftfahrzeug typischerweise in einer Arztpraxis an, so erübrigte sich eine Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen schon im Hinblick auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschende Neuerungsverbot.

2. Liebhaberei (Umsatzsteuer 1984, 1985 und 1987):

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles hinsichtlich der Beurteilung eines als Pensionsbetrieb für ältere Menschen geführten "Appartementhauses H." wird auf das zur Umsatzsteuer für 1979 bis 1983 ergangene hg. Erkenntnis vom 3. November 1986, Zlen. 86/15/0025, 86/15/0056, verwiesen. Schon damals wurde von der belangten Behörde unbestritten festgestellt, daß das "Appartementhaus H." Dr. Richard F. seit dem Jahre 1975 nur mehr Verluste gebracht habe, der Betrieb seit 1978 überhaupt eingestellt gewesen sei und keine Erlöse mehr erzielt worden seien. Seit dem Jahre 1978 seien außer Reparatur- und Heizungskosten keine Aufwendungen mehr getätigt worden.

Dagegen, daß auch in den Streitjahren 1984, 1985 und 1987 vom Vorliegen eines Voluptuarbetriebes ausgegangen worden ist, wurde im Berufungsverfahren vorgebracht, es handle sich bei dem vorliegenden Gewerbebetrieb nicht um einen "Hobbybetrieb"; dieser Betrieb habe auch nicht die persönlichen Bedürfnisse des Steuerpflichtigen befriedigt.

Im angefochtenen Bescheid wurde der Berufung (auch) in diesem Punkt keine Folge gegeben und insbesondere darauf hingewiesen, daß (seit 1978) keine Einnahmen mehr erzielt worden seien. Es habe keine Absicht bestanden, den Betrieb in der ursprünglichen Form wieder aufzunehmen.

Liebhaberei in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht ist anzunehmen, wenn unter Bedachtnahme auf den Betriebsgegenstand und die Art der Betriebsführung Gewinne oder Einnahmenüberschüsse überhaupt nicht erwirtschaftet werden können, sodaß eine Person dann nicht Unternehmer i.S.d. Umsatzsteuergesetzes ist, wenn ihre Tätigkeit auf Dauer gesehen und unter Anwendung objektiver Kriterien Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten läßt (vgl. insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Juli 1996, 93/13/0171).

Die Abgabenbehörden konnten hinsichtlich der Streitjahre im Hinblick auf den Umstand, daß der in Rede stehende Pensionsbetrieb bereits im Jahre 1978 eingestellt worden ist und seither keinerlei Einnahmen erzielt worden sind, davon ausgehen, daß Gewinne im Zusammenhang mit dem vorliegenden "Appartementhaus" nicht erzielt werden können. Im Berufungsverfahren wurden keinerlei substantiierte Einwendungen erhoben, aus denen die Behörde auf einen gegenüber den Vorjahren veränderten Sachverhalt hätte schließen können.

Das erstmals in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde sachverhaltsbezogene Vorbringen über verschiedene Vorhaben des verstorbenen Dr. Richard F. zur Nutzung der gegenständlichen Liegenschaft, sei es als Rehabilitationszentrum, sei es als Schönheitsfarm, sei es als Ferienakademie, muß im Hinblick auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschende Neuerungsverbot unbeachtlich bleiben. Auch dieses neue Vorbringen läßt im übrigen eine entsprechende Konkretisierung insbesondere im zeitlichen Zusammenhang - lediglich hinsichtlich der Ferienakademie wurde eine beabsichtigte Eröffnung im Herbst 1982 angegeben - vermissen. Schließlich wurde bereits im oben angeführten Erkenntnis vom 3. November 1986, Zlen. 86/15/0025, 86/15/0056, unter Bezugnahme auf die bereits damals behauptete Absicht, den Betrieb nach Wegfall entgegenstehender Hindernisse mit einem völlig anderen Betriebsgegenstand fortführen zu wollen, ausgesprochen, daß dies bei Prüfung des Sachverhaltes nach objektiven Kriterien unbeachtlich bleiben müsse, zumal die Eröffnung eines Rehabilitationszentrums nicht als Wiederaufnahme des Betriebes, sondern nur als Neugründung gewertet werden könne.

Die Auffassung der Beschwerdeführer, die LiebhabereiVO BGBl. Nr. 322/1990, und 33/1993 seien auch für die Streitjahre anzuwenden, ist unrichtig (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Oktober 1996, 94/13/0126). Desgleichen stellen "Einzelerledigungen" des Bundesministeriums für Finanzen keine für den Verwaltungsgerichtshof beachtlichen Rechtsquellen dar.

Soweit die Beschwerdeführer sich hinsichtlich der Beurteilung des "Appartementhauses H." auch auf Einkommensteuer 1984 und 1985 beziehen, übersehen sie, daß - wie im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt wurde - die dementsprechende Feststellung i.S.d. § 187 BAO durch das Betriebsfinanzamt, das war das Finanzamt ..., vorzunehmen war. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 252 Abs. 1 BAO waren diesbezügliche Einwendungen im Einkommensteuerverfahren unbegründet.

3. Rechtsanwaltskosten 1985:

In einer Beilage zur Steuererklärung 1985 wurden Rechtsanwaltskosten in Höhe von S 251.100,-- als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend gemacht. Hiezu wurde behauptet, Dr. Richard F. habe seiner Gattin "im Laufe der letzten ca. 15 Jahre Gelder" zur Verfügung gestellt. Die Verlassenschaft nach seiner verstorbenen Frau habe jedoch die Darlehen bestritten, sodaß darüber ein umfangreicher Prozeß habe geführt werden müssen. Da die Anwaltskosten zur "Einbringlichmachung der Darlehensforderung" erforderlich gewesen seien, stellten sie Werbungskosten dar.

Im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung wurde diesen Aufwendungen eine steuerliche Anerkennung mit der Begründung versagt, daß Aufwendungen zur Vermeidung von Kapitalverlusten nicht zu den Werbungskosten gehörten.

Im Berufungsverfahren wurde behauptet, die Anwaltskosten stünden in einem Zusammenhang mit dem Gebäude in H., andererseits aber mit einer Geldforderung.

Im angefochtenen Bescheid verwies die belangte Behörde auf den Umstand, daß Zinsen weder vereinbart noch im Zuge des Prozesses eingeklagt worden seien. Einkünfte aus Kapitalvermögen lägen deshalb nicht vor. Hinsichtlich Umsatzsteuer wurde ausgeführt, daß kein Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit gegeben sei.

Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens übersehen im Zusammenhang mit der Geltendmachung der in Rede stehenden Anwaltskosten, daß für die steuerliche Beurteilung schuldrechtlicher Verträge zwischen nahen Angehörigen für ihre steuerliche Wirksamkeit auf der Ebene der Beweiswürdigung erforderlich ist, daß die Vereinbarungen nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Diesem Erfordernis wurde im Beschwerdefall hinsichtlich der behaupteten Darlehensverträge zwischen Dr. Richard F. und seiner Ehegattin in keiner Weise entsprochen.

Die Beschwerdeführer gehen überdies selbst davon aus, daß die Anwaltskosten im Zusammenhang mit einer Kapitalforderung angefallen sind. Ebenso wie Aufwendungen für die Anschaffung einer Kapitalanlage stellen derartige Kosten keinesfalls Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen dar. An dieser Beurteilung können die spekulativen Beschwerdeausführungen, was gewesen wäre, wenn auch Zinsen eingeklagt worden wären, nichts ändern.

In umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht ist dabei davon auszugehen, daß Leistungen im Zusammenhang mit einer zum Privatvermögen gehörenden Kapitalforderung nicht für das Unternehmen des Steuerpflichtigen ausgeführt wurden, sodaß eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug nicht gegeben ist.

In der Beschwerde wird überdies behauptet, die Anwaltskosten seien "jedenfalls" durch die Liegenschaft in H. "betrieblich" veranlaßt, da sie nämlich dazu dienten, um "notwendiges Betriebsvermögen für das Altenheim in H. zu erwerben". Eine Auseinandersetzung mit diesem nur schwer verständlichen Vorbringen erübrigt sich im Hinblick auf den Umstand, daß es sich bei diesem Altenheim H., wie ausgeführt, um Voluptuarvermögen handelte.

4. Privatanteil Kraftfahrzeugkosten:

Vom Prüfer wurde ein Privatanteil an den Kraftfahrzeugkosten, die bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit geltend gemacht worden waren, im Ausmaß von 1984 bis 1986 je S 20.000,-- (1987 S 3.500,--) festgesetzt.

Im Berufungsverfahren wurde dazu vorgebracht, die mit dem Personenkraftwagen gefahrenen Gesamtkilometer seien fast auschließlich für Fahrten zwischen Wohnort und Ordination sowie für Fahrten anläßlich von Patientenbesuchen und sonstigen betrieblichen Veranlassungen vorgenommen worden.

In einer Stellungnahme des Prüfers zur Berufung wurde ausgeführt, es seien pro Jahr zwischen 28.600 und 33.500 km zurückgelegt worden. Es seien keine Fahrtenbücher geführt worden. Bisher sei ein Privatanteil nicht ausgeschieden worden.

In einer Eingabe vom 27. Juli 1989 wurde dazu ausgeführt, der Steuerpflichtige habe einen PKW der Marke Jaguar und für die Ordinationshilfe einen Kleinwagen der Marke Suzuki besessen. Mit dem Jaguar seien jährlich 16.000 bis 18.000 km zurückgelegt worden.

Im angeführten Bescheid wurde von der belangten Behörde ausgeführt, es widerspreche den Erfahrungen des täglichen Lebens, daß der eine der beiden im Betriebsvermögen stehenden Personenkraftwagen fast nicht zu Privatfahrten genützt worden sei. Der Behauptung, daß nicht alle Treibstoffrechnungen verbucht worden seien, sei entgegenzuhalten, daß die Aufwendungen für Treibstoffe nur einen geringen Anteil an den gesamten Kosten ausmachten. Der geschätzte Privatanteil mache im Durchschnitt weniger als 10 % der Aufwendungen aus.

Im Beschwerdefall wurde vom Steuerpflichtigen ein Fahrtenbuch über die betrieblich und privat gefahrenen Fahrtstrecken nicht geführt. Auch ein sonstiger Nachweis über die betriebliche Veranlassung der Fahrten wurde nicht erbracht. Im Sinne des § 184 Abs. 1 BAO war die Behörde daher entgegen der Meinung der Beschwerdeführer verpflichtet, - im Gegensatz zu den eingereichten Abgabenerklärungen - einen Privatanteil durch Schätzung zu ermitteln. Wer dabei zu einer Schätzung Anlaß gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muß die mit jeder Schätzung verbundene Ungewißheit hinnehmen (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, § 184, Rz. 3).

Auch die Einwendungen in der Beschwerdeschrift, die ebensowenig wie das Vorbringen im Verwaltungsverfahren konkrete Angaben über die Anzahl der betrieblich zurückgelegten Fahrtstrecken enthält, sind nicht geeignet, das Ergebnis der Schätzung in Frage zu stellen. Nach den Angaben des Steuerpflichtigen über die Jahres-Fahrtstrecke und den Berechnungen der Behörde, daß der Privatanteil weniger als 10 % ausmachte, ergäbe sich bei dieser Schätzung eine aus privaten Gründen zurückgelegte Fahrtstrecke von weniger als 2.000 km. Daß vom Steuerpflichtigen eine solche Strecke zurückgelegt worden ist, stimmt mit den Erfahrungen des täglichen Lebens überein. Bei einem solchen Schätzungsergebnis ist auch das Vorbringen, es seien nicht alle angefallenen Treibstoffrechnungen geltend gemacht worden, nicht weiter von Bedeutung, und zwar auch nicht hinsichtlich des Todesjahres 1987. Wenn dabei in der Beschwerdeschrift geltend gemacht wird, der Steuerpflichtige sei mehrmals täglich zwischen der Ordination im 10. Wiener Gemeindebezirk und dem "Altenheim H."

hin- und hergefahren, so spricht dies nicht für, sondern gegen den Standpunkt der Beschwerde, da es sich bei diesem Objekt, wie ausgeführt, um Voluptuarvermögen handelte. Was der in der Beschwerde geltend gemachte hohe Anteil der Reparaturkosten am Fahrzeugaufwand mit dem Ausmaß des Privatanteils zu tun haben sollte, wurde von den Beschwerdeführern nicht näher dargelegt.

5. Aufgabegewinn, Übergangsgewinn:

In der Steuererklärung für 1987 wurden die Einkünfte aus selbständiger Arbeit derart ermittelt, daß neben dem Gewinn aus der Tätigkeit bis zum Tod des Dr. Richard F. ein Übergangsverlust sowie ein Aufgabeverlust berücksichtigt wurden.

Demgegenüber vertrat das Finanzamt die Auffassung, daß ein Übergangsgewinn und ein Aufgabegewinn erst bei den Erben zu erfassen sei.

Im Berufungsverfahren wurde dazu ausgeführt, es habe sich im konkreten Fall um eine ältere Arztpraxis gehandelt. Die verbliebenen Wirtschaftsgüter hätten nach dem Verlassenschaftsakt keinen Wert mehr dargestellt. Die Einrichtung sei Jahrzehnte alt gewesen; die geringfügig vorhandenen ärztlichen Instrumente hätten keinen Verkehrswert mehr gehabt.

In einer weiteren Eingabe vom 31. Mai 1990 wurde dazu ausgeführt, es sei kein nennenswertes Betriebsvermögen vorhanden gewesen; auch ein Kundenstock sei bei einem Kassenarzt nicht von Bedeutung. Überdies hätten die Erben nichts aus der Arztpraxis erhalten.

