TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/28 94/13/0273

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Veröffentlicht am 28.05.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/04 Steuern vom Umsatz;
33 Bewertungsrecht;

Norm

BAO §252 Abs1;
BewG 1955 §65 Abs3;
UStG 1972 §21 Abs8;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der Z-Holding AG in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 18. November 1993, Zl 6/2-2270/92-02, betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens, Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent ab 1.1.1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich Einheitswert des Betriebsvermögens ab dem 1.1.1991 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH ermittelt ihren Gewinn nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr zum jeweils 31.8. eines Jahres. Ihrer Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1.1.1991 legte die Beschwerdeführerin die Werte der Bilanz zum 31.8.1990 zugrunde.

Anläßlich der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1.1.1991 folgte das Finanzamt - soweit dies im verwaltungsgerichtlichen Verfahren strittig ist - diesen Werten und erließ auch einen entsprechenden Bescheid über die Vermögensteuer und das Erbschaftssteueräquivalent ab dem 1.1.1991.

In einer dagegen eingebrachten Berufung beantragte die Beschwerdeführerin, daß der Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1.1.1991 auf Grundlage des darin auch dargestellten Vermögens zum 31.12.1990 statt bisher zum 31.8.1990 festgestellt und die Vermögensteuer und das Erbschaftssteueräquivalent entsprechend reduziert werde.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab und begründete dies damit, daß in der Abgabe der Erklärung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1.1.1991 auf der Grundlage der Bilanz zum 31.8.1990 nach ständiger Verwaltungsübung ein Antrag gemäß § 65 Abs 3 Bewertungsgesetz zu erblicken sei, welchem durch die Erlassung des im wesentlichen erklärungsgemäßen Einheitswertbescheides Folge geleistet worden sei. An diesen Antrag bleibe der Betrieb gebunden.

In einem Antrag auf Entscheidung der Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vertrat die Beschwerdeführerin gestützt auf verschiedene Argumentationslinien (im wesentlichen, der Antrag sei infolge eines Irrtums nicht gewollt und nicht frei von Willensmängeln gewesen) die Ansicht, daß ein wirksamer Antrag im Sinn des § 65 Abs 3 Bewertungsgesetz nicht gestellt worden sei. Die Abgabenbehörde erster Instanz habe sich nicht damit auseinandergesetzt, warum der Antrag vor Rechtskraft der Entscheidung nicht hätte zurückgezogen werden können.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Sie führte begründend einerseits aus, warum ein relevanter Irrtum nicht angenommen werden könne, und andererseits zur Frage der Bindungswirkung eines Antrages im Sinn des § 65 Abs 3 Bewertungsgesetz, daß das Gesetz die Möglichkeit eines Widerrufes des Antrages nicht vorsehe. Vielmehr enthalte § 65 Abs 3 Bewertungsgesetz die Anordnung, daß der Betrieb an diesen Antrag gebunden bleibe und zwar, wie aus dem Wortlaut der Bestimmung abzuleiten sei, sowohl hinsichtlich jenes Feststellungszeitpunktes, zu dem erstmalig ein solcher Antrag gestellt werde, als auch bezüglich zukünftiger Feststellungszeitpunkte.

Die Beschwerdeführerin erhob dagegen zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluß vom 27. September 1994, B 123/94, ablehnte und sie über rechtzeitigen Abtretungsantrag dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf "richtige Feststellung des Einheitswertes und auf richtige Ausmessung der Vermögensteuer und des Erbschaftssteueräquivalents zum 1.1.1991" verletzt, im besonderen, daß der Einheitswert des Betriebsvermögens "zum 31.12.1990 (statt wie bisher zum 31.8.1990) festgestellt" werde, was auch auf die Vermögensteuer- und die Erbschaftssteueräquivalentveranlagung entsprechende Auswirkung habe.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit der Frage, ob eine auf einen Jahresabschluß zu einem vom Ende des Kalenderjahres abweichenden Stichtag gestützte Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens als Antrag im Sinn des § 65 Abs 3 Bewertungsgesetz anzusehen ist, hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. September 1994, 94/14/0073, auseinandergesetzt und dies aus den dort angeführten Gründen, auf welche gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird, bejaht. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin sind die Ausführungen im nunmehrigen Beschwerdeverfahren nicht geeignet, den Verwaltungsgerichtshof zu einem Abgehen von dieser Rechtsauffassung zu veranlassen. Im Hinblick darauf, daß der Ermittlung des Einheitswertes nach dem Bewertungsgesetz auch für Abgabepflichtige, die ihren Gewinn nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, grundsätzlich die Verhältnisse zum Feststellungszeitpunkt bzw. zum Schluß des vorangegangenen Kalenderjahres zugrunde zu legen sind, kann in einer Erklärung, in welcher die Verhältnisse zum Abschlußzeitpunkt zugrunde gelegt werden, unmißverständlich und zweifelsfrei nur das konkret darauf abzielende und gemäß § 65 Abs 3 Bewertungsgesetz auch zulässige Begehren erblickt werden, der Feststellung des Einheitswertes diese Verhältnisse zugrunde zu legen. Die Beschwerdeargumente lassen in ihrer Gesamtheit völlig die Frage offen, welche anderen Beweggründe als eine entsprechende Antragstellung die Abgabe der Erklärung unter Zugrundelegung der Verhältnisse zum 31.8.1990 hatte, zumal die Beschwerdeführerin nicht behauptet, nicht gewußt zu haben, daß ohne Antragstellung im Sinn des § 65 Abs 3 Bewertungsgesetz die Verhältnisse zum 31.12.1990 zugrunde zu legen gewesen wären.

Nicht geteilt werden kann aber die Ansicht der belangten Behörde, aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 65 Abs 3 BewG sei neben einer Bindung für künftige Feststellungen auch eine Bindung hinsichtlich jenes Feststellungszeitpunktes, zu dem erstmalig ein entsprechender Antrag gestellt wurde, abzuleiten. Es ist zwar richtig, daß das Gesetz die Möglichkeit eines Widerrufes des Antrages nicht vorsieht. Das Gesetz sieht aber auch nicht vor, daß ein Widerruf in einem offenen Verfahren nicht zulässig ist. Nun liegt es aber im Wesen jeden Antrages, daß er bis zur Rechtskraft der Entscheidung, im Beschwerdefall somit vor Rechtskraft des Feststellungsbescheides, in welchem erstmals die Verhältnisse im Abschlußzeitpunkt oder im Feststellungszeitpunkt, welchem ein Antrag gemäß § 65 Abs 3 BewG zugrundeliegt, wieder zurückgezogen werden kann. Dem steht das von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1985, 84/15/0219, deswegen nicht entgegen, weil eine Erklärung gemäß § 21 Abs 8 UStG 1972 keinen Antrag darstellt, der einer allenfalls mit einem Rechtsmittel anfechtbaren Entscheidung bedarf. § 65 Abs 3 letzter Satz BewG kann daher nur so verstanden werden, daß ein bis zur Rechtskraft der Entscheidung aufrechter Antrag Bindungswirkung auch für künftige Feststellungen hat. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kann in § 65 Abs 3 letzter Satz BewG daher auch keine "Sondervorschrift" zur Frage gesehen werden, daß entgegen dem allgemeinen Grundsatz einer bis zur Rechtskraft der Entscheidung zulässigen Zurückziehung eines Antrages eine solche Möglichkeit im Fall eines Antrages nach § 65 Abs 3 BewG nicht besteht.

Zu Unrecht rügt die Beschwerdeführerin, daß die belangte Behörde die Berufungen gegen den Vermögensteuer- und Erbschaftssteueräquivalentbescheid, anstatt sie aus dem Grunde des § 252 BAO zurückzuweisen, abgewiesen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Anfechtung eines Steuerbescheides, die lediglich mit Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit eines dem Steuerbescheid zugrunde liegenden Feststellungsbescheides begründet ist, in der Sache abzuweisen (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 15. Dezember 1994, 94/15/0164, oder vom 25. Februar 1997, 96/14/0027). Auch in dem in der Beschwerde zitierten hg Erkenntnis vom 15. September 1993, 91/13/0122, wird nichts anderes zum Ausdruck gebracht, weil darin nur ausgesagt wird, daß im Fall von (nach dem Inhalt der Berufungsentscheidung berechtigten) Einwendungen lediglich gegen einen Feststellungsbescheid betreffend einen Einheitswert des Betriebsvermögens eine Stattgebung der Berufung gegen den Vermögensteuer- und Erbschaftssteueräquivalentbescheid aus dem Grunde des § 252 BAO mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet ist.

Der angefochtene Bescheid war daher insoweit, als er über den Einheitswert des Betriebsvermögens ab dem 1.1.1991 abspricht, gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben, im übrigen aber war die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen, wobei von der beantragten Verhandlung aus dem Grunde des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Rechtsgrundsätze Verzicht Widerruf VwRallg6/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1994130273.X00

Im RIS seit

14.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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