TE Vwgh Beschluss 2021/1/19 Ra 2019/10/0161

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.01.2021
beobachten
merken

Index

L55005 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Salzburg
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §8
B-VG Art133 Abs4
NatSchG Slbg 1999 §46 Abs1
VwGG §21 Abs1
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wurzer, über die Revision der M K in E, vertreten durch die Pallauf Meißnitzer Staindl & Partner Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Petersbrunnstraße 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 5. August 2019, Zl. 405-1/412/1/29-2019, betreffend naturschutzbehördliche Genehmigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Salzburg vom 7. April 1936 wurde festgestellt, dass sich unter anderem auf der Grundparzelle der Revisionswerberin (GST-NR 762/13 KG E) die sogenannten „Trockenen Klammen“ befinden. Die „Trockenen Klammen“ seien aufgrund ihrer Eigenart und Seltenheit, wegen des besonderen Gepräges, das sie dem Landschaftsbild verliehen, und wegen ihrer naturwissenschaftlichen Bedeutung erhaltungswürdig. Andere Interessen, wie die von Gewerbe und Industrie, Land- und Forstwirtschaft würden nicht das Interesse der Erhaltung des Naturgebildes überwiegen. Die Verfügung über dieses Naturgebilde sei nach den Bestimmungen des Naturschutzgesetzes beschränkt. Durch die Unterschutzstellung finde eine Einschränkung der Bewirtschaftung und Nutzung des auf diesem Gebiete stockenden Waldes - insoferne eine solche Einschränkung nicht etwa nach den Bestimmungen des Forstgesetzes oder des Waldschutzgesetzes gerechtfertigt sei oder durch das Landeswaldschutzgesetz bereits gegeben erscheine - nicht statt. Auch die Steingewinnung für den Hausbedarf, Weg- und Brückenbau, werde durch die Unterschutzstellung nicht berührt. Das geschützte Naturgebilde werde in das Naturschutzbuch eingetragen. Mit Rücksicht darauf, dass die Bewirtschaftung und Nutzung in den „Trockenen Klammen“ trotz der Unterschutzstellung auch weiterhin ermöglicht sei, habe die Unterschutzstellung der „Trockenen Klammen“ für die Waldeigentümer keine Erschwerung zur Folge.

2        Am 3. Mai 2016 stellte die Revisionswerberin ein Ansuchen um eine naturschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung einer Forststraße auf den Grundparzellen GST-NR 762/13 und GST-NR 778/1 KG E.

3        Am 10. Jänner 2017 erstattete der Amtssachverständige Dipl.-Ing. K. nach zwei Begehungen ein naturschutzfachliches Gutachten, in welchem er ausführte, die beantragte Forststraße bewirke aus naturschutzfachlicher Sicht einen Eingriff in das Naturdenkmal „Trockene Klammen“ und das Erscheinungsbild des Naturdenkmals werde wesentlich im negativen Sinne verändert.

4        Mit Bescheid vom 23. April 2019 versagte die belangte Behörde der Revisionswerberin die beantragte naturschutzrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer Forststraße auf den Grundparzellen GST-NR 762/13 und GST-NR 778/1 KG E und schrieb Verfahrenskosten in näher bezeichneter Höhe vor. Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2019 erhob die Revisionswerberin gegen diesen Bescheid Beschwerde.

5        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (Verwaltungsgericht) die Beschwerde - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - unter Korrektur der Grundstücksnummern und Rechtsgrundlagen ab. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