Im angefochtenen Bescheid wurde dazu ausgeführt, es sei eine komplett eingerichtete Arztpraxis auf die Erben übergegangen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Frage, ob der Tod eines freiberuflich Tätigen noch bei diesem eine Betriebsaufgabe bewirke, in seinem Erkenntnis vom 4. Juni 1995, 85/14/0015 - auf das sich auch beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens berufen - auseinandergesetzt. Danach ist entscheidend, ob dem Erben vom Erblasser betrieblich verwendete Wirtschaftsgüter von solchem Umfang und Gewicht zufallen, daß von einem Übergang des Betriebes des Erblassers an den Erben gesprochen werden kann. Als Beispiele für einen ärztlichen Betrieb wurden vom Verwaltungsgerichtshof dabei ein Röntgeninstitut oder ein medizinisch-diagnostisches Laboratorium genannt. Es könne ein Betriebsübergang aber auch auf eine EINGERICHTETE Praxis eines praktischen Arztes zutreffen.

Im Beschwerdefall wurde im Berufungsverfahren ausdrücklich behauptet, die vom Erblasser betrieblich verwendeten Wirtschaftsgüter hätten keinen Wert mehr dargestellt. Mit diesem für die gegenständliche Frage, ob der Tod des im

72. Lebensjahr verstorbenen Dr. Richard F. bereits eine Betriebsaufgabe bewirkt hat, entscheidenden Vorbringen hat sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides inhaltlich nicht auseinandergesetzt, zumal das den Steuererklärungen angeschlossene Anlagenverzeichnis dieses Vorbringen stützte. Mit diesem Begründungsmangel hat die belangte Behörde aber Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

6. Steuerberatungskosten (Umsatz- und Einkommensteuer 1987):

In der Steuererklärung für 1987 wurden am 13. Juli 1987 bezahlte Steuerberatungskosten in Höhe von S 148.390,-- als Sonderausgaben geltend gemacht. Nach den Feststellungen des Prüfers wurden mit der in Rede stehenden Honorarnote Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem "Appartementhaus H."

verrechnet.

Die Steuerberatungskosten wurden vom Finanzamt nicht als Sonderausgaben anerkannt, weil sie erst nach dem Tod des Steuerpflichtigen bezahlt worden seien.

In der Berufung wurde die Auffassung vertreten, der angeführte Aufwand stelle nachträgliche Betriebsausgaben der Altenpension dar.

Im angefochtenen Bescheid wurden die Beratungskosten weder als Betriebsausgaben noch als Sonderausgaben anerkannt.

Eine Anerkennung der Beratungskosten als Betriebsausgaben sowie die Anerkennung des Vorsteuerabzuges kommen schon deswegen nicht in Betracht, weil die Aufwendungen, wie ausgeführt, durch einen Liebhabereibetrieb veranlaßt waren.

Nach § 19 Abs. 2 EStG 1972 sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Dies gilt auch für die Absetzung von Sonderausgaben i.S.d. § 18 EStG. Aus § 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 EStG folgt, daß bei Eintritt oder bei Austritt aus der Steuerpflicht während des Kalenderjahres das während der Dauer der Steuerpflicht bezogene Einkommen besteuert wird. Daraus folgt aber weiters, daß es für den sachlichen Anwendungsbereich des § 19 EStG auf die Vorgänge innerhalb des Bestehens der Steuerpflicht ankommt.

Entgegen der Meinung der Beschwerdeführer kann dabei die auch von ihnen erkannte strikte Zuordnungsregel des § 19 Abs. 2 EStG - abgesehen von den im Gesetz selbst vorgesehenen Ausnahmen - nicht durchbrochen werden. Aus dem Umstand, daß in Einzelfällen - vgl. die Regelung bei regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben und § 19 Abs. 3 EStG - eine Durchbrechung des strikten Abflußprinzips gesetzlich vorgesehen ist, kann nicht auf eine Durchbrechung dieses Prinzips auch in weiteren, vom Gesetz nicht berücksichtigten Fällen geschlossen werden. Auch kann im Beschwerdefall nicht von einer Durchbrechung eines Prinzips der "Totalgewinnbesteuerung" die Rede sein, da die im § 18 EStG angeführten Aufwendungen ihrem Wesen nach als Einkommensverwendung der privaten Lebensführung angehören, aber in den im Gesetz eng umgrenzten Ausnahmefällen zum Abzug zugelassen sind.

Bei dieser Rechtslage war es auch nicht von Bedeutung, ob die Steuerberatungskosten bei den Erben eine Berücksichtigung finden können, sodaß die diesbezüglichen - auf eine entsprechende Ansicht der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid replizierenden - Ausführungen der Beschwerdeführer ins Leere gehen.

Aus den angeführten Gründen war somit der angefochtene Bescheid, soweit in ihm über Einkommensteuer 1987 abgesprochen worden ist, gemäß § 42 Abs. 3 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben; im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Dabei konnte von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Einhaltung der FormvorschriftenRechtsmittelbelehrungErmessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1994130032.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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