6        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die Landesumweltanwaltschaft Salzburg erstattete - unaufgefordert - eine „Revisionsbeantwortung“.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       In der Revision wird zur Zulässigkeit vorgebracht, es fehle Rechtsprechung zur Frage, inwieweit es zulässig sei, die Bewirtschaftungsmöglichkeiten von durch Bescheide zum Naturdenkmal erklärten Bereichen entgegen der ausdrücklichen Darstellung im Bescheid aufgrund geänderter Rechtslage nachträglich extensiv zu interpretieren. Konkret sei im Bescheid vom 7. April 1936 dargestellt, dass eine Einschränkung der Bewirtschaftung und Nutzung des auf diesem Gebiet stockenden Waldes nicht stattfinde, womit eine zeitgemäße Bewirtschaftungsform, konkret also die Holzgewinnung über einen Forstweg, nicht ausgeschlossen werden dürfe. Außerdem fehle Rechtsprechung zur Frage, inwieweit eine im Bescheid über die Unterschutzstellung enthaltene Klarstellung die Wirkung der Unterschutzstellung einschränke. Im Bescheid werde klargestellt, dass die Steingewinnung für den Hausbedarf, Weg- und Brückenbau durch die Unterschutzstellung nicht berührt werde. Konkret sei ausdrücklich nicht nur der Wegbau von der Unterschutzstellung ausgenommen, sondern sogar die Steingewinnung, die zwangsläufig in den unmittelbaren Schutzbereich des Felsengebildes eingreife. Der historische Bescheid schließe konkrete Bewirtschaftungserschwernisse aus und lasse dadurch bestimmte Eingriffe ins Naturdenkmal zu. Wenn das Land Salzburg nicht bereit gewesen sei, die normierte Entschädigung zu leisten, könnten mit dem Bescheid keine Bewirtschaftungserschwernisse auferlegt worden sein. Aus dem Wegbau könne kein Eingriff in das Naturdenkmal abgeleitet werden, wenn gerade der Wegbau als durch die Unterschutzstellung nicht berührt dargestellt werde. Bei einer Auslegung, wie sie das Verwaltungsgericht vorgenommen habe, würden die Festlegungen in Bescheiden, dass eine Einschränkung der Bewirtschaftung nicht stattfinde, zur Gänze gegenstandslos werden.

11       Mit dem Zulässigkeitsvorbringen werden Fragen der Auslegung des Unterschutzstellungsbescheides vom 7. April 1936 aufgeworfen. Die Auslegung eines konkreten Bescheides betrifft jedoch nur den Einzelfall und könnte nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfen, wenn vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Auslegungsergebnis erzielt wurde (vgl. etwa VwGH 25.9.2020, Ro 2020/05/0019; 22.7.2020, Ra 2020/06/0130; 18.6.2020, Ra 2020/07/0034; 25.9.2018, Ro 2017/05/0005, jeweils mwN).

12       Das Verwaltungsgericht hat sich - unter Rückgriff auf die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung geltende Rechtslage - ausführlich mit dem Inhalt des Bescheides vom 7. April 1936 auseinandergesetzt und kam dabei zu dem Ergebnis, dass mit der Feststellung der uneingeschränkten Bewirtschaftung und Nutzung des auf dem betroffenen Gebiet stockenden Waldes klargestellt werden sollte, dass keine - im Fall der wesentlichen Erschwerung der Wirtschaftsführung erwachsende - Entschädigungspflicht entsteht. Nicht sei damit festgelegt worden, dass die Behörde verpflichtet sei, automatisch Bewilligungen wie die beantragte zu erteilen. Weiters sei im Bescheid nicht der Wegbau an sich für von der Unterschutzstellung unberührt erklärt worden, sondern bloß die Steingewinnung für (u.a.) den Wegbau; daraus könne keine Bewilligungsfreiheit für jeglichen Weg- und Brückenbau im unter Schutz gestellten Naturdenkmalbereich abgeleitet werden. Dass diese Beurteilungen als unvertretbar anzusehen wären, zeigt die Revision mit der bloßen anderslautenden Ansicht über das Auslegungsergebnis nicht auf.

13       In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

14       Die Landesumweltanwaltschaft Salzburg erstattete einen als „Revisionsbeantwortung“ bezeichneten Schriftsatz. Der Landesumweltanwaltschaft Salzburg kommt im Verfahren nach dem Sbg. NSchG die Stellung einer Formalpartei zu, sie wird dadurch aber nicht zum Träger subjektiv-öffentlicher Rechte. Daher kommt ihr auch nicht die Stellung als Mitbeteiligte im Sinne des § 21 VwGG zu (vgl. VwGH 27.2.2019, Ro 2019/10/0007 und 0008, mwN).

Wien, am 19. Jänner 2021

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen Rechtspersönlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019100161.L00

Im RIS seit

08.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